Die drei Phasen der Arbeitsnacht

1. „Heute klotze ich richtig ran!“

2. „Das Auto streikt? Scheiße, aber dann kommen wir mit der Steuererklärung wenigstens weiter!“

3. „Wir haben jetzt 6 Stunden über irgendwelches Zeug geredet? Ich mach mir dann mal’n Bier auf …“

Läuft bei uns.

Ich bekomme jetzt den Mindestlohn! \o/

Wie allgemein bekannt ist, ist mit dem Feuerwerk zum Jahreswechsel auch der flächendeckende Mindestlohn in Deutschland eingeführt worden. Es wurde viel darüber gestritten und debattiert – und es wird wohl auch weiter gestritten und debattiert werden. Jetzt aber ist er erst einmal da und ich als persönlich halbwegs betroffener Angestellter kann mich ja erst einmal darüber freuen.

\o/

Noch ist es freilich zu früh für irgendein Fazit oder irgendeinen fundierten Ausblick. Erst die nächsten Monate, wenn nicht Jahre, werden zeigen, ob das grundsätzlich eine gute Idee war. Uns Niedriglohnjobber kann’s aber vorerst einfach mal freuen.

Ich bin von mehreren Fahrgästen in der Silvesterschicht darauf angesprochen worden, überwiegend war der Tenor positiv. Wie das alles im Taxigewerbe laufen wird, ist indes natürlich noch eine mehr als offene Frage. Man hört wie erwartet vielfach von Kündigungen – aber ob das jetzt nur kleine Filterbubble-interne Ausschläge nach oben oder schon der das Gewerbe durchziehender Umbruchsprozess ist, das weiß vermutlich noch niemand. Ebenso ist völlig unklar, wie sich das Ganze auf das Gros der angestellten Fahrer auswirken wird. Denn das ist wieder von Person zu Person und von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Dem Hörensagen nach gibt es nämlich Chefs, die völlig umstrukturieren und ihre Fahrer zu Festlöhnen GPS-gestützt zielgenau durch die Stadt lotsen – während es in anderen Betrieben einfach Mindestumsätze geben soll, die die Fahrer halt in ihren Stunden zu erreichen haben. Ganz davon abgesehen, dass es auch etliche Unternehmen geben wird, die ggf. die Arbeitszeiten „kreativ“ aufschreiben.

Und das ist natürlich das, wovor jetzt alle Angst haben: Die illegalen Tricksereien. Dass da ein gewisses Potenzial da ist, ist schwer zu verleugnen – unser Gewerbe ist ja auch bisher nicht gerade ein Aushängeschild für durchgehend rechtssichere Beschäftigungsmodelle. Es gibt eine ungewisse aber existente Menge an Unternehmen, deren Geschäftsgebahren irgendwo zwischen hellgrau und dunkelschwarz angesiedelt ist. Dass die sich plötzlich fair verhalten, ist natürlich nicht unbedingt zu erwarten. Allerdings – und das sei den Ganzen Untergangsapologeten entgegengehalten – das ist beim Mindestlohn eine ganz andere Ausgangslage als beispielsweise bei der Schwarzarbeit. Die organisierte Schwarzarbeit hat (zumindest kurzfristig betrachtet) zwei Gewinner: Unternehmer und Fahrer. Bei einem Runterrechnen der Umsätze und Verdienste spielen Fahrer natürlich mit, weil sie am Ende mehr netto vom Brutto oder einen netten Nebenverdienst über die Bundesagentur haben. Warum sich Fahrer auf un- oder unterbezahlte Arbeit einlassen sollten, entzieht sich meinem Gespür für Logik ein wenig.

Und das mit der Schwarzarbeit kommt dann mit dem Fiskaltaxameter auf den Tisch … die Umsätze der nächsten Jahre werden auf wundersame Art und Weise steigen, für die Vorhersage braucht’s keine Aushilfsorakel.

Aber wie gesagt: Es wird noch dauern, bis da verbindliche Daten existieren. Noch wird das Gewerbe dominiert von Kollegen, die nicht einmal wissen, wie viel Umsatz sie so pro Stunde machen („Ich schreib mir doch meine Stunden nicht auf …“) und von denen, die nach wie vor erzählen, „dass das bei uns sowieso nicht klappt“.

