Ampelchaos?

Der Eintrag kommt jetzt ein wenig spät, aber ich wollte mal nachfragen, ob irgendjemand außer mir am Sonntag Abend aufgefallen ist, dass ziemlich viele Ampeln gesponnen haben.

Als erstes bin ich über die Schillingbrücke Richtung Ostbahnhof gegurkt, und die Ampel an der Kreuzung mit der Holzmarktstraße war ausgefallen – wurde aber just als ich über die Kreuzung fuhr, wieder in Betrieb genommen.

Etwas später bin ich dann mit Kundschaft die Straße der Pariser Kommune hochgefahren und stelle erstaunt fest, dass die Ampel an der Karl-Marx-Allee auch ausgefallen ist.

Eine Stunde später ist dann die Ampel an der Köpenicker Str., Ecke Bethaniendamm ausgefallen und tief in der Nacht habe ich bemerkt, dass auch jene an der Petersburger Str., Ecke Straßmann nur gelbe Blinkzeichen von sich gibt.

War da irgendwas großes passiert, was ich verpasst habe?

Gute Reise

Fernfahrten sind im Taxigewerbe zwar in gewisser Weise regelmäßig, wenn man mich fragt, würde ich allerdings sagen: Es gibt zu wenige! Ich denke, so ziemlich jeder Fahrer, der Nachts an einem Bahnhof steht, hofft zumindest manchmal auf DIE Tour. Vielleicht nicht nur nach Kreuzberg, sondern eben mal nach Dresden. Oder nach Hamburg, Köln, München?

Diese Touren sind natürlich für Otto Normaltourist utopisch teuer. Das hat auch einen einfachen Grund: Uns Taxifahrer. Durch unser Lohnmodell der Umsatzbeteiligung verdienen wir an einer Fernfahrt eben ziemlich viel – wenn man es auf die Stunde umrechnet. Und dass uns der Gedanke freut, in einer Nacht mal eben schnell 500 € Umsatz zu machen, statt den üblichen 150… da brauchen wir nicht drüber reden, oder? 😉

Aber diese Beträge gibt es ohnehin nur selten. Meist nur, wenn ein Reiseunternehmen, eine Airline oder die Bahn sie zahlen. Wobei Kollege Herbert auch mal einen Geschäfsmann im Wagen hatte, der mühelos 900 € für eine Fahrt nach Duisburg aus dem Portemonnaie geblättert hat. In den meisten Nächten sind Fernfahrten aber doch nur ein schöner Traum und oftmals müssen wir sie sogar ablehnen, weil uns die Zeit nicht mehr reicht…

Zurück zum Ostbahnhof.

Ich stehe mit Kollege Yusuf am Stand und uns fällt beiden der Typ auf, der gefühlt minutenlang mit dem Fahrer der ersten Taxe redet. Schließlich löst er sich und geht zum zweiten. Er trägt eine dunkelblaue Jogginghose, eine dazu passende Jacke, und wie ich mir sein Gesicht so angesehen habe, hätte ich wetten können, dass er darunter nur ein Feinripp-Unterhemd anhat. Nach einer Kreditkartenanfrage sah der Typ nicht wirklich aus.

Ich hab mir mit Yusuf überlegt, was es sonst sein könnte, denn inzwischen ist er unaufgeregt zum dritten Fahrer gegangen und damit ist die übliche Vermutung von wegen kurze Fahrt und entsprechender Ablehnung unplausibel geworden. Was sollte er schon für Wünsche haben? Umsonst fahren? Einen Kindersitz benutzen? Einen Großraumwagen für sein Ego bestellen wollen? Uns sind die Ideen ausgegangen.

Wir beide standen an meinem Wagen, Position 5. Lange konnte es also nicht mehr dauern, bis wir es erfahren würden. Der Kollege auf Position 4 redete inzwischen mit ihm, und so langsam war ich gespannt wie der sprichwörtliche Flitzebogen. Dann endlich trat er an uns heran und stellte sich mit folgenden Worten vor:

„Hallo. Guten Abend. Ich bin Alkoholiker und muss nach Bielefeld.“

Ich kann nicht behaupten, dass ich deswegen entspannter war. Während ich ihn mit einem „Das ist ja ein ganzes Stückchen“ hinhielt, hab ich mir im Hinterkopf schon überlegt, wie ich das mit dem Tanken erledigen soll und ob das zeitlich reichen würde.

