Berlin ist eine verwirrende Stadt. Ich sage das als Zugezogener, manche Berliner geben es heimlich an der Theke auch zu und Touris sind bisweilen so hochgradig verwirrt, dass sie zu stolz sind, das zuzugeben.
Ziemlich hektisch wurde ich am Stralauer Platz herangewunken. Fünf Leute auf der dringlichen Suche nach ihrem Hostel, weil es ziemlich kalt war. So ganz genau konnten sie mir den Namen desselben nicht nennen, aber sie hatten ja glücklicherweise eine Karte dabei. Na also. Man muss sich nur zu helfen wissen.
Es war ein Heidenlärm im Auto, alle haben sie durcheinandergequakt, aber eine der Mitfahrerinnen hat resolut auf den Bersarinplatz gedeutet und gemeint, ich solle dort hin fahren. Ich fragte sie, wo genau dort die Unterkunft sein solle, aber sie wiegelte nur ab und meinte, sie könne es mir von dort aus zeigen. Meinetwegen.
Nach kurzer Zeit dort angekommen, brach eine gewisse Panik auf, weil der Bersarinplatz ihnen völlig unbekannt vorkam und überhaupt waren sie überzeugt, dass sie über den Fluß müssten. Runde 7 € zu spät haben sie also mal einen Kumpel angerufen, der dann die Adresse durchgegeben hat: Spreewaldplatz…
Ich kann nur mutmaßen, aber ich nehme an, dass sie den Kotti als Fahrtziel angeben wollten. Und da am Bersarinplatz auf der Karte so ein schöner Kreisverkehr eingezeichnet war – nicht aber am Kotti – kam es dann dazu, dass ich ein paar Euro mehr an der Tour verdient habe. Allerdings waren sie allesamt heilfroh, angekommen zu sein, da spielte das gar keine Rolle mehr. Ist ja auch mal schön, sowas!
so.. diesmal der richtige nick 😉
Mein Onkel ( ich wiederhol es gerne .. auch Taxifahrer in Berlin 😉 ) … meinte immer zu mir.. Umwege erweitern die Ortskenntnis.
Und das hat sich bis heute nur bewahrheitet.
Hier klingt es immer so, als ob (vom Fahrgast verschuldete) Umwege (für den Fahrgast) ein großes Drama sind. Ist das wirklich so? Wenn ich mir in einer fremden Stadt hinsichtlich des Fahrtziels nicht ganz sicher bin, dann kostet es eben ein paar Euro mehr. Davon geht die Welt nicht unter, und solche kleinen Beträge fallen auf der Geschäftsreise oder im Urlaub doch überhaupt nicht ins Gewicht.
Ärgerlich für den Fahrgast sind Umwege vor allem dann, wenn er denkt, der Taxifahrer wäre Schuld daran – sei es wegen eines Mißverständnisses, einer zweideutigen Adresse (Hier in Bonn gibt es zum Beispiel eine Auguststrasse, eine Augustastrasse, eine Augustiner Straße, den Augustusring…; Bergweg und Bergstraße liegen Luftlinie gut zwei km auseinander, aber der Rhein ist dazwischen; im Vergleich zu Berlin ist Bonn ja noch überschaubar!) oder weil der Taxifahrer eine ihm bekannte Großbaustelle umgangen hat und damit eine längere Fahrtroute wählte, als ohne die Baustelle zu erwarten gewesen wäre.
Mich als Taxi-Fahrgast würde es ärgern, wenn ich mich da „beduppt“ fühlen würde, ich kenne aber die Frage „Lieber B9 oder Talweg? Nimmt sich nicht viel.“ von hier in die Innenstadt (und überlasse das immer dem Fahrer), und habe von den bisher hier beauftragten Taxifahrern fast ausschließlich einen guten Eindruck.
Je schwieriger die Kommunikation ist (Fahrgast alkoholisiert, Fahrer sprachlich herausgefordert etc.), desto höher das Frustpotential. Das kann man ja auch aus Blog-Einträgen ganz gut so erahnen 🙂
Für viele Fahrer dürfte sich das aber kaum lohnen, Umwege zu kutschieren: Hat der Gast das Gefühl, „verschaukelt“ zu werden, spart er das Mehr an Fahrtkosten wohl beim Trinkgeld wieder ein, und man kann sich damit wohl auch Ärger einhandeln (Betrug? Weiss da aber nichts Genaueres). Ausserdem fühlt man sich als Fahrer sicher wohler, wenn man freundlichen Dank und einen Heiermann nach der Fahrt bekommt.
@ickedette:
Das ist allerdings erstaunlich wahr 🙂
Allerdings ist das für Touris, die für 3 Tage in der Stadt sind, nur ein bedingter Mehrwert. Für mich ist es gut.
