Die kleinen Pluspunkte

„Hallo, guten Abend!“

„Hallo. Äh, sind Sie Nichtraucher?“

„Da muss ich Sie enttäuschen. Ich rauche. Aber nicht im Auto. Sie können aber gerne einen anderen Kollegen …“

„Nein, ist schon ok. Sie sind immerhin ehrlich.“

„Vielen Dank! Aber ich muss natürlich auch anmerken: Ich hab keine Ahnung, was meine Kollegen so anstellen im Auto.“

Aber ja, Eis gebrochen, immer gut.

Die Fahrt war natürlich nur kurz und eigentlich sind wir auf das Thema nicht mehr zurückgekommen. Ich sollte Obama als Präsidenten bewerten. Logisch, was man als Berliner Taxifahrer halt so tun muss. Jaja, besser als Trump mag ja sein, aber die Drohnenangriffe etc. pp. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Das ist ein interessantes Thema, aber wenn man so oder so nur darauf hoffen kann, dass der Fahrgast einen wegen eines Lasters wenigstens zu 30% ok findet …

Da sich meine politische Meinung mit seiner immerhin in Sachen Feindbilder deckte, ging das glücklicherweise gut aus. Und entsprechend konnte ich es am Ende nicht zurückhalten:

„Jetzt aber nochmal zu der Raucher-Geschichte: War alles ok für Sie?“

„Ja. Ich meine, ein Bisschen habe ich es gemerkt, aber für mich war das noch in Ordnung.“

Ich will niemandem auf den Fuß treten mit der Aussage, aber mir ist durchaus bewusst, dass man bei Leuten, die einen so intensiv abklopfen, selten mehr als einen Blumentopf gewinnen kann. Und zwei Euro Trinkgeld entsprechen dem ziemlich genau. 😉

Kreatives Ansagen

Eltern mit Kind, zwei Uhr nachts.

„Meechte Enstbalackstraße.“

Die Ernst-Barlach hatte ich im Kopf, aber dass das einfach die Verlängerung der Dorfstraße ist, nicht mehr. Also hab ich kurz das Navi gefragt. E-R-, da kam dann von hinten eine Kinderstimme:

„H-C-A …“

„Was Du sagen?“

fuhr der Vater dazwischen.

„Ich buchstabiere rückwärts.“

Hilfreich wäre was anderes, aber auf die Idee kommen muss man auch erst mal! 😀

So schonmal nicht!

„Ähm, aber hier jetzt rechts, oder?“

„Ja.“

Endlich. Ich war mir ja von Beginn an sicher, dass sein Weg nicht der kürzeste ist, aber nachdem wir die zwei besten Möglichkeiten schon lange hinter uns hatten, war’s nun echt an der Zeit. Und da raunt einer seiner Kumpels hinten:

„Wie die alle den P-Schein kriegen … ich versteh’s nicht.“

Aber ja, ich hatte zuvor den Fehler gemacht, zuzugeben, dass mir ihre Straße nix sagt.

Deswegen, Jungs, falls Ihr mitlest: Man kriegt den P-Schein nicht, wenn man die Straße vor der eigenen Wohnungstür kennt, sondern wenn man gelernt hat, dass der kürzeste Weg von Marzahn nach Friedrichsfelde nie auch nur einen Meter die B1 entlang führt, auch wenn’s Montag Mittag um 13 Uhr die schnellere Strecke sein mag!

Gegen vier Leute anreden war mir aber zu doof. Und die etwa 10% mehr Umsatz weiß ich ja durchaus zu schätzen. 😉

Naja, immerhin höflich …

Eine Kurzstrecke, nicht gerade Zeit für tiefgehende Gespräche. Und wir waren immerhin schon soweit, dass meine Kundin, die meine Dienste spät nachts mit Luftballons in der Hand in Anspruch nahm, loswerden konnte, dass und warum sie unsere Kanzlerin mag, das mit der erneuten Kandidatur aber trotzdem kritisch sehen würde. Und dann:

„Aber wir müssen nicht über Politik reden, schlag Du mal ein Thema vor! Was interessiert Dich? Aber nicht Musik, da kenne ich mich nicht aus, obwohl: Belehr mich eines besseren!“

„Ähm, uff.“

„Was ist gerade dein Lieblingssong? Also nicht all-time, jetzt gerade!“

„Das ist ja noch schwerer! Ich bin gerade bei Musik nicht so …“

„Na, na, na, Du bist Taxifahrer. Du hörst die ganze Nacht Radio.“

„Ähm, also … ich will jetzt nicht noch langweiliger wirken als ich ohnehin bin, aber wenn ich Radio höre, dann Inforadio.“

„Ach komm, Du bist nicht langweilig! Du … Du trägst ’ne interessante Mütze zu einem interessanten Bart.“

0.0

PS: Ich hab’s am Ende noch geschafft, Pluspunkte zu sammeln, weil ich bei ihrem Kurz-Quiz „Kennst Du mehr deutsche Bundeskanzler als Kardashians?“ erfolgreich zugunsten der Kanzler abgeschnitten habe.