„Ich hab jetzt nur ein Problem…“

„Ja, nach Bielefeld ist es weit. Das ist keine günstige Angelegenheit.“

„Ja, es ist so: Ich hab kein Geld!“

Äh, ok!? Alle Träume sind zerplatzt. Das Netbook, das ich mir vielleicht hätte kaufen können von der Kohle, löste sich vor meinen Augen auf, es fühlte sich nach der ganzen Spannung und dem Wort Bielefeld plötzlich ziemlich leer an in mir.
(Ich bitte euch zu beachten, dass es eine ziemlich kuriose Begleiterscheinung meines Jobs ist, dass ich seitdem das Wort Bielefeld in einer gewissen Art erregend finde. Außerhalb des Taxigewerbes finden sich sicher nicht viele Leute mit dem selben Problem.)

„Aber…“

Aber? Aber was? Kann er vielleicht gleich Geld abheben? Oder hat er nur „Kumpels“ in Bielefeld, die ihm das dann „ganz sicher“ zahlen werden? Wie viele Kilometer sind das nochmal? Der Tank ist noch halbvoll…

„Aber ich hab Zigaretten!“

Bitte was? Aber ja: Er hat seine dunkle Reisetasche geöffnet, und darin befanden sich sicher 20 Stangen Zigaretten. An und für sich ein ziemlicher Gegenwert. Aber zum einen sicher nicht legal, und außerdem: Wer raucht schon f6?

„Garantiert nicht gefälscht!“

Ja. f6. Die verkauft man auch im Original eher in homöopathischen Einheiten und so selten wie ich die Marke sehe, schätzte ich, die Stangen würde sicher schon jemand vermissen.

„Also sie wollen die Fahrt nach Bielefeld mit Zigaretten bezahlen?“

Ich wollte mich nur nochmal vergewissern.

„Nein nein nein!“

Ich dachte kurz daran, wie ironisch es doch ist, ausgerechnet am Bahnhof nur Bahnhof zu verstehen…

„Ich hab ja ein Bahnticket. Mein Zug fährt um 4 Uhr morgen früh.“

„Und sie wollten was nochmal genau?“

„Naja, ich hab kein Geld für Alkohol in der Zwischenzeit. Ich wollte fragen, ob sie mir vielleicht Zigaretten abkaufen wollen. 20 € die Stange?“

Yusuf und ich haben dankend abgelehnt. Er hat es allerdings noch ein ganzes Weilchen weiter probiert. Wer weiss, ob er noch Erfolg hatte. Meine Tour kurz darauf ging im Übrigen nach Hohenschönhausen. Ist zwar nicht ganz Bielefeld, war aber auch ok 🙂

PS: Wer es gerne etwas tiefsinniger hat, der kann meine Überschrift als dezenten Hinweis auf das gleichnamige Lied der Toten Hosen von 1993 verstehen, das das Thema Drogenabhängigkeit thematisiert 😉

Achthundertsiebenundfünfzig

Wenn man sich darauf freut, Feierabend zu machen, zieht sich die Zeit natürlich ins Unendliche.  8 Stunden wollte ich schon meiner unglaublichen Statistik zuliebe zusammenbekommen, und das brachte mich dazu, dumm in der Gegend rumzustehen. Naja, dazu gebracht hat mich natürlich eigentlich mein eigener Irrsinn.
Aufs Matrix hatte ich heute keine Lust, am Berghain schien sich langsam der Totentanz anzubahnen, also hab ich mich dort niedergelassen, wo die letzte Kundschaft mich hingeführt hat: am Golden Gate.

Der Anfang war auch ok: Ein Kollege stand vor mir, und binnen 10 Minuten war er weg. Mit Kundschaft. Und kürzer als die letzten beiden Berghain-Touren, die mich genau hierhin geführt hatten (7,00 €) wird die Fahrt sicher nicht gewesen sein. Also hab ich abgewartet. Eine geschlagene Stunde…

Während dieser Zeit konnte ich mir sehr gut einen Überblick über die Clubkundschaft machen, über die Einlassstrategie des Türstehers, und nicht zuletzt konnte ich haufenweise Kippen wegquarzen und mir die Discokugel am umliegenden Straßenschild schönreden. Fuck!

