Taxifahrer und Geld …

Es ist traurig. Verdammt traurig.

Wir Taxifahrer verdienen – und zwar durch die Bank – alle zu wenig Geld. Das ist so und da gibt es nichts dran zu rütteln. Ich selbst hab zwar einen ganz passablen Stundenlohn, aber den erkaufe ich mir dadurch, dass ich zu den unlukrativen Zeiten gar nicht fahre. Sprich: Ich arbeite weniger als die meisten Kollegen und verdiene damit auch weniger. Das ist die Crux umsatzbasierter Bezahlung bei wechselhafter Auftragslage: Arbeite ich viel, hab ich am Ende ein mittelmäßiges Gehalt und einen schlechten Stundenlohn – arbeite ich wenig, ist der Stundenlohn zwar akzeptabel, das Gesamtergebnis dafür schlecht. Ist ja nicht so, dass ich grundlos auf meine Amazon-Wunschliste verlinke oder hier Werbung geschaltet habe. 😉

Und dass das Wörtchen „gut“ nicht aufgetaucht ist, ist kein Zufall: Wir reden hier immer von Beträgen, die pro Stunde einstellig bleiben. Dass ich das so locker sehe, liegt im Wesentlichen an meinem Fatalismus und der Tatsache, dass ich durchs Schreiben inzwischen ein paar Euro zusätzlich verdiene. Und beides ist nicht unbedingt eine Option für alle anderen Kollegen.

Einer jedoch hat mich letzte Woche ehrlich geschockt, bzw. betroffen gemacht. Er stand vor mir am Ostbahnhof und beschwerte sich über Probleme beim Funk. Es ging darum, dass eine Hammertour von über 50 € an einen Kollegen über den offenen Kanal abgegeben wurde, der 10 Minuten Anfahrtszeit verkündete. Das Problem dabei: Mehrere tausend Taxifahrer haben die Daten für diese (wirklich über alle Maßen lukrative) Tour mitgehört und bei der langen Anfahrtszeit ist einfach davon auszugehen, dass sich irgendein „Kollege“ mit fragwürdigem Verhalten zwar nicht meldet, die Tour dennoch nach Möglichkeit abgreift, wenn er in der Nähe ist, weswegen es – aus Sicht der Fahrer – tatsächlich ein Unding ist, bei so einer Fahrt gleich die Hausnummer und die Zieladresse mitzubenennen.

Es ging im Übrigen um den Funk, den ich auch nutzen könnte …

Besagter Kollege regte sich jedenfalls darüber auf und meinte immer wieder, er würde gerne zur anderen Zentrale wechseln. Dummerweise erlaubte ihm sein Chef das nicht, bzw. er sagte, das könne er gerne machen, aber aus eigener Tasche bezahlen. Also die Gebühren für den Funk, soweit ich weiß derzeit rund 150 € pro Monat. Diesen reichlich obszönen Vorschlag haben wir Kollegen natürlich entsprechend scharf beantwortet. Denn das ist ein Unding! Durch die umsatzbasierte Bezahlung tragen wir Fahrer im Taxigewerbe ohnehin einen erheblichen Teil des unternehmerischen Risikos, wenngleich wir nur angestellt sind. Der Vorteil, angestellt und nicht selbständig zu sein, ist im Taxigewerbe recht eng beschränkt auf das, was der Chef bietet.
Im Gegensatz zu Selbständigen treten wir rund die Hälfte der Einnahmen ab, im Gegenzug haben wir bezahlten Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, das Auto wird uns gestellt, und und und.

Und diese Rechnung ist für beide Parteien mitunter eng. Die Hälfte des Umsatzes ist auf der Fahrerseite meist zu wenig zum Leben, auf der Seite des Chefs bleibt am Ende aber auch nur genug übrig, wenn alles passt – sprich: Wenige Fahrer krank sind, der Umsatz stimmt, etc. Dass es aber zweifelsohne ins Aufgabengebiet der Chefs fällt, dem Fahrer eine vernünftige Arbeit zu ermöglichen, das steht außer Frage, denn das ist für uns erst mal die Hauptaufgabe eines Chefs.

