Zugegeben, die ein oder andere verkürzte Tour hatte ich ja schon. Die heutige Nacht sollte aber tatsächlich einen besonderen Glücksfall an meiner Stammhalte für mich bereithalten.
Zunächst war es alles andere als toll. Die Wartezeit war mit 45 Minuten zwar nicht das Maximum, aber auch nicht gerade das, was man sich am Wochenende so erhofft. Gut, ich habe die Zeit genutzt, mich mit Kollege Carsten zu unterhalten, wir hatten uns schon ein paar Tage nicht gesehen. Dann kam der Auftritt eines jugendlichen Milchbubis, der aus lauter Panik vor der fremden Sprache nicht einmal registrierte, dass ich ich ihm durchaus auf Englisch geantwortet habe.
„English?“
„Yes, a little bit!“
„You know a student home?“
Ich nehme an, er meint ein Studentenwohnheim…
„Its a big comlex…“
Aha.
Ich hab ihn dann gefragt, ob er eine Adresse hätte. Natürlich Fehlanzeige!
„Do you know in which area it is located? You know a station nearby?“
„It is, äh… somewhere, äh… like Wiesenhausen!“
Wiesen-Hausen…
Also das sagte mir mal gar nix. Vielleicht Weissensee? Oder Biesdorf? Der junge Kerl hatte keine Ahnung und war ziemlich verzweifelt. Sicherheitshalber hab ich ihn aufgeklärt, dass ich ihn nicht ärgern will, aber dass Berlin nunmal groß ist, und es für keinen von uns sonderlich sinnvoll wäre, wenn ich ihn jetzt ins völlig falsche Eck der Stadt fahren würde. Ich bat ihn, doch wen anzurufen, und wie üblich ist ihm die Idee tatsächlich vorher nicht gekommen.
Genutzt hat es nur bedingt etwas:
„Biesdorf!“
Ja, das ist ein Berliner Stadtteil. Einer von rund 100. Insofern ist die Suche schon mal eingegrenzt. Carsten meinte, dass da an der Oberfeldstraße etwas derartiges sei, und auch mir fiel ein, dass ich da in die Ecke schon mal Leute gebracht hatte. Wohin genau? Argh!
„What would it cost?“
„A bit more than 20 €. 22 maybe.“
„Ok. You’re a lucky guy! Bring me there!“
Dass die 20€-Tour gut war, schien er also zu wissen – allerdings nicht, in welche Straße er musste. So sonderlich „lucky“ hab ich mich nicht gefühlt. Aber ich war guter Dinge, dass wir das hinkriegen. Und wenn ich am Ende für 2 Kilometer die Uhr ausmachen müsste – das wäre wenigstens die gute Tat für den Tag.
Der sichtlich erleichterte Jüngling bat mich, durchzustarten, und so wendete ich also…
„Wait wait! Can you stop here!?“
„Äh, of course…“
„See… oh, I’m sorry! There are my friends! I just go with them! Is this ok?“
Da stand ich also. Direkt vor meinem Lieblingsbahnhof. Seit meiner Ankunft war inzwischen eine Stunde vergangen. Ich hatte 3,20 € auf der Uhr und mich gerade gefreut, mal eben schön 20 € einzufahren. Aber was sollte ich sagen?
„Nein, du musst jetzt im Auto bleiben!“
„Ja, aber du musst jetzt die ganze Fahrt bezahlen!“
„Hör zu: Ich lass dich sowieso nur leben, wenn du mir deine Schwester schenkst!“
Meine Fresse, natürlich hab ich mich geärgert, dass diese blöden Freunde ausgerechnet jetzt am Taxistand vorbeischlendern mussten. Hätten die das nicht 5 Minuten früher oder später tun können? Aber gut, jetzt hatte ich den Salat.
Der junge Kerl hat mir allerdings auch ohne zu handeln oder sonstwie betrübt darüber zu sein, die 3,20 € mit zwei Zweiern beglichen. Es war ihm auch unangenehm. Was sollte ich schon dagegen sagen. Wer weiss: Vielleicht hat er mir auch eine Tour mit ewigem Gesuche erspart.
Am Bahnhof war es glücklicherweise immer noch ziemlich leer, was Taxen anging. Also legte ich den Rückwärtsgang ein…
Da öffnete sich das Fenster bei einem Kollegen:
„Na komm, fahr kurz wieder vor!“
Gleich zwei Kollegen haben mich vorgelassen, und da dort gerade Platz war, hab ich mich dort dann zwischen den Danksagungen eingereiht. Ich war quasi umgehend wieder Dritter. Gefragt hätte ich danach nicht, denn natürlich stellt man sich auch nach jeder anderen 4€-Tour wieder hinten an…
Im Übrigen hab ich mit beiden entsprechenden Kollegen bis dato höchstens mal ein „Abend!“ gewechselt. Ich kenne sie im Grunde nicht. Das macht das Angebot umso ehrenwerter! Wenn sie allerdings gewusst hätten, was das bedeutet…
10 Minuten später:
„Sagen sie, was würde es denn etwa bis Grünau kosten?“
„Hm, 30 €? Vielleicht 35…“
Aber gut, es war eine Großraumtour, die beiden Kollegen mit ihrer E-Klasse hätten sie so oder so nicht bekommen. Sonst hätte ich ernstlich ein schlechtes Gewissen 🙂
Naja, die Tour war sehr nett, allerdings Trinkgeldlos. Aber besser anderthalb Touren als nur eine halbe…