Dabei war die Schicht gut gestartet. Im Wochenendtakt hatte ich meine Fahrgäste, und nach 4 Stunden hätte ich nie gedacht, dass ich zur achten meinen Hunni gerade mal so voll hätte. Aber irgendwann kam dann eben doch Kundschaft.

Ein netter junger Kerl, der mit seinen enganliegenden Jeans und seinem T-Shirt einen recht légèren Eindruck machte. Uns beide einte, dass wir eine Nicht-Frisur trugen, und binnen anderthalb Minuten haben wir uns blendend verstanden. Er wollte in den Norden Neuköllns, also keinesfalls eine Hammertour, eher der bequeme Durchschnitt, ein Zehner etwa.  Schon eingepreist, dass wir an einem Späti hielten, wo er sich noch ein abschließendes Bier rausgelassen hat. Er hat von seinem Urlaub erzählt, unter anderem von der Fahrweise spanischer Kollegen (oh, da kenne ich auch eine Geschichte…), und alles in allem kann man sagen, dass ich wegen Kundschaft wie ihm gerne Nachts fahre.

Sicher: Er war nicht nüchtern, und die meisten Kollegen über 50 hätten in ihm erstmal einen potenziellen Zechpreller vermutet, aber er war in Wirklichkeit ein herzensguter Kerl. Dass sein Zwanni fürs Taxi ihm locker reichen würde, hab ich gleich zu Beginn bestätigt, ansonsten war der Preis glücklicherweise nicht mal ein Thema.

Bei 9,80 € auf der Uhr hab ich den Wagen angehalten, kurz nachdem ich gescherzt habe, ich halte besser etwas schräg vor der Türe, wenn er nicht mehr geradeaus laufen könne. Da hatte ich schon eine Menge Lob – und zwar nicht das geschleimte! Das ehrliche – für Banalitäten kassiert und mich in Gedanken mit 20 Cent Trinkgeld von einem „armen Studenten“ abgefunden.

„Weisste, ich würde jetz ja gerne einfach 857 sagen. Einfach weil das ok wäre. Aber so viel hab ich nicht, deswegen sag ich jetzt einfach mal: Zwölf!“

„Vielen Dank! Und ich meld mich dann wieder, wenn das Geld auf dem Konto ist, ok?“

Es ist schön, eine Woche mit gemeinsamem Lachen zu beenden. Immer wieder. Ein kleiner Witz bleibt aber noch: Ich hab beim Saubermachen an der Tanke noch einen Euro gefunden, der davor (ich stand ja eine Stunde rum und hab dies und das gemacht) nicht dort lag. In Anbetracht der Aussage meines armen Studenten nehme ich an, dass es schon ok ist, wenn ich mich jetzt darüber freue 😀

Wos hoabtser gmocht, Buam?

Also ich will mal nix schlechtes auf Österreicher kommen lassen. Wie alle anderen Großgruppen verhalten sie sich irrational bei Wahlen und bei der Sprache sorgen sie immerhin dafür, dass die Sachsen nicht alleine alle Prügel für den miesesten Dialekt abbekommen. Ansonsten kann ich wirklich nicht schlecht über sie reden.

Ein guter Freund von mir ist vor einer Weile nach Österreich gezogen, und das hab ich dem Land auch nicht übel genommen, obwohl es ein wenig weit weg von Berlin ist, also was solls?

Im Umgang mit Dialekten bin ich eigentlich sehr geübt. Da mag es mit reinspielen, dass ich aus dem Schwabenland komme und Urlaub an der Ostsee gewöhnt bin, irgendwie komme ich damit jedenfalls klar. Eigenlob stinkt zwar, aber so wie es hier ohnehin schon riecht, kann ich das ja trotzdem behaupten. Ich bin zwar in vielem nicht so sonderlich gut, aber ein bisschen Prahlerei gegenüber anderen Kollegen darf ja schon mal sein 🙂

Meine Fahrgäste hab ich an der Kulturbrauerei geladen, wo ich derzeit häufiger mal stehe, und meine Route sorgte gleich für Unterhaltungsstoff. Ganz ortsunkundig schienen sie nicht zu sein, und somit wurde mir immer mal wieder reingeredet. Sie wollten zur Behrenstraße/Wilhelmstraße, und ich hielt es für das Sinnvollste, sie über die Bernauer und die Friedrichstraße dorthin zu bringen. Ob das der kürzeste Weg war: Ich weiss es ehrlich gesagt nicht! Der Kollege mit dem Rest der Bande fuhr die Prenzlauer Allee runter, was wahrscheinlich länger ist.

