Der ewige Krieg…

Scheint, als könnten wir uns langsam wieder an Plusgrade gewöhnen. Trotz meinem Hang zur winterlichen Jahreszeit freue ich mich darüber. Der Frühling ist einfach eine zu schöne Jahreszeit, kaum etwas daran, das nicht schön ist: Erträgliche bis angenehme Temperaturen, ein Wiedererwachen der Natur und der ein oder andere Sonnenaufgang zur Arbeitszeit. Mit einem Wort:

Hach.

Uns Autofahrer in Berlin erwartet nun allerdings auch wieder der Anstieg des Fahrradaufkommens, was nach wie vor gemischte Gefühle hervorruft. Genau genommen hat mich in meiner Frühlingsvorfreude vorgestern diese Polizeipressemeldung wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt: Gefahrenbremsung wegen Radfahrer – Mehrere Busfahrgäste verletzt.

Wer hier länger mitliest, weiß dass mir dieser Kleinkrieg zwischen Fahrradfahrern und Autofahrern auf die Nerven geht. Ich als Taxifahrer bin ja ebenso Mitglied einer Gruppe von Verkehrsteilnehmern, denen gerne besondere Rüpelhaftigkeit im Straßenverkehr nachgesagt wird, ich verstehe also durchaus, dass es enervierend ist. Noch dazu sind bei dieser Posse um richtiges Verhalten im Straßenverkehr ausgerechnet zwei der beklopptesten Lobbyverbände in Deutschland involviert, die ich für fast jedes Statement in die Tonne kloppen könnte:

Auf der einen Seite der ADFC, der grundsätzlich nicht wahrhaben will, dass es eine Menge Probleme im gemischten Verkehrsraum gibt und Schuldzuweisungen an Radfahrer grundsätzlich damit zurückweist, dass die Autofahrer ja mindestens genauso schlimm sind und spezielle Kontrollen für Radfahrer natürlich willkürliche Gängelung sind, während Autofahrer ja viel zu selten mal geblitzt werden würden und so…

Der ADAC als Autofahrervertretung indes wartet mit seiner absurden Haltung auf, schnelles und unkompliziertes Autofahren sei ein Grundrecht und schon beim Aufstellen von Geschwindigkeitsbegrenzungen einen Abgesang auf die deutsche Automobilindustrie anfängt, wenngleich es eigentlich um Unfälle mit Fahrradbeteiligung ging.

Das ist jetzt mal sehr oberflächlich ausgedrückt, ich hab mir keine O-Töne besorgt, aber das war so der Grundtenor, der mir in den letzten Jahren aus der Presse entgegengeschwappt ist.

Ich stelle das deswegen voran, weil ich im Grunde als Wort zum Frühling ausrufen möchte:

Radfahrer, reißt euch bitte am Riemen!

Denn diese Aussage ist, so ernst sie gemeint ist, keine Rechtfertigung für blödes und gefährliches Verhalten von Autofahrern, kein Hass auf Radfahrer, sondern sie soll nur genau eines ausdrücken:

Reißt euch bitte am Riemen!

Wir hatten doch alle irgendwann mal so eine Art Verkehrsschulung. Auch ohne Führerschein. Und auch wenn wir alle viel vergessen haben, so halten wir uns doch einfach an § 1 der StVO, der vollumfänglich dieses aussagt:

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, daß kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

That’s all. Vom ein oder anderen kleinen Fehler mal abgesehen erwarte ich nichts anderes von den Leuten um mich herum und das sind auch die Regeln, an die ich mich zumindest halte, sobald ich sie vielleicht woanders mal übertrete.

Wir wollen alle ans Ziel, alle möglichst schnell und stressfrei. Das jedoch geht nicht für jeden unbegrenzt. Wir müssen aufeinander Rücksicht nehmen – und zwar gegenseitig. Niemand ist per se böse, weil er ein bestimmtes Fahrzeug bevorzugt, wir müssen diesen Krieg nicht führen, es geht eigentlich wesentlich gelassener. Ich versuche, meinen Teil dazu beizutragen und ich freue mich über jeden, der es auch tut. Auch wenn er letzte Woche aber mal einen total miesen Radfahrer/Autofahrer/LKW-Fahrer/Fußgänger oder Großtankerkapitän gesehen hat!

