Voll am Rad drehen

Ich bin im Grunde ja einer der Menschen, die im Laufe der Zeit vergessen, wo ihre Hupe ist. Mal abgesehen davon, dass man sie nachts eh seltener als tagsüber einsetzen sollte: ich reagiere auch einfach nicht so sonderlich emotional im Verkehr. Die Hupe ist ja von ihrer ursprünglichen Verwendung als Warnsignal weit weggerückt. Meist wird sie inzwischen nur noch als Signal für Wut verwendet, was ihre Einsatzmöglichkeiten für mich weiter einschränkt. Ich hab beispielsweise noch nie jemanden gesehen, der die Hupe ordnungsgemäß außerorts zum Ankündigen eines Überholvorgangs (StVO §16 (1)) verwendet. Und der letzte, der es versucht hat, wurde wahrscheinlich von der Straße gedrängt, verprügelt und verbrannt.

Wenn ich sie allerdings benutze, dann achte ich auch nicht auf die strikte Verkehrsgefährdung im eigentlichen Sinn, sondern verwende sie als Hinweis. Im klassischen Fall z.B., wenn andere Verkehrsteilnehmer an einer grünen Ampel stehenbleiben. Passiert mir vielleicht einmal pro Halbjahr.

Jetzt war ich vorgestern ja auch mal wieder bei Tageslicht unterwegs und stand an einer Linksabbiegerampel, an der es sich gestaut hat. Ist natürlich immer blöd, aber gehupt habe ich nur, weil der Fahrer vor mir nach wirklich 3 Sekunden noch nicht losgefahren war und den Kopfbewegungen nach auf der anderen Straßenseite was gesucht hat, es also einfach nicht mitbekommen hat. Ich hätte ihm die Zeit dazu gerne gegönnt, aber er hatte eh keine Wahl mehr, sich zu entscheiden und hinter mir standen nochmal 20 Autofahrer, die auch gerne vorwärts gekommen wären. Ein kurzes Hupen im Sinne von

„Ey, guck mal: so langsam sollteste mal …“

hielt ich für halbwegs angemessen.

Er nicht wirklich. Was genau er in seinem Auto gemacht hat, kann ich von hinten nur schlecht sagen. Auf jeden Fall hat er auf sein Armaturenbrett getrommelt, den Kopf wild hin und her geworfen, anschließend mit den Armen herumgefuchtelt und ist dann mit quietschenden Reifen in Schlangenlinien über die Kreuzung geprescht und mit einer Geschwindigkeit davongerast, dass ich ihn nach 30 Sekunden aus den Augen verloren habe.

Verständis fürs Erschrecken: check!

Verständnis für Verärgerung: Naja, … mh gut – check!

Verständis für DIE Aktion: Äh, nö?

Schwump! (2)

Schwump!

Wie man anhand der Einleitung erahnen kann: das übliche Problem. Die 1925 sprang auf Spritantrieb um, der dazugehörige Tank jedoch war leer, also war der Motor aus. Einfach mal so. Auf der Autobahn. Aber gut, wozu gibt es Standstreifen? Warnblinker, ein wenig ausrollen lassen, auf Gas umstellen und neu starten. Klappte trotz aller Panik hervorragend. Ich gab Gas, fädelte mich wieder in den Verkehr ein und Schwump! Nach 500 Metern das selbe Spiel nochmal. Und nochmal. Und nochmal. Ich stotterte mich also im 500-Meter-Takt vorwärts. Nicht nur dämlich, sondern gar nicht so ungefährlich. Zudem wurde auf dem nächsten Straßenschild nicht etwa ein Rasthof mit Tankstelle angekündigt, sondern ein 3 Kilometer langer Tunnel …

Schon mal einen Tunnel mit Standstreifen gesehen?

Mir wurde klar, dass ich niemals so durch den Tunnel hopsen konnte. Trotz Warnblinker – meist war zwischen den Neustarts nämlich tatsächlich ein Stopp des Wagens nötig. Abgesehen von der noch bekloppteren Idee, auf der Autobahn zu wenden, fiel mir nix dümmeres ein, als mitten auf der Fahrbahn in einem kilometerlangen Tunnel liegenzubleiben. Mehrmals.

Bis zum Treffpunkt mit meinen Fahrgästen war es noch rund 20 km und eine Dreiviertelstunde. Ich sah den Traum förmlich vor meinen Augen platzen. Keine angenehme Rücktour, sondern warten auf den ADAC, keine 320 € Umsatz, sondern Null. Kein angenehmes Tagesende sondern Stress und Ärger! Die Vokabeln für solche Fälle hab ich nicht, die laut herausgebrüllte verfickte Scheiße war unangenehm unzureichend.

Als erster Lichtschein erschien kurz vor der Tunneleinfahrt eine Abfahrt von der Autobahn. Mit einem Tankstellenschild. Kaum drei Neustarts später stand ich auch schon an einer Kreuzung, an der nicht mehr ausgeschrieben stand, in welche Richtung die Tanke wäre. Also bin ich mal optimistisch in Richtung Dresdener Innenstadt gehoppelt. Jedes Mal hatte ich Schiss, dass die 1925 sich nun nicht mehr starten lassen würde – jedes Mal Panik.