Aber ich wäre nicht ich, wenn ich nicht auch gesagt hätte, dass ich das jetzt nach Gefühl mache und hoffe, dass es die kürzeste Route ist. Zum Ausstieg quittierten sie das mit einem

„Na, und wenns need die kierzeste woar, dann woarsd siemboaddischsdee!“

Das Trinkgeld blieb dennoch relativ unauffällig. Zwei zerknüllte Fünfer und einen Zweier bekam ich in die Hand gedrückt für die Strecke von 11,60 €. Für mich überschlugen sich die Ereignisse: Hinter mir drängelte ein Kollege, potenzielle andere Kunden fragten nach etwas, gingen dann aber wieder – und der Polizist vor der britischen Botschaft schielte auch schon mit seinem MG ums Eck. Geld einsacken und weg hier! Erstmal Ruhe!

Hm.

Sagen wir es mal so: Ich hab dadurch ein bisschen ungerechtfertigt viel Trinkgeld bekommen…
Wenig später, beim Einsortieren ins Portemonnaie erwiesen sich die zwei Fünfer nämlich als ein Fünfer und ein Zwanni. Somit stieg das Trinkgeld von 40 Cent auf 15,40 €. Bei aller Liebe: Ich glaube nicht, dass das so gemeint war.

Aber gut, es war so oder so zu spät. Freu ich mich eben einfach mal. 🙂

Kollege Nadir aus Pakistan hat folgendes dazu gesagt:

„Kannse nixe mache bei die Ausländer. Habe zuviel Geld un wisse nix wie umgehe mit den. Isse normal!“

Und Jungs, falls ihr mitlesen solltet: Nehmt es sportlich und versucht das als einmaligen Rekord zu sehen 🙂

Inselhelden

Ein besonders herziges Modell von Kunden hatte ich derletzt wieder im Wagen: Den betrunkenen Engländer in Reinform. Er war so schätzungsweise Mitte 30, aber abgefüllt für mehrere Generationen seiner Familie gleichzeitig.
Grundsätzlich war er zwar noch in der Lage, aufrecht zu laufen und sich Gehör zu verschaffen – Kommunikation war allerdings eher schwierig. Dabei bin ich mir sicher, dass er rein vom Bewusstsein her voll anwesend war, alleine die Zunge gehorchte nicht mehr.

Wer sich jemals als Norddeutscher auf der schwäbischen Alb verirrt hat, und dort eine etwa 90-jährige Ureinwohnerin um Auskunft gebeten hat, kann sich vorstellen, wie ich mich mit meinem Schulenglisch in der Situation gefühlt habe.

„Uäuägosessetel!“

„Sorry?“

„Uäuägossessetell!!!“

Kaum ein paar Minuten verlorene Lebenszeit später war klar, dass er eher sagen wollte:

„Will we go to the hotel?“

Was auch immer er sich für eine Antwort erhofft hat.

Aber es gab einen Lichtblick: Eine Karte vom Hotel! Mark Apart Hotel, Lietzenburger Straße. Na also…
Die Fahrt über war ich hauptsächlich damit beschäftigt, ihm zu sagen, dass ich ihn nicht verstehe. Irgendwann hat er dann allerdings geschlafen. Sollte mir nur Recht sein. Die Fahrt verlief komplikationslos, und so kam der Zeitpunkt, zu dem wir vor dem Hotel angekommen sind. Ab da sollte mich die Fahrt noch weitere 15 Minuten beschäftigen…

„Uäsessnomy!“

Aha.

Mit der international gültigen Taschen-Umstülpen-Geste konnte dann selbst er mir erklären, dass er gar kein Geld dabei hat. Ach so. Und dann setzt man sich einfach mal in ein Taxi? Nee, ist klar!

