Mit dem Wechselgeld hatte ich eigentlich noch nie ernsthafte Probleme. Ob das daran liegt, dass ich im Kopfrechnen halbwegs fit bin oder meine Kundschaft unter akuter Ehrlichkeit leidet: Ich weiss es nicht. Seit meiner ersten Woche befolge ich eisern den Rat einer Kundin aus der Gastronomie, nie das Geld der Kunden einzustecken, bevor sie das Rückgeld erhalten haben. Damit erübrigen sich die „Ich hab dir aber’n Zwanni gegeben“-Geschichten, die ja einige durchaus als Masche durchziehen sollen.
Und komischerweise hat sich auch nie jemand übers Rückgeld an sich beschwert. Denn die oben genannte Sicherheit im Kopfrechnen ist die Aussage eines überheblichen Abiturienten, dessen Mathenote bei einem Punkt lag. Genau genommen habe ich diesen Punkt im Übrigen erhalten, da just bei meinem Jahrgang eine Textaufgabe in der Prüfung enthalten war, die man eins zu eins aus der erlaubten Formelsammlung abschreiben konnte. Aber gut, genug von mir!
Neulich war ein Kunde dann tatsächlich mal beim Bezahlen fast in Rage geraten.
Die Fahrt kostete 20,20 € und der Kunde reichte mir erstmal einen Zehner. Dann legte er einen Euro nach, reichte noch einen weiteren und grinste mich in seiner Trunkenheit selig an:
„Hier haste noch’n Euro uffe Hand…“
Ich hab meine Hand weiter aufgehalten. Fand ich auch gar nicht so verwunderlich, hatte er doch offensichtlich vergessen, mir einen Zehner zu geben. Zumindest fehlten zum eigentlichen Fahrtpreis noch 8,40 €.
Ich hab ihn fragend angesehen. Nur kurz – bevor ich was sagen konnte. Da hatte er aber schon seine Augen zusammengekniffen und weit ausgeholt:
„Ey Meister! Ick hab dir hier schon ’n Euro uff de Hand jejehm!“
Man hat richtig gemerkt, wie er ausholen wollte zur großen Rede über die unerhörten Taxifahrer, die sich nicht mit dem Trinkgeld zufrieden geben wollen.
Da hab ich ihn dann erlöst 🙂
„Dafür will ich mich auch bedanken, aber einen Zehner bräuchte ich trotzdem noch…“
Seine Reaktion war immerhin süß:
„Ach Meister! Wenn dit alles is! Ick denk hier sonstwat…“
Diese verflixten Scheine sehen betrunken auch immer so gleich aus!
Nette Textaufgabe, die Lösung lautet:
20,20-10-1-1=8,40 😀
> Aussage eines überheblichen Abiturienten, dessen Mathenote bei einem Punkt lag
*lol* Und ich dachte, ich sei der einzige auf der Welt, der Mathe-LK nimmt und dann in der Abiprüfung 1 (in Worten: EINEN) Punkt schreibt. Die Geometrie-Aufgabe hat mich seinerzeit so verwirrt, dass ich auch die Analysis (wo ich normalerweise gut war) voll verkackt habe und bis zur Stochastik gar nicht mehr kam.
Trotzdem, Abi mit Gesamtnote „gut“ bestanden.
Sash, ich glaube ich weiß jetzt, warum ich dieses Blog so gerne lese: Wir sind seelenverwandt. Ja, ehrlich jetzt! Aus dem Süden, Mathe-Abi-Totalversager, und verliebt in Berlin, das trifft auf uns beide zu. Und das Versprechen gilt noch, falls ich wieder mal in die Hundeshauptstadt kommen sollte, buche ich eine ganz lange nächtliche Stadtrundfahrt bei dir.
Da kommt mir eine Idee:
Du könntest Doch den Spieß mal umdrehen und „vorab“ Kassieren, dann nur 85 % der Wegstrecke fahren (= regulärer Fahrpreis) + 800 m (=Trinkgeld) 😉
Das ist wirklich wichtig: Das erhaltene Geld nicht gleich wegstecken. Ich hab mir auch angewöhnt, immer den Betrag zu nennen, den mir der Fahrgast gibt. „10 Euro, danke schön“.
Passenderweise hatte ich gestern Nacht ein ähnliches Erlebnis. Fahrpreis rund 19 EUR, er gibt mir ein Pfund und ich bestätige ihm „20 Euro“. Er: „Echt?“ Dann hab ich erst gesehen, dass der zusammengefaltete Schein nur ein Fünfer war. Ups. Er grinste mich an und meinte kühl: „Danke für das neue Geschäftsmodell“ 🙂
@Der Maskierte:
Haasse Recht *hicks*. Alle Schweine sehn so glleischaus!
@Cliff McLane:
Ich freue mich drauf 🙂
@highwayfloh:
Hmm, da würde ich mir sicher ziemlich bald Ärger einfangen 🙁
@Aro:
Stimmt, ich wiederhole es auch meistens noch. Dass man jemanden damit erst auf dumme Gedanken bringen kann, hätte ich aber auch nicht erwartet. War wohl einer von den letzten Guten da draussen 🙂
Selber ey!
@Sash:
ich meinte das auch so im Bezug auf die Manier der Kunden, davon auszugehen, mal für eine 40 Euro-Fahrt „nur“ 30 Euro rauszurücken, vielleicht noch 2 Euro „Trinkgeld“ um dann noch zu meinen „das ist doch OK so“ …
Da wäre ab und zu schon mal das „Gegenstück“ wie von mir geschildert, angebracht… zumindest mal das „Androhen“ …
@Christian H.:
Und ich Idiot merke es nicht einmal, wenn ich den Kommentar lese 😀
@highwayfloh:
Ja, die Idee ist schon ganz witzig. Hat halt nicht so gut zu dem Kunden hier gepasst, deswegen war ich etwas verwundert 🙂