Warum richte ich mich an die Fahrradfahrer?

(Wenn es mir doch so egal ist, was jemand fährt…)

Ganz einfach: Mit euch hab ich den meisten Ärger! Wenn es mit anderen Autofahrern mal knallt, dann ist es in der Stadt meist ein bisschen Blechschaden und wenn ich nicht schuld bin, kostet mich das nichtmal viel. LKW-Fahrer sind nachts zu selten auf der Straße unterwegs, als dass sie mir oft gefährlich werden und die oben erwähnten Großtanker kreuzen meinen Fahrtweg nur, wenn ich ohnehin ganz andere Probleme habe. Die Fußgänger sind zwar Nachts auch oft wandernderweise auf der Straße unterwegs, allerdings im entsprechenden Zustand meist recht träge – und sie treten fast immer an Stellen auf, wo ich sie erwarte (vor Clubs und Bars beispielsweise).

Fahrradfahrer aber sind ggf. auch unter Drogen noch flott unterwegs und schießen an jeder x-beliebigen Kreuzung irgendwann mal in Sekundenbruchteilen auf die Fahrbahn. Und wenn dabei wirklich mal was passiert, dann hab ich die Sauerei mit der Leiche und ich bin mir sicher, dass sich so ein Trauma nicht von einem richterlichen Freispruch beeinflussen lassen wird.

Deswegen.

Und hey: Ich bin es gewohnt, noch schneller zu sein als ihr und kann mich trotzdem an Ampelphasen halten. Ich trinke gerne mal ein Bier, verzichte dennoch darauf, wenn ich Auto fahre. Und ich bin auch schon Fahrrad gefahren. Ich weiß, dass ein Licht bezahlbar ist und dass man ohne Bierflasche mit einer Hand wirklich total easy und für alle sichtbar einen Richtungswechsel anzeigen kann. Ist auch gar nicht so peinlich, wenn es alle machen 😉

Taxis am Ostbahnhof

In nächster Zeit werden wohl öfter mal Kunden am Ostbahnhof ein Taxi suchen und keines finden. Wieso das? Ganz einfach: Man hat uns versteckt. Direkt vor der Bahnhofshalle, an der Straße „Am Ostbahnhof“ befindet sich normalerweise (mit einigen Unterbrechungen) über die gesamte Länge ein Taxistand. Der ist zwar bezüglich der Reihenfolge für Kunden nur schwer zu durchschauen, aber immerhin sind Taxen da. In der Regel in rauher Menge. Das hat sich jetzt „ein Bisschen“ verändert…

Das Parkdeck neben dem Taxistand und den Bushaltestellen wurde abgerissen und wird wohl bis Sommer erneuert / umgebaut / abgeschafft, was weiß ich. Durch die großflächige Baustelle fällt eine Menge Platz für Busse und Taxen weg und so findet man uns jetzt mit viel Glück, wenn man aus dem Bahnhof kommt, irgendwo ganz weit rechts. Vergesst eure Ferngläser nicht! Nachts lässt sich der Schein unserer Fackeln noch ausmachen, wie die Tagfahrer das regeln, weiß ich nicht. Denn nicht einmal für ein kleines Hinweisschild auf den verschobenen Taxistand scheint es gereicht zu haben. Überhaupt kann man aus Taxifahrersicht ziemlich angepisst sein wegen der neuen Regelungen dort. Es ist schlicht nicht genug Platz für die übliche Menge an Taxen da – und was da ist, ist auch nur Murks. Ich hab mal ein paar Bilder gemacht:

„Legale“ Nachrücke? Quelle: Sash

Zugegeben: Hier erkennt man nicht viel – ich finde dennoch, dass dieses Bild schon einiges an Aussagekraft hat. Das ist wohl gerade als letzter legaler Taxihalt gedacht: Genau dort, wo man gemeinhin nicht halten darf, weil es „im Kreuzungsbereich“ ist.

Korrektur: An diesem Punkt lag ich wohl falsch. Wie mir Kollegen geschildert haben, stellt dieses Schild – wenngleich nicht so betitelt – das Ende des Halteplatzes dar. Die Unsinnigkeit ist indes nicht arg viel weniger geworden: Das Anfangsschild steht schwer sichtbar unter der Brücke und der komplette Halteplatz ist entsprechend zugeparkt – sodass uns nur die zweite Reihe bleibt.

