Eine Sorte Kunden gehört zu den ganz kuriosen: Die gönnerhaften Festpreiszahler. Das sind Leute, die in ein Taxi steigen, und sich mit den Gepflogenheiten des Gewerbes auskennen. Sie wissen zumindest darüber Bescheid, dass der Fahrer anteilig bezahlt wird, dass es nicht viel ist, meist sogar, was ihre Strecke etwa kostet. So sind heute drei reichlich betrunkene Männer bei mir eingestiegen, die die echt gute Strecke von der Oranienburger Str. nach Rudow angepeilt haben. Zahlen wollten sie 21 € – weil das so leicht durch drei teilbar ist. Aber dafür dürfte ich das Taxameter auslassen, damit ich auch was von der Fahrt habe…
Sowas trifft man mehrmals die Woche, ist also wirklich keine Seltenheit.
Ich finde das ehrlich gesagt, immer recht anstrengend. Schließlich arbeite ich nicht ausschließlich zur ultimativen Selbstbereicherung, sondern bin mir wenigstens bewusst, dass mein Chef dieses Auto bezahlt und mir eine Menge Papierkram vom Leib hält. Von so kleineren Unstimmigkeiten, wie einem schlechten Kilometerstand, der Tatsache, dass es sich dabei um Schwarzarbeit handeln würde, jeglicher Versicherungsschutz flöten geht und dergleichen… lassen sich diese Kunden nicht abschrecken. „Musst du wissen…“
Ich meine, ich glaube nicht daran, dass mein Geld in den Sozialkassen sonderlich gut aufgehoben ist. An eine Rente glaube ich auch nicht. Ich gehe gern auf Kundenwünsche ein, bin kein Prinzipienreiter – und ich habe durchaus eine differenzierte Wahrnehmung von Recht und Gerechtigkeit. Aber erstens hört der Spaß bei Sicherheitsfragen auf, und zum anderen habe ich einen Job, in dem ein Arbeitsverhältnis zwingend ein Vertrauensverhältnis ist. Dementsprechend erfülle ich solche Wünsche grundsätzlich NICHT. Selbst an beschissen laufenden Montagen ist es mir das nicht wert.
Das heisst natürlich nicht, dass man nicht mal ein Auge zudrückt, und die letzten paar hundert Meter die Uhr ausmacht, wenn jemand nicht mehr Geld dabei hat. Aber nicht so.
Die haben übrigens ihre 27,30 € mit einem Fünfziger bezahlt, und auf dreißig aufgerundet. Wer das unlogisch findet, der hat meine uneingeschränkte Zustimmung!
100% Zustimmung. Als Tagfahrer ist man normalerweise mit den „Wir können auch einen Pauschalpreis machen“ Kunden nicht so konfrontiert. Ich krieg die immer nur mit, wenn ich es mal gepackt habe, früher aus den Federn zu kommen. Also am sehr frühen Morgen. Meine Standardantwort ist dann meistens: „Das ist doch illegal.“ oder „Damit würde ich mich strafbar machen.“ Einmal, bei welchen, die nicht locker lassen wollten: „Das ist ja Anstiftung zu einer Straftat.“:-) 😉
Aber trotzdem scheint es bei Nachtfahrern durchaus verbreitet zu sein.
Aber soziale Kompetenz scheint keine herrausragende Eigenschaft bei Taxifahrern zu sein. Ohne das jetzt pauschalieren zu wollen.
Ja, auf meine Einwände kam auch heute wieder sofort: „Aber alle anderen machen des doch auch…“
Ich hab es bisher immerhin 5 Monate durchgehalten jetzt, kein „Komm, mach mal 20 €!“-Angebot anzunehmen. Mal am Ende als Zugeständnis meinerseits ein paar Cent gekappt – ok. Aber wenigstens nie dieses „Is mir jetzt egal, ob die 8 km nur 3,50 bringen – is ja nicht mein Geld“ einreissen lassen.
Ich glaub, damit bin ich schon eine Ausnahme 🙁
Na, dann sind wir jetzt zwei Ausnahmen :-). Ich lasse mich nur darauf ein, wenn ich genau weiß, der vorgeschlagene Preis kommt hin. Und dann fahre ich trotzdem mit eingeschalteter Uhr. Ich kann es ja den Fahrgästen nicht verdenken, die wollen ja nur eigenes Geld sparen. Aber es muss ja ganz viele Taxifahrer geben, die das Spiel mitspielen. Und die Konsequenzen hast Du oben ja sehr schön aufgelistet. Meine erste Taxibude, bei der ich sehr gerne gearbeitet hatte, ist übrigens in Konkurs gegangen. Und an meiner jetzigen Bude hänge ich sehr!