Am meisten bedauere ich die Kollegen, die vermutlich fliegen werden, einfach weil sie mit weniger Verdienst zufrieden waren. Die Fahrer, die das alles noch eine Spur gemütlicher sehen als ich und (oft in den Randbezirken) einfach ihre paar Touren mitnehmen und mit dem Fuffi pro Tag zufrieden sind. Ob er sie nun 3 oder 8 Stunden Wartezeit kostet – was natürlich für Chefs künftig nicht mehr finanzierbar sein wird.

Und was ändert sich bei mir?

Aller Voraussicht nach nicht viel. Ich nehme zwar an, ich werde ein wenig mehr verdienen – das allerdings nur indirekt durch den Mindestlohn. Meine Bezahlung bleibt die gleiche, ich werde am Umsatz beteiligt und auch die Prozente ändern sich nicht. Die einzige Änderung ist die, dass ich künftig – wenn mein monatlich ermittelter Stundenlohn darunter fallen sollte – wenigstens die gesetzlich vorgeschriebenen 8,50 € bekommen werde. Momentan gehe ich allerdings davon aus, dass das nicht passieren wird, und wenn, dann nur in unbedeutendem Maße. Meine Statistik ist recht umfangreich, deswegen kann ich zwar nachvollziehen, dass ich den Mindestlohn seit November 2012 in 10 Monaten unterschritten habe, allerdings nur dreimal im vergangenen Jahr, und davon nur zweimal deutlich. Und im Vorjahr hatte ich noch wesentlich ineffizienter gearbeitet. Zudem gehe ich davon aus, dass die Umsätze gerade wegen des Mindestlohns deutlich steigen werden. Die größte Gefahr für mich also ist, dass meine Chefs wegen anderer Kollegen pleite gehen. An dem bei mir vielleicht anfallenden Fuffi Mehraufwand für 2015 wird’s vermutlich eher nicht scheitern.

Natürlich gibt es auch hier Unwägbarkeiten: Welche Fahrer werden wann welche neuen Muster fahren? Versuchen zwischenzeitlich mehrere, die Samstag-Nacht-Schicht zu bekommen? Bricht ein Großteil jeden schlecht laufenden Abend ab? Oder versuchen sie stattdessen auf Teufel komm raus, das wieder auszugleichen? Wie viele werden wirklich entlassen, wie viele tricksen wobei? Das weiß niemand und ich hab entsprechend auch keine Ahnung. Die nächsten Monate werden von einem Umwälzungsprozess geprägt sein, der sicher mal in die eine, mal in die andere Richtung ausschlägt. So gesehen wird es eine spannende und leider nicht für alle schöne Zeit.

Ich versuche indes einfach, weiterhin meine Kunden ans Ziel zu bringen und bin ziemlich sicher, dass das am Ende so schon passen wird. Mit etwas Glück ist es einfach etwas weniger ärgerlich, wenn der Tag mal schlecht läuft.

Silvester 2014

Wie die meisten erahnt haben werden, hab ich mich auch dieses Jahr wieder in der Silvesternacht auf die Straße geworfen. Natürlich vollkommen uneigennützig, um netten Menschen nach Hause zu helfen. Mit dem guten Verdienst hat das natürlich nix zu tun. 😉

Wie üblich bin ich erst um 1 Uhr am Neujahrsmorgen auf die Straße und hab sogar recht früh – um 7:30 Uhr – wieder Feierabend gemacht. Das war mehr einem örtlichen Zufall geschuldet, ich wäre auch in den letzten Jahren von Kaulsdorf aus Richtung Heimat gefahren um die Zeit. Und es hat nunmal keiner mehr gewunken.

Und, wie war’s?

Wie absolut jedes Jahr. Umsatzstark, größtenteils gut, in Teilen extrem stressig – am Ende halt so mittel. So langsam fange ich sogar an, die Kollegen zu verstehen, die Silvester nicht mehr fahren. Nicht, dass ich das schon bald vorhabe, aber irgendwie isses letztlich eine Schicht in der man zweimal so gut verdient wie sonst, die aber dafür auch zweimal so stressig ist. Das Fazit ist so schwer nicht auszurechnen. 🙂

286 € Umsatz in 6,5 Stunden ist natürlich prima. Am Ende hatte ich aber eigentlich gehofft, die 300 zu knacken. Wie üblich waren die Fahrten für meinen persönlichen Geschmack zu lang – wobei das dieses Jahr schon wieder Glück gewesen sein könnte. Denn was hatte ich für eine Silvesterschicht Leerfahrten! Um 5:30 Uhr bin ich sage und schreibe von Falkensee leer bis zur Leipziger Straße/Wilhelmstraße gefahren. Das sind 19,3 km mit angeschalteter Fackel im Stadtgebiet. Aber über den Umsatz an Silvester jammern, wäre schon arg vermessen. Es hat immer noch aufs Doppelte des in dieser Schicht für mich erstmalig geltenden Mindestlohns gereicht.