Aber kommen wir zu ein paar aufschlussreicheren Infos:

Der Taxistand in seiner ganzen Pracht, Quelle: Sash

Das ist gerade quasi der Taxistand. Er besticht durch eine gewisse Leere. Zur Erklärung habe ich einige Buchstaben eingefügt:

A) An dieser Ecke soll derzeit das erste Taxi der Reihe halten. Es ist damit der ungefähr am weitesten vom Haupteingang entfernte Platz in dieser ganzen Konstellation überhaupt. Bei aller Liebe für die freie Fahrzeugwahl: Kein Wunder, dass wir diesen Platz nicht besetzen, denn wer wartet schon gerne dreimal so lange als der Rest, bloß damit ihm am Ende doch nie ein Kunde einsteigt?
Deswegen ist die gesamte linke Seite hier auch leer – wenngleich das der Platz für die ersten 10 Taxen sein soll…

B) Die Leere auf dieser Seite ist auch lustig, denn hier herrscht (auch für uns) absolutes Halteverbot. Der Grund sind die vier Baken in der Straßenmitte, die ein Schlagloch umrahmen. Damit der Bus da noch vorbeikommt, haben wir eine Lücke im an sich sinnvollsten Teil des Taxistandes (das ist im Normalfall die dritte Nachrücke, so ca. für Taxe 16 bis 22 oder so…)

C) zeigt das Ende des Standes und die Position an, aus der ich das erste Foto gemacht habe. Ab dort beginnt der inzwischen viel genutzte und komplett illegale Nachrückplatz bis unter die Unterführung in der Koppenstraße.

Geht aber noch weiter:

Hier also die glücklichen ersten! Quelle: Sash

Das hier ist also die derzeitige „Spitze“ des Taxistandes. Zu den Buchstaben:

D) ist die Fortsetzung der ersten Halteplätze (A im letzten Bild) und zwar bis genau zum ersten Taxi.

E) Die ersten Taxen halten derzeit meist zu zweit illegal an der Bushaltestelle, weil das gerade noch so ein Bereich ist, in dem gelegentlich Kunden auftauchen nund nicht gleich allesamt hinten irgendwo einsteigen…

F) Dort beginnt die Baustelle und lässt nur eine schmale Durchfahrt, die komplett als Bushaltestelle genutzt wird, ebenso wie der Bereich davor bis zu unserem Stand.

G) markiert die Position des dritten in der Reihe, vor seinem Auto beginnt unmittelbar ebenfalls eine Bushaltestelle. Offiziell als Position 11 vorgesehen ist das der Taxihalteplatz der am nächsten zum Haupteingang des Bahnhofs liegt und dabei legal ist.

H) Der Bahnhofsvorbau markiert recht eindrücklich, wo sich tatsächlich die Ausgänge befinden – und wo sich auch normalerweise die ersten Taxen befinden würden. Im Laufe der Nacht werden dort am hinteren Ende der schmalen Baustellendurchfahrt übrigens durchaus (natürlich wieder illegal) ein paar Taxen bereitgehalten. Z.B. um Besucher aus dem Fritz-Club aufzunehmen, aus deren Blickfeld wir sonst völlig verschwunden wären.

Ja, ich verstehe, dass das gerade schwierig ist dort – aber ein bisschen werde ich auch das Gefühl nicht los, dass an die Taxifahrer mal wieder zuletzt gedacht wurde. Und hey – es existiert hier ein Bedarf an Taxen!

Ich bin jedenfalls schon mal gespannt, wie sich das in den nächsten Wochen alles entwickeln wird und wie viel wir wegen Falschparken im Laufe des halben Jahres so an „Extrakosten“ haben werden, falls jemand auf die Idee kommen sollte, das alles zu ahnden.

Ich wünsche euch an schönes Wochenende, man liest sich am Montag wieder!