Kleinere Selbstverständlichkeiten

„Brimsmiause?“

„Sicher. Was sonst?“

„Annenarscherweld?“

„Nö, da war ich heute schon.“

Angst vor Umwegen kann ich ja noch nachvollziehen. Aber einfach mal woanders hinfahren ist dann doch eher diese übliche sehr sehr sehr seltene Ausnahme, die mal nach 1.000 Missverständnissen oder bei jedem 500sten Betrungsversuch erst passiert. Bei allem Negativen, was ich natürlich auch hier und da mal anreiße, würde ich doch zu allererst sagen: Nur keine Panik! Es ist wirklich so, dass Taxifahrer in aller Regel einfach zu der Adresse fahren, die ihnen angesagt wird. Ehrlich!

Grundlos Taxi fahren, natürlich! ;)

„Bringse mich U-Bahnhof HasteimKopfStraße?“

„Sicher. Dafür sind wir ja da.“

„Aba, aba nur weil U-BNahn assi is, verstehtste?“

„Äh, nein?“

„Na wejen die Besoffenen. Alle druff, voll schlimm und so.“

„Ist ja auch egal. Für sowas sind wir da: Leute sicher heimbringen.“

“ N‘ Scheiß! Ich komm schon alleine heim, is‘ nur wegen den Druffis, verstehste?“

Äh. Ja, vielleicht oder nein!?

„Issmir auch egal. Du bist Taxifahrer, Du kennst das mit den Druffis ja auch gar nicht!“

 Natürlich nicht. Und ich bin sehr froh, diesen Fahrgast trotz meiner Unkenntnis heimgebracht zu haben. 😉

 

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Blogmedley Kurzstreckenfahrt

Meine hochgeschätzte Bloggerkollegin Pharmama hat mich bezüglich eines Blogeintrags bei apothekentheater angefragt, ob ich nicht hier und da erwähnt hätte, dass kurze Strecken von uns Taxifahrern nicht abgelehnt werden dürfen, weil es in dem Text genau um so etwas ging: Eine nicht mehr ganz fitte (also entkräftete und nicht wegen 18 Wodka leicht schwankende) Kundin wurde wohl erst vom vierten erreichbaren Taxiunternehmen überhaupt angenommen, dazu mit dem Hinweis, die Anfahrt sei natürlich auch zu bezahlen.

Einmal mehr nicht das beste Licht, das auf meinen Berufsstand geworfen wird. Grmpf. -.-

Aber da die Welt nicht schwarz-weiß ist und einige Fragen offen geblieben sind, antworte ich hier mal.

Unabhängig der rechtlichen Lage möchte ich anmerken, dass die Ablehnung kurzer Strecken bei hilfsbedürftigen Kunden schon mal völlig daneben ist. Sicher: Dass sich bei einer Vermittlung am Ende kein Fahrer findet, kann passieren, aber dann auch noch so dreist sagen, dass sich das nicht lohnt, finde ich unprofessionell auf jeder Ebene.

Ob die Ablehnung rechtens war, kann ich leider nicht sagen, denn bei apothekentheater finde ich keinen halbwegs schnell auffindbaren Hinweis auf den Ort des Geschehens. Das verstehe ich aufgrund der notwendigen Anonymisierung absolut, aber ich bin mit den Taxiregelungen in der gesamten Republik auch etwas überfordert. Das Taxigewerbe ist stets regional verankert, gerade weil in München und Buxtehude sowohl Lebenshaltungskosten als auch Fahrtenprofil unterschiedlich sind.

In Deutschland aber zumindest muss man festhalten, dass mit dem Wort „Taxi“ (vermutlich?) überall auch der Begriff „Beförderungspflicht“ eine Rolle spielt. Auch wenn wir von unbedarften Kunden oft in den selben Topf wie z.B. Mietwagen wie „Minicars“ oder pathologisch illegal operierenden Buden wie „Uber“ geschmissen werden: In Deutschland ist das Taxi ein Teil des öffentlichen Nahverkehrs und damit nicht nur preismäßig gebunden, sondern eben auch mit z.B. der Pflicht behaftet, alle Kunden befördern zu müssen. Aber mein Wissen ist beschränkt: Wenn es dort irgendwo Ausnahmen geben sollte, bin ich auf Kommentare von Kollegen angewiesen!

Was die Kosten für die Anfahrt angeht: Das kann gut der Wahrheit entsprochen haben. Wie gesagt: Wir bestimmen unsere Preise nicht selbst und die Tarife nicht weniger Orte in Deutschland legen für uns wie auch die Kunden verbindlich fest, dass die Anfahrt bezahlt werden muss. Diese Konditionen sind aber definitiv transparent und mit großer Sicherheit alleine durch Googeln von „$Gemeindename Taxitarif“ herauszufinden.

Um aber einmal mehr die unbeliebte Moralkeule zu schwingen: Obwohl wir Taxifahrer wohl nirgendwo ansatzweise gut verdienen und das Geld immer ein entscheidender Faktor ist: Ich halte es für grundfalsch, in Anbetracht einer hilfsbedürftigen Kundin so sehr wie beschriebener Kollege raushängen zu lassen, dass es nur darum geht.
apothekentheater hat Recht: Wir Taxifahrer machen keinen „sozialen Beruf“, nichtsdestotrotz landen unsere Aufträge oft im Grenzbereich zwischen Sozialarbeit und Dienstleistung. Und zumindest ich denke, dass wir die alle professionell handhaben sollten und nicht nur die, die uns gerade besser passen.