Besagter Kollege allerdings jammerte in einem fort: Den gewünschten Funk bekäme er nicht, das  Auto sei Schrott … und er erwähnte einige bemerkenswerte Mängel an seinem Fahrzeug. Dieses war zwar ein schicker Mercedes, aber so Kleinigkeiten wie eine defekte Klimaanlage, nicht funktionierende Fensterheber etc. würden einfach nicht behoben. Aus Prinzip. Dafür wäre kein Geld da.

Wir waren nun 3 Kollegen aus 3 unterschiedlichen Betrieben und wir alle haben einstimmig gesagt:

„Ey, scheiß auf die Firma! Wechsel zu jemand anders!“

Und was meint der Kollege:

„Würd ick ja, aber die zahlen 50%, das zahlt ja sonst keiner mehr heute! Ansonsten halten die nur die Hand auf, bis auf das Geld hält mich da nix!“

Zugegeben: Das ist eine Hausnummer! Ich selbst bekomme bei meinen Chefs 45% und war bislang überzeugt davon, dass das einer der höchsten Sätze überhaupt in Berlin ist – also zumindes legal und sozialversicherungspflichtig (was ja auch nicht alle so ganz einhalten…). Es gibt Kollegen, die arbeiten für 33% des Umsatzes, so rund um 40-42% liegt wohl der Mittelwert.

Mehr als 10% mehr Lohn sind natürlich eine heftige Sache – aber mal ehrlich: Ist es das wert?

Ist es das wert, dass einen der eigene Chef – der sich letztlich über unsere Arbeit finanziert – nicht mal ernst nimmt? Nicht mal nach Lösungen sucht und Überlegungen anstellt?

Auch wenn ich durch meine Nebenverdienste ein bisschen priviligiert bin, möchte ich doch ausrufen:

„Scheiße nein!“

So sehr Taxifahren auch Spaß macht: es ist Arbeit, Lohnarbeit! Und wenn wir nicht daran kaputt gehen wollen, dann ist es wichtig, dass das wenigstens eine soziale Komponente hat, dass wir trotz beschissenem Lohn nicht nur davon, sondern auch damit leben können! Wenn ich glaube, mit einem anderen Funk mehr zu verdienen, dann möchte ich das mit meinem Chef besprechen können! Wenn es Probleme mit diesem oder jenem gibt, will ich, dass der Chef das angeht und wenn das Auto kaputt ist, dann muss mein Chef das verdammt nochmal reparieren lassen! Natürlich muss es mal Kompromisse geben. Natürlich muss jeder Taxifahrer damit leben, dass mal was unvorhergesehenes kaputt ist und vielleicht auch mal eine Schicht deswegen ausfällt. So ist das Leben und die Chefs sind natürlich auch keine Götter, die mal eben unmenschliches vollbringen können.

Aber verdammt nochmal, gerade das Taxigewerbe ist ein Bereich, in dem man als Angestellter erstaunlich viele Freiheiten hat. Bzw. haben kann. Manchmal ist das ein schwacher Trost für die mickrigen Einnahmen, das ist wahr. Aber wie ätzend muss dieser Beruf sein, wenn man sich nicht einmal auf den Termin bei Cheffe freut? Was würden mir 10% mehr Lohn dabei helfen?

Für 150 € im Monat sollte man nicht darauf verzichten, mit Cheffe auf Augenhöhe reden zu können!

Dieser Kollege hat mir wieder mal klargemacht, dass es nicht überall so ist wie bei uns im Taxihaus und wie froh ich sein kann, meine Chefs trotz natürlich überwiegend geschäftlicher Beziehung als Freunde und Ansprechpartner zu betrachten. Ich jedenfalls möchte mit dem Kollegen nicht tauschen. Und ich würd’s auch nicht für 55% tun! Traurig, dass es mehr als genug Leute gibt, bei denen es eng genug ist, dass sie da keine Wahl sehen.