Tja, wir haben es da ganz anders. In den alten 124ern waren damals schon Sitzkontakte drinnen, in den 210er und 211er E-Klassen haben wir Lichtschranken. So kann der normale Fahrer gar nicht erst auf die Idee kommen, die Uhr nicht einzuschalten. Bei einer anderen Firma haben sie das vor einem Jahr eingeführt, dort haben die Fahrer im großen Stil Schwarzfahrten gemacht. Auf einmal ließen sich die ganzen Leerkilometer erklären. Und wenn man das von Anfang an gewohnt ist, ist es sogar regelrecht stressig, wenn man ausnahmsweise mal ein Auto ohne diese Einrichtungen fährt. Momentan hat mein Wagen nämlich aufgrund von kaputter Eletronik keine Lichtschranken.
@Klaus:
Na immerhin zwei. Wir werden das Gewerbe revolutionieren 😉
Klar ist es aus Kundensicht verständlich. Absurd an genau dieser Art Fahrgäste ist ja, dass sie zumindest vorgeblich um die schlechte Bezahlung in dem Gewerbe wissen, um dann zu versuchen, den Tarif zu umgehen… das finde ich ja so absurd. Das jemand handeln will – meinetwegen. Da muss er auch mit einer Absage leben, aber das alleine ist ja noch ok.
@blauerblubb:
Ja, ich weiss ehrlich gesagt nicht so genau, was ich von den Lichtschranken und/oder Sitzkontakten halten soll. Grundsätzlich sage ich mir auch: Ich hab nichts zu verbergen. Aber irgendwo wird es schwierig. Ich darf das Auto auch privat nutzen – muss ich dann meinem Chef jedes Mal erklären, wenn ich mit meiner Freundin irgendwohin gefahren bin, und nicht nur alleine?
Wenn natürlich ein Verdacht besteht, kann ich die Maßnahme seitens des Arbeitgebers verstehen – aber ehrlich gesagt, ist es mir so lieber, wie es gerade bei mir läuft.
Und ich hoffe, dass meine Chefs damit nicht zu schlecht fahren. Ich bescheisse sie jedenfalls nicht.
Ich bin es eben nicht anders gewohnt. Und privates ist bei uns auch kein Problem. Und verdacht auf Betrug gab es zumindest bei uns in der Firma nicht. Wie gesagt, die Sitzkontakte sind schon länger in den Autos, als
Schwarzfahrten sind bei mir ebenfalls nicht drin, aus rechtlichen und Versicherungsgründen. Vor allem aber, weil ich ein Vertrauensverhältnis zu meinem Chef habe, das ich nicht ausnutzen will. Mit acht Wagen ist das auch kein Kapitalist (selbst wenn ich ihn manchmal so nenne), und er fährt auch noch selber.
Bisher habe ich es selten erlebt, dass sich der Fahrgast ein anderes Taxi gesucht hat, nachdem ich die Schwarzfahrt abgelehnt habe.
@blauerblubb:
Ich würde mich sicher auch dran gewöhnen. Dramatisch ist es sicher nicht. Ich hab sogar desöfteren schon überlegt, ob es beim ein oder anderen Kunden vielleicht nicht gut wäre, zu behaupten, ich hätte Sitzkontakte 😉
@Aro:
Ich sehe das wirklich genauso. Was das Ablehnen angeht: Hab ich zwar schon erlebt, aber auch nur einmal. Und ich konnte irgendwie gut damit leben, dass ein Kollege die Hammer-Tour für fünf Euro vom Ostbahnhof zum Kottbusser Damm abgestaubt hat. Gut, als 10. in der Reihe… aber wirklich, wie nötig kann man’s haben?
Und: Wie nötig habe ich es als Fahrgast, bei der Geschichte einen Euro zu sparen?
Wie ist das eigentlich mit den fahrten, die aus dem Tarifgebiet hinaus gehen ( die sind doch „legal verhandelbar, wenn ich das richtig in Erinnerung habe oder? )….bleibt hierbei etwa trotz Pauschalpreis das Taxameter an?
