What I need to say

Hab mir gedacht, ich stelle mich einfach mal spontan als zweiter um 2 Uhr ans „White Trash“. Da komme ich der Anzahl an Leuten nach schnell wieder weg. Hat auch wunderbar geklappt: Nach nur einer Zigarette haben sich 7 Kunden lautstark darüber unterhalten, wo sie hingehen, welches Taxi sie nehmen, und so weiter und so fort.

Naja, ich wusste also schon lange bevor sie eingestiegen sind, dass die Fahrgäste ins Reingold in die Novalis-Straße wollten. Gar nicht schlecht, denn in dem Sieb namens Gehirn war das Reingold nach einer einzigen Fahrt daran vorbei auch nicht mehr vorrätig, und so konnte ich kurz nachsehen. Ein aktueller Baustellenplan wäre aber auch nicht schlecht gewesen.

Die Novalisstr. lässt sich nämlich von der Torstr. aus nicht befahren, man muss also ein paar Meter vom Reingold entfernt halten oder einen – für die Kürze der Strecke – albernen Umweg in Kauf nehmen. Das – oder etwas so ähnlich klingendes – habe ich meinen englischsprachigen Fahrgästen auch gesagt. Verbunden mit der Frage, ob sie hier aussteigen wollen.

Der bisher recht kultivierte Typ im schwarzen Jacket meinte dann zu mir:

„Hey, you just need to say: Fuck you, I can’t bring you much further, so fuck off and leave my fucking cab. And where the fuck is my money?!“

Sorry, dass ich da nicht von selbst drauf gekommen bin…

"Lange" Woche…

OK, wenn mir schon sonst nichts einfällt, kann ich ja zum unpassendsten Zeitpunkt mal wieder was allgemeines über die Arbeit schreiben.

Ich habe so langsam einen Rhytmus gefunden! Das ist jetzt vielleicht ein wenig komisch, weil ich das schreibe, nachdem ich einen Tag ungeplant frei gemacht habe. Dennoch: Inzwischen habe ich fast 2 Monate durchgehalten, und das Ergebnis war nicht so deprimierend, wie man es erwarten könnte.

Ich arbeite gerade immer Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag und Samstag. Die Tage beziehen sich hierbei auf den Abend, an dem ich meine Schicht beginne. Das heisst, ich habe mir eine 5-Tage-Woche mit zwei einzelnen freien Tagen zusammengezimmert. Damit stehe ich unter den Kollegen offenbar alleine auf weiter Flur. Warum hab ich mir so seltsame Zeiten ausgesucht? Das hat verschiedene Gründe: Zum einen bin ich kein 6-Tage-Arbeiter! Ich brauch meine Freizeit – selbst wenn ich sie nur mit zu Hause rumsiffen verbringe. Dann bin ich vor allem niemand, der mal kurz 8 Tage durcharbeiten kann, um dann 3 Tage frei zu machen. Das ist nicht mein Rhytmus – ich brauch öfter mal eine Unterbrechung – auch wenn es dann nur ein Tag ist. Zu guter Letzt: 4 Tage reichen nicht, um genug zu verdienen 😀

Das Problem war vor allem, vernünftig die Tage zu wählen. Nach meinen bisherigen Erfahrungen (Einzel-Abnormitäten wie Messe und so mal nicht eingerechnet) sind die einzelnen Tage von ihren durchschnittlichen Verdiensterwartungen unterschiedlich:

Montag: Der Tag, über den ich gerne sage: „Ich nehme Montage nicht ernst!“ Fast alle total beschissenen Tage waren Montage, und dabei machen die meisten Kollegen schon Montags frei, weil einfach gar nichts geht. Wenn ich Montags einen Hunni zusammen habe, bin ich sowas ähnliches wie glücklich.

Dienstag: Eine Art verlängerter Montag, mit nur geringfügigen Aussichten auf Besserung. Im Schnitt vielleicht 5 € mehr…

Mittwoch: Am Mittwoch ziehen die Einnahmen langsam wieder an. Viele Leute haben sich vom Wochenende erholt, oder planen bereits, dem nächsten vorzugreifen und gehen doch mal aus. Der Mittwoch ist irgendwie der perfekte Durchschnittstag. So 120 € in zehn Stunden ist Standard, natürlich wie bei allen Tagen mit im Einzelfall beträchtlichen Abweichungen.