Und dann – Erlösung! – eine Jet-Tankstelle! Ja! Auf der anderen Seite einer Bundesstraße und ich hatte keine Ahnung, wie ich da hinkommen könnte …
Also folgte ich weiter der abschüssigen Hauptstraße – da ließ sich der Motor sogar im Rollen immer wieder starten. Jetzt nur nicht aufgeben! Ich wusste ja: Hätte das Auto erst einmal wieder Sprit im Tank, wären alle Probleme behoben. Und verdammt: ich hab diesem Taxi zu Ostern Hasenohren verpasst – da hatte es jetzt gefälligst nach meiner Pfeife zu hoppeln, leerer Tank hin oder her! Zum Verblüffen einiger Früheinkäufer hab ich das bis auf einen Lidl-Parkplatz fortgesetzt und dort nach einer Tankstelle gefragt. Egal, was ihr in der Zeitung lest: gestern sind keine Aliens in Dresden gelandet, es war nur ein Berliner Taxifahrer – ich!

Im Wissen, die nächste Tanke läge nur 500 Meter weiter bergab, bin ich wieder vom Kundenparkplatz gehüpft und kam trotz bester Absichten, jugendfrei zu bleiben nicht umhin, beim Einstecken des Tankstutzens sexuelle Assoziationen heraufzubeschwören. Mein Zeitplan war zwar stark ins Wanken geraten, aber ohne zwei Schwertransporter, die vor mir wenden mussten, wäre ich sogar pünktlich gekommen. Gott sei Dank gibt es Handys!

Über den Rest der Fahrt gäbe es genügend liebe Worte zu verlieren – heute will ich es erstmal dabei belassen, dass das Auto keinerlei Anzeichen für Zicken mehr gemacht hat. Es hat nicht mal mehr auf Sprit umgeschaltet. Kein einziges Mal mehr bisher.

Häschen lernt.

Schwump! (1)

Schwump – das schrecklichste Geräusch des Jahres und gestern früh beinahe Auslöser eines vorzeitigen Herztodes. Um zu erklären, was genau passiert ist, muss ich zwei Dinge kurz mal näher beleuchten: zum einen die Tour gestern, zum anderen einen kleinen Bug an meinem Auto.

Zunächst zur Tour:

Vor ein paar Wochen hat mir ein Leser zu einer neuen Rekord-Tour verholfen: Er musste vom Süden Berlins nach Kreischa in eine bekannte Reha-Klinik. Eine Fahrt von quasi aalglatten 200 Kilometern, noch dazu 200 sehr angenehme. Obwohl ich mich für so ziemlich alle Lebenslagen irgendwann begeistern kann: es ist schön, wenn man sich während so einer langen Fahrt viel zu erzählen hat und es sich irgendwann wie ein netter Ausflug anfühlt. Ein Gefühl übrigens, das sein kleiner Sohn hervorragend zu fördern vermochte, auch wenn er scheinbar nicht so sehr darauf steht, wenn nur einer gleichzeitig spricht … 😉
Gleichermaßen mit Freude, die Tour bekommen zu haben wie auch Enttäuschung darüber, dass ein Taxi für ihn trotz Reha abermals notwendig war, habe ich mich gestern daran gemacht, die Rückfahrt zu machen. Das bedeutete frühes/spätes Aufstehen, keine Ahnung, was für einen Rhythmus ich die letzten 3 Tage überhaupt beim Schlafen hatte. Ich hab jedenfalls Berlin gegen 6 Uhr morgens verlassen, um um 8.30 Uhr an der Bavaria-Klinik zu sein.

Kommen wir nun zum Auto:

Meine 1925 zickt ja immer mal wieder ein bisschen. Vom aktuellen Stress mit der Geräuschkulisse mal abgesehen hat das Auto so seine Bugs – und ich bin da eigentlich gnädig, denn inzwischen fehlen nur noch 28.250 Kilometer, bis wir rein rechnerisch mit der Kiste einmal zum Mond geflogen sind. Einer dieser niedlichen Fehlerchen ist, dass der Wagen manchmal automatisch auf Benzinbetrieb umstellt. Überwiegend fährt er ja mit Erdgas, da man ihn aber gelegentlich ohnehin mal auf Super laufen lassen sollte, ist dieser kleine – wahrscheinlich nur elektronische – Fehler im Alltag unbedeutend. Es kostet ein paar Cent mehr und es leuchtet ein kleines Lämpchen auf. Große Dramatik sieht anders aus. Bis gestern früh.

Der Schwump!

