Die kürzeste Strecke…

Ja, die kürzeste Strecke ist ein großer Knackpunkt beim Taxifahren. Zum Einen lernt man wie blöde monatelang nichts anderes, zum Anderen stellt man fest, dass es allzuoft egal ist. Bei mir in der Nachtschicht ist das nicht so extrem, aber ich denke, am Tag werden die meisten die schnellste Route bevorzugen.

Ich bin als Fahrer ja verpflichtet, die kürzeste Strecke zu wählen. Das ist an und für sich auch gut, spart das doch den Kunden Geld und regelt wenigstens einigermaßen verbindlich, was ok ist und was nicht. Allerdings wäre es auch für mich nicht das erste Mal, wenn mich jemand von der Rückbank fragt: „Wie fahren sie denn?“

Einem Kollegen von mir ist das in der ersten Schicht passiert. Wann auch sonst? Die Kunden nannten ein Fahrtziel, und nach kurzem Überlegen fuhr er gutgelaunt ob der Tatsache, dass er den Weg kennt, los. Prompt brüllt es von hinten: „Ey, wo fährst du denn hin? Hast wohl keine Ahnung, oder was?“ Eingeschüchtert ist er den Routenwünschen der offenbar extrem unfreundlichen Zeitgenossen gefolgt und damit war die Sache dann ok. Er hat den Vorfall dann im Büro noch besprochen, und bei der – sicher nicht gänzlich humorfreien – Begutachtung der beiden Strecken hat sich dann scheinbar herausgestellt, dass die Kunden sage und schreibe sieben Kilometer (!!!) Umweg befohlen haben. Das entspricht bei einer längeren Tour beinahe 10 € – und 10 € ist schon der Preis für die durchschnittliche Taxi-Tour in Berlin.

Ganz im Ernst: Es ist schön, wenn Kunden Wünsche äußern – weil es meistens eben eine längere Strecke ist – und als Dank für die Befolgung wahrscheinlich auch oft das Trinkgeld steigt.

Ich nehme an, dass man sich als Kunde in den meisten Fällen keinen Gefallen tut, wenn man gegen eine Route protestiert. Aber gut, das stimmt natürlich nur, wenn meine Kollegen korrekt sind.

Neulich habe ich eine Frau vom Ostbahnhof nach Friedrichshain reingefahren. Typische Ostbahnhof-Kurzstrecke. Durch einen kleinen Planungsfehler meinerseits (ich krieg das mit den Einbahnstraßen da hinten nicht gebacken) sind wir sogar einen kleinen Umweg gefahren. Der Dialog beim Bezahlen war Folgender:

„Das wären dann 7,10 €!“

„Machen sie 8. Mensch, das ist ja verdammt billig!“

„Ja, wir haben in Berlin mit die niedrigsten Taxitarife in Deutschland!“

„Nein nein, ich bin neulich schon mal hierher gefahren, da waren das so um die 15 €…“

Also entweder hatte der Kollege ein „dezent“ frisiertes Taxameter – wenn es sowas gibt – oder aber er ist einen Weg gefahren, den ich mir nicht einmal ausmalen möchte.

Aber wir waren bei der kürzesten Strecke! Es gibt keine verbindliche kürzeste Strecke, und wenn es um dieses Thema Streit geben sollte, dann wird das wahrscheinlich hässlich. Ich kann nur dazu raten, bei Fahrtantritt mit dem Fahrer zu reden. Kennt er die genaue Strecke (das ist in Berlin wirklich keine Selbstverständlichkeit!), kann man selbst helfen, ist es einem wichtig, oder ist der schnellste Weg nicht so oder so besser? Fast alle Probleme beim Taxifahren lassen sich vermeiden, wenn man miteinander kommuniziert. Sollte dann tatsächlich keine Einigung erzielt werden können – oder traut man sich vielleicht auch nicht, jetzt Stress zu machen – dann sollte man sich eine Quittung geben lassen, am Besten mit Uhrzeit und genauer Strecke, und dann kann man die Firma oder Zentrale (deren Nummer auf der Quittung steht) anrufen und das so klären.

Aber wie gesagt: Das ist für den Ernstfall, nicht für kleine Spielereien um einen Fahrer zu nerven!

Wurst?

„Wennu mall soirosst wie ick biss…“

„Ich bin vielleicht jünger als sie, aber ich denke, so groß bin ich durchaus…“

„Ich meinte: Wenn du so eine WURST bist wie ich!“

Manche Dialoge gewinnen auch nach mehrmaligem Durchspielen nicht viel an Sinn. War eine hart an der Grenze verlaufende Tour am Freitag. Der Fahrgast war irgendwo zwischen 40 und 50, und der Promillepegel ziemlich genau um den Faktor 10 drunter. Aber nicht weiter! Er kam aus dem Berghain und musste nach Mitte. Die Fahrt verlief zwar friedlich, mitunter war es allerdings ein wenig anstrengend, dem Verlauf des Gesprächs zu folgen. Da wechselten sich Sätze wie „das Leben ist schön!“ mit „Kotzt mich das alles an!“ ab, und irgendwie waren sie beide gleich ernst gemeint… Wenn man seinen Ausführungen glauben darf (sehr großes Fragezeichen), dann war er Freigänger, und im Knast weil er mal im Großen Stil Kokain geschmuggelt hat (war das wohl ein Geschäftstreffen im Berghain 🙂 ). Naja, spannend wurde das dann beim Geld. Er hat rumlamentiert, er müsse erstmal schauen, ob er soviel Geld hätte, wieviel das koste etc. Natürlich erst auf halbem Weg. Kein Thema.

„12 € etwa! Und keine Panik: Sie wären nicht der erste, mit dem ich einen Zwischenstopp an der Bank einlege…“

„Nee nee, ich hab des. Scheiße. Wie mich das ankotzt. Das Leben ist schön. So eine Scheiße! Was kost’n das?“

Als wir dann ankamen stand die Uhr bei 11,50 €. Erstaunlich, wie gut ich das inzwischen schätzen kann. Es hat etwa 2 Minuten gedauert, dann konnte er nach einigen ungelenken Bewegungen immerhin verkünden: „Hier is’n Zehner…“

An dem Punkt war ich beruhigt. Denn egal, ob er die Einsfünfzich auftreiben kann oder nicht: Der Großteil ist erledigt, und zudem ist die Chance, dass er noch Kleingeld hat, nicht die schlechteste. Das Kleingeld hat er allerdings erst eine gefühlte Viertelstunde später gefunden, nach zahlreichen „Scheiße“, „Ich hab des“ und „Das Leben ist schön“. Er reichte mir zu meinem Erstaunen 3 € und fragte, ob das ok sei.

„Mehr als ok“, sagte ich daraufhin.

Er kramte noch eine Münze hervor und meinte: „Kriegst noch’n Fünfer“. Dann purzelte ein Euro in meine Hand. Und noch einer.

…und als er dann ausgestiegen war, habe ich den Euro, den er hinten verloren hat, auch noch eingesammelt. Damit hat er ziemlich genau ein Viertel des Trinkgeldes an dem Abend beigesteuert, und zur Abwechslung kam ich mir damit auch einfach nur fair bezahlt vor…

Ja wie denn nun?

Es gibt so einiges im Leben, das interessiert kein Schwein. Zum Beispiel „Nachrückplätze“ für Taxifahrer. Das ist auch nicht weiter schlimm, denn es gibt eigentlich kaum etwas unspektakuläreres. Wenn man weiss, wo sie sind, interessieren sie auch keinen Taxifahrer mehr. Man fährt rauf, fährt vor, kriegt eine Fahrt und ist weg. Über die Beschilderung am Ostbahnhof habe ich dagegen ernstlich nachdenken müssen, denn nun stelle ich mir die Frage: Heißt das Ding nun Nachrückplatz oder Nachrückeplatz?

Ja wie heisst das denn nun?

Ja wie heisst das denn nun?

…oder kam da eines der Schilder vor, und eines nach der Rechtschreibreform? Google spuckt zu beiden Worten ca. 700 Ergebnisse aus, was zwar erschreckend wenig ist, aber die Laune, sie alle durchzuforsten nach der korrekten Schreibweise hatte ich dann auch nicht…

Kurze kuriose Momente

Das nun folgende ist eigentlich völlig belanglos und leider schwer zu beschreiben. Ich versuche es trotzdem mal, vielleicht versteht ja jemand, wieso ich das für so komisch gehalten habe.

Kurz nach dem Start in meine Schicht passiere ich eigentlich jeden Abend das Frankfurter Tor. Jeder Berliner dürfte diese Kreuzung kennen, allen Nichtberlinern sei gesagt, dass es sich um eine Kreuzung zweier verkehrsreicher Hauptstraßen handelt. Das ist mal das wichtigste. Heute stellte folgendes fest: Die Ampel war ausgefallen. Es war schon recht spät, also ging das mit dem Verkehr eigentlich noch. Dennoch herrschte auf der Kreuzung – mangels Verkehrspolizisten – ein recht ansehnliches Gewusel. Da ich mich nicht von der Vorfahrtsstraße näherte, wartete ich notgedrungen eine runde Minute. Hier und da schoben sich Linksabbieger durch, eine Gelegenheit zum Weiterfahren gab es aber für mich nicht. Dann schaltete meine Ampel plötzlich auf normales Rot. Während ich ein Stück zurücksetzte, um die Ampel besser zu sehen, entwirrte sich augenblicklich das Chaos auf dem Platz und es war sofort stiller. Kann man sich ja irgendwie vorstellen. Ich dachte mir noch: „Was ist das denn für ein komisches Geräusch? Hupt da jemand wegen Hochzeit oder so?“

Dann – und bitte glaubt mir: Dieser Moment hatte etwas äußerts surreales! – fuhr über die vor Sekunden so belebte große Kreuzung ein einzelnes Auto. Höchstens 20 km/h schnell und mit eingeschalteter Alarmanlage:

„Tröt, tröt, tröt, tröt, tröt, tröt, tröt…“

Das ging mal wirklich gar nicht!

Reden mit Freunden

„We have a little tip for you. Just that you know: You are talking to friends!“

Sprachs, und legte für die 14,80 €-Tour zum dritten Fünfer noch einen vierten bei.

To-Do-Liste erweitern: Vorurteile gegen Holländer abbauen!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.