@Christian:
Das lässt sich allgemein nicht sagen. Die paar Jugendlichen in dem Fall waren ziemlich gelassen, aber tatsächlich kommt es häufiger vor, dass ich im Anschluss an eine Fahrt, die so oder so ähnlich verlaufen ist, dafür verantwortlich gemacht werde. Wehe, die hätte am Vortag bereits einer für 7 € ans Ziel gebracht! Dann kann man sich ab 8,50 € gelegentlich schon anhören, was man für ein Abzocker ist. Ungeachtet der Tatsache, dass sie natürlich am Vortag einen Kilometer weiter weg gestartet sind… 🙁
Natürlich ist das der Extremfall. Nur weiss man das als Fahrer vorher selten.
Ins Gewicht fallen tut das in der Tat bei den wenigsten, aber Taxipreise scheinen wirklich ein äußerst streitwertes Thema zu sein.
Aber ich muss anmerken, dass es natürlich auch die Gegenteile gibt. „Bringst mich heim und wenn’s unter 15 € bleibt, isses ok“ und dann ein Fahrtziel 2 Kilometer weiter angeben…
@debe:
Da hast du natürlich Recht.
Ich bin vielleicht auch ein bisschen idealistisch unterwegs, aber für mich ist es selbstverständlich, einen Fahrgast darauf hinzuweisen, warum ich einen Umweg fahre, bzw. ihn frage, ob er vielleicht eine schnellere Route bevorzugt. Gibt ja auch genügend regelmäßige Taxikunden, die da ihr eigenes Spezialwissen angesammelt haben 🙂
Hier in Berlin kommt vor allem dazu, dass aufgrund unserer Wartezeit-Regelung (eine Minute umsonst) ein längerer Weg immer teurer ist. In anderen Städten kann ja mitunter die verkehrsgünstigere Route billiger sein.
Und damit ist es eben möglich, hier Fahrten beinahe centgenau vorherzusagen. Stammkunden erwarten dann mitunter auch gewisse Summen…
http://www.focus.de/sport/fussball/int_ligen/spanien-spanischer-profi-faehrt-taxi-aus-spass_aid_487991.html
Wollte ich dir mal zukommen lassen!
Wenn ich als Fahrgast dem Fahrer ein falsches Ziel nenne, dann bin ich selber Schuld. Anders sieht es aus, wenn der Fahrer sich nicht auskennt und deswegen einen Umweg fährt.
@Mickey:
Cool. Das gefällt mir!
Mit der Kohle auf dem Konto würde ich sicher nicht mehr so viel arbeiten wie bisher, aber gelegentlich eine Wochenendschicht… klar. Warum nicht?
@Anise:
Ist ja eigentlich auch eine einfache Geschichte. Wenn auch alle Fahrgäste das so sehen würden, dann wäre das super. Aber bei den oben genannten war das ja glücklicherweise auch so.
Ich bin ja nun kein gebürtiger Berliner (wer ist das hier schon – lol) aber nach 22 Jahren finde ich Berlin vieles: dreckig, nervig, laut, abstoßend – aber nicht verwirrend o.O
Es wäre auch schön, wenn alle Fahrer das so sehen würden.
@Matthias:
Ach komm: Die Stadt ist wirklich verdammt groß, und es ist wohl kaum bestreitbar, dass man selbst als gebürtiger Berliner kaum umhinkommt, bei manchen Ecken zu sagen, dass man dort noch nicht war und sich dort noch nicht auskennt. Und sei es, weil diese Ecken erst nach dem letzten Besuch dort gebaut wurden… 😉
@Anise:
Ach, ich kann es ganz gut verkraften, wenn Kunden Umwege selbst verschulden 😉
😀
Das glaub ich dir.
Aber du scheinst da echt ne Ausnahme zu sein, ich kenne eher Fälle, wo das Taxameter schon läuft während der Fahrer noch die Karte wälzt oder Umwege fährt, weil er den genauen Weg nicht kennt und sich damit rechtfertigt, dass er dort noch nicht war und ihm der Fahrgast den Weg hätte zeigen sollen. Gerade in Berlin empfand ich das als Regel und nicht als Ausnahme.
@Anise:
Das Problem ist, dass Berlin so groß ist, dass man oft überlegen muss, wo was jetzt nochmal genau war. Insbesondere, wenn man es aus anderen Städten gewohnt ist, dass die Fahrer alles wissen, fällt das ja per se schon mal „negativ“ auf.
Allerdings schalte ich das Taxameter immer erst beim Losfahren ein. Aber: Ich dürfte es auch schon vorher. Durch die eine freie Minute Wartezeit dürfte sich das aber in den meisten Fällen nichts schenken.