Pflichtfahrgebiete und Huren

Die Beförderungspflicht ist ja eine recht lustige Geschichte. Wir Taxifahrer sind mit unseren Taxis Teil des öffentlichen Nahverkehrs und wir haben damit einhergehend diverse Rechte und Pflichten, die uns von rein privaten Fahrbetrieben unterscheiden. Alles kann ich da beim besten Willen auch nicht aufzählen, will ich jetzt auch nicht. Aber das Recht, uns an Taxiständen und vor Veranstaltungen bereitzuhalten und die ermäßigte Mehrwertsteuer für die meisten Fahrten seien hier mal als Beispiele für Rechte genannt, die nicht jeder bekommt. Im Gegenzug dürfen wir unsere Preise nicht frei bestimmen und haben auch eine gesetzliche Vorgabe, wie lange wir das Taxi mindestens einsetzen müssen, um eine gewisse Verfügbarkeit zu garantieren. Und eben die Beförderungspflicht.

Innerhalb des Pflichtfahrgebietes (das in aller Regel zumindest weitgehend mit den Stadt- oder Landkreisgrenzen identisch sein wird) müssen wir Fahrgäste befördern. Im Alltag gibt es dazu fast ausschließlich Ärger um die berühmten kurzen Fahrten, die manche Kollegen gerne ablehnen, weil sie es nicht schaffen, mal kurz eine bittere Pille zu schlucken und über den eigenen Tellerrand zu schauen. Das Pflichtfahrgebiet ist hier genauestens definiert und so lange der Startpunkt in Berlin liegt, ist die Stadtgrenze auch die Grenze des Pflichtfahrgebietes – mit Ausnahme des Flughafens, da dürfen wir auch nicht ablehnen. Vom Flughafen aus existiert ein anderes Pflichtfahrgebiet, das noch einige umliegende Gemeinden und Landkreise mit einschließt, aber da ich dort bislang nicht lade und sowieso kein Problem mit Touren nach außerhalb habe, ist das in meinem Interesse ziemlich weit hinten. Ich würde überhaupt nur Touren ablehnen, bei denen ich in Konflikt mit meinem Tankinhalt oder der Arbeitszeitbegrenzung kommen würde. Und beides ist so extrem selten, dass ich das aus meinen Gedanken völlig ausklammern kann.

Was ich mich allerdings oft schon gefragt habe – und ich habe bisher wirklich keine Antwort darauf – WO und WANN unsere Pflichten eigentlich gelten. Das lässt mich in der Praxis meist kalt, weil ich ehrlich froh um jeden einzelnen Kunden bin und sich die Frage, ob ich eine Fahrt annehmen muss, damit erübrigt. Die Ablehnungen aufgrund Gefährdung der Sicherheit halten sich auch in sehr engen Grenzen bei mir, da lässt man das auch gerne mal gedanklich wegfallen.

Deswegen, vor der kurzen Anekdote, eine Frage an die mitlesenden Kollegen:

Wie ist das eigentlich: Gilt die Beförderungspflicht nur für bestellte Fahrten und Fahrten am Stand, oder ebenso wenn ich mit angeschalteter Fackel an der Ampel stehe? Dass man in der Praxis auch Leute mal „übersieht“ und das damit umgehen kann, ist mir schon klar. Ich mach das ja auch nicht erst ein paar Wochen 😉

Aber rein rechtlich so?

Bevor ich (hoffentlich) eine Antwort darauf kriege, wechseln wir mal wieder rüber in die kleine 1925 und versetzen uns in eine wirklich wunderschöne Situation: Ich hatte meine Schicht am Wochenende nach langem mal wieder vollkommen durchgerockt. Die Arbeitszeit war zwar noch verhältnismäßig human, aber von Abends bis morgens hatte ich viel Kundschaft, meist sogar nette. Die Uhr stand nahe der Sechs, das Taxameter weit jenseits der 200 €. Meine – wie ich hoffte – letzte Tour führte etwas unpraktisch in den Westen, was einen längeren Rückweg zum Abstellplatz in Lichtenberg bedeutete. In solchen Momenten muss man sich immer entscheiden, ob man satt ist oder doch Hure und in 90% aller Fälle entscheide ich mich für zweiteres. Ich lasse die Fackel noch an, entwickle aber Tendenzen dazu, ans Schicksal zu glauben und daran, dass jetzt nur noch Fahrgäste winken, die in die richtige Richtung wollen. Zumindest so halbwegs.

