Stress. Wegen Zuschlägen? Ehrlich?

Wie immer wieder mal ist bei mir über Funk ein Notruf eingegangen. Dass einen das trifft, während man auch nur irgendwo ansatzweise in der Nähe ist, ist glücklicherweise selten. Dieses Mal allerdings hieß es, der Kollege stehe an der … WTF?, das waren nur 800 Meter vor mir und lag eh auf meinem Weg (zum nächsten Club). Ich gebe zu, dass mir etwas mulmig zumute war, denn die Zentrale sprach schon von Stress mit den Fahrgästen. Und wenn ich ehrlich sein soll: Eigentlich bin ich ja nur so groß geworden, um mich nicht mehr prügeln zu müssen.

Und dann war das Taxi 30 Sekunden später auch noch ein Bus und es standen bereits 10 Leute drum herum. Allerdings, auch das hat sich schnell rausgestellt: Vier davon waren Taxifahrer. Solche Zugriffszeiten kriegste nicht einmal mit vier Pro-Gamern im Team bei Tactical-Ops hin!

Ich hab den Kollegen, dem offensichtlich der Bus gehörte, kurz gefragt, ob noch Hilfe notwendig wäre.

„Nein, nein, sind ja genug hier jetzt!“

„Worum ging’s denn?“

„Sind 6 Jungs, wollten nicht akzeptieren, dass der Großraumzuschlag noch draufkommt.“

WTF?

Ein klassischer Fall von „Da machste alles wasserdicht, aber irgendein Idiot, der dich deswegen dumm anlabert, findet sich immer“. Dass die Zuschläge (Großraum, Flughafen Tegel, unbares Bezahlen) in Berlin getrennt angezeigt werden, hat einen Grund: Transparenz. Man kann als Taxifahrer nicht mal eben 12€ extra angeben und irgendwas vor sich hinmurmeln, man hat da deutlich Betrag X stehen und muss den begründen können. In dem Fall waren das eben 5,00€, die – wenn ich das Taxameter richtig gelesen habe – auf eine 27€-Tour eben aufgeschlagen wurden. Man kann das vorher googeln, die Zentrale erwähnt das vermutlich auch; und nicht zuletzt kann man’s in Deutsch und Englisch am Aufkleber an der linken Seitenscheibe nachlesen. Wir müssen diese Infos mitführen. Es muss einem nicht gefallen, man darf das zu teuer oder zu billig finden, aber es ist höchstamtlich Teil des Tarifs und wirklich ganz klar nachvollziehbar kein Aufschlag für „Ich mag dein Gesicht nicht“. Und ungeachtet der Höhe meiner Meinung nach deutlich besser als dass Großraumtaxis einfach mit 8,90€ Grundgebühr starten und am Ende niemand weiß, wieso eigentlich. (Was natürlich trotzdem eine Option sein kann und vielerorts sicher Realität ist)

Aber ja, auch so fängt man sich ein paar Idioten ein, die lieber Ärger androhen, als das einfach mal hinzunehmen. Zumal bei dem Preis … -.-

Es war schön zu sehen, dass das zumindest in dem Fall gut ausging. Vielleicht hilft’s ja dabei, das nächstes Mal zu googeln.

Aber die Kurzstrecke …

Ein Rudel aufgedrehter Angetrunkener. Gibt schöneres, aber was weg muss, muss weg. Danziger Ecke Kniprode, einmal zum Golden Gate. Also unter anderem. Der eine wollte einen Radiosender haben, der nächste zum Kippenholen nach Polen, einer noch Geld holen. Der mit dem Geld war der mit Abstand vernünftigste. Zum Golden Gate, davor ein Stopp an der deutschen Bank am Alex, kriegen wir hin, egal was die sechs restlichen Promille im Auto rumbrüllen.

Im Großen und Ganzen ging das, zwischen dem Geschrei wurde sogar meine Route gelobt. Hart verdientes Geld, aber ein bisschen adelt auch das Wissen, dass kaum ein Kollege die Vollpfosten auch nur schief angesehen hätte beim eiligen Vorbeifahren.

Am Ende standen wir am Alex vor der Bank und sie entschieden sich dann, doch alle auszusteigen und den Rest zu laufen. Kann man machen, also 8,30€.

