Dieser Eintrag ist von meinem fleißigen Ich an mein faules Ich gerichtet. So war zumindest der Plan. Während ich hier jedoch am Nachsinnen bin, stelle ich fest, dass ich so persönlichkeitsgespalten gar nicht bin. Mein fleißiges Ich ist nämlich in Wirklichkeit genauso faul wie das andere – es setzt bloß aktiv Arbeit zur Arbeitsvermeidung ein …
Das bisherige Wochenende war jedenfalls von meiner Faulheit – vor allem aber Müdigkeit – geprägt. Ich konnte am Freitag Abend nicht länger als bis 2 Uhr machen. Koffeein war bereits überdosiert, trotzdem bin ich gefahren wie ein Neunzigjähriger ohne Brille nach 10 Bier während er telefoniert und einen Blowjob bekommt. Es wäre schlicht unverantwortlich gewesen, auf der Straße zu bleiben. Woher die Müdigkeit kam, weiß ich nicht – ich bin „heute“ noch früher aufgestanden.
Naja, die gestrige Schicht in Zahlen: 7 Stunden Arbeitszeit, für Freitags extrem magere 94 € auf der Uhr.
Und heute?
Ich bin früh los. 18.20 Uhr. Und gleich aufgeregt wegen Stau auf der Landsberger. An der Warschauer dann Winker und los ging es. Die Fahrten trudelten ein, allerdings nicht rekordverdächtig. Schon immer gut, aber nichts, was nicht wann anders auch mal passiert. Etwas wirklich gutes konnte ich nur erwarten, wenn ich lange arbeite. Aber gut, ach o weh!, das wäre so gut wie nichts gewesen. Am Donnerstag hatte ich schon blau gemacht und ich war jetzt schon wieder sehr früh wach. Allenfalls eine Schicht über der magischen 300€-Grenze hätte vollends ausgeglichen, was ich am Vortag verbockt hatte. Und 300 €, nur mal so: Ja, manche schaffen das öfter mal. Mein Rekord jenseits von Silvester lag bei 297,00 € – bei einer 13,5-Stunden-Schicht wohlbemerkt.*
Aber träumen darf man ja mal.
Die Schicht lief vor sich hin. Hier und da ein Eintrag zum Bloggen, dort Langeweile. Ständig Stress mit Handy-Netz und GPS, die Cops haben den Taxistand ständig zugeparkt und und und. Außerdem hat mir die ersten zwei Stunden der Mund wehgetan, weil mir ein Fahrgast eine verpasst hat. Dazu aber in einem anderen Eintrag näheres. War nicht so wild, wie es sich anhört 😉
Und ich wurde und wurde, ähm, ja … nicht müde. Gut, rein rechnerisch hab ich rund 1,5 Gramm Koffein zu mir genommen, aber ich war erstaunlich „normal“ wach, nicht dieses Koffein-Poltern im Hirn, das zwar die Augen offen, den Körper aber müde hält. Einzig Muskelkater im Arm ergab sich irgendwann.
Und irgendwann zwischen 5 und 7 Uhr wurde mir klar, dass ich das schaffen könnte: Meine 400 € Wochenendsoll in zwei Tagen vollzukriegen, auch wenn ich am ersten nur 94 € geschafft hatte. Am Ende hab ich’s dann einfach durchgezogen. Es war wieder hell und ich hab noch zwei Touren an der wilden Renate abgegriffen. Ein Blick auf die Zahlen am Taxameter verkündete dann gegen 7.30 Uhr, dass ich es geschafft hatte:
311,10 € in bis dato 13 Stunden. Puh!
Dann noch schnell das Auto säubern und um ziemlich genau 8.00 Uhr hab ich die Kiste abgestellt. Runde 5 € über Soll. Nicht viel, aber immerhin gleich noch die Nachlässigkeiten der ersten Woche ausgebügelt. Jetzt bin ich platt, aber glücklich. Und ich muss heute Abend nicht noch einmal raus. Aber insgesamt finde ich 21 Arbeitsstunden für 2 Tage auch ausreichend – ganz gleich, was für Rekorde andere Fahrer so aufstellen!
Und was will ich eigentlich sagen, gegen ein faules Ich, das mal eben 3 Stunden an die übliche Arbeitszeit ranhängt, um mir einen ganzen Tag zu ersparen? 🙂
*die Leser-Tour nach Kreischa war keine normale Schicht, also echt nicht!
Na danke, jetzt kriege ich das Bild des 90-Jährigen mit BJ nicht mehr aus dem Kopf!
@breakpoint:
Na dann herzlich willkommen bei meinen Fantasien kurz vor dem Einschlafen und nach 13 Stunden Arbeit! 😀
@Sash
DAS sind deine Einschlaffantasien?!?
Mein tiefempfundenes Beileid – auch an deine Frau!
Schön, wenn man seine Faulheit so „besiegen“ kann, indem man mehr arbeitet, um weniger arbeiten zu müssen!
