Schlechtes Beispiel

Wenn ich mich so unter meinen Kollegen im Taxigewerbe umsehe – zugegeben kenne ich bisher wenige – dann frage ich mich doch immer wieder, woher eigentlich der schlechte Ruf kommt, den die Taxifahrer in dieser Stadt zu haben scheinen. Gestern Abend habe ich auf Distanz wenigstens auch mal einen derer gesehen, die den Ruf meinesgleichen zunichte macht.
Ich stand ihm am Ostbahnhof gegenüber, er hat gerade Fahrgäste einzuladen. Anstatt loszufahren, stiegen sie jedoch nacheinander wieder aus und er gab ihnen die Koffer wieder in die Hand. OK, was immer da war – kann ja mal passieren. In diesem Moment lief eine Frau auf das zweite Taxi in der Reihe zu und wollte dort einsteigen. Er bäffte sie von der Seite an, dass bei ihm auch frei sei. Scheinbar im Unwissen ob der Tatsache, dass man das Taxi frei wählen kann, stieg sie dann auch bei ihm ein. Sichtlich irritiert, wenn nicht genervt. Offenbar da ich am nächsten am Geschehen stand, rief er mir zu: „Für drei fünfzich wollten die Fahren. Ja hab ich sie noch alle!?“
Scheinbar wollten die Fahrgäste also zum Kurzstreckentarif fahren – der vom Taxistand nicht möglich ist. OK, vielleicht waren sie auch uneinsichtig. Dann ist es ja auch ok, dass er sie „rausgeschmissen“ hat (sah auch nicht nach Stress aus, das muss ich mal erwähnen!). Aber zum einen hindere ich nicht einen potenziellen Kunden – wenn auch nur verbal – daran, dass er das Auto eines Kollegen wählt. Und dann schreie ich auch nicht – und schon dreimal nicht vor einem Fahrgast – wie scheiße ich es finde, wenn jemand wenig Geld bezahlen will.
Natürlich weiss ich nicht, was genau passiert ist. Vielleicht waren sie unverschämt. Und natürlich darf man gegebenenfalls auch darauf hinweisen, dass unsere Dienstleistung auch Geld kostet – und der Ertrag für die Fahrer bei weitem nicht so üppig ist, wie man sich das stellenweise vorstellt.
Was man aber definitiv nicht macht, ist seinen Frust über die falsche Berufswahl am Fahrgast auszulassen und sich dann auch noch damit zu brüsten, dass man es denen aber gezeigt hat.
Ich bin auch der Meinung, dass „Der Kunde ist König“ nicht gleichbedeutend ist mit „Der Fahrer ist Sklave“. Es gibt Grenzen, die man ziehen muss – und vielleicht war die in dem Fall auch gerechtfertigt – aber es ist erbärmlich und zudem kontraproduktiv, wenn man das so umsetzt.

Funker des Jahrhunderts

Ich fahre gerade eigentlich gar nicht nach Funk. Ist mir ehrlich gesagt noch zu hektisch – und ich bin doch so ein gemütliches Kerlchen 😉
Kollege S. erzählte mir gestern vom verschärftesten, was er mal beim Funk mitbekommen hat:

„Taxe XXXX, Zentrale?
„Höre“
„Zentrale, wo geht Unter den Linden ab?“

Die Antwort der Zentrale lautete wohl sinngemäß, er solle seinem Chef Bescheid sagen, dass er sich am nächsten Morgen bei der Funkzentrale melden soll…
Für alle, die das jetzt als Außenstehende nicht ganz nachvollziehen können: Unter den Linden ist die wahrscheinlich bekannteste Straße ganz Berlins. Sie beginnt am Pariser Platz, sprich: am Brandenburger Tor (ist die Fortführung der Str. des 17. Juni) und führt zum Schloßplatz, ergo ehemals zum Palast der Republik, bald dann zum Stadtschloss. Zwischendrin kreuzt sie die Friedrichstr. die sicher auch republikweit bekannt ist. An der Straße selbst liegen unter anderem die Staatsoper, Bertelsmann, die Humboldt-Uni, die russische Botschaft und das ZDF. Was ich sagen will: Wer Unter den Linden nicht kennt, hat keinen P-Schein. Basta!

