Meine erste Tariferhöhung…

Jo, nun ist es also soweit: Die Taxi-Tarife in Berlin sind vor wenigen Stunden erhöht worden. „Mal wieder…“ denkt sich da sicher der gemeine Kunde. Der gemeine Taxifahrer zu einem guten Teil auch. Dazu später mehr. Der Tarif ist wie folgt angehoben worden:

Grundpreis:
Von 3,00 € auf 3,20 €

Kilometerpreis:
Kilometer 1-7: Von 1,58 € auf 1,65 €
Kilometer 7-?: Von 1,20 € auf 1,28 €

Kurzstrecke (bis zu 2 km pauschal):
Von 3,50 € auf 4,00 €

Bisher habe ich keine Beschwerden von Kunden gehabt – ich bin allerdings auch erst 6 oder 7 Touren nach neuem Tarif gefahren. Nun, wie ist es?

Wie es im Ergebnis aussieht, weiss ich noch nicht. Bei unveränderter Auftragslage müsste täglich etwa ein Fünfer mehr auf dem Taxameter stehen, folglich knapp über zwei Euro für mich rausspringen. Das ist super!

Für die durchschnittlichen Kunden kostet eine Fahrt zwischen 30 Cent und zwei Euro mehr. Das ist für die üblichen Gelegenheitsnutzer kein Weltuntergang.

Alles super? Naja.

Ich will mich natürlich nicht beklagen, dass ich jetzt mehr Geld bekomme, wenn jemand einsteigt. Das wäre verlogen. Aber es zeigt meines Erachtens nach, dass auch im Taxigewerbe bezüglich des Geldes eine absurde Logik herrscht. Denn das Problem hier in Berlin ist nicht etwa, dass die Tarife zu niedrig wären. Man konnte zu den alten Tarifen einen Taxibetrieb lukrativ betreiben, und das wäre insbesondere ausbaufähig gewesen, wenn man es geschafft hätte, mehr Kunden zu finden und zu binden.

Denn die derzeit angeblich berlinweit üblichen 1,1 Kunden pro Taxi und Stunde sind eher ein Problem.

Natürlich sind viele Taxitouren die berühmten Notfalltouren. Wahrscheinlich könnten wir die Preise um 100% erhöhen, und irgendwelche Leute finden sich immer noch. Notfälle eben. Oder Touristen aus westlichen Ländern – die kennen das nicht anders 😉

Aber bei Otto Normalverbraucher gilt immer folgendes: Ein Taxi ist teuer. Das ist es, und schon mein entfernter Kollege Torsten vom Taxiblog hat dereinst in einem lesenswerten Beitrag aufgezeigt, dass es auch nicht anders geht. Aber vielerorts verschätzt man sich dann eben doch. Klar habe ich bisweilen Kundschaft, denen eine Fahrt zu teuer ist. Überwiegend aber verschätzen sich die Leute nach oben. Würde man ein bisschen Geld dahingehend investieren, dass den Kunden die Preise übersichtlich präsentiert werden, dann bin ich mir sicher, dass sich einige „Neukunden“ finden würden. Plakate am Bahnhof mit ausgewählten Zielen und groben Preisen dorthin… als Beispiel. Und da bei uns in Berlin die Wartezeit an der Ampel quasi null zählt: Warum keine Festpreise zu bestimmten Plätzen? Naja, aber dazu müsste man Reformen anstoßen…

Taxifahren ist teuer, weil es Individualverkehr ist. Wir können die Kosten nicht auf 50 Leute – wie im Bus – abwälzen. Bei uns zahlen die paar Hansel im PKW von der Anschaffung des Wagens bis zu meinem Lohn alles. Dennoch vergessen die Leute auch oft, dass man sich Taxen teilen kann. Was sind 25 € nach Marzahn, wenn man es durch 3 teilt – oder durch 6…? Das sind für ausschweifende Kneipengänger in der Regel keine Beträge.

Naja, aber nun danken wir es unserem raren Publikum mit einer Preiserhöhung – mitten in einer Wirtschaftskrise. Ein Lob auf unsere Funktionäre!

Aber das war es ja noch nicht.

Mein Chef hat mir auch schon gesagt, er findet es fies, die Kurzstrecke von 3,50 auf 4,00 € erhöht wurde, weil:

„Das geht zu Lasten eures Trinkgelds, das find ich nicht in Ordnung!“

Ich hoffe ja nur, dass er nicht Recht behält, und tatsächlich mehr Leute als bisher gleich mit einem Fünfer zahlen. PS: Würdigt mal bitte die Einstellung meines Chefs, zu dessen Gunsten diese Umverteilung stattfindet, wenn sie es tut.

Wenngleich die ersten Erlebnisse positiv waren, so bin ich weiter skeptisch. Die heutige Nacht war vom Umsatz her gut – sehr gut sogar – aber es würde mich nicht wundern, wenn sich das noch ändert. Mal abwarten. Die Beschwerden – insbesondere bei der Kurzstrecke – werden sicher auch noch kommen.

Technisch hat sich das alles sehr einfach gestaltet: Kurz vor 12 Schicht abmelden, wieder anmelden: Zack! Schön, dass mein Tagfahrer das irgendwann umstellen lassen „durfte“. Naja, da das alles ein bisschen zu reibungslos lief, hab ich noch doch eine Fehlfahrt auf dem Chip – weil ich einfach ausprobieren musste, ob der neue Tarif jetzt wirklich drin ist und alles sauber funktioniert. Tut.

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5 Kommentare bis “Meine erste Tariferhöhung…”

  1. Klaus sagt:

    Ich habe morgen meinen ersten Arbeitstag nach dem Urlaub. Ich bin mir sicher, dass sich diese Tariferhöhung in dieser Woche eher positiv auf den Umsatz auswirken wird. Bedingt durch die drei Modemessen in Berlin wird es zu bestimmten Stoßzeiten eher schwierig sein überhaupt ein Taxi zu kriegen. Und diesen Fahrgästen ist es sowieso egal ob es nun 12,- oder 12,50 kostet. Schwierig wird es dann wohl ab nächste Woche, wenn wir wieder auf unser Stammpublikum angewiesen sind. Ich halte es nach wie vor für das falsche Zeichen, auf eine Wirtschaftskrise mit Preiserhöhungen zu reagieren.

  2. Aro sagt:

    *Unterschreib*

  3. Sash sagt:

    @Klaus:
    Ja, fast schon schade, dass ich heute frei hab… aber ich hab da so oder so kein gutes Händchen 🙁
    Naja, wie es dann nächste Woche aussieht, werden wir ja sehen. Wir sind uns da sonst ja einig.

  4. Sash sagt:

    @Aro:
    Schön, wenn Einigkeit vorherrscht…

  5. […] mal: Dass die Tarife mal wieder steigen, ist nicht per se falsch. Die letzte Erhöhung fand am 1. Juli 2009 statt, das ist eine ganze Weile her, da ist ein Inflationsausgleich durchaus mal drin. Wer nachrechnet, […]

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