Du sollst keine Fahrten klauen!

Es war also mal wieder Feierabend. Auf dem Weg zum Abstellen des Wagens – nur noch ein Kilometer dienstlich unterwegs – wurde ich doch noch einmal herangewunken. Eine freundliche, aber sichtlich gestresste Frau stieg ins Auto, nannte ihr Fahrtziel und meinte dann:

„Sie sind bestellt, oder?“

Darauf konnte ich nur wahrheitsgemäß antworten:

„Nein, leider nicht!“

„Na egal, dann sagen sie der Zentrale Bescheid! Ich hab’s wirklich eilig!“

„Hmm (grummel), bei welcher Zentrale haben sie denn angerufen?“

„Na die [Telefonnummer einer anderen Zentrale]!“

„Tut mir leid, aber die kann ich gar nicht anfunken. Ich fahr für eine andere Zentrale! Aber da hinten kommt schon ein Kollege, vielleicht ist das ja ihr Taxi…“

„Oh, das ist gut, ich mach sowas nicht gerne. Nicht, dass es dann Ärger gibt! Ich hoffe, das ist jetzt nicht schlimm für sie“

„Nein, ganz sicher nicht! Ich mache sowas nämlich auch nicht gerne!“

Der Kollege hielt tatsächlich direkt hinter mir, und ich habe das unbestimmte Gefühl, dass er freudig überrascht war, dass seine Kundin mein Taxi verlassen hat und bei ihm eingestiegen ist.

Ich habe noch nie einem Kollegen eine Fahrt geklaut (obwohl es mir schon vorgeworfen wurde), und ich habe nicht vor, das zu tun. Klar ist es schwer, einen Kunden stehen zu lassen, wenn er es eilig hat – aber ein bisschen verlassen muss man sich auf die Kollegen ja doch. Und – ohne die ehrlichen Kunden diskreditieren zu wollen – es ist bekannt, dass gerne mal Taxen bestellt werden, die Zentrale mitteilt, es dauert 5 Minuten, und wenn dann ein Taxi nach 3 Minuten dort vorbeikommt, wartet der Kunde plötzlich schon „mindestens 15 Minuten“.

Auch wir brauchen unsere Zeit, um gewisse Strecken zurückzulegen, da kann man nunmal nichts dran ändern. Und Fehlfahrten sind für funkende Kollegen weit mehr Ärger als unerwartete Winker für mich positiv sind.

Immer diese Witze…

Insbesondere unter Jugendlichen ist es scheinbar sehr verbreitet, im Taxi darüber Witze zu machen, dass sie nicht bezahlen werden. Ich finde das ehrlich gesagt nicht schlimm. Diejenigen, die über sowas reden, machen es so oder so nicht. So hatte ich gerade folgenden Dialog mit zwei Jungs im Auto:

Sash: „Und wo wart ihr Feiern?“

Fahrgast1: „Wo waren wir eigentlich?“

Fahrgast2: „Puh, naja da am Potsdamer Platz irgendwo, und dann haben wir noch zwei Stunden im Casino gezockt…“

Sash: „Und? Ist das Geld jetzt alle – oder doppelt so viel?“

Fahrgast1: „Naja, wir hatten eigentlich vor, gleich abzuhauen…“

Sash: „Ist sehr sinnig, mir das vorher zu erzählen!“

Fahrgast2: „Ja, das hat schon in Hamburg nicht funktioniert…“

Sash: „Vielleicht solltet ihr eure Taktik überdenken!“

Soweit, so gut. Solche Gespräche hab ich zur Genüge, und ich finde es sehr entspannend, wenn man so eine Atmosphäre im Auto hat. Meist ist es dann auch leichter, irgendwelche Bitten durchzusetzen, ohne dass man gleich auf der Feindesliste landet. Die Jungs waren zwar weit hinter jeder Fahrtüchtigkeitsgrenze, aber das wären ja nicht die ersten. Am Ende der Fahrt haben sie anständig bezahlt – sogar mit 1,20 € Trinkgeld. Das Schöne, weswegen ich eigentlich diesen Artikel schreibe, war das Ende:

Während der letzte der beiden die Tür schloß, meinte er zu seinem Kumpel:

„Wollen wir trotzdem wegrennen?“

Gerüchte (1)

Habe gestern von einem Kollegen eine recht unglaubwürdige Geschichte gehört. Bei manchen Kunden könnte ich es mir allerdings vorstellen. Deswegen sei sie hier als Gerücht einfach wiedergegeben.

Letzte Tour eines Kollegen eines Kollegen eines Kollegen am frühen Morgen:

Steigt ein reichlich alkoholisierter Mann ins Auto und verkündet:

„Fahr der Sonne engegen!“

„Der Sonne entgegen?“

„Einfach der Sonne engegen…“

Kurz vor Polen kam dann die Erkenntnis:

„Weisse was? Ich glaub, wir müssen wieder Zrück…“

Klingt für mich auch ein bisschen ZU fantastisch – aber nach 6 Monaten Taxifahren… wahrscheinlich stimmt das! 🙂

Taxi-Dialoge (6)

Fahrgast: „Wow, look! There’s a Twingo! From France!“

Sash: „That’s authentic!“

Fahrgast: „Haha, and still running…“

Sash: „…and that’s strange!“

Wasserfall mit Piercing

Selbst die derzeitige Sperrung in Kreuzberg wegen des Carnevals der Kulturen hatte für mich noch etwas positives diese Nacht:

Im Gegensatz zu ungefähr 90% meiner Arbeitsnächte bin ich in der Gneisenaustr. vorbeigekommen. Dort wurde ich prompt herangewunken von einer jungen Frau mit einem kleinen BMX-Rad. Die Fahrt nach Neukölln dauerte vielleicht 5 Minuten. Naja gut, vielleicht waren es nachher doch 8.

In der Zeit habe ich nicht nur erfahren, das der Reifen des Rades platt ist – diese Information war ja quasi notwendig. Auch nicht nur, dass das Rad das öfter macht. Und nur in den blödesten Momenten. Nein! Ich weiss jetzt um Alter, Namen und Hintergrund des Rades bestens Bescheid. Dass es sie hasst, dass sie es schon so lange hat, dass sie gar kein anderes fahren könnte. Dass es so schön in Taxen reinpasst. Dass die Funkzentralen es aber immer versemmeln, ihr einen Kombi zu schicken. Obwohl sie das Rad ja auch schon mit einem Freund zusammen in einen Mini bekommen hat. Hochkant. Sonst fährt sie immer Rad. Aber da es sie ja so hasst und inzwischen 2000 € Reparaturkosten aufgehäuft hat, hat sie immer auch Geld fürs Taxi dabei. Ihre Freunde wundern sich schon, dass sie immer Rad fährt, aber ja, sie macht das auch, wenn sie betrunken ist. Dann wird sie immer gewarnt, sie könnte ihren Führerschein verlieren, worüber sie aber nur lachen kann, denn: Wer würde ihr denn bitte einen Führerschein geben, wo sie doch so oder so immer betrunken ist. Die Straße ist übrigens normalerweise echt super zu fahren, sie fährt da immer. Und da müsste ich geradeaus auf den Berg…

„Der Berg wäre aber eher rechts…“

Na dann eben rechts. Ja, richtig. Aber das Fahrrad ist auch wirklich nervig. Es will sie umbringen. Zweifelsfrei, aber sie kann ja kein anderes nehmen, und STOOOOPPPPPP! Hier müsste ich dann rechts. Normalerweise lässt sie sich ja immer ein paar Meter vorher absetzen, aber jetzt wo das Fahrrad – mal wieder – so im Eimer ist. Dann wäre ich halt der erste Fahrer, der sie bis zu ihrem Haus bringt. Mit einem Fünfhundert-Euro-Schein könne ich aber sicher nichts anfangen. Egal, einen Zehner hat sie ja auch noch. Stimmt so und danke.

Das Ganze hat sich nicht nur atemberaubend schnell abgespielt, sondern sich teils mehrfach wiederholt, und das Ganze natürlich auf Englisch. Die Teile, die ich gar nicht übersetzen kann, habe ich also gleich weggelassen. Der Abschlusssatz sei aber hier im Original wiedergegeben:

„Thank you, you’re very nice. I have enough from Drivers which only ask me: „How can you kiss with this ring?“

Ganz ehrlich, bis dahin habe ich das Piercing nicht einmal zur Kenntnis genommen. Was mich aber abgesehen von der Frage meiner Kollegen besonders interessiert: Wo bitte haben die die Zeit gehabt, diese unterzubringen?

"Ich glaube, mit ihnen bin ich gestern schon gefahren…"

Hmm, ich bin ja wirklich nicht der begnadete Gedächtniskünstler. Aber gestern erst? Naja, möglich wäre es.

Ich: „Wohin war das denn?“

Sie: „Immanuelkirchstr. 10 € Festpreis war das.“

Ich: „Dann stimmt das nicht…“

War komisch, denn ich war einen Tag davor schon bei der Adresse (ein Hotel) – aber sonderlich bekannt kam sie mir nicht vor. Und Festpreise mache ich nicht. Ihre Begleiter fanden das auch etwas komisch, aber die Laune war so oder so gut. Dann kam Licht in die Sache…

Begleiter: „Wow, dieses O2-Dings-Halle, was ist denn das?“

Ich: „Äh…“

Sie: „Die Unterhaltung hatten wir gestern schon! Ich versuch’s mal! Also da spielen Alba Berlin und die Eisbären…“

Ich: „Moment! Diese Unterhaltung hatte ich aber gestern auf englisch!?“

Sie: „Auf Englisch???“

Begleiter: „Wart ihr so besoffen, dass ihr nur noch Englisch gesprochen habt?“

Sie: „Nee!!! Aber warte mal, der Andi…“

Naja, wir haben das noch einmal rekapituliert – ihr Bekannter, der im Auto schlafen wollte und so… wir hatten uns also wirklich schon am Tag vorher gesehen. Das wird gerade echt zur Regel. Seltsam, aber cool!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Gleich einen anderen…

Es gibt ja immer wieder seltsame Kollegen. Ich hatte gestern eine recht nette Fahrt, weil der erste in der Reihe mal wieder eine Fahrt abgelehnt hat. OK, machen wir das Ganze mal anders: Als Multiple-Choice-Aufgabe.

Ein Mann will am Bahnhof in das erste Taxi steigen und steuert zielsicher auf die Hintertür des besagten Kollegen zu. Der meint recht schroff:

„Bei mir […], da können sie gleich einen anderen nehmen!“

Nun die Frage:

Wäre es einen Aufpreis wert, wenn die Taxifahrer Uniformen tragen würden?

  • Naja, ordentlich aussehen muss sein, aber extra für Uniformen zahlen? Nee. (40%, 240 Votes)
  • Mir persönlich isses vollkommen egal, was ein Taxifahrer anhat, solange nichts raushängt. (39%, 236 Votes)
  • Für'n Rabatt darf sogar was raushängen 😀 (14%, 84 Votes)
  • Na sicher, schließlich macht es was her und man fühlt sich ernster genommen. (7%, 45 Votes)

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Antworten werden bis Sonntag Abend um 23.59 Uhr angenommen. Gibt gerade nichts zu gewinnen außer Erfahrung, ich hoffe aber, das Raten macht dennoch Spaß. Ich will mal wissen, ob die Mehrheit darauf kommt. Die Auflösung kommt dann irgendwann Montag Morgen…