Extreme Schlaglöcher

Und dann war da noch der Kunde, der mich nicht so recht glauben konnte, dass ich schon einiges gesehen habe:

„In meiner Straße, da müssen Sie echt ganz arg aufpassen!“

„Ja?“

„Da sind Schlaglöcher. Aber richtig extreme!“

„OK, das kenn‘ ich aus einigen Kleingartenanlagen.“

„Nee, solche haben Sie noch nie gesehen. Das ist echt extrem.“

„Also wenn wir durchkommen, hab ich schon schlimmeres gesehen, sicher.“

„Ja, aber das ist echt heftig.“

Dort angekommen erwiesen sich die Schlaglöcher durchaus als heftig – also bis zu 30 cm tief und auch sehr zahlreich über die Straße verteilt. Allerdings zeichnete sich gleich ein Weg ab, wie man sie gut umfahren kann. DA hat er mir dann allerdings doch noch was neues erzählen können:

„Ja und hier hinten steht manchmal die Polizei und fragt nach, warum man Schlangenlinien fährt…“

Das machen die nicht wirklich, hoffe ich o.0

Und wenn wir schon…

dabei sind. Heute Morgen hatte ich den Artikel mit dem Polizisten, der gerne mal Kollegen anpöbelt. Auch sonst neigt die Truppe ja gerne zu Humor in seltsamen Lebenslagen. Der Beweis ist wohl ein Brief, den ich vor Ewigkeiten mal von ihnen gekriegt habe:

Zielgruppengerechte Werbung

Ein Taxi heranwinken

„Wie in New York“

„Wusste gar nicht, dass das hier auch geht.“

„Haha, sie halten ja tatsächlich.“

Zitate von Winkern.

Ich als stummer Fahrer habe schätzungsweise zu 0 bis 100% (eigene Messung) Winker als Fahrgäste: Menschen, die sich mehr oder minder kurzentschlossen ein Taxi an der Straße heranwinken. Im Großen und Ganzen gestaltet sich diese Übung für Fahrer wie Winker recht einfach. Der Winker winkt und der Fahrer fährt in Richtung des Winkers, hält aber an, ohne ihn umzufahren. Daraufhin kann sich eine für beide sinnvolle Geschäftsbeziehung entwickeln. Oder Geschlechtsverkehr. Letzteres ist etwas seltener, aber man kann es ja mal erwähnen.

Um aber wenigstens das mit der Geschäftsbeziehung hinzubekommen, möchte ich hier noch einmal an ein paar einfache Regeln erinnern:

1. Frühzeitig winken!
Je eher wir uns gegenseitig erkennen, desto eher kann der Taxifahrer versuchen, das Anhalten mit möglichst wenigen Kollateralschäden zu bewerkstelligen. Auch wenn einen als Kunden die Kollateralschäden nicht unmittelbar betreffen zu scheinen: Es macht furchtbare Geräusche, wenn die Stoßstange des Taxis wegen einer vorhergegangenen Kollision am Boden schleift!

2. Deutlich winken!
Wir Taxifahrer haben zwar zweifelsohne alle recht gute Augen (oder können zumindest ein gefälschtes Gutachten vorlegen, dass euch die Beweislage erschwert), aber bei den unkontrollierten Bewegungen vieler Verkehrsteilnehmer (Epileptiker und Kleinkinder seien hier nur als zufällige Gruppen genannt) fällt ein leichtes Zucken mitunter nicht genügend auf.

Im Grunde war es das schon. Im Normalfall sollte dann alles funktionieren. Wenn man es zusätzlich noch vermeidet, dass unüberwindbare Hindernisse zwischen Winker und Taxi liegen (Leitplanken, Flüsse oder Kindergärten), dann kann wirklich gar nichts mehr schief gehen.

Ich wäre wirklich froh, wenn sich diese Grundgedanken irgendwann bei einem signifikanten Bevölkerungsanteil durchsetzen würden. Dann hätte vielleicht auch der Typ am Ringcenter bemerkt, dass es ein wenig blöd war, mich erst nach dem Anfahren an der Ampel (auf der linken Spur) heranzuwinken zu versuchen, indem er neben einem grimmigen Blick kurz die Hand hob, während ich in mitten im Verkehrsfluss auf eine der größten Berliner Kreuzungen gespült wurde und 15 Meter (!) weiter 5 Kollegen am Stand auf Kundschaft gewartet haben…

PS: Ja, kann sein, dass er eine Kurzstrecke haben wollte. Aber in solchen Situationen muss man halt warten, sorry.

