Heute ist so ein Morgen, der sich anbietet, über Schönheit zu sprechen.
Hat wer von euch heute die Möglichkeit gehabt, das Gewitter zu genießen?
Ich weiß, es wird hier und da auch große Schäden angerichtet haben. Aber es war ein so endgeiles Naturschauspiel, ich bedauere jeden einzelnen, der das verpennt hat. Und ehrlich: Ich hab schon einiges gesehen an Gewittern. Was da heute Nacht um die vierte Stunde herum in Berlin los war, ist kaum in Worte zu fassen. Während ich mich mit einem ebenso naiv begeisterten Fahrgast über die Wassermassen gefreut habe, meinte auch er:
„Das kannste keinem beschreiben. Wenn Du das so erzählst, glaubt es Dir wieder keiner!“
Meine knuffige kleine 1925 war eines der letzten Fahrzeuge, das die Landsberger Allee vor ihrer Vollsperrung passiert hat. Hinter uns das Blaulicht, unter uns locker 30 cm Wasser und seitwärts 5 Meter hohe Fontänen. Wer hätte gedacht, das kleine Opelchen mit 343.000 Kilometern auf dem Tacho noch ihr Seepferdchen machen können? Und das waren die Stellen, an denen man wenigstens „schnell“ fahren konnte. Lange Zeit davor lag die Sichtweite unter 20 Metern, das Fahren war anspruchsvoll und von Vorsicht geprägt, nach und nach fielen zudem etliche Ampelanlagen in ganz Berlin aus …
Es war schlicht und ergreifend eine totale Ausnahmesituation. Die Menschen standen dicht gedrängt unter allem, was irgendwie nach Regenschutz aussah und wir Taxifahrer hatten natürlich Umsätze, die denen an Silvester in nichts nachstanden. Aber jeder klatschnasse und spontan von seinen Abendplänen befreite Fahrgast war irgendwie viel eher inspiriert, happy oder ehrfürchtig. Wut aufs Wetter hab ich kein einziges Mal vernommen. Da kam einfach an vielen Enden das Berlin durch, das ich so schätzen und lieben gelernt habe: Die Lockerheit, die Unbeschwertheit und sicher auch manchmal Pragmatismus. Allesamt Sachen, die ich mir auch auf meine Fahnen schreiben würde.
Ganz trocken hab ich die Schicht nicht überstanden, hier und da musste ich auch mal von außen die Kindersicherung auf der linken Seite lösen. Auch das Auto sah aus wie Sau, mal davon abgesehen, dass ich heute ohnehin wieder Schweine sondersgleichen in der Karre hatte. Aber das kommt alles noch. Zurück bleiben an einem Tag wie heute eigentlich nur bombige Impressionen, Bilder von Blitzen, Wassermassen, überforderten Scheibenwischern und durchnässten Fahrgästen. Und natürlich ein Bombenumsatz. Hatte ich schon erwähnt, dass ich für diesen Spaß bezahlt werde? 😉