Der Mindestlohn war natürlich auch Thema im Taxi, ebenso – auf sehr erwähnenswerte Art – Uber. Darüber hinaus natürlich viel „Frohes Neues!“ und eine Menge Dank dafür, dass ich in der Nacht nicht wie alle anderen am Feiern war. So muss das!

Außerdem hab ich Silvester völlig ohne Backup-Navi runtergerockt. Natürlich hab ich hier und da mal auf die Tracker-App geschielt, aber im Wesentlichen hat’s gut geklappt. Am Ende wollten doch fast alle heim und wussten noch, wo das ist. Und in den besonders absurden Fällen wusste ich es dann, manchmal ist Ortskunde schon unheimlich.

Das Auto nach einer 200-km-Schicht gestern dann bei Tageslicht zu sehen, war nicht so erfreulich – aber ich denke, ich hab’s den Kollegen angemessen geputzt zurückgebracht. Nun hab ich wieder meine inzwischen übliche 2925 und das Jahr 2015 kann richtig starten. Die letzte Nacht haben mich heftigste Müdigkeitsnachwehen der letzten Tage von einer richtig vollen Schicht abgehalten, aber ab heute Abend geht alles wieder seinen Gang. So toll Silvester auch ist, back to normal hat auch was …

Mehr als nötig

Die heutige Nacht war sowas wie ein Brücken-Arbeitstag für mich. Wirklich Lust auf Arbeit hatte ich nicht, zumal ich sowieso ungewohnte 8 Tage am Stück arbeite diese Woche. Sicher, die Kohle kann ich brauchen – aber der letzte Tag macht weder einen guten Monat zum Überbringer noch einen schlechten Monat richtig gut. Der letzte Tag ist immer ein bisschen für’n Arsch. Aber dadurch, dass ich die Schicht heute unterwegs war, konnte ich fließend zum Silvesterauto wechseln. Sowohl meine eigentliche 2925 als auch die die letzten Tage gefahrene 2223 sind in der Nacht der Nächte mit anderen Fahrern besetzt. Also musste ich tauschen.

Die 871. Gut, hab ich nie gefahren, wird aber schon in Ordnung sein. Laut Schichtplan ist sie heute ab 7 Uhr verfügbar. Deswegen hatte ich die Nacht spät gestartet – ich wollte bis morgens fit sein, um das Auto an der Firma wechseln zu können. Spart mir zwei Bahnfahrten zu je ungefähr einer Stunde.

Dumm war halt, dass meine Arbeitslust ziemlich darnieder lag. Ich hab mich erst um 23 Uhr auf die Straße gequält und eigentlich ab 1:30 Uhr ständig ans Aufhören gedacht. Aber naja, hier noch eine Tour, da noch mit Kollegen quatschen …

Gegen 4 Uhr hab ich’s nicht mehr ausgehalten. Mir sind trotz ausreichender Koffeinzufuhr fast die Augen zugefallen. Also hab ich das bisherige Auto betankt und geputzt und war zudem eigentlich ganz zufrieden mit den knapp 100 €, die ich eingefahren hatte. Dass der mir unbekannte Kollege an einem Dienstag wirklich bis 7 Uhr arbeiten würde, glaubte ich ohnehin nicht. Lange würde ich nicht auf’s Auto warten, dachte ich mir, als ich auf den Hof rollte.

Es war sogar noch besser: Die 871 stand bereits auf dem Hof. Das Ärgerliche daran: Sie sah nicht gerade aus, als wäre in den letzten drei Tagen überhaupt jemand mit ihr gefahren. Und diesbezüglich ist die Beweislast erdrückend:

Wir hatten viel Schnee in den letzten 30 Minuten! Quelle: Sash

Wir hatten viel Schnee in den letzten 30 Minuten! Quelle: Sash

Ich hab’s sportlich genommen und mich gefreut, dass ich den Hunni Umsatz gemacht habe. Denn hätte ich abends gleich die Kisten getauscht, wäre ich viel früher heim. Insofern ist das jetzt schon ok. Schon gar keine Vorwürfe mache ich dem Kollegen, der seine eingetragene Schicht nicht gefahren ist – denn das hab ich selbst schon sicher fünfzig Mal gemacht. Damals hat das halt nur Harald und mich betroffen, weil wir uns das Auto zu zweit geteilt haben und niemand anders unsere Uralt-Kiste im Nordosten der Stadt haben wollte.