„…trotzdem bin ich gefahren wie ein Neunzigjähriger ohne Brille nach 10 Bier während er telefoniert und einen Blowjob bekommt.“
Was unterscheidet den vom Fahrverhalten eines Sash ohne Brille nach 10 Bier, während er telefoniert und einen Blowjob bekommt? 😛
Außerdem hat der Gesetzgeber für solche Fälle vorgesorgt: immer mit Freisprecheinrichtung telefonieren! 😉
Bei Müdigkeit:
Vitamin C in etwas höheren Dosen oder Kakaobohnen.
Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker-Typ..
Das mit der Landsberger kommt von der Sperrung auf der Storkower.
Da gondeln die alle außenrum und stehen dann an der Linksabbiegerampel.
Ist schon etwas nervig, frischt aber das Wissen über die Schleichwege auf.
Wieso tut dir vom Blowjob der Arm weh?
😉
@Sash: „ein Neunzigjähriger ohne Brille nach 10 Bier während er telefoniert und einen Blowjob bekommt“
–> Erst Schnappatmung, dann Herzinfarkt?! 😉
Ein Fahrgast hat „Dir eine verpasst“, und Dir tat der Mund danach weh, es war aber nicht so schlimm? Öhm.. na wenn es also kein tätlicher Angriff war, kann ich mir nur vorstellen, dass ein Fahrgast Dir eine Wurstsemmel verpaßt hast, die Du (wegen einer Wette) ganz in den Mund nehmen musstest… und dann hattest Du Maulsperre! 😀
@Roichi:
Ist doch logisch – vom Klimmzüge machen dabei, damit die Herzallerliebste sich nicht GANZ so anstrengen muss… 😀
@breakpoint:
Du hast das „und nach 13 Stunden Arbeit“ überlesen. Das passiert statistisch also nur zweimal in vier Jahren … 🙂
@Anonymous:
Wahrscheinlich unterscheidet sich das nicht groß. Aber zum letzten Punkt: dem Gesetzgeber ist Müdigkeit ja auch egal – also zumindest ist es ja recht schwer, die nachzuweisen. Um rechtliche Dinge ging es so gesehen nicht. Und telefonieren lenkt immer ab – genauso wie sonstige Gespräche im Auto.
@elder taxidriver:
Ja, das mag helfen. Im Alltag setze ich auf die bewährte Eskalationsleiter „Koffein, mehr Koffein, Bettchen“. 🙂
@Roichi:
Das war jetzt aber ein bisschen arg gekünsteltes selektives Wahrnehmen …
@Apotheker-Typ:
Wie gesagt: ich kläre das noch auf …
Glückwunsch zum neuen Rekord 🙂 Deine bildliche Sprache ist… naja, es gibt Phantasien, auf die kann ich verzichten. Trotzdem spaßig, auf was du so alles kommst!
„es setzt bloß aktiv Arbeit zur Arbeitsvermeidung ein …“ Das kennt man und die Folgerung ist: Faule Leute sind die schnellsten Arbeiter. Sie hassen die Arbeit so sehr, daß sie sie mit einer sagenhaften Geschwindigkeit hinter sich bringen. 🙂
Weiterhin fröhliches Schaffen!
@Werner: Ich finde das irgendwie bewundernswert. Einerseits ist es total unlogisch, und dann auch wieder total logisch. Wieder mal so eine Dichotomie des Lebens, für die es keine einfache Lösung zu geben scheint (oder zumindest hab ich noch keine gefunden)…
Ob ich das nun so genau wissen wollte^^ Aber wenn es dir hilft… 😉
@Blogolade und Mel:
Manchmal macht es einfach Spaß, ein bisschen bildlich zu werden 🙂
@Werner:
Und es ist noch toller, wenn es einem selbst nicht verständlich ist 😉
@Wahlberliner:
Sehr schön ausgedrückt. Ich kann die Freude darüber spüren …
Die 13 Stunden hatte ich schon zur Kenntnis genommen. Ich weiß durchaus, wie das zu bewerten ist.
Aber eigentlich sind unsere Einschlaffantasien gar nicht so unähnlich.
Bei mir geht’s auch um Männer, und in Summe können die durchaus mal 90 Jahre alt sein.
Natürlich war der bemüht.
Aber bei der Vorlage.
@breakpoint:
😀
@Roichi:
Ich weiß, ich weiß … 😉
[…] recht wenig Verkehr und ich freute mich, dass der frühe Arbeitsbeginn offenbar was brachte (wie man später gesehen hat, war das tatsächlich so). Die beiden Frauen, beide der Sprache nach russischer Abstammung, waren […]
[…] ich natürlich nicht mit Gesamtumsatzrekorden prahlen. Es hat ehrlich gesagt nicht einmal bis zur besten Schicht im letzten Jahr gereicht. Aber in den Stunden zwischen 1.05 Uhr und 7.35 Uhr hatte ich einen Stundenschnitt, der um […]