"Entschuldigung, ihr seid nicht zufällig…"

…ist hoffentlich nicht der Satz, den mein Kunde ca. eine Minute nach dem Ausstieg aus meinem Wagen von sich gegeben hat. Ich hab ihn am Matrix aufgegabelt und wollte zu einem Hotel in Mitte. Während der Fahrt überkam ihn aber so eine Art schlechtes Gewissen, den letzten Abend in Berlin einfach so – besoffen nach der Disco – ausklingen zu lassen. Also fing er an zu sinnieren, ob er jetzt nicht noch zur Oranienburger möchte.

Die Oranienburger Str. ist so ziemlich der bekannteste Straßenstrich in Berlin, und somit war einmal mehr ohne unnötige Worte klargestellt, worum es geht:

Ficken!

Sorry, ich hab gerade das Bedürfnis gehabt, mich nicht jugendfrei auszudrücken.

Weiter im Text:
Er hat sich also erkundigt, ob wir dort vorbeikommen, wie weit das etwa sei und so weiter. Dann hat er beschlossen, dort „mal zu schauen“. Alleine das habe ich mir schon witzig vorgestellt, aber warum nicht? Der Weg war etwa gleich lang, insbesondere, da wir schon einen Weg eingeschlagen hatten, der nun nicht gerade in die richtige Richtung lag. Zudem: Vielleicht hätte ich so endlich mal die Möglichkeit, näheres über die Preise dort zu erfahren…
Das hat – bevor hier jemand mosert – übrigens rein berufliche Gründe, denn es gibt nichts, was man als Taxifahrer nicht gefragt wird. Glaubt mir, ich wurde sogar schon gefragt, ob die Damen dort „sauber“ seien oder ob man sich dort „was holen“ könnte. Warum auch immer ich sowas wissen sollte…

Naja, auf halbem Wege war er dann kurz davor, sich doch zu einer Umkehr zu entscheiden – was mir nicht schlecht gepasst hätte, denn inzwischen waren wir näher an der Oranienburger als am Hotel – aber das Ziel blieb dann doch. „Mal gucken“ eben.

Auf seinen Wunsch hin habe ich ihn gleich am Hackeschen Markt rausgelassen, von wo aus er sich dann ins Abenteuer (oder so) stürzen wollte.

Ich war ehrlich gesagt ein wenig irritiert, denn normalerweise stehen schon dort am Eck die Damen seiner Wahl, aber vielleicht waren ausgerechnet die ja gerade geschäftlich unterwegs. Wie dem auch sei. Ich hab kassiert – war ein angenehmer zweistelliger Betrag geworden – und dann fuhr ich los. In die Oranienburger Str. Nur 200 Meter etwa. Aus gegebenem Anlass habe ich noch mehr als sonst auf die Bordsteinschwalben geachtet – aber da war keine. Hab mir schon gedacht, dass sich mein Kunde sicher ärgern würde.

Dann erblickte ich zwei weibliche Gestalten, die auf die Entfernung hin… naja, also… gut, ich hab sie auch erst für Nutten gehalten. Waren sie aber nicht. So langsam kenne ich die Gesichter (ja, ich meine wirklich Gesichter!) der dort in der Regel stehenden Damen, zudem standen sie nicht rum, sondern gingen ihres mir unbekannten Weges. Gab noch diese und jene Kleinigkeit, die mich sicher werden lies, aber letztlich konnte ich einen Gedanken nicht loswerden:

Was, wenn mein Fahrgast mit seinen geschätzten 1,5 Promille diese ersten seinen Weg kreuzenden Grazien falsch einordnet?

Und da kommen wir zur Überschrift dieses Eintrages.

Ich habe mir ernstlich überlegt, ob ich anhalten soll, um das noch mitzubekommen. War mir dann aber zu umständlich. Ist ja nicht leicht mit Parken dort. Ansonsten ist es übrigens (für die Nicht-Berliner) eine Einbahnstr. – also zurückfahren und warnen war auch nicht drin…

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2 Kommentare bis “"Entschuldigung, ihr seid nicht zufällig…"”

  1. Aro sagt:

    Gestern Abend liefen die Geschäfte einfach super. Nicht nur für Taxifahrer. Deshalb musste man auch in der Oburger etwas warten oder suchen.

  2. Sash sagt:

    Die Vorstellung, wie Leute bei Prostituierten Schlange stehen… XD

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