Donnerstag: Das Wochenende kommt! Viele scheinen sich zu denken, dass man den Freitag ja auch mit Kater rumbringen kann, und dann ja eh frei ist. Die Straßen werden voller und ich persönlich „erwarte“ Donnerstags durchaus so rund um 150 € Umsatz.

Freitag: Endlich! Wochenende! Sämtliche Rekordtage bei mir waren Freitage, dennoch sind hier noch enorme Schwankungen drin. Über 150 € sollten es in jedem Fall werden, über 200 ist meistens auch drin.

Samstag: Gilt als beste Schicht der Woche, und zumindest ist es die zuverlässigste. Samstags bin ich noch nie enttäuscht heimgefahren – Einbrüche sind wesentlich seltener als Freitags. Die Tendenz geht deutlich Richtung 200 €. Unter 180 wundere ich mich, wenn ich nicht früh Feierabend gemacht habe.

Sonntag: Sehr wechselhaft, aber leider ziemlich oft sowas ähnliches wie der Vor-Montag. Hunni? Passt schon…

Bei allen bisherigen Versuchen, sowas wie einen festen Rhytmus zu bekommen, habe ich letztlich irgendwann einen Donnerstag frei machen „müssen“ – was im Tausch gegen einen Montag oder sogar gegen einen Mittwoch einfach bekloppt war. Nun spare ich mir den durchschnittlichen Mittwoch und den recht bescheidenen Sonntag. Damit kann ich leben, und zudem habe ich nie länger als 3 Tage Arbeit am Stück. Und wer kann das schon von sich sagen?

Ich unterteile die Arbeitszeit folglich gerade in „kurze“ und „lange“ Wochen, die trotz ihrer geringen zeitlichen Dimension eigentlich nichts gemeinsam haben. Die kurze Woche (Montag und Dienstag) sind so Tage, an denen ich viel Lesestoff brauche, um die stundenlange Langeweile am Stand auszuhalten. Hier kann ich schon mal früher Feierabend machen, weil es „sich eh nicht mehr lohnt“ und getrost alle Umsatzwünsche verschieben: „Das hol‘ ich am Wochenende wieder rein…“

Tja, und die lange Woche steht mir jetzt bevor. 3 Tage lang mehr oder minder gute Umsätze, insbesondere in den Morgenstunden eine gute Auslastung mit wenig Standzeit. Snacks in Reichweite sind hier wichtiger als Lesestoff. Koffein und gute Laune. Die schönen Nächte in der Woche…

Merkt ihr was? Ja, ich freue mich aufs Arbeiten! 🙂

Unglücksbärchis

Ich stand also so am Ostb… das ist inzwischen echt eine ausgelutschte Anfangsfloskel, oder? Aber egal, diesmal könnte ich gar keine groß andere Lokalität herbeilügen, weil folgende Szene sinnigerweise einfach am Bahnhof spielt.

Also stand ich da so rum und machte offenbar nicht den glücklichsten Gesichtsausdruck. Warum auch immer – die Nacht lief ja eigentlich echt gut. Kommt plötzlich einer an und meint:

„Der Taxifahrer sieht so unglücklich aus! Der kriegt auch ein paar Gummibärchen!“

Sprachs und schüttete mir aus einer gigantisch anmutenden – und für Kinder sicher Inbegriff des Glücks seienden – Tüte mehrere kleine Tütchen Gummibärchen in die Hand. Sehr reizend! Es ist schön, wenn sich die Bevölkerung um ihre Dienstleister sorgt… 😉

Aber warum also spielt die Geschichte zwingend am Bahnhof? Deswegen:

Glücksbärchen im Unglück. Quelle: Sash
Glücksbärchen im Unglück. Quelle: Sash

Natürlich hab ich nachgefragt, wie groß die Verspätung war.