Da dieses Umschalten eigentlich kein Problem war – und zudem mit einem Neustart behoben werden konnte – hab ich wie bei längeren Touren gestern zunächst den Benzin-Tank leergefahren. Das kostet zwar wie gesagt ein bisschen mehr, hat aber dank der recht geringen Reichweite des Autos einen Vorteil: Benzin kann ich immer nachtanken. Überall. Der Sprit hält zwar nur 150 Kilometer, aber es ist eben sehr unwahrscheinlich, irgendwo  ums Eck eine Erdgastanke zu finden, wenn mal Not am Mann ist. Deswegen gehe ich lieber mit dem Gas sparsam um und halte mir die Option offen, jederzeit Sprit tanken zu können. Und dazu muss man eben den Tank nutzen. So auch gestern. Den Sprit hab ich auf dem Weg nach Dresden rausgeballert und bin dann auf Gas weitergefahren. Alles wie geplant. An der nächsten Tanke wollte ich dann den Sprittank auffüllen, dann hätte ich insgesamt mit beiden Tanks rund 100 bis 150 km mehr schaffen können, als die Rückfahrt gebraucht hätte. Doch plötzlich: Schwump!

Soweit erstmal. Um 10 Uhr sollte der Rest kommen.

Mir egal …

„Ich halte dann mal hier an der Einfahrt, dann steh ich nicht so blöd im Weg rum.“

„Wenn’s Dir wichtig ist. Mir egal.“

War eine Durchfahrtstraße mit einer gesperrten Spur. Ich kann es nicht beweisen, aber ich vermute, die Leute, denen das auf dem Rücksitz am egalsten ist, hupen im Auto hinter mir immer als erste … 😉

Taxistand. Taxistand! TAXISTAND!!!

Ich bin wirklich keiner dieser sturen Rechthaber, die immer alles nach ihren Wünschen und ihrem Wissen durchprügeln müssen. Gerade im Verkehr. Im Grunde gibt es für mich eine einzige wirklich entscheidende Verkehrsregel. Und das ist witzigerweise die erste überhaupt: Straßenverkehrsordnung, §1:

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, daß kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

Ich bin mir sicher, dass 95% allen Ärgers vermieden werden könnten, würden wir uns alle an diese Regel halten. Aber das ist natürlich Auslegungssache, weswegen wir all die anderen Paragraphen gleich noch miterfunden haben.

Die Halte am Ostbahnhof ist bekloppt. Ich habe das die Tage erst ausgesprochen und von einem Kunden (der dann bei einem Kollegen einstieg) bestätigt bekommen. Wir müssen an dieser Halte nämlich wenden. Das wird schon dadurch erschwert, dass auf der zu erreichenden Seite direkt an den Taxistand eine Halte für Einsatzwagen der Polizei grenzt. Dieses Problem ist rein geometrischer Natur – auf den letzten Platz der ersten Rücke könnten wir einfach leichter vorrücken, wenn der Platz frei wäre.

Das war er auch, als ein Kollege zum Blinken und Herüberrücken ansetzte. Doch dann geschah das hier:

Polizeifahrzeug parkt am Taxistand

„Weg gegangen Platz gefangen, nänänänänänä!“ Quelle: Sash

Ein Polizist hielt eben mal kurz am Taxistand (die Trennung zwischen den beiden Ständen ist das Schild hinter dem Corsa!) und ging in den Bahnhof. Der Kollege vor mir hatte ziemlich zu rödeln, um sein Auto (hier inzwischen vor dem Polizei-Corsa) zu wenden. Schließlich war er auf der anderen Seite (die, von der aus ich das Foto gemacht habe) bereits so weit vorgerückt, dass er vor dem Polizei-Bus hätte bequem einscheren können.

Aber man nimmt das ja mal hin. Abgesehen davon, dass man sich ungerne mit der Exekutive direkt anlegt. Man weiß ja auch nicht: Ist das wichtig? 5 Minuten später kam der blaubefrackte Scheinkollege dann zurück. Mit einer McDonalds-Tüte. Fragwürdig genug. Nun aber dauerte es zwei (zwei! ZWEI!!!) Minuten, bis er den Corsa aus der engen (siehe Foto) Lücke herausmanövriert hatte und mich derweil am Wenden hinderte …

Ja, die Polizei hat wichtige Dinge zu erledigen. Klar. Da werden wir uns drauf einigen können. Aber wenn es ums Essen geht, dann wäre es doch schön, wenn diejenigen die Plätze nutzen, die damit auch umzugehen wissen und dazu befugt sind. Und manchmal sind das eben auch wir Taxifahrer …

Park-Philosophen

Aus der Erzählung eines Fahrgastes:

„Früher war hier nicht alles zugeparkt. Dafür sind die Autos da teilweise ganz schön durchgerauscht. Da hab ich mich mal ans Ordnungsamt gewandt, ob wir hier vielleicht so Schwellen kriegen. Dann haben die mir gesagt, dass sich das durch die Leute, die auf der Straße parken, ohnehin bald beruhigen würde. Im Ernst: Das war die amtliche Ansage – das ist so gewollt. Da hab ich eine Kopie davon und die verwende ich jetzt jedes Mal, wenn jemand vom Ordnungsamt oder der Polizei Probleme mit meiner Park-Philosphie hat …“

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Verwechslungsgefahr, braune

Ich hab heute auf dem Gehweg einen Typen gesehen, bei dem ich – insbesondere in Kombination mit seinem Outfit – einfach nicht sicher sagen konnte, ob er mich ranwinken will oder mir den Hitlergruß zeigt.

War eine belebte Straße. Wenn er ein Taxi haben wollte, hat er bestimmt noch eines gefunden …