Während ich also extrem gechillt und mit ausreichend lauter Musik am Start die Leipziger Straße in Richtung Alexanderplatz langgegurkt bin, überholt mich ein Kollege. War aber ok, er war besetzt. Nicht wirklich ok war das Tempo, aber obwohl ich anfänglich schon einen fragenden Blick aufsetzte, hab ich mal die Welt Welt sein lassen. Ja, wahrscheinlich hatte er die Punktegrenze hinter sich gelassen, aber dann riskiert er halt Ärger. Die Leipziger Sonntags um 6 Uhr lädt zum Heizen ein, deswegen alleine musste er noch nicht wirklich ein Vollpfosten sein. An die 30 km/h auf Höhe der Baustelle achtete auch ich nicht im Entferntesten.

Wie aber so oft brachte das schnelle Fahren nicht viel, wir landeten an der Ampel an der Fischerinsel auf gleicher Höhe nebeneinander. Während ich die Lichtzeichenanlage mit mäßiger Begabung versuchte telepathisch auf grün zu schalten, nahm ich eine Bewegung im Auto neben mir war. Der Kollege bedeutete mir, die Scheibe runterzulassen.

„Naja, eine Frage nach einem Zielpunkt, einem Club vielleicht.“

dachte ich mir. Nicht jeder Taxifahrer kommt in Berlin jede Nacht überall vorbei, da tauscht man sich auch mal kurz auf der Straße aus. Man sitzt ja im selben Boot und wenigstens in solchen Momenten ist noch was da von der Solidarität unter Kollegen. Also hab ich die Musik ausgemacht und gelauscht. Und der Kollege fragte allen Ernstes:

„Sag mal, willste nach Spandau fahren? Der eine hier müsste nach Spandau, wär aber für den anderen ein Umweg.“

Das betrifft die obige Frage natürlich nicht. Die Gedanken hab ich mir erst später gemacht. Natürlich kann ein Kollege einmal erworbene Fahrgäste nicht einfach so zu mir abschieben. Aber in der Form hatte ich das noch nicht in all der Zeit bisher. In dem Fall war der Kollegen aber definitiv an einen etwas zu müden Sash geraten, denn bei allem Leuchten in meinen Augen ob der hochwahrscheinlichen 300 auf der Uhr nach dieser Fahrt, graute es mir davor, jetzt kehrt zu machen, und schnell mal 10 bis 15 Kilometer Richtung Westen zu gurken. Dass er noch einen gefunden hat, hoffe ich ja. Ansonsten hat es sich ja wenigstens finanziell gelohnt. Und wenn es im Einzelfall das Pflichtfahrgebiet ist, das uns dazu zwingt: am Ende machen wir für unser Geld ja dann doch alles.

Chauffeure und Heizer

Es gibt gute Gründe, jungen Leuten kein Auto zu geben, das mehr kann als sie. Oder mehr kann, als sie können sollten. Mit den gemütlichen Familienkutschen meiner Eltern hab ich nach dem Bestehen meines Führerscheins genügend Mist gebaut, um irgendwann zu wissen, was zu viel des Guten ist. Ob es mir, meiner Berufswahl oder irgendwelchen anderen Leuten gut getan hätte, hätte ich Zugriff auf ein Auto jenseits der 200 PS gehabt, wage ich zu bezweifeln. Jetzt umso mehr.

Wir Taxifahrer stehen ohnehin im Ruf, zu fahren wie die letzten Rüpel und Rampensäue. Ein gutes Beispiel dafür war ich nie – obwohl ich mir die 5 bis 15 km/h über Vmax ja auch nicht abgewöhnen kann. Zumindest an manchen Stellen. Am Wochenende war ich mal wieder Beifahrer im Taxi und ich habe zwei Dinge gelernt:

Erstens stimmt das Klischee mit den Heizern unte den Taxifahrern durchaus mal und zweitens kann ich nun besser verstehen, dass Kunden sich doch so selten beschweren. Ich hab es nämlich – obwohl ich Blogger bin und das immer wieder sage in dem Fall auch nicht gemacht. Ich war einfach zu sehr beschäftigt mit mir und der Welt (wir haben das Taxi zum Krankenhaus genommen, weil ich kaum Luft gekriegt habe), als dass ich mich um einen Fahrer kümmern wollte, der sowieso demnächst geblitzt wird. Ich hab z.B. einfach vergessen, mir die Konzessionsnummer für eine spätere Beschwerde aufzuschreiben.

