Geld ist Geld (Hoffe ich doch…)

Das Matrix. Unerschöpflicher Quell kurioser Fahrgäste.

Dieses Mal hatte ich es zu tun mit zwei Brasilianern, die ganz schön einen über den Durst getrunken hatten. Sie waren zu aufrechter Bewegung fähig, allerdings vermute ich, dass die beiden das nur als Zweiergespann schaffen konnten. Was auf den ersten Blick wie gegenseitiges Schubsen aussah, war in Wirklichkeit wohl eher sowas wie Stützen.

Aber zwei herzensgute Kerle, rund um ihr zwanzigstes Lebensjahr.

Was es denn nach Kaulsdorf kosten würde.

„Maybe 25 €…“

Mit einem dicken Grinsen sind sie ins Auto gesprungen und haben mich augenblicklich vollgelabert, wie geil die Stadt ist und was nicht alles sie schon gesehen hätten in den anderthalb Tagen, die sie nun hier sind.

Ihr Englisch war schlechter als meines, aber die Grundaussage über die Stadt und die ein oder andere Sehenswürdigkeit war stets:

„This is very ok!“

Das kann man als Kompliment an die Stadt verstehen. Keiner von den beiden neigte zu oraler Inkontinenz, es war eine lustige Tour, und von der Länge konnte ich kaum was besseres erwarten – wenngleich wir „nur“ bei rund 20 € waren am Ende. Aber natürlich gab es einen Haken:

„I guess we have no money!“

meinte der eine nach dem Durchforsten seines Geldbeutels. Der andere pflichtete bei:

„No no no no money. No money!“

Ach nee, ist ja klar! Ich hab das Spielchen einfach mal mitgespielt und hab gesagt:

„Well Guys, that’s no big deal. I’ll call the police and they will decide what to do with you…“

Ehrlich gesagt bin ich ziemlich sicher gewesen, dass die Cops gar nicht viel machen können. Aber die beiden waren keine Abzocker. Ihr Mitleid mit meiner finanziellen Schieflage hielt sich zwar sichtbar in Grenzen, aber wahrscheinlich hat es sich einfach mit dem siebten Cocktail im Hinterkopf versteckt. Ich hab dann noch ein paar hoffentlich eindrucksvolle Sätze über die Polizei und ärgerliche Gefängnisaufenthalte von bis zu 48 Stunden fallen lassen. Natürlich im Wissen, dass ihre Reise sie bereits morgen nach Prag führen sollte.

Ich hab sie gefragt, ob sie denn gar kein Geld mehr hätten.

Naja, nicht so wirklich. Auf jeden Fall keine Euro mehr.

Ob wir zur Bank fahren könnten?

Nein, der Reisekassennachschub der Eltern kommt wohl erst zum ersten…

„OK, let me see what you have!“

Und dann ist dem einen eingefallen, dass er noch brasilianische Reais hat.

Puh! Wie bitte ist denn der Umrechnungskurs zum Euro? Während der eine seine Scheinchen auspackte, erzählte der andere was von

„Two Reais is one Euro!“

Zwei zu eins. Hm? Ich wollte gerade den Segen des mobilen Internets nutzen, um nachzusehen. Da wedelt der Kumpel mit ein paar Scheinen vor mir herum:

„Take it all. No Police! Please! Please! No Police!“

Als ob mir daran gelegen wäre, brasilianische Jugendliche deutschen Cops auszuliefern… wegen 20 €. Ich hab ihnen gesagt, sie sollen abhauen. Ziemlich genervt natürlich. Mir werden die Scheine unter ständigem

„No Police!“

in die Hand gedrückt und die beiden verschwinden in Richtung ihres Hotels. Was für eine Abschlusstour… 🙁

Dann hab ich mal kurz die Scheinchen durchgezählt und das Internet befragt. Was für eine Abschlusstour!!! 😀

Eigentlich echt schon zu heftig, Quelle: Sash

Eigentlich echt schon zu heftig, Quelle: Sash

127 Reais. Auf die erste Anfrage spuckt das Internet als Gegenwert 54,59 € aus. Wenn ich jetzt noch eine Bank finde, die das annimmt, will ich mal nix gegen meine Kundschaft sagen…

18 Kommentare bis “Geld ist Geld (Hoffe ich doch…)”

  1. Nils sagt:

    Was für ein Ende der Geschichte, herrlich! 🙂
    Interessant auch, dass man bei Dir im Zweifelsfall mit irgendwelchen Währungen zahlen, deren Wert Du nicht kennst. 😀 Vielleicht finde ich noch irgendwo alte Lire-Scheine… 😉
    Der Umrechnungskurs stimmte ja sogar ziemlich genau. Jetzt tun mir die beiden fast schon wieder leid, auch wenn ich es – trotz Saufkopf – fast schon als vorsätzlich vermuten würde, dass sie trotzdem zu Dir ins Taxi gestiegen sind. Hin oder her, aber wenn man noch einigermaßen bei Sinnen ist, hat man sowas doch eigentlich auf dem Schirm.

  2. Holla , das nenn ich mal gelungene Fahrt. Hihi

  3. Taxi224 sagt:

    Das ist doch mal ein Trinkgeld… Die Landesbanken tauschen alles, hab ich gehört. Aber einen Schein würde ich behalten. Wann kommst du mal zu sowas???