Simply the Best (1)

Gestern gab’s vier neue Rekorde meiner Wenigkeit:

  • Umsatz pro Schicht: 211,00 €
  • Trinkgeld pro Schicht: 23,80 €
  • Umsatz in einer Stunde: 48,80 €
  • Trinkgeld pro Tour: 3,30 €

Das sind natürlich keine astronomischen Zahlen, aber ich fange ja auch erst an. Ich protokolliere das eher für mich selbst hier.
Mal schauen, wann ich die wieder einstelle. Heute sicher nicht, denn heute mach ich nur eine halbe Schicht und hab dann anderthalb Tage frei. Um es mit Stimpys Worten zu sagen: Jubel Jubel Freu Freu!

"Schönes Wochenende!"

So wird man ja bisweilen im Supermarkt seiner Wahl verabschiedet, wenn man Freitags einkauft. Ich habe ja bereits mehrmals geschrieben, bzw. angedeutet, dass das Wochenende die beste Zeit zum Fahren ist. Mein Wochenende besteht also fast nur aus Arbeit. Für diejenigen, die sich überlegen, das Taxifahren zum Beruf zu machen, sei hier mal mein „Zeitplan“ für ein Wochenende grob wiedergegeben. Ich weiss, dass das mehr abschreckend wirkt – aber ich denke, dass man diese Arbeitszeiten doch berücksichtigen sollte, wenn man sowas plant.

Sashs Wochenende im Normal/Optimal-Fall:

Freitag, ca. 17.00 Uhr: Aufstehen, danach Duschen, Bloggen, ein wenig Hausarbeit
Freitag, ca. 18.30 Uhr: Ab in die Bahn zum Auto
Freitag, ca. 19.30 Uhr: Das Auto ist startklar, Arbeitsbeginn
Samstag, ca. 07.00 Uhr: Auto abstellen
Samstag, ca. 08.00 Uhr: Ankunft zuhause, danach Zeit mit Freundin, lesen, Bloggen etc.
Samstag, ca. 09.30 Uhr: Schlafen gehen
Samstag, ca. 17.00 Uhr: Aufstehen, danach Duschen, Bloggen etc.
Samstag, ca. 18.30 Uhr: Ab zum Auto
Samstag, ca. 19.30 Uhr: Los gehts: Arbeiten
Sonntag, ca. 07.00 Uhr: Auto abstellen
Sonntag, ca. 08.00 Uhr: Heimkommen
Sonntag, ca. 09.30 Uhr: Schlafen
…und Abends geht es wieder los…

Die Zeiten variieren natürlich – ich kann ja frei entscheiden, wie viel ich arbeite. Und wenn alles gut läuft, dann bringt mir das Ganze so um die 200 € (für mich alleine, beide Tage zusammen) – vielleicht auch ein Bisschen mehr oder weniger. Mit Parties und Entspannung sieht es also am Wochenende eher schlecht aus 😉

Schöne Schicht

Die vergangene Schicht von Donnerstag (18.12.) auf Freitag (19.12.) war wirklich eine außerordentlich angenehme. Ausschließlich nette Fahrgäste, teilweise schön lange Strecken und viele nette Unterhaltungen. Nichts wirklich außergewöhnliches, aber einfach eine angenehme Arbeitsnacht. Ich habe das Auto fast die ganze Zeit genutzt, die es mir zur Verfügung stand (19.30 Uhr bis 6.40 Uhr) und trotz einer langen aufwärmenden Pause beim McDonalds einen respektablen Umsatz von 155 € eingefahren. Für den Rest des Monats hatte ich mir eigentlich einen Schnitt von 125 als Ziel gesetzt.
Mein Tagfahrer hat mich dann noch heimgefahren (entgegen meiner Nachfrage nicht auf Uhr) und wenn ich jetzt bald wieder losfahre, müsste auch das Rücklicht hinten rechts wieder tun. So soll es sein!
Die beiden kommenden Schichten werden wieder einmal lang und sicher nicht umsatzschwach und ich bin mal gespannt, wo der Durchschnitts-Promille-Wert heute etwa liegen wird 🙂