Und dann setzt der beleidigte Schnulli auf dem Beifahrersitz tatsächlich sowas wie eine weinerliche Stimme auf, dass er aber Kurzstrecke gesagt hätte und das ja bis hierhin wohl gereicht hätte. Mal abgesehen davon, dass das nur zum Teil stimmt, weil wir laut Uhr etwa 2,2 Kilometer unterwegs waren und nicht 2,0 (der Preis also entsprechend auch mit Kurzstrecke eher bei 6,50 – 7,50€ gelegen hätte):

Das ursprüngliche Fahrtziel lag weiter entfernt und Zwischenhalte gibt es mit Kurzstrecke ebenso nicht.

„Aber, aber eigentlich müssten wir dann jetzt auch Kurzstrecke machen, oder?“

„Nein. EIGENTLICH hast Du zu zahlen, was da oben auf der Uhr steht, fertig!“

Und hör auf, wegen drei Euro so ein Lutscher zu sein, hätte ich ihm gerne auch noch hinterhergerufen. Aber ein kleines Bisschen hab ich mich dann ja sogar bei solchen Spinnern noch im Griff.

Und immer dran denken: Genau weil ich bei solchen Vollspaten nicht alles mit mir lassen mache, brauche ich anderswo keine kurze Fahrt oder Kurzstrecke ablehnen und hab bei Fällen, bei denen es mir berechtigt erscheint, ein klein wenig Spiel bei der fantasievollen Ausdehnung der Regeln. Ich bin ja kein Unmensch, ich bin bloß nicht bescheuert. 😉

Zu ehrlich zum Bescheißen

Manche Dinge passieren selten, manche sehr selten – und bei manchen fragt man sich echt, wann das das letzte Mal passiert ist.

Ich hatte Fahrgäste vom Sisyphos im Auto, fuhr gerade auf die Elsenbrücke, und plötzlich war da dieses tiefschwarze Loch in meinem Gehirn.  Wo zur Hölle wollten die beiden? Wir unterhielten uns die ganze Zeit, ich hatte es offenbar einfach vergess …

„Fuck! Did you say Wilde Renate?“

„Yeah.“

Sehr schön. Ich war also eben vorbeigefahren. Mal abgesehen von den 40 Cent: Immerhin arbeite ich in einem Job, in dem ein Fehler schnell ausgeglichen werden kann. Ich hatte nicht eben einen Anzug zu eng genäht, auf den falschen Burger Currysauce geschüttet oder versehentlich eine halbe Milliarde Euro am Börsenmarkt verloren. Immerhin. Also Uhr aus und zurück.

Ich hab mich entschuldigt und versichert, dass das kein Versuch war, die beiden abzuzocken. Was sie recht schnell verstanden:

„Of course not. I mean: Why would you have told us?“

Um ehrlich zu sein: Taxifahrer-Krankheit! Natürlich rechne ich damit, dass jemand merkt, dass ich dreimal in dieselbe Richtung abbiege und das (abgesehen von wenigen Ausnahmen) nicht der kürzeste Weg sein kann. Was natürlich albern ist, Touristen wären oft so leicht zu verarschen.

An der Renate hab ich dann immerhin gesehen, warum ich vorbeigefahren war: Es war zu, alles dunkel, keine Schlange. Das erleichtert der Verpeilung ihren Zugriff enorm.

Am Ende hab ich die Kundschaft dann ohne Uhr noch zum about:blank gebracht. Auf dem kürzesten Weg dorthin wären ohnehin anderthalb Euro weniger angefallen. Mal ganz abgesehen von Wiedergutmachung und so: Das war eh der kürzeste Weg zurück zum Sisyphos. Und was soll ich sagen: Wenn man das nun angefallene Trinkgeld mit einberechnet, hatte ich am Ende dann doch wieder alles richtig gemacht. Sowas braucht’s auch hin und wieder. 🙂

Sitzhaut. Oder so.

„Come on, party with us!“

„Sorry guys, I’m more the boring work-at-the-weekend-type of man. But of course I have no problem with you partying, I’m cool with that.“

„Haha! When we finish party our skin will look like … like the leather on your seats!“

„OK …“

„In fact they don’t use camels or cows anymore for making seats. They use guys like us.“

WTF?

Aber ich muss mal ein gutes Wort einlegen für die Jungs. Geschmacklosigkeit hin oder her, es war eine ultra-entspannte Fahrt mit denen!

Der Taxitourgenerator

Der Umsatz war wieder einmal supermittelprächtig, ich hab bei so ziemlich jeder Halte die kürzeste Tour der Stunde abgekriegt. Aber darüber ärgere ich mich gerade gar nicht, ich hab viel zu viel Spaß gerade an meinen kurzen Taxiwochenenden mit dem schönen Auto bei gutem Wetter. Das Glück mit dem Umsatz kommt schon auch mal wieder.