  4. Simon sagt:

    Umtauschen? Flug buchen und in Rio ausgeben 😉 Caipirinha, Cipiroska, Churrascaria,…

  5. Nick sagt:

    Jede Wechselstube tauscht dir die um und deine Bank bestimmt auch.
    Bei deiner Bank sparst du vermutlich sogar die Gebühren.
    Der Sortenkurs ist aber immer ein bißchen schlechter, als der Devisenkurs, den du gefunden hast, aber 50€ sollteste schon raushaben!

  6. Der Maskierte sagt:

    Ich sage es ja immer wieder, jede gute Tat rächt sich. 😉

    Und die paar Cent mehr sind immerhin eine gerechte Gebühr dafür, dass unser lieber Sash nun die Mühe hat das erstmal in hiesige klingende Münzen umzutauschen.

  7. ednong sagt:

    Also ich weiß ja nicht – wo ist deine Ehrlichkeit geblieben, Sash? Soviel Trinkgeld 😉 Aber klar, du hast ja noch den Aufwand des Tauschens. Aber die armen, armen Jugendlichen …

  8. Sash sagt:

    @Nils:
    Ach weisst du, wahrscheinlich hätte ich es sonst als Fehlfahrt laufen lassen. Wäre ärgerlich gewesen und sicher kein so netter Blogeintrag. Aber was hätte ich machen sollen? Letztlich hab ich ihnen die Ersparnisse nicht abgenommen, sie haben sie mir gegeben. Auch wenn die beiden es wahrscheinlich eher als Schutzgeld missinterpretiert haben…

    @Taxi224:
    Ein Scheinchen behalte ich sicher als Erinnerung. Hab ich mir auch vorgenommen. Meine 20 kanadischen Dollar hab ich ja auch noch 🙂

    @Simon:
    In der Liste fehlt noch „Taxifahrer mit reichlich Euro bezahlen“ 😀

    @Nick:
    Bei 20,80 € auf dem Taxameter ist es mir recht egal, ob ich dafür 45 oder 55 € bekommen sollte. Die nächste Bank, die das annimmt, kriegt die Kohle. Oder hat jemand Interesse? 😉

    @Der Maskierte:
    Naja, schon eine hohe Gebühr, das muss ich zugeben. Aber jetzt isses so.

    @ednong:
    Jo, die Armen…
    Die kriegen demnächst nochmal 1000 € von Mami überwiesen. Wir hätten es ja auch mit den Cops klären können 😉

  9. Cliff McLane sagt:

    Sash, eine Freundin aus Kanada, die bei mir was über Ebay gekauft hat, hat mal gefragt, ob sie mir ein „sachet of loonies“ schicken darf als Bezahlung. Ich, unvoreingenommen, sagte, „mais oui, yes“.

    Sie schickte mir tatsächlich einen Sack voll kanadischer Dollar („loonies“, http://en.wikipedia.org/wiki/File:Loonie_reverse_view.png ), eine Flasche Ahornsirup und eine liebe Grußkarte per „Express Mail“!

    Ich sandte ihr einen bayerischen Maßkrug und eine Halbe Erdinger Weißbier zurück.

    Seotdem sind wir Freunde.

  10. Simon sagt:

    Ich glaube brasilianische Taxifahrer sehen öfter Euro, als berliner Taxifahrer Reais 😉

  11. Sash sagt:

    @Cliff McLane:
    Das nenne ich Völkerverständigung 🙂

    @Simon:
    Keine Frage, andersrum ist das sicher einfacher. Meine Bank jedenfalls nimmt sie nicht an. Werde wohl zu einer Wechselstube müssen…

  12. Sash sagt:

    @Altenheimblogger:
    Danke, aber dafür, dass sie passiert ist, kann ich nur teilweise was 😉

  13. maik sagt:

    Also brauche ich den Flattr – Button diesen Monat nicht mehr anzuklicken 🙂

  14. Sash sagt:

    @maik:
    Ja, ganz offensichtlich hab ich ausgesorgt 🙂

  15. T sagt:

    Für exotische Währungen (auch deutlich exotischere als Reals) ist die Reisebank immer zu haben. Im Internet findest du auch die Kurse, die sich natürlich deutlich vom „offiziellen“ unterscheiden – das ist bei der lokalen Sparkasse aber auch nicht besser.

    Ansonsten gib den nächsten Brasilianern ihr Wechselgeld doch einfach in Reals zurück :>

  16. Sash sagt:

    @T:
    An die Reisebank hab ich nicht gedacht. Ich werd wohl die Woche mal bei einer Wechselstube vorbeifahren. Bei meinen Arbeitszeiten wird die Auswahl zwar nicht groß sein, und der Kurs ist natürlich auch nicht optimal – aber im Grunde ist alles über 20,80 € Gewinn.
    Das mit den Brasilianern hab ich mir auch schon überlegt. Wäre zumindest witzig als Fortsetzungsgeschichte.

  17. […] 30. September  wird es drei Jahre her sein, dass mich zwei etwas sorglose Kerle nicht bezahlen wollten und konnten. Seitdem war ich im Besitz von 127 brasilianischen Reais. Das war mehr als genug Geld für die […]

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