Heinersdorf…
Ich will jetzt ja keinem Bewohner von Heinersdorf irgendwie unrecht tun, aber Heinersdorf war für mich noch bevor ich als Taxifahrer zu arbeiten angefangen habe sowas ähnliches wie das letzte Eck in Berlin. Die Romain-Rolland-Str. war eine der ersten Straßen, die ich in Berlin lokalisieren konnte, und zwar, weil ich mich einmal als Paketfahrer beworben habe in der Gegend. Diese Geschichte wäre einen eigenen Artikel wert, jetzt verbleibe ich damit, dass ich Heinersdorf ziemlich ungemütlich und ländlich fand, wenngleich es ja bei weitem noch nicht einmal an der Stadtgrenze liegt.
Stieg also ein Typ bei mir ins Auto, so grob an der Haltestelle Vinetastraße. Er wolle zum S-Bahnhof Heinersdorf.
„Fuck, die ha’m S-Bahn-Anschluss?“
schoss es mir durch den Kopf. Als er mir sagte, wo der liegt, wurde es mir klar. Da habe ich ganz ganz zu Beginn mal zwei Hools hingefahren. Ich dachte, ich hätte darüber gebloggt, aber ich find den Artikel gerade nicht mehr. Damals waren das zwei Typen, die so besoffen waren, dass der eine mit den Händen zuerst ausgestiegen ist.
Der Typ jetzt war ähnliche Sympathieklasse, aber nüchterner.
„Ist da denn jetzt noch was los?“
„Wieviel? Ich muss erstmal, wegen der Uhrzeit…“
„Viertel nach Fünf haben wir es.“
„Viertel Sechs? Hmm, das is eigentlich zu spät…“
Er erzählte ein bisschen, dass es „mal so, mal so“ in der Bahnhofskneipe sei. Oft wären da Typen, die nur Stress wollten, aber er gehe trotzdem gerne hin. Auch wenn er für Schlägereien in der Kneipe „leider inzwischen zu alt“ sei. Aha!
Als ich auf der Brücke anhielt, tauchte im Lichtschein des Taxis auch sofort ein Kerl mit runtergelassener Hose auf, der gemütlich schwankend an den Straßenrand urinierte. Während mein Kunde zahlte, meinte ich ironisch:
„Sieh einer an, standesgemäße Begrüßung würde ich sagen…“*
Er sah Richtung Kneipe und meinte:
„Oh, jetzt stehen die schon draussen…“
„Hmm, dann ist es wohl eher zu spät, oder?“
„Ach, manchmal prügeln die sich auch nur draussen. Ich schau mal nach!“
Sprachs und verschwand in der Heinersdorfer Nacht…
Hey, ganz ehrlich: So wird man seine Vorurteile nicht los!
* Mir fällt auf, das klingt jetzt so böse – war aber ok so wie ich es gesagt habe!
Sei froh, dass du noch nicht die Nazikneipe Heinersdorfer Krug anfahren musstest.
Hau mal raus den Bericht über „die Paketfahrer Bewerbung“. Sooo schlecht ist der Job bestimmt nicht, könnte ich mir ernsthaft vorstellen….wenn nicht 90% aller Fahrer Subunternehmer wären.
@Aro:
Ja, da bin ich dann wohl recht froh… wobei ich für die politische Gesinnung meiner Fahrgäste auch nicht die Hand ins Feuer legen würde…
@Marcus:
Na gut, mach ich vielleicht später in der Nacht noch! War aber nicht so spannend.