Huch, hab grad gesehen, dass da irgendwie die hälfte von dem fehlt, was ich geschrieben hatte. Naja. Wollte eigentlich nur noch sagen, dass die Sitzkontakte schon länger da sind, als ich Taxi fahre. Und, dass es bei Festpreisfahrten oder privatangelegenheiten durchaus normal ist, den Überschuss auf der Abrechnung ins minus zu schreiben. Aber egal wie rum, es ist nur Gewöhnungssache.
Und @Marcus: Also bei mir bleibt die Uhr an, ja. Denn ich kann ja nicht anders. ^.^ Das, was ich weniger kassiere, wird dann als Abschlag im Minusbereich der Abrechnung verbucht.
das argument auf die niedrigen löhne habe ich bei uns schon ewig nicht gehört. hoffe das spricht für unsere fahrer.
die wenigsten haben sitzkontakte oder lichtschranken. auf vertrauensbasis arbeiten finde ich persönlich auch schöner, allerdings wünsche ich mir sowas, wenn ich mal vergesse die uhr anzumachen, dann fängt die rechnerei an, das nervt kommt aber gottlob selten vor.
generell heißt es bei uns, die kirche im dorf lassen. ich, sowie so einige weitere, lassen nichts in die tasche fallen. zudem ist es bei uns so überschaubar das einer, der sowas regelmässig übertreiben würde, auffällt und es sich rumspricht.
Vor 20 Jahren wurde mit mir noch gemeckert von fahrerseite, weil ich zuviel auf die km abgeben würde, das hat sich zumindest bei uns total geändert. Vieleicht auch weil, so kommt es mir vor, alles transparenter ist, das geschäft kostet eben nun einmal einen haufen geld, und gehts dem chef gut gehts dem fahrer gut.
@Ly:
Auch hier: Zustimmung!
Wie gesagt: Ich kann das mit den Sitzkontakten und Lichtschranken verstehen. Unser Gewerbe ist nunmal nicht dafür bekannt, dass nur korrekte Leute dort arbeiten. Leider. Aber wenn der eigene Chef schon davon ausgeht, dann stimmt was nicht.
Wobei mir klar ist, dass nicht jeder Chef, der die Dinger im Auto hat, gleich wahnsinnig mistrauisch ist. Bei einigen ist es sicher nur der Erleichterung wegen. Ich hab auch schon vergessen, die Uhr anzumachen – allerdings war das bisher zwei Mal, soweit ich weiss. Nicht-wieder-ausmachen kam dagegen schon öfter vor.
Das mit den Kilometern ist bei uns auch so: Die meisten meinen immer wieder: „Mach da nicht rum“, „ist doch egal“, „ich bin da immer 20 bis 30 drüber“… aber mir wurde bei der Einweisung gesagt, dass ich mit der Zeit etwa auf 1€/km kommen sollte. Kann man als Fahrer blöd finden, aber ich denke mir eben, dass das die Berechnungsgrundlage für meine Chefs sein wird. OK, vielleicht auch weniger – aber ich finde es eben auch etwas kurzfristig gedacht, wenn man nur auf die eigene Tasche schielt.
Wie du sagst: Geht es dem Chef gut, geht es auch dem Fahrer gut! Was bringen mir 50 € mehr im Monat, wenn ich stattdessen nicht mehr einfach ein paar € für Fehlfahrten – auf Vertrauensbasis – gutgeschrieben bekommen kann? Bin ich nicht froh um die Weihnachtsgans auf der Betriebsfeier? Ich bin wirklich kein unterwürfiger Angestellter – aber ich weiss die Freiheiten des Gewerbes zu schätzen, weiss es zu schätzen, dass meine Chefs mir vertrauen. Das ist der Grund, warum ich lieber Taxi fahre, als einen Job im Büro zu haben: Die Freiheit, und die Umgangsformen sind mir ein paar hundert Euro im Monat wert, die ich woanders mehr verdienen könnte. Warum soll ich sie jetzt für 50 € aufs Spiel setzen?
ich bin nu wirklich kein unterwürfiger Angestellter… schreibst du.
mal hand aufs Herz, die meisten Kollegen haben ein sogenanntes Autoritätsproblem und das Taxifahren bietet eben das was du schreibst, Freiheit. Übernimmst du den Wagen, bist du für diesen Zeitrahmen Chef darauf, das tut gut. Freiheiten haben wir zudem eine ganze Menge, grad mal einkaufen schnell, oder mal bei Verwandten reinschauen ist man in der Nähe, nur die Verantwortung fürs Geschäft treibt eben, diese Freiheiten nicht überzustrapazieren. Ich hab manchmal auch gerne meine Kamera dabei und bremse, wenn ich was wirklich cooles sehe. Nur nicht bei Hochbetrieb, da reizt jeder mögliche Cent!