In solchen Fällen merkt man dann, dass nichts zu 100% perfekt ist und alles seine Vor- und Nachteile hat. In dem Fall, dass meine Chefs nicht viel von Arbeitspflicht halten und es zudem sehr locker sehen, wenn man nicht Bescheid sagt, dass man nicht fährt (obgleich sie’s natürlich gerne hätten, wenn wir es täten). Aber obwohl ich mich in dem Fall über eine rechtzeitige Info gefreut hätte, bin ich doch trotzdem froh, dass man bei uns nicht gleich einen Anschiss kriegt, nur weil man abends mal vergessen hat, Cheffe anzurufen.

Wie dem auch sei: Damit ist 2014 durch für mich und ich hab am Ende eine halbe Schicht mehr als geplant runtergerissen.

Jetzt jedenfalls werde ich in obigem Kistchen die Silvesterschicht rocken. Sie scheint vollkommen ok zu sein und fährt sich gut. Kleines Manko auch hier: ein Navi hat sie nicht. Und dieses Mal hab ich nicht einmal einen Ersatz – nur mein Handy für den Notfall. Aber wie sagt mein Chef so gerne:

„Du bist doch Taxifahrer, wozu brauchst Du’n Navi?“

Und obwohl ich das bei der riesigen Stadt und den tausenden Sonderzielen, die man niemals alle kennen kann, so nicht unterschreiben würde, stimmt’s andersrum dann halt doch wieder: Seit ich in der 2925 das nervige Aushilfsnavi drin habe, hab ich es für exakt eine einzige Fahrt benutzt. Ganz so schlecht scheint es um die Ortskunde meiner Wenigkeit dann ja doch nicht bestellt zu sein.

Aber das alles passiert erst 2015. Den heutigen Abend werde ich wie immer gemütlich mit Ozie zu Hause verbringen und mich erst mit Verstummen des Feuerwerks auf die Straße schmeißen. Ich wünsche Euch allen einen guten Rutsch und eine fette Feier! Und ärgert mir die Taxifahrer auf der Straße nicht zu sehr, ok?

Taxifahren an Silvester

Die langjährigen Leser werden auf das Revival dieses Textes so sehr gewartet haben wie auf die Best-of-CD von Scooter, den neuen bringe ich hiermit das näher, was einfach gesagt werden muss, wenn Silvester bevorsteht:

Stellt Euch darauf ein, dass es schwer bis unmöglich wird, an Silvester ein Taxi zu bekommen und bleibt trotzdem gelassen!

Damit ist das wichtigste gesagt. Wer alles weitere als lockere Liste haben will, dem sei dieser Text aus dem Vorjahr empfohlen: 10 Tipps zum Taxifahren an Silvester. (ihr dürft das gerne wieder in den Social Networks teilen – wie auch diesen Artikel hier)

Nun aber in der langen Version:

Wie sich die meisten sicher denken können, ist Silvester für uns die lohnendste Schicht. Das ganze Land feiert, fast jeder trinkt – und am Ende müssen alle zu besonders später Stunde und bei kaltem Wetter heim. Das ist natürlich großartig für Taxifahrer, andererseits sind die Ausmaße an Silvester einfach so gigantisch, dass wir schlicht nicht alle Kunden befördern können. Obwohl wir die meiste Zeit des Jahres ewig rumstehen und auf Kunden warten, also in mehr als ausreichender Zahl existieren, wird es an Silvester eng. Das Problem lässt sich auch nicht einfach lösen, denn wo sollen plötzlich mehr Autos und Fahrer herkommen? Für eine einzelne Schicht wohlbemerkt.
Der effizienteste Weg für uns (und die Kunden) ist damit, dass wir einfach alle Kunden aufsammeln, die uns über den Weg laufen und sie schnell heimbringen, dort die nächsten einladen usw. usf. Damit sind fast alle Taxis fast immer besetzt, besser kann man es nicht machen. Was aber dennoch heißen kann, dass man als einzelner Kunde ewig warten muss oder gar kein Taxi bekommt. Das ist natürlich immer blöd in dem Moment (und ich kriege jedes Jahr erboste Hinweise, was für eine Frechheit das doch ist), aber über den eigenen Tellerrand schauend sollte jeder sehen, dass es insgesamt unsinnig wäre, ewig leer zu den Kunden hinzufahren, obwohl unterwegs genügend andere Leute warten und man in derselben Zeit eigentlich doppelt so viele Fahrgäste transportieren hätte können.