Sich als Fahrer darüber zu beschweren, die Kunden würden es nicht richtig erklären, käme mir nicht in den Sinn. Was ich allerdings durchaus auch kenne, ist die Situation, dass Kunden sagen: „Ich zeig dir das, kein Problem“ und dann völlig unzusammenhängende Sätze von sich geben, in denen drei Bezirke vorkommen und eine Hauptstraße im ganz anderen Eck der Stadt, dass es wirklich sinniger gewesen wäre, einfach kurz die Zieladresse zu nennen, dass ich sie ins Navi eingeben kann…
Es gibt wahrscheinlich nichts, was es nicht gibt im Taxi 😀
@Sash
Groß ist sie, ja. Verdammt groß für europäische Verhältnisse. Wenn ich von meiner Ecke in Treptow aus losgurke und nach Reinickendorf, Spandau, Pankow oder Marzahn rausfahre, und teilweise eine Stunde lang nix als Stadt sehe… aber das ist eben nur groß, nicht verwirrend. Fast alles hat seine Logik, erschließt sich. Es gibt große Straßen, kleine Straßen, RvL-Zonen dazwischen und die Stadtautobahn. Für alle meine Ziele hab ich das Navi.
Berlin ist keine Ansammlung von 90% Einbahnstraßen und 10% Parkverboten wie Köln oder Bremen (letzteres auch: mehr Blitzer auf 500 Metern als Warzen auf Claudia Roth). In Berlin kann man auf Hauptverkehrswegen auch gerne mal wenden, anders als in Halle. „Falsch abgebogen? Dann schauen Sie sich doch die andere Seite der Stadt an!“
Zugegeben, manchmal kann man sich ganz schön in die Pfanne hauen, weil ein größerer Komplex (Bahnschienen, Spree) einen Stadtteil von einem anderen trennt und man große Umwege fahren muss. Aber trotzdem bleibt Berlin logisch.
@Matthias:
Naja, aber gerade die „natürlichen“ Hindernisse von Spree bis Grunewald, die oftmals ein Umfahren nötig machen, die schiere Länge des Straßennetzes und dann – im Osten sehr beliebt – Straßen, die sich zigfach verzweigen und immer noch gleich heißen.
Der Ostteil ist was die Straßen angeht vom grundsätzlichen her recht einfach aufgebaut. Im Westen ist es eher wieder wie Kraut und Rüben.
Schlimm finde ich das auch nicht, aber für mich war es am Anfang verwirrend, überwältigend, ein bisschen too much vielleicht.
Inzwischen finde ich das ja selbst amüsant 🙂
Und ich bin auch froh, dass Berlin nicht aufgebaut ist wie Manhattan – wobei man das als Touri z.B. auch zu schätzen weiss.
Okay, ich gebe mich teilweise geschlagen. An die verzweigten Straßen im Osten (gibt es auch, wenn auch lange nicht so schlimm, im Westen: Eine Numme des Kurt-Schumacher-Damms, weiß nicht mehr welche, ist weit abgelöst von allen anderen paar Straßen weiter) habe ich garnicht mehr gedacht.
Es gibt so viele Menschen, die es verdient hätten, dass eine Straße nach ihnen benannt wird. Und dann zerstückeln die einen Straßennamen auf so viele Abschnitte. Falls jemand nachgucken will: Als abschreckendes Beispiel ist mir die Sewanstraße ein Begriff. Gibt vielleicht noch schlimmere.
@Matthias:
Ach, versuch einfach mal in der Schulze-Boysen-Str. eine Nummer zu finden. Oder am falschen Ende der Landsberger Allee. Anton-Saefkow-Platz ist auch toll… 🙂
Das ist übrigens eine der Eigenarten von Berlin, dass Hausnummern nicht immer nach dem ‚Gerade-Ungerade-Prinzip‘ angeordnet sind.
Ich habe mal gelesen, dass das noch aus Zeiten des Kaisers stammt und sie deshalb teilweise Hufeisenförmig angeordnet sind.
Da wurde dann in der Nähe vom Schloss angefangen zu zählen und dann auf der anderen Seite wieder zurück.
Dann kommt noch dazu, dass manche Straßen irgendwann verlängert oder verändert wurden und dann mussten ja auch wieder Nummern dazu kommen.
Aber nachdem ich vor ein paar Wochen mal in Schwedt war, habe ich gesehen, dass es mit Nummern und Straßen noch bescheuerter gemacht werden kann, auch wenn es nicht viel mehr als 2 Straßen gibt.
Mir reichte gestern schon der Sterndamm.
@Nick:
Ja, das ist auch immer wieder spannend mit den Nummern 🙂
In Schwedt war ich allerdings noch nie.
@Anise:
Wieso? Weil er ums Eck geht? Oder gibt es da noch mehr Perversitäten?
Du hast da in der Mitte die Strasse, dann rechts Strassenbahnschienen, links sind Bäume, dann Parkplätze, erst dann kommen die Häuser, und jezt finde mal im Vorbeifahren ne Hausnummer.
Ansonsten hast du auf einer Seite die geraden und auf der anderen Seite die ungeraden Hausnummern, kommst nirgendwo über die Strasse wegen der Schienen, und wenn man nicht genau weiß wo man hin muss und nur ne Hausnummer hat, dann beginnt die Sucherei.
@Anise:
Ja, da bin ich doch froh, dass Kunden da nur hinwollen, wenn sie da wohnen. Und dann wissen sie meistens, wie man hinkommt 😉
In Schwedt muss man auch nicht unbedingt gewesen sein um ein Globetrotter zu werden.