Unangeschnallt im Taxi

Anschnallen im Taxi ist Pflicht. Da führt kein Weg dran vorbei. Zumindest, wenn man Fahrgast ist. Ich selbst als Taxifahrer darf unangeschnallt fahren, so lange ich Personen befördere. Ironischerweise wird das mit der Sicherheit begründet: Ich könne so leichter vor Taxiräubern fliehen. Ohne Kundschaft hingegen gelten für mich dieselben Regeln wie für alle anderen Autofahrer, zumindest bezüglich der Gurtpflicht.

Vermutlich wegen der Ausnahmeerlaubnis für den Fahrer piept mein Auto nicht wie blöde, wenn jemand unangeschnallt mitfährt. In der letzten Sitzreihe sind wahrscheinlich ohnehin nie Sensoren angebracht worden. Das stellt einen manchmal vor Probleme. Natürlich achte ich darauf, dass sich die Leute anschnallen, mache ihnen die Gurte zugänglich, helfe auch gerne, wenn es gewünscht wird. Aber auf der anderen Seite kletter ich natürlich nicht vor, während und nach einer Tour über alle Fahrgäste rüber, um zu überprüfen, ob sie der auch schriftlich und zweisprachig vorhandenen Aufforderung nachkommen.

Allzu sorglosen Umgang à la

„Ich schnall mich jetzt einfach mal nicht an!“

dulde ich nicht, aber wahrscheinlich haben es schon einige Leute geschafft, bei mir unangeschnallt mitzufahren. Das ist für mich ehrlich gesagt ein erschreckender Gedanke, denn natürlich bedeutet das in einem vollbesetzten Wagen eine zusätzliche Lebensgefahr für alle, inklusive mir. Mir geht das ganze Geschacher um die Gurtpflicht ohnehin auf den Zeiger, denn sobald man sich mal an Sicherheitsgurte gewöhnt hat, belästigen sie einen kein Bisschen, der Sicherheitsgewinn hingegen ist so immens, dass man sich zumindest von mir einfach Trottel nennen lassen muss, wenn man ohne besondere Gründe darauf verzichtet.

Allerdings ist es leider auch ein erschreckendes Zeugnis für die deutsche Bevölkerung, dass man das als Pflicht einführen musste. Und für die Bürokratie, dass es es eine so absurde Regelung geworden ist – siehe meinen Artikel zu Kindersitzen im Taxi

Im Grunde habe ich nichts gegen leichtsinnige Selbsttötungen, ich wäre als Unbeteiligter nur gerne außen vor.

Nun hatte ich am Wochenende allerdings zwei Leute an Bord, die sich nicht angeschnallt haben. Bewusst und mit meiner Erlaubnis. Legal war das zwar keinesfalls, allerdings hab ich sonst keine großen Möglichkeiten gesehen. Außer sie wegzuschicken. Das wiederum wollte ich nicht nur des miesen Geschäfts wegen nicht, sondern zudem, weil sie verdammt sympathisch waren.

Mich haben sie mitten aus der Schlange herausgepickt und ihre Wahl damit begründet, beim Kollegen nicht reinzupassen. Ich schielte kurz nach der E-Klasse und dann wieder nach den Fahrgästen. Zwei Männer, beide vielleicht 50 Jahre alt und von Ausmaßen, die mich vermuten ließen, sie äßen schmale Hansel wie mich oder die Wildecker Herzbuben zum Frühstück. Täglich. Beide waren locker zwei Meter lang und wenn ich meine eigene Masse mal als Rechengrundlage nehme, vermute ich Gewichte jenseits der 200 kg. Bei beiden. Dafür haben sie sich relativ elegant auf die beiden rechten Sitze des Zafiras fallen lassen, der auch umgehend ein paar Zentimeter Bodenfreiheit einbüßte.