Deswegen ist es an Silvester soweit ich weiß überall unmöglich, sich ein Taxi zu bestellen oder gar vorzubestellen. MyTaxi zum Beispiel hat gestern schon eine entsprechende Rundmail rausgeschickt.

Für alle, die keine Möglichkeit haben, mit einem Privatauto (mit nüchternem Fahrer bitte!) oder Bus und Bahn heimzukommen, empfehlen sich also Geduld, warme Klamotten und Wegzehrung für den Fall, dass man kein Glück hat.

Darüber hinaus bringt es überhaupt nichts, zu versuchen, sich vorzudrängeln oder sich gar ums Taxi zu streiten. Ich kenne keinen Taxifahrer, der sich in so einem Fall nicht für die anderen Kunden entscheiden würde. Und auch wenn man persönlich Pech hatte: Bitte lasst das am Ende nicht an dem Fahrer aus, der Euch dann mitnimmt! Wir, die wir auf der Straße sind, wenn alle anderen feiern und uns den ganzen Stress mit streitenden Kunden, Feuerwerk und Glasscherben auf der Straße geben, sind die, die am allerwenigsten dafür können, wenn es bei Euch länger dauert. Schiebt Frust wegen der zu dünnen Fahrpläne der Bahnen, ärgert Euch darüber, dass Ihr zu blau zum Autofahren seid oder dass eure Eltern in so eine blöde Wohngegend gezogen sind. Wir paar Taxifahrer auf der Straße sind die, die all das ausbügeln und ich glaube, ich spreche für alle Kollegen, wenn ich sage, dass wir an dem stressigen Tag trotz 25 € Stundenlohn (die Zahl ist halbwegs realistisch als Maximum) nicht auch noch Lust haben, uns anzuhören, dass wir an der Misere schuld seien.

Im Gegensatz zur privaten Konkurrenz können wir in dieser Ausnahmesituation nicht einmal unsere Preise erhöhen, sondern fahren zuverlässig zu dem Tarif, der auch für die Fahrt am vorletzten Montag gültig war.

Bitte bedenkt das, wenn es Euch selbst gerade nervt: Wir haben es in der Nacht auch nicht leicht, obwohl unser Umsatz gut ist!

Ich schreibe das wie jedes Jahr aber nicht, um Euch vom Taxifahren abzuhalten. Mitnichten! Über verständnisvolle Kundschaft freuen wir Taxifahrer uns an Silvester mehr noch als an anderen Tagen – und unsere Umsätze sind auch nur deshalb so ein guter Ausgleich für den Stress, weil so viele Leute ein Taxi brauchen. Am Ende wird das schon irgendwie. Mit ein bisschen Warten oder umdisponieren kommen am Ende wie jedes Jahr doch alle nach Hause und wir Taxifahrer hatten auch eine gute Schicht. Es wird halt alles nochmal besser, wenn alle ein wenig mitdenken und Verständnis haben.

So gesehen bleibt also alles beim alten: Ihr feiert schön und am Besten ohne Gefahr zu laufen, Brocken zu lachen – und wir Taxifahrer schmeißen uns in unsere Kisten und bringen Euch schnell und sicher heim. Und mit ein wenig gegenseitiger Unterstützung habt Ihr den besten Tag und wir zumindest den besten Arbeitstag des Jahres.

Deal? 🙂

PS:

Für alle, die gerne vergleichen wollen: Hier ist der entsprechende Text aus dem Vorjahr (mit Links zu anderen Silvester-Texten der Jahre davor).

Der Winter ist da!