Der erste Frager

Ich wurde ja schon darauf vorbereitet, aber es hat mich dann gestern schon überrascht, als am Ostbahnhof ein gut gekleideter Mensch auf mich zukam und mich fragte:
„Guten Abend. Entschuldigen Sie, würden sie mir vielleicht eine Rechnung ausstellen von Treptow zum Flughafen?“ Ich habe mich noch einmal vergewissert: „Ohne zu fahren also?“ Er meinte: „Ja, aber keine Sorge, ich brauch das auch nicht für Deutschland – ich rechne das im Ausland ab…“
Also, was das letzte Argument sollte, weiss ich auch nicht. Welchem Staat ich nun schade, ist mir relativ egal – das könnt ihr mir glauben. Aber derartiger Quatsch – für ein paar Euro Steuererleichterung irgendeines Menschen, der es sich sicher leisten kann – kann mir sicher einiges versauen, wenn es mal rauskommt. Auch wenn die Chance nahe bei Null liegt.
Immerhin war es kein nerviger Zeitgeselle. Er hat mein Nein akzeptiert und mir freundlichst einen guten Abend gewünscht. Naja, ich nehme an, er hatte hier oder da auch noch Erfolg damit.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Warum ich meinen Job noch mag

Heute bin ich überraschend von meinem Chef geweckt worden. Er bat mich, ins Büro zu kommen, sodass ich ein paar Unterschriften loswerden kann. Ging um die Fördergelder-Geschichte, im Endeffekt bürokratisches Tralala. Da hat es mich doch umso mehr erfreut, dass ich erstmal ein dickes Paket Pralinen (immerhin 1 kg!) auf den Tisch gestellt bekam, um sie mitzunehmen. Die Bemerkung, dass ich die weder an einem, noch an zwei Tagen vernichten sollte, war eigentlich überflüssig – aber es ist schön, wenn sich Chefs noch um die Mitarbeiter sorgen 🙂
Danach hab ich gleich noch Abrechnung gemacht, was vorübergehend den schmerzlichen Verlust von 800 € bedeutet hat. Was soll’s, dafür hab ich jetzt Pralinen 😉
Ich bin zugegeben gespannt auf die erste Gehaltszahlung, aber ich habe immer noch ein mehr als gutes Bild von meinem neuen Arbeitgeber und die vage Hoffnung, dass das arbeitsmäßig noch für einige Jahre mein Zuhause sein wird.
Ich habe mich in den letzten Tagen immer wieder einmal daran zurückerinnert, wie die Schnepfe im Jobcenter mich ungläubig angestarrt hat, und mich gefragt hat, ob ich mich denn wirklich „mit Gelegenheitsjobs durchschlagen“ will. Tja, vielleicht bin ich der Idiot, der eine schlecht bezahlte Arbeit annimmt, nur weil sie ihm Spaß macht. Vielleicht aber – und das möchte ich gerne zur Diskussion stellen – ist es auch gar kein allzu großer Fehler, keine lange Ausbildung zu machen, um den Rest seines Berufslebens damit zu verbringen, anderen Leuten ihr Leben schlechtzureden.
Keine Frage: Eine Ausbildung ist sinnig, und ich will niemandem dieselbe schlechtreden. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass mein Lebensentwurf von den meisten nicht ernstgenommen wird. Wenn ich einen Hauptschulabschluss hätte, dann würden die Leute jetzt Schlange stehen um mir zu gratulieren, dass ich mal mehr als einen Minijob habe. Stattdessen erzählen mir Leute im Jobcenter – die froh sein sollten, wenn sie mich los sind – was ich für einen Scheiss mache.
Heisst das jetzt etwa, dass es blöd war, Abi zu machen?
Ganz im Ernst, Leute: Ich bin so glücklich wie schon seit langem nicht mehr, und das hat dieses Mal sehr viel mit meinem Job zu tun. Nicht, weil ich so ewig darauf hingearbeitet habe, und auch nicht nur, weil ich ein paar Euro mehr kriege als ich gewohnt bin. Sondern einfach, weil ich diesen Job mag.
Und weil ich – sicher im Gegensatz zur Jobcenter-Mitarbeiterin – von meinem Chef Pralinen geschenkt bekomme.