Genau genommen war die letzte Tour ja schon eine sehr gute. Von der Frankfurter Allee zum Artemis, Winker für 30 €. Nix besonderes an sich, aber irgendwie dann halt doch so ein typisches Zufallsprodukt, dass vornehmlich beim Taxitourengenerator anfällt. Oder wer unter den Nicht-Taxifahrern in meiner Leserschaft hat sich schon mal mit chinesischen Architekten auf dem Weg zum Puff über die Schönheit des Schwarzwaldes und über Globalisierung unterhalten. Hände hoch! 😉

Und da ich jetzt das schöne Wort Taxitour(en)generator erfunden habe: Hab ich vielleicht Mitleser, die sowas programmieren (und vor allem designen, in HTML würd ich’s ganz simpel auch hinkriegen) könnten. Genauere Ideen könnte ich bei Interesse anfügen. Und auch wenn meine Ressourcen begrenzt sind: Es soll nicht umsonst sein.

Dinge überhören (wollen)

Nach wie vor ist beim Taxifahren die Kommunikation mit den Kunden oder die der Kunden untereinander eine der angenehmeren Seiten. Ich mag die Personenbeförderung immer noch genau wegen dem Personen-Teil. Jaja, manchmal isses zu laut und manchmal kommen zu viele Ausdrücke drin vor, aber Pakete würden mich im Gegenzug echt langweilen. Heute allerdings war einer der wenigen Momente, von denen ich im Nachhinein dachte, dass ich vielleicht besser nicht hingehört hätte.

Sicher, falls mich zufällig interessieren würde, inwiefern die Schwere der erektilen Dysfunktion von Marlon aus Charlottenburg (unter Einbeziehung verschiedener Partnerinnen!) mit dem Tod seines Vaters korrespondiert, wäre es eine lehrreiche Fahrt gewesen. Aber ich muss hier doch (schon alleine, weil ich Marlon nicht kenne und meine Wahrscheinlichkeit, seine Partnerin zu werden eher im unteren Promillebereich rangiert) sagen:

Nö. Wollte ich nicht wissen.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Irgendwas mit Kirschen …

Winkerin in Friedrichshain. Super!

„In die Egon-Erwin-Kirsch-Zeile.“

„Zeile?“

„Ja, das ist in Schöneweide.“

„Oh, ok. Ich gebe zu, die kenne ich nicht. Egon-Erwin-Kisch-Straße ja, aber die wäre in Hohenschönhausen.“

„Nee nee, aber ich kann ihnen den Weg zeigen …“

Prima!

Aber ich habe trotzdem das Navi angeschaltet. E-G-O-N …  nix passendes! Aber die Kundin wusste ja den Weg.

Nicht nur das: Sie wusste ihn sogar so genau, dass ich noch eine Abkürzung im 2€-Bereich kannte. Aber der Egon-Erwin da unten? Und mein Navi wusste auch nix, sehr seltsam. Und darüber unterhielten wir uns dann.

„Oder nur Erwin-Kirsch? Beim Egon bin ich mir nicht sicher …“

Hab ich also ‚Erwin‘ eingegeben. Wieder nix hilfreiches. War ja nicht schlimm, die Kundin kannte ja den Weg und all das mit dem kürzesten Weg lasse ich jetzt sowieso mal weg. Ich zoomte mir also einen Wolf im angesagten Viertel und kam etwa 500 Meter vor dem Ziel auch auf die richtige Straße: Die Fritz-Kirsch-Zeile …

Mal abgesehen davon, dass die Kundin das Ziel kannte und es somit egal war: Der Worst-Case! 90% der Leute hängen dem alten Egon-Erwin statt „Kisch“ den Nachnamen „Kirsch“ an. Das kenne ich inzwischen. Dass aber ausgerechnet das „Kirsch“ richtig ist und stattdessen beide (!) Vornamen falsch … mal ganz ehrlich: Hätte die Kundin keinen Stadtteil genannt und wir wären in Hohenschönhausen gelandet, hätte ich auf den vollen Preis bestanden!

Und einfach nur mal so als Gedanke: Wie wäre diese Fahrt wohl ausgegangen, wäre das ein selbstfahrendes Taxi gewesen. Und mir geht’s nicht darum, die Technik schlechtzureden, die mich dereinst in diesem Job ersetzen wird, die Frage ist ernst gemeint: Was hätte die Kundin wohl als Ziel angegeben, wenn z.B. nur die Postleitzahl als Orientierungshilfe angegeben worden wäre? Die Egon-Erwin-Kisch-Straße oder die Fritz-Kirsch-Zeile?