Da ich wie so oft keinen Wetterbericht gesehen oder gehört hatte, kam der Schnee heute recht überraschend für mich. Zwischen Mitternacht und ein Uhr startete es zaghaft, und schnell wurde klar: Das bleibt liegen! 🙂

Wie's anfing. Ostbahnhof 1:30 Uhr, Quelle: Sash

Wie’s anfing. Ostbahnhof 1:30 Uhr, Quelle: Sash

Die zweieinhalb Stunden nach diesem Foto haben mich in Windeseile daran erinnert, weswegen ich diesen Job so mag. Schon bei der ersten Kurve mit dem ersten Fahrgast merkte ich die Glätte, ich sollte aber erst spät ein wenig zum Spielen kommen, denn in der Folgezeit war ich viel besetzt. Die Schicht wurde letzten Endes dann doch eine eigentlich recht ansehnliche – und die Schneemaßen wuchsen und wuchsen. Bald waren nicht einmal mehr die Fahrrillen asphaltgrau, bereits ab 2:30 Uhr fanden sich auch auf den großen Hauptstraßen nurmehr weiß-weiße Ebenen, auf denen man sich mit anderen Autofahrern einig werden musste, in wie viele Spuren man sie aufteilt. Zweimal hab ich einfach so aus reinem Spaß an der Freude am Straßenrand eine Zigarettenpause eingelegt und mich über den Schnee gefreut. Die Kundschaft sah es ähnlich begeistert und zu guter Letzt hatte ich ein Pärchen im Auto, das das Fahrtziel noch abänderte. Die beiden Kerle wollten lieber noch einen Kilometer gemeinsam durch den Schnee schlendern als direkt vor der Tür abgesetzt zu werden. Hach.

(Reinhold hat auch eine tolle Schneefahrt gehabt.)

Und natürlich habe ich mich ohne Kundschaft auch ein bisschen mit dem Auto amüsiert. Gehört ja dazu. Aber ich muss auch ernsthaft warnen: Unter dem Schnee ist es heute sauglatt. Ich hätte zweimal fast eine Verkehrsinsel erwischt, obwohl es „eigentlich locker“ hätte reichen müssen. Aber naja, ist ja nix passiert. Wie schrieb ich vorher so schön auf Twitter:

„Am Ende waren es nur Zentimeter. Aber gute Zentimeter, nicht böse Verknautschungszentimeter.“

Inzwischen sind es mehr als zehn Zentimeter Schnee, auch die guten Zentimeter. 😉

Viel Spaß und dennoch ein gesundes Maß Vorsicht Euch allen da draußen!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Die letzte Nacht

(zumindest voraussichtlich)

Die letzte Nacht im Taxi war das gestern natürlich nicht – und noch nicht mal die letzte in diesem Jahr. Ich fahre heute abend nochmal raus und wenn alles gut geht auch morgen noch.

Nein, es war die letzte richtig abgefuckte unlohnende Nacht vor dem Mindestlohn. Zumindest voraussichtlich eben. Natürlich können auch die letzten beiden gehörig in die Hose gehen – aber sowas wie diese Nacht habe ich lange nicht mehr erlebt. In den letztlich nur fünfeinhalb Stunden, die ich auf der Straße war, hab ich so grotesk wenig Geld eingefahren, dass ich nächsten Monat in so einem Fall mehr von meinem Chef bekommen würde, als ich insgesamt eingefahren habe. Mit anderen Worten: So gruselig wird es sich nie wieder anfühlen.

Wobei das nur zur Hälfte wahr ist. Zum einen glaube ich nicht, dass es mir – zumindest unter Chefs wie meinen – jemals egal sein wird, dass ich das Geld nicht einfahre, das ich koste (und ich glaube, selbst meine Chefs machen das nicht ewig mit 😉 ). Zum anderen werde ich auch in Zukunft mal eine Schicht wie diese haben und sie am Ende de facto so bezahlt bekommen. Denn zusammengezählt wird am Ende des Monats und nicht am Ende der Schicht, also werde ich nach wie vor schlechte Schichten mit guten ausgleichen. Es ist ja nicht so, dass der Mindestlohn alles umschmeißt – auch wenn das im Taxigewerbe bisweilen so scheint.

Was ich jedenfalls beibehalten können werde, ist an solchen Tagen die Schicht abzubrechen. Was meinen Chefs bisher sicher nicht sonderlich gefällt (obwohl sie’s mich machen lassen), spart ihnen in Zukunft Geld – zumindest, wenn’s am Ende spitz auf knapp steht.

Ich bin so gespannt darauf, wie’s im Januar läuft und was man so aus dem Gewerbe mitkriegt. Da wird leider viel unschönes dabei sein, aber noch hab ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es wie prognostiziert bergauf geht. Einzelne schlechte Nächte sagen da jedenfalls noch gar nichts.