„Eine halbe Stunde etwa…“

„Hmm, nicht sonderlich lang also!?“

„Ja, aber eine Menge Leute… 120!“

„…und dann Anschlusszug verpasst?“

„Genau…“

Schön, wenn dann wenigstens die Laune noch stimmt. Ach ja, ein Taxi haben sie allerdings nicht gebraucht 🙁

Dieses ungute Gefühl…

…das sich einstellt, wenn Vorurteile bestätigt werden.

Ich bin wie jeder andere Mensch alles andere als frei von Vorurteilen. Ich hege vielleicht nicht die gleichen wie viele meiner Mitmenschen, aber das ändert im Prinzip ja nichts. Und im Gegensatz zu einem äußerlich recht nett erscheinenden Kollegen, der – natürlich statistisch gestützt von zwei bitteren Erfahrungen – inzwischen keine „Neger“ mehr mitnimmt, versuche ich mich wenigstens regelmäßig mit meinen Vorurteilen auseinanderzusetzen.

Und immerhin:

Es ist Quatsch, dass junge Besoffene kaum Trinkgeld geben, nicht alle Italiener sind geizig, meine afroamerikanischen Fahrgäste sind bisher durch fast überdurchschnittlich gute Manieren aufgefallen und manch Amerikaner entpuppte sich als politsch interessiert und weltgewandt mit eindeutiger Ablehnung seinem letzten Präsidenten gegenüber und sogar manch ambivalenter Einstellung zum Irak-Krieg, von wo aus er fast unmittelbar (mit Umwegen über Bars) in mein Taxi purzelte.

Glücklicherweise sind die Menschen verschieden, und so kommt es immerhin auch, dass nicht alle Taxifahrer Behinderte ablehnen oder latent rassistisch sind.

Was mich allerdings ein ums andere Mal bestätigt, das sind die Soldaten in meinem Auto. Gut, sie sind zum Zeitpunkt der Beförderung meist im unglücklichen Zustand, sich mit 2 Promille auf den Dienstbeginn in zwei Stunden zu freuen, aber selbst das ist ja schon wieder eine Klischeebestätigung. Ausfälligkeiten gegenüber Passanten gehören bei der Gruppe nach meinen bisherigen Erfahrungen erstaunlich oft dazu, und es ist eine ziemlich unfaire Fügung des Schicksals, dass der kürzeste Weg vom Matrix in die Kaserne ausgerechnet über den Straßenstrich an der Oranienburger Str. führt. Ja, ich bin deswegen schon Umwege gefahren! Nicht weit, aber sicher gut für etliche mehr oder minder beteiligte.

Nun aber habe ich eine neue Kategorie kennengelernt, und dagegen habe ich mir eigentlich die Soldaten wieder ins Auto gewünscht, und das waren: Auszubildende bei der Polizei…
Natürlich wäre es unfair, das Verhalten dieser Assis auf den kompletten Berufsstand umzumünzen. Denn bei allen Vorbehalten gegenüber den Positionen, den manch einer inne hat, bin ich durchaus in der Lage, zwischen Mensch und Beruf zu unterscheiden. Aber die Vorstellung, dass auch nur einer dieser Spinner irgendwann auf hilfesuchende Menschen losgelassen wird, löst diesen kalten Schauer auf dem Rücken aus, den in den letzten Jahren kein Horrorfilm hervorrufen konnte.

Ich will nicht einmal so weit gehen, und über das Rechtsverständnis der Jungs zu urteilen, nur weil sie versuchten, den gesetzlich festgelegten Taxitarif ständig und auch nach erzielter Einigung fortlaufend herunterzuhandeln. Das ist ja Usus bei vielen Leuten. Aber die ausgeprägte Widerlichkeit, mit der diese Trottel in der Lage waren, über ihre Freundinnen (und natürlich erst recht kurzlebigere Sexualkontakte) zu reden, lässt mich wirklich nur hoffen, dass sie irgendwann mal mit einem beherzten Tritt in die Eier von ihren Allmachtsfantasien erlöst werden.