Am Anfang war ich richtig froh, dass er ein wenig flott war. Warum nicht? Ging ja immerhin ins Krankenhaus. Wir haben zwar klargestellt, dass es so gesehen kein dringender Notfall war, aber gepasst hat es mir. Die erste Ampel hat er gleich bei Kirschgrün genommen. Knapp, aber immerhin. Dann ist der die Landsberger mit locker 80 entlanggeschossen (wobei ich um die Uhrzeit dort auch locker 70 gefahren wäre), was eigentlich nur dann gewundert hat, als er um die Ampel am Blumberger Damm zum Abbiegen noch kriegen wollte, plötzlich nochmal hochbeschleunigt hat. Sonntag morgens um 4 Uhr waren die Straßen natürlich frei – aber bei Ampeln bin ich ja doch ein wenig skeptisch …
Aber alles in allem war es keine Traumfahrt mit dem jungen Typen. Dass er kurz angefragt hat, wie er von uns aus am Besten fahren soll, hat mich nicht gestört. Ich kenne das bestens: Da steht man mal in einer anderen Ecke und überlegt, wie das jetzt von dieser Seite aus ging. Er hatte definitiv noch im Kopf, wo das UKB lag, ist wahrscheinlich noch nie von Marzahn aus rangefahren. Dass er dann zusätzlich zum schnellen – und auch wirklich hektischen – Fahren gemeint hat, er müsse sich die Hälfte der Strecke mit einem Kumpel unterhalten, hat die Sache abgerundet. Zugegeben: er hat gefragt, allerdings eher rhetorisch. Trotz wirklich sehr netter Gesprächsfetzen mit uns am Anfang war binnen zwei Minuten in dem Auto klar, dass wir eine weitere Erledigung in einer langen Liste waren. Schnell schnell weg mit uns und ansonsten fährt er, macht er die Ansagen, ist es sein Wagen. Kann man machen, machen sogar viele Kollegen so, bei mir sitzt der Dienstleistungsgedanke etwas tiefer. Zumal mit netter und hilfsbereiter Kundschaft.

Geschäftsmänner mit iPod im Ohr, die gerne schnell zum Flughafen wollen, lieben den Typen wahrscheinlich. Der würde die 12 Minuten vom Ostbahnhof zum SXF schaffen, zum BER wahrscheinlich auch.

Ich hab mich selten so überwinden müssen, aber er hat nur einen Euro extra gekriegt. Für Null hat es nicht gereicht, denn wie gesagt: grundsätzlich war er ja nett und zumindest tempomäßig engagiert – aber seine Strafzettel gegenfinanzieren wollte ich dann auch nicht über Gebühr …

Einen von IHNEN getroffen …

Zumindest vermute ich, dass der Taxifahrer zur seltenen Form der Flughafenfahrer gehört. Kilometerweit ist er auf der Danziger vor mir hergefahren, mit ausgeschalteter Fackel und dennoch ohne Kundschaft. Ich hätte gerne überholt, aber freie Kollegen überholt man nicht. Punkt! An einer Kreuzung erwischte ich ihn neben mir und fragte:

„Kollege, biste bestellt?“

„Nee …“

„Naja, deine Fackel brennt nicht. Und ich würde sonst überholen, deswegen frag ich …“

„Ja, fahr ruhig vorbei. Ich will erst raus hier aus dem Gewimmel …“

Deswegen vermute ich, dass er einer jener Fahrer ist, der nach einer Flughafentour immer wieder leer zurückfährt. Zugegeben: Ich verstehe es nicht. Ich war zur selben Zeit hoffnungsfroh, irgendwo in dem „Gewimmel“ endlich einen Kunden zu finden. Aber das Taxifahren lässt nunmal viele Arbeitsweisen zu und meine Entscheidung, ohne Funk zu fahren, ist beispielsweise eine, die ebenso machmal auf Kritik stößt.

Taxifahrer ist nicht gleich Taxifahrer – das ist vielleicht eine der wichtigesten Erkenntnisse über den Beruf, die man als Außenstehender wahrnehmen sollte. Als Kollege allerdings ebenso.

Ich jedenfalls hab mