Vielen Dank… für die Kunden

…vielen Dank, wie lieb von Dir *sing*

Deppen, die sich als Taxifahrer tarnen, sind ja leider oft zu finden. Ist ja nicht das erste Mal, dass ich es anspreche. Heute habe ich einen guten Teil meiner Einnahmen ausgerechnet einem Kollegen zu verdanken, der mit so abenteuerlicher Penetranz nach Umsatzeinbußen geschrieen hat, dass er sie prompt bekam.

Im Laufe einer Dreiviertelstunde habe ich mich durch die Warteschlange am Ostbahnhof gekämpft. Da stand ich nun, als Zweiter. Den Fahrer vor mir beschäftigt ein Bahn-Zugbegleiter. Das sind häufige Fahrgäste, und wie neulich erwähnt nicht bei allen gern gesehen, weil sie immer mit Coupons von der Bahn bezahlen. Ich habe dann auf jeden Fall sehen können, wie der Fahrer die Coupons argwöhnisch begutachtet, sich über den (zugegeben nicht ganz perfekten) Stempel beschwert, und dann die Coupons an sich nimmt. DIE CouponS. Mehrzahl. Der Fahrgast moniert, er bräuchte den zweiten aber noch für die Rückfahrt, woraufhin der Fahrer irgendwas im Sinne von „Stell dich nicht so an, du!“ sagt. Protestierenderweise hat sich der Fahrgast beide Gutscheine zurückerobert und hat dann sein Gepäck aus dem Kofferraum geholt. Der Fahrer meinte noch zu ihm: „Bist aber auch ne ziemliche Zimtzicke!“

War eine hervorragende 15€-Tour mit einem übrigens sehr netten und gar nicht anstrengenden Fahrgast für mich. Aber damit nicht genug! Während der Fahrt hat er mich gleich gefragt, wie es mit der Rückfahrt aussehen würde. Er reise um 4 Uhr bereits wieder ab. Also habe ich mit ihm noch die Rückfahrt fest vereinbart auf 4.20 Uhr vom Hotel wieder zurück zum Bahnhof. Ist zwar um die Zeit noch genug los, aber so eine Fahrt sicher zu haben, dazu noch mit einem Zielpunkt im Radius von 800m ums Berghain ist super.

Das war schon klasse. Richtig gut war es dann aber, als ich ihn am Hotel abgesetzt habe, und mir gleich dort noch 3 Leute ins Auto sprangen, die zur Kulturbrauerei wollten. Das ist sogar noch ein Stückchen weiter. Insgesamt habe ich also fast 50 € Umsatz gemacht, über den sich mein unfreundlicher Kollege jetzt nicht freuen kann. Insbesondere da das alles zeitlich gut gepasst hat, glaube ich nicht, dass er in der selben Zeit ähnlichen Umsatz gemacht hat.

Aber ohne furioses Finale wäre das ja immer noch nichts. Ich habe dem Bahn-Menschen also versucht, zu beweisen, dass es auch vernünftige Taxifahrer in der Hauptstadt gibt. Dann hole ich ihn morgens am Hotel ab. Vor mir stehen noch zwei Kollegen. Mein Fahrgast kommt raus, begrüßt mich und will einsteigen. Da kommt dann gleich der erste in der Reihe an und will ihn zwingen, bei ihm einzusteigen. Ich erkläre kurz, dass ich vorbestellt bin, woraufhin er nicht etwa klein bei gibt, sondern meint: „Ich auch!“

„Schön für dich“, denke ich mir – aber nicht von diesem Kunden. Der Kollege wartete sogar auf jemanden vom selben Zug, aber das ändert ja nichts daran, dass ich das mit meinem Kunden persönlich ausgemacht habe, dass wir uns hier treffen. So richtig akzeptieren wollte er nicht einmal, dass es – zumindest von meinem Fahrgast – gar keine Funkvorbestellung gab, auf die er sich berufen hat.

Wir sind dann einfach eingestiegen und losgefahren.

Würde mich nicht einmal wundern, wenn ich jetzt noch irgendwo angeschwärzt werden würde, weil ich dem Kollegen eine Fahrt geklaut habe… aber sei es drum. Ich will ja eigentlich gar nicht so genau wissen, wie solche Leute es schaffen, diesen Beruf zum Stress zu machen…

Die Kurzstrecken-Geschichte

Insbesondere von Fahrgästen habe ich schon x-mal Entschuldigungen dafür gehört, dass sie ja nur so eine kurze Strecke fahren. Das kommt natürlich daher, dass sie das ein oder andere Mal von Kollegen angeschnauzt worden sind, die schon eine Stunde am Taxistand gewartet haben und dann nicht wahrhaben wollten, dass das jetzt echt nur ein paar Euro Umsatz sind.
Ich finde das (nicht das Entschuldigen!) ärgerlich. Ich habe neulich schon einmal ein wenig dazu geschrieben, ich möchte es aber gerne hier noch einmal tun.
Zunächst: Natürlich ist eine Kurzstrecke nicht übermäßig super für einen Taxifahrer. Wenn ich eine Fahrt für sechs Euro mache, dann bedeutet das, dass es mir brutto nicht einmal drei, netto gerade mal noch etwas über zwei Euro bringt. Und natürlich ist das nach einer Stunde Warten ein trauriger Gedanke – wenn man das auf einen Stundenlohn umrechnet. Das aber – auch das habe ich schon geschrieben – sollte man als Taxifahrer besser vermeiden! Oder zumdindest so fair sein, und die zwei 25-Euro-Touren in der letzten Stunde auch mal würdigen. Taxifahren hat zwar zu einem gewissen Anteil mit dem richtigen Riecher und mit dem Wissen über Veranstaltungen zu tun. Zum anderen ist es ein weit größeres Glücksspiel als Roulette. Ich weiss wirklich NIE vorher, wohin ein Fahrgast will. Der Mann, der mit Koffern aus dem Bahnhof kommt, kann mit viel Glück zu seiner Verwandtschaft aufs Land raus fahren oder wegen eines verpassten Zuges auf Bahnkosten sogar in eine entfernte Stadt. Er kann aber auch ins Hotel nur 700 Meter weiter wollen, weil er nicht weiss, wo es ist und die Koffer so schwer sind.
Und nicht nur, dass wir als Taxler eine Beförderungspflicht haben: Alle diese Möglichkeiten sind aus Sicht eines Kunden völlig legitime Beförderungswünsche!
Das Glück greift aber auch hier wieder ein: Jede einzelne Fahrt am Tag ist de facto auf den Punkt des Losfahrens zurückzuführen. Mitunter entscheidet eine einzelne Ampel im Nirgendwo zu Beginn der Schicht darüber, wie der Rest des Tages läuft. Ergo: Ohne die Kurzstrecke am Anfang hätte man wahrscheinlich nie die lukrative Umlandfahrt am Ende gehabt, weil man eventuell zu dieser Zeit am anderen Ende der Stadt gewesen wäre. Das sollte man sich als Fahrer auch vor Augen halten. Klar bin ich auch froh, wenn ich zu Beginn gleich 20 Euro in der Tasche habe – denn die nimmt mir keiner mehr. Aber allzu kurzfristiges Denken ist hier nicht immer die logischste Herangehensweise.
In gewisser Weise möchte ich meinen unwilligen Kollegen aber auch einen Dank aussprechen. Denn nur das wiederholte Abweisen bringt Fahrgäste wohl dazu, den Taxifahrer, der sie dann fährt, mit einem entsprechenden Trinkgeld zu belohnen. Und entgegen dem Restumsatz gibt es das ja brutto=netto auf die Hand, das nimmt mir also erst recht keiner mehr!
Aber gut, ich bin jung und doof, und der harte Job wird mir schon noch irgendwann den Kopf waschen, nicht wahr 😉
Ist es nicht komisch, dass ich als Fahrer Verständnis für die Kunden habe? Wo kommen wir denn da hin?

Musik im Wagen…

Ich möchte einmal mehr schreiben über etwas, das wahrscheinlich viel zu wenig bekannt ist. Der Kunde ist nicht nur dem Namen nach König, sondern kann tatsächlich über einiges entscheiden. So ist die Wahl der Musik – also in aller Regel des Radiosenders – Kundensache. Natürlich kann ich aus „Sicherheitsgründen“ verlangen, dass die Musik leiser gemacht wird, bzw. sie selbst leiser stellen. Aber prinzipiell wehren kann ich mich gegen schlechte Musik im Wagen nicht. Ich finde das nicht einmal schlimm, denn es gibt so gut wie nichts, was ich nicht wenigstens ein paar Minuten oder eine halbe Stunde (länger sind wirklich nur Überlandfahrten) aushalten kann.
Allerdings machen die wenigsten Leute Gebrauch davon. Das finde ich natürlich nicht schlimm, erlaubt es mir doch immerhin in der Regel zu hören, was ich mag. Aber eigentlich schreibe ich das, um Fahrgästen die „Angst“ zu nehmen, sich das Recht zu nehmen, unangenehme Soundkulissen zu beenden. Ich hatte neulich einen Kunden im Auto, der gerne den Sender „Fritz“ hören wollte. Ich hab das umgesetzt, und mir für 10 magere Minuten ein bisschen Elektro gegeben. Ich hab es schön laut gestellt, und der Dank waren 3 € Trinkgeld mit dem Vermerk „Für die gute Musik!“
Was ich damit sagen will, ist: Der Kunde zahlt einen – vielleicht nur subjektiv – hohen Preis für die Beförderung. Es ist keine Schande, dafür auch mal den Radiosender zu wechseln. Das Klima wird in der Regel gleich viel angenehmer und das zahlt sich letzten Endes wahrscheinlich sogar aus.
Ich finde es ehrlich schade, dass manche Kollegen das nicht einmal ansatzweise begriffen haben. Ein nettes Gegenbeispiel ist mein Kollege O., der gerade eine CD mit Weihnachtsliedern mit sich führt – falls jemand das hören will. Finde ich eine gute Sache. Ehrlich!

Schlechtes Beispiel

Wenn ich mich so unter meinen Kollegen im Taxigewerbe umsehe – zugegeben kenne ich bisher wenige – dann frage ich mich doch immer wieder, woher eigentlich der schlechte Ruf kommt, den die Taxifahrer in dieser Stadt zu haben scheinen. Gestern Abend habe ich auf Distanz wenigstens auch mal einen derer gesehen, die den Ruf meinesgleichen zunichte macht.
Ich stand ihm am Ostbahnhof gegenüber, er hat gerade Fahrgäste einzuladen. Anstatt loszufahren, stiegen sie jedoch nacheinander wieder aus und er gab ihnen die Koffer wieder in die Hand. OK, was immer da war – kann ja mal passieren. In diesem Moment lief eine Frau auf das zweite Taxi in der Reihe zu und wollte dort einsteigen. Er bäffte sie von der Seite an, dass bei ihm auch frei sei. Scheinbar im Unwissen ob der Tatsache, dass man das Taxi frei wählen kann, stieg sie dann auch bei ihm ein. Sichtlich irritiert, wenn nicht genervt. Offenbar da ich am nächsten am Geschehen stand, rief er mir zu: „Für drei fünfzich wollten die Fahren. Ja hab ich sie noch alle!?“
Scheinbar wollten die Fahrgäste also zum Kurzstreckentarif fahren – der vom Taxistand nicht möglich ist. OK, vielleicht waren sie auch uneinsichtig. Dann ist es ja auch ok, dass er sie „rausgeschmissen“ hat (sah auch nicht nach Stress aus, das muss ich mal erwähnen!). Aber zum einen hindere ich nicht einen potenziellen Kunden – wenn auch nur verbal – daran, dass er das Auto eines Kollegen wählt. Und dann schreie ich auch nicht – und schon dreimal nicht vor einem Fahrgast – wie scheiße ich es finde, wenn jemand wenig Geld bezahlen will.
Natürlich weiss ich nicht, was genau passiert ist. Vielleicht waren sie unverschämt. Und natürlich darf man gegebenenfalls auch darauf hinweisen, dass unsere Dienstleistung auch Geld kostet – und der Ertrag für die Fahrer bei weitem nicht so üppig ist, wie man sich das stellenweise vorstellt.
Was man aber definitiv nicht macht, ist seinen Frust über die falsche Berufswahl am Fahrgast auszulassen und sich dann auch noch damit zu brüsten, dass man es denen aber gezeigt hat.
Ich bin auch der Meinung, dass „Der Kunde ist König“ nicht gleichbedeutend ist mit „Der Fahrer ist Sklave“. Es gibt Grenzen, die man ziehen muss – und vielleicht war die in dem Fall auch gerechtfertigt – aber es ist erbärmlich und zudem kontraproduktiv, wenn man das so umsetzt.