Ich war selten so froh, dass die Protagonisten meiner Existenzsicherung völlig idiotischerweise schon 3 km vor Erreichen des Ziels beschlossen haben, den Rest zu laufen. Das notwendige Übel davor waren natürlich Streitereien über den Anteil am Fahrpreis, den jeder zu entrichten hatte. Mal ganz im Ernst: Wenn ich eine Frequenz von 100 „Fotzen“ pro Minute will, dann kauf ich mir eine Sido-Platte…

Simply the Best (10)

Hier noch einmal Sashs eigene Rekorde beim Taxifahren. Der / die Neue(n) sind fett gedruckt.

Geld:

  • Höchster Umsatz pro Schicht: 241,70 €
  • Höchster Umsatz pro Tour (ohne Trinkgeld): 55,00 €
  • Höchstes Trinkgeld pro Tour: 31,10 €
  • Originellstes Trinkgeld: 4,90 € + 2 Flaschen Prosecco
  • Höchstes Trinkgeld pro Schicht: 45,50 €
  • Höchste Einnahmen pro Tour (inkl. Trinkgeld): 65,00 €
  • Höchste Einnahmen durch Zuschläge pro Schicht: 14,50 € (neu!)

Touren:

  • Die meisten Touren pro Schicht: 24

Strecke:

  • Die längste Strecke pro Schicht: 262,3 km
  • Die kürzeste Strecke pro Tour: ca. 300 m
  • Die längste Strecke pro Tour: ca. 52,0 km

Zeit:

  • Die längste Schicht (Pausen nicht eingerechnet): 11:45 Std.
  • Die längste Standzeit: 3:30 Std.
  • Die längste Wartezeit mit laufender Uhr (eine Tour): 0:25 Stunden

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

2 mal 2 mal 1 macht 2*

Da bin ich also noch recht unmotiviert an meinem Auto angekommen, hab gerade das Dachschild festgeschraubt, als ich angesprochen werde:

„Fangen sie jetzt gerade an?“

„Ja!?“

„Ich hätte gleich einen Auftrag. Passen bei ihnen 2-Meter-Bretter rein?“

„Hmm, kommt wahrscheinlich drauf an, wie breit sie sind. Ganz 2 Meter Ladefläche hab ich nicht…“

„Bei ihm passen sie nicht rein…“

Er deutete auf den Baumarkt-Parkplatz, auf welchem ein Kollege mit einem E-Klasse-Kombi stand. Puh! DA passen die nicht rein? Naja, ich kann es ja mal versuchen…

Die folgenden 10 Minuten habe ich mit dem Kollegen damit verbracht, „Bretter“ von 2×1 Meter Größe in mein Auto zu pfrimeln. Und zwar so, dass noch zwei Plätze frei waren. Das gestaltet sich – bei allem Lob für mein Auto – dann doch nicht so leicht wie man denkt. Ladungssicherung war nun nicht wirklich das Wort des Tages, auf der anderen Seite waren die Bretter so verkeilt, dass da wirklich nichts mehr passieren konnte. Dazu noch 2 kleinere Bretter, und schon standen wir schwitzend vor dem amorph gestalteten Nutzraum-Konzept für diese Tour.

„Als Zuschlag mach ich mal 2 €, ist das in Ordnung?“

„Ja, auf jeden Fall! Das ist ja wirklich für den Aufwand sehr human! Das kostet jetzt ja sicher nicht über 50 €, oder?“

„Wo soll’s denn eigentlich hingehen?“

„Ja, so Schönhauser Allee, ich sag dann Bescheid…“

„Nee… soo teuer wird’s definitiv nicht!“

OK, gut, warum nicht? Ne gute 12€-Tour zum Start. Dort angekommen mussten wir den Spaß wieder aus der Kiste rausömmeln, und so gestaltete sich die Fahrt insgesamt recht anstrengend. Im Nachhinein ärgere ich mich ein wenig, dass ich gerade 2 € Zuschlag genommen habe. Die waren so ziemlich genau das, was die Tarifordnung hergibt (1 € pro Gepäckstück, das nicht in den Kofferraum passt), und somit ok. Leider kamen wir damit am Ende auf 14,60 €…

„Machste 15!“

Ich mag es, wenn man meine Hilfe schätzt…

*Zuschlag in €