Uhr nicht wieder ausmachen.. ist mir früher gerne passiert.
Bei einem vernünftigen Vertrauensverhältniss ist das kein Prob, kenne aber auch einen Chef, nicht bei uns, in einer anderen Stadt, der lässt sich da jeden Cent den du auf Uhr hast auszahlen. Bzw will es.. 😉 Inzwischen hat er Sitzkontakte, Preisverhandlungen für Ausserhalb gehen gar nicht für seine Fahrer, da er, wie gesagt, alles was auf Uhr ist haben will. Da fährt ein Fahrer nur einmal unter Uhr-Preis und nie wieder. Eigentlich geht das nicht.. aber was willst du machen.
Das Prob mit Uhr vergessen auszumachen hat sich doch erledigt inzwischen dachte ich, bei uns geht die Uhr aus nach 10 m Fahrstrecke. Allerdings muss man sie dafür wenigstens auf Kasse gedrückt haben. DAS ist mir vor ein paar Wochen passiert, das ich das nicht machte. Ab von der Rechnerei für die Abrechnung ist es doof, weil ich dann fürs System als besetzt gelte, und gegebenenfalls eine Anschlussfahrt verpasse.
1€/km ist definitiv eine Berechnungsgrundlage. Schätze, würde jeder Unternehmer exakt so rechnen fürs Unternehmen wie sie es in der Unternehmerprüfung lernen, gäbs einige Jobs weniger, das geht ja auch die Umsätze an in umsatzschwachen Nächten wie Montags. Wir haben einige Unternehmer die alleine fahren, also keine Fahrer beschäftigen da es sich nicht rechnen würde. Alles ist sehr teuer. Es sind jedoch immer genügend Autos draussen, um bedienen zu können.
Was die krummen Fahrer angeht, so ist es wirklich von Vorteil, das wir so klein sind im Grunde. Es kennt ein jeder jeden. Da wirkt quasi soziale Sanktionierung mit, ( die man dringend von übler Nachrede trennen muss) in Berlin ist sowas unvorstellbar denk ich mir.
Klar ist das in Berlin unvorstellbar. Das bringt natürlich jedem gewisse Freiheiten. Dem betrügerischen Fahrer den, dass er nicht auffällt – aber jedem anderen natürlich immerhin, dass man nie rausMUSS. Wenn 500 Taxifahrer in Berlin meinen, sie bleiben heute zu Hause, dann freuen sich höchstens die Kollegen – mehr passiert nicht. Es ist aber wie gesagt schade, dass Fahrer dadurch eben keine Kontrollinstanz mehr haben. Ich fahre hier z.B. ohne Funk bisher – wer will mich für was belangen? Weiss ja keine Sau, wo ich unterwegs bin, und wen ich mitgenommen habe. Und sind wir mal ehrlich: Welcher Kunde schreibt sich schon ernstlich Konzessionsnummern auf. Ist leider so: Bis es mal ernstliche Konsequenzen gibt, kann man sich hier wahrscheinlich jahrelang dumm und dämlich verdienen – als einer von 7000 Taxifahrern begegnet man selbst regelmäßigen Kunden kaum zweimal.
Und noch zum Thema Uhr: Ich meinte damit auch das vergessen, auf Kasse zu schalten. Insbesondere bei Kurzstrecken, bei der ja der Betrag nicht steigt, vergesse ich das am Ende gelegentlich. Ärgerlich, aber am Ende des Monats, oder nach zweien lasse ich mir das dann so pi mal Daumen gutschreiben. Hab damit bisher sicher Verluste gemacht, aber wenn das ein Zehner ist, ist es viel. Das Dumme ist nämlich, dass aus unserem System nur ganze Fahrten als Fehlfahrten gelöscht werden können – d.h. mein Chef löscht dann halt irgendwann mal eine 5€-Tour raus, wenn ich ein paarmal beim Kassieren geschlafen hab. Klappt aber ganz gut – immerhin hab ich mich schon mehrmals ermahnen lassen müssen, dass ich gefälligst alles aufschreiben soll, damit ich nicht draufzahle. In dem Punkt scheint Cheffe schon zu wissen, dass ich sie nicht über’s Ohr haue.
[…] GFPZ – die gönnerhaften Festpreiszahler – haben mich mal wieder überrascht. Heute kurz vor Feierabend. Ich stand morgens um 7 Uhr am […]