Die beiden hatten auch keineswegs etwas dagegen, sich anzuschnallen, allerdings bestätigte sich die erste Vermutung meines neuen Beifahrers:

„Wahrscheinlich ist der Gurt aber eh zu kurz…“

Keiner der beiden hätte hinters Lenkrad des Wagens gepasst, obwohl selbst ich mit einigen Kilo Übergewicht noch locker 15 bis 20 cm Platz dahinter habe. Wegen der mangelnden Gurte leicht besorgt, allerdings beruhigt ob dem Gedanken, dass man auch mit diesem Gewicht wenigstens 50 werden kann, hab ich die beiden dann in ihr Hotel gebracht. Dabei sind die beiden durchgehend durch amüsante Unterhaltung und eine überragende Ortskenntnis aufgefallen. Auch wenn das Trinkgeld nur mäßig war, hätte ich im Nachhinein ungerne auf die Tour verzichtet. Und was für eine Alternative hatten sie schon bei ausfallenden S-Bahnen?

PS:
Auch wenn wahrscheinlich so ziemlich jeder Übergewichtige im Laufe der Jahre deutlich mehr abkann, als die meisten Leute sich erträumen könnten, würde ich doch darum bitten, dass die Kommentare hier nicht für blödes Dicken-Bashing genutzt werden. Denn die wenigen niveauvollen Witze über Übergewicht kennen wir schon alle, wir machen sie nämlich selbst… 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Verkehrsfluss

Es gibt immer wieder Situationen im Taxi, da stellen einen Fahrgäste vor Aufgaben, bei denen wir uns zwischen Kundenservice und Verkehrsregeln entscheiden müssen. Der klassische Fall ist natürlich der verspätete Fahrgast, der uns zu Geschwindigkeitsübertretungen animieren will, um den Zug, den Flug oder die Happy Hour noch zu erwischen.

Die Entscheidung fällt nicht immer leicht, denn es gibt zum einen verschiedene Verkehrsverstöße und zum anderen verschiedene Kunden. Auf der Stadtautobahn zum Flughafen Schönefeld auch mal 90 oder 95 km/h zu fahren statt der erlaubten 80, das passiert einem ja auch ohne Kundschaft mal. Und natürlich will ich meine Kundschaft zufriedenstellen! Denn auch wenn meistens stimmt, dass die Kunden sich selbst in die missliche Lage gebracht haben, so freut man sich als Dienstleister ja doch, wenn man es schafft, sie mit einem bisschen Extra-Engagement da rausholen zu können.

Die dabei versprochenen Trinkgelder erweisen sich zwar regelmäßig als infame Übertreibungen und Lügen, dennoch sind auch im Taxigewerbe die glücklichen Kunden die guten Kunden.

Und so hatte ich neulich mit mir zu kämpfen, als ich in der Warschauer Straße an einer Ampel stand und einer meiner Fahrgäste meinte:

„Oh! Cool! ‚Ne Volksbank! Kannste hier mal rechts halten?“

…und ich stand wirklich ganz vorne links an der Ampel.

Sicher: Mit einem Rotverstoß hätte ich rechts ranfahren können, ansonsten hätte ich den wie üblich aufgestauten Verkehr über Gebühr behindern müssen, um dieses Spielchen mitzuspielen. Also hab ich die Frage verneint. Ich hab angeboten, etwas weiter die Straße runter anzuhalten, bzw. bei der nächsten Gelegenheit eine Runde um den Block zu fahren. Aber klar: Das kostet natürlich ebenso wie das Abheben bei einer anderen Bank.

Da wir ohnehin die Revaler Straße als Ziel hatten, hab ich die dortige Sparkasse vorgeschlagen – ein Vorschlag, der für mich als Fahrer mit der Frage, in welche Richtung es gleich geht, ziemlich langsam entschieden wurde. Immerhin hat die Kundschaft es eingesehen, da sind nicht alle so locker drauf.

Hätte ich im Vorfeld schon gewusst, dass wir an einer Bank, einer Volksbank gar, anhalten müssten, dann hätten wir das natürlich auch hinbekommen. Aber so sehr man es sich im Einzelfall vielleicht als Kunde (oder auch Fahrer 😉 ) mal wünscht: Taxen haben keine Sonderrechte im Verkehr, abgesehen von der Benutzung der ein oder anderen Busspur und dem Anhalten an der rechten Straßenseite! Wir müssen uns auch an die Regeln halten und sind abgesehen von ein bisschen Routine im Umgang mit dem Verkehr sind auch wir nicht total unanfällig für Stress. Ich hoffe, das ist soweit verständlich.