„What’s up with your friends? Are they here in the hotel?“

„Mfrsseshitadey!“

Au Backe!

2,87 € in Kleingeld hat er noch zusammenbekommen. Aber zum einen hatte ich 14,60 € auf der Uhr, zum anderen hab ich es auch wirklich nicht eingesehen, ihn damit davonkommen zu lassen. Die folgende Diskussion verlief sehr einseitig, allerdings auch mit dem einseitigen Ergebnis, dass ich überhaupt nix herausgefunden habe. Ob er irgendwoher Geld holen könnte, ob seine Freunde hier sind, ob er Lust hat, verhaftet zu werden… stand alles im Raum und wurde etwa so beantwortet:

„Uäuäwellssrammdfff!“

Irgendwann bin ich dann mit ihm zum Hotel rein. Ich ging voraus zum Portier und hoffte schon, es ließe sich da was machen im Sinne von „Wir packen die Taxifahrt auf die Hotelrechnung“.

Mein Text begann etwa so:

„Schönen guten Abend. Folgendes Problem: Der junge Mann hier…“

Die Antwort kam prompt:

„Lassen sie mich raten: Sie sind Taxifahrer und der Typ kann sie nicht bezahlen?“

„Äh, ja…“

„Da sind sie nicht er erste heute. Die Jungs feiern Junggesellenabschied oder so. Sind schon ein paar Kollegen vorbeigekommen. Gehen sie mit ihm in den 5. Stock und fragen sie da nach!“

OK, warum nicht?

Etwa eine Minute nachdem ich meinem Fahrgast untersagt habe, auch noch einen dritten Knopf am Aufzug zu drücken, kamen wir in der fünften Etage an, und er entwickelte der Lautstärke nach so etwas wie ein Heimatgefühl. Ich hab ihn zur Ruhe gemahnt in der Befürchtung, irgendwo in Charlottenburg gäbe es auch noch Leute, die nicht an der Party teilgenommen hatten.
Sein Klopfen an der Zimmertür entsprach etwa dem Umgehen eines Schmiedes mit seinem Arbeitsstück, und folglich öffnete sich die Tür auch recht bald. Mir entgegen trat ein tätowiertes Etwas in Unterhosen, dem man den folgenden Kater bereits ansah.

„What the fuck?“

begrüßte er mich standesgemäß, während sein Kumpel hinter mir kurz die Situation schilderte:

„Ssessemudreiffsiom!“

„Exactely! I am the man who drove your friend home. I’m the Taxi Driver and your lovely friend didn’t think about saving money for the tour. So herer we are and I need my money. From you. Sorry ‚bout this.“

Ohne ein weiteres Wort watschelte das tätowierte Etwas ins Zimmer und kam mit 2 Scheinen wieder zurück. Ein Zehner und ein Fünfer. Naja. Immerhin: Es reicht. Mehr als 40 Cent war der Aufwand allerdings locker wert. Und dann? Dann kommt doch mein Fahrgast an und meint:

„Uäää! Lesse tensokee!“

Wat? N‘ Zehner soll in Ordnung sein? Das hat aber ne kurze und zackige Ansprache meinerseits gefordert. Als die zu Ende war, hatte ich 17 € in der Hand und war damit halbwegs zufrieden. Geht doch!

Beim Rausgehen hab ich mich mit dem Portier noch mal eben schnell um die Wette bedauert, und dann ging es auch schon wieder weiter. Zeit verloren hatte ich ja wahrlich genug!

Wofür Smartphones gut sind

„Do you know the rainbow factory?“

Hätte ich sofort an meinen kleinen Helfer aus dem Hause HTC gedacht, dann hätte ich die einmalige Chance gehabt, cool wie Trinity im ersten Matrix-Teil auf die Frage „Can you fly that thing?“ zu antworten:

„Not yet.“

Stattdessen sollte es eine längere Odyssee für beide Seiten werden.

Ich griff natürlich erst mal zum Robertha, das ich für solche Fälle ja grundsätzlich gleich hinter der Windschutzscheibe zu liegen habe.

„It’s a hostel!“

flötete die etwa 40jährige Frau und wirkte eigentlich recht entspannt.

Wundersamerweise hab ich es nicht gefunden. Auch wenn ich hier meist über die Fehlgriffe zu diesem Buch schreibe: Ich möchte das nicht negativ verstanden wissen! Im Gegenteil: Dass ich mein Handy mit Internetzugang regelmäßig als Informationsquelle vergesse, liegt vor allem daran, dass ich in dem Buch bisher wirklich fast alles gefunden habe, was Fahrgäste so gesucht haben. Aber jede Regel hat so ihre Ausnahmen.

Also bin ich etwas zerknirscht zum Kollegen hinter mir gestiefelt.

„Hey Kollege, kennst du das Hostel Rainbow Factory?“

„Nee, nie jehört.“

„Soll in Kreuzberg sein.“

„Nee du, tut mir leid!“

Mist!

Die Lösung in der Hemdtasche ständig mit mir herumtragend, streifte ich zu einem weiteren Kollegen, und die Frau, die so gerne Kundin geworden wäre, wurde immer nervöser. Sie konnte zwar noch sagen, dass es eine Straße mit L war, aber wirklich weitergeholfen hat das auch nicht. Sie musste zudem binnen 15 Minuten da sein.

Nachdem auch der vierte Kollege nichts wusste, haben wir uns erst mal getrennt. Mir ist das Ganze sauer aufgestossen, weil ich der guten Frau natürlich helfen wollte. Als ich mich in mein Auto gesetzt habe und mein Handy in die Hand nahm, hab ich mich natürlich zu Tode geärgert. Also fast. Der noch lebendige Teil ergooglte das Hostel kurz und anschließend sprang ich aus dem Wagen.

Wo war sie hin?

Mit einem der Kollegen habe ich mich noch unterhalten über das Thema, aber er wusste leider auch nicht, wo die Kundin hin ist.

„Wenn se wiederkommt, dann kriegst du se! Hast det ja extra rausjesucht!“

meinte der Kollege – und ein anderer fragte gleich nach:

„Haste jefunden? Und wo ist dit nu?“

Man lernt ja nie aus in dem Job.

Kurz darauf kam sie aus dem Bahnhof und wedelte mir mit einem Zettel zu. Ich winkte gleichermaßen mit meinem Handy, und letztlich war es so, dass wir uns gegenseitig entschuldigt haben. Sie versprach, nie wieder ohne Adresse ein Taxi zu nehmen, und ich gelobte Besserung im Oberstübchen. Sie hatte zudem mit einem Telefonanruf geklärt, dass sie später kommt. Ach, was ist es schön, wenn alles läuft.

Gut, es war nur eine 8€-Tour. Aber auch wenn es kitschig klingt: Es war ein verdammt schönes Gefühl, zu sehen, wie glücklich sie war, als wir angekommen sind! Und vielleicht lerne ich daraus ja wirklich – und denke mal dran, dass ich das Internet nicht nur zum kurzweiligen Zeitvertreib dabei habe…

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Wiedersehensfreude

Juhu! Die 1925 ist wieder da!

Seit der letzten Schicht fahre ich wieder die 1925, und ich kann kaum beschreiben, wie froh ich bin. Die 5144 war ein würdiger Ersatz, aber so wie ich die 1925 zurückbekommen habe, kann ich mir durchaus noch hunderttausend Kilometer mit ihr vorstellen 🙂

Fotos habe ich zwar keine gemacht, aber es hätten auch zu viele werden müssen. Was ist nun also alles neu an der 1925?

  • Die Front: Unsere Stoßstange hing auf Halbmast, der Kühler hat seine Chrom-Applikationen verloren gehabt und alles in allem sah das einfach scheiße aus. Ein bisschen schief sitzen die Teile zwar immer noch, aber das ist wahrscheinlich nicht zu beheben. Auf den ersten Blick sieht das Auto von vorne aus wie neu.
  • Die Kennzeichen: Unsere Kennzeichen waren kaum noch lesbar, weil allerorten die Farbe abgeblättert ist. Das ist jetzt wieder top in Ordnung.
  • Die Kratzer: An der linken Seite hat die 1925 ein paar Treffer abbekommen. Das ist zwar nicht komplett behoben, aber immerhin sind die Kratzer überlackiert und sehen weit nicht mehr so schlimm aus.
  • Die Scheibenwischer: Angeblich waren die Scheibenwischer ja noch die ersten überhaupt. Jedenfalls haben sie geschmiert. Ziemlich. Jetzt sind sie ausgetauscht, und alles ist ok 🙂
  • Die Kupplung: Mir persönlich ist noch gar nicht aufgefallen gewesen, dass die Kupplung den Geist aufgibt – jetzt jedenfalls ist eine neue drin!
  • Das Türgummi: An der Fahrertüre hat sich unten vor etwa einem Jahr ein Türgummi gelöst. Das wurde mit Panzertape notdürftig geflickt, ist jetzt aber komplett ausgetauscht und neuwertig.
  • Der Teppich: Hinten rechts (wo die meisten Kunden einsteigen) löst sich bei allen Zafira an der gleichen Stelle der Teppich ab. Das wurde bei unserem jetzt mit Panzertape überklebt. Das ist vielleicht die einzige fragwürdige Aktion…
  • Die Fußmatte: Die Fußmatte im Fahrerfußraum war komplett durchgelatscht. Mit Loch. Hier haben wir jetzt eine neue.
  • Die Sitze: Im Fahrersitz klaffte ein riesiges Loch, und auf dem Sitz hinten rechts ist das Leder auch aufgerissen. Die defekten Teile sind ausgetauscht und neu bespannt worden.
  • Die Gurtschlösser: Zuletzt sind sie zwar in Ordnung gewesen, allerdings sind die Plastikschalen bei den Gurtschlössern schon mehrmals auseinandergebrochen. Das mindert zwar nicht die Funktionalität, sieht aber scheiße aus. Die Teile sind nun mit farbenfrohen Umhüllungen verstärkt.
  • Das Lenkrad: Ob man es glaubt oder nicht: Das Lenkrad war abgenutzt: Überall bröselte einem das Gummi von der Grifffläche entgegen. Der Austausch selbst wäre unwirtschaftlich gewesen (man muss das wohl als ganzes inkl. Airbag und so austauschen), aber nun haben wir einen Überzug
  • Die Kindersitze: Die im Kofferraum herumliegenden Kindersitze waren stark abgenutzt und einer sogar gebrochen. Hier haben wir Ersatz bekommen, und zudem sind sie nun an der Heckklappe mit Klettverschlüssen befestigt und liegen nicht mehr einfach nur so im Kofferraum herum.
  • Die Zentralverriegelung: Bei der hinteren rechten Türe sorgte bisher ein Kabelbruch dafür, dass wir sie manuell schließen mussten. Das geht inzwischen wieder mit dem handelsüblichen Funkschlüssel.
  • Das Putzzeug: Neuerdings haben wir eine Tasche im Kofferraum, in der das Putzzeug zugänglicher ist, als im Fach darunter.
  • Der Stadtplan: Selbst den alten zerfledderten Stadtplan haben meine Chefs gegen ein neues Exemplar ausgetauscht.
  • Der CD-Player: Musikhören ging in der 1925 fast gar nicht, da der CD-Player laufend Discs nicht angenommen hat, bzw. den Abspielvorgang unterbrochen. Das ist jetzt Vergangenheit.
  • Das Navi: Statt der bisherigen Navi-CD von 2006 ist jetzt immerhin eine von 2008 im Auto. Die kennt zwar immer noch nicht die Rudi-Dutschke-Straße, dafür aber wenigstens die Adresse vom Berghain.

Um es zusammenzufassen: Auch wenn unser Hausmechaniker sich diesbezüglich beschwert hat, und auch wenn einige unwichtige Sachen dabei waren: Meine Chefs haben es geschafft, ALLE mir bekannten Mängel des Fahrzeugs zu beheben, bzw. die Probleme zu lösen. Und sie haben sogar ein paar Punkte mehr umgesetzt. Da muss ich doch einfach mal danke sagen! (Hab ich natürlich auch schon!)

Ein paar tiefergehende Dinge hab ich nun nicht beurteilen können. Ist der Wackelkontakt bei der Fackel behoben und sind die rostigen Scheinwerferfassungen ausgetauscht? Wenn ich mir den Rest so ansehe, schätze ich, dass es so ist…