Prioritätensetzung

Manchmal klappt alles. Ich bin hinter zig Taxen die Warschauer Brücke Richtung Norden entlang getuckert – und alle sind sie in die Revaler Straße abgebogen. Keine 50 Meter weiter in der Warschauer Straße standen dann Winker. Hihi.

So ganz in ruhig ging die Fahrt aber auch nicht. Von ihren Halloween-Kostümen ließ ich mich wenig schocken, die Ansage aber lautete dann:

„Klinikum Friedrichshain! Schnell bitte!“

Aha, die Strecke bin ich schon mal gefahren, zumindest fast – damals mit Donald. Ich hab mich vorsichtig umgesehen, um zu checken, ob das Blut wenigstens unecht ist … war es auch. Es ging gar nicht um die beiden, ein guter Freund hätte wohl eine dieser typischen Meldungen abgegeben, von denen ich bis heute nicht weiß, wie viel man trinken muss, um sie zu artikulieren:

„Ich bin im Krankenhaus, bitte kommt schnell!“

Ich meine, eine kleine Diagnose kann doch nicht schaden. Man kann seinen Freunden eine Menge Leid ersparen, wenn man einfach „Knie aufgeschürft“ dazu sagt.

Kleiner Einschub: Ich hab solche Anrufe nur selten tätigen müssen, aber auf einen bin ich sehr stolz. 2008 habe ich in Spanien eine Kinderfreizeit mitbetreut und mich dummerweise am ersten Abend ziemlich verletzt. Binnen zweier Tage war dann klar, dass es keinen Sinn hat, das bis zum Schluss durchzuziehen, also hab ich Ozie angerufen und ihr verkündet, dass ich früher zurückkommen werde. Völlig verständlich, dass sie mich fragte, was ich denn hätte. Ich hab geantwortet mit:

„Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, es ist kein Beinbruch …“

Aber gut, zurück zu meinen Fahrgästen. Die saßen inzwischen angespannt und angeschnallt bei mir im Fond und ich hab die Warschauer Straße nach allen Regeln der Kunst möglichst zielorientiert befahren. Glücklicherweise ging dank des Verkehrs ohnehin nicht mehr als die erlaubten 50. Aber es sah ansprechend hektisch aus, was ich tat, damit war allen geholfen … 😉

Plötzlich kam die Erkenntnis:

„Scheiße! …“

Was denn nun? Doch ein anderes Krankenhaus? Mama noch anrufen? Nummer des Bestatters vergessen? Was denn?

„Ich brauch noch ’n Mate! Sonst steh ich das nicht durch!“

Also am nächsten Späti angehalten und zwei Club Mate geholt. So ist’s recht! Nur nicht die wichtigen Dinge im Leben vergessen … 😀

5 Kommentare bis “Prioritätensetzung”

  1. elder taxidriver sagt:

    Naja, ich weiß nicht, wie schlimm es war, aber aus der Rückschau könnte man doch sagen, dass sich der Beinbruch schon wegen Deines Spruchs gelohnt hat, spätestens jetzt.. Weiterhin Hals und Beinbruch, was ja, jiddisch, Hazloche baroche , Glück und Segen bedeutet und nur über den Wortklang sozusagen sinnlos sprichwörtlich wurde im Deutschen.

  2. Sash sagt:

    @Oni:
    Ich persönlich finde es ja eher ein langweiliges Gesöff. Aber jedem das seine.

    @elder taxidriver:
    Als Blogger sehe ich das auch so. Und im Endeffekt war es nicht schlimm. Zwei Wochen ruhig halten, das war es eigentlich. War nur das Wadenbein, sauberer Bruch, hab mir jegliche Behandlung über eine Schiene hinaus erspart. Blöd war es halt auf der Freizeit. Die bestand fast nur aus sportlichen Aktivitäten und außerdem ist es kein Spaß, mit einem steifen Bein von einer Isomatte am Boden aufzustehen, um mal eben 300 Meter zum nächsten Klo zu humpeln. Rückblickend war es eine Erfahrung und damit ist gut! 🙂

  3. […] Ein wenig auch die Laune. Außerdem hatte ich noch keine Halloween-Fahrgäste dieses Jahr. Absurder als letztes Jahr sollte es aber wahrscheinlich auch nicht mehr werden […]

  4. Bernd K. sagt:

    “Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, es ist kein Beinbruch …” Nett formuliert 🙂
    Dazu fällt mir eine Anekdote ein, die ich vor Jahren mal gelesen hatte: Ein junger Soldat schrieb nach Hause, dass Kameraden ihn aus Übermut beim duschen verbrüht hätten. Als die Mutter nachfragt kommt die Antwort, „Liebe Mutter, wenn du dich da verbrüht hättest wo ich mich verbrüht habe, hättest du dich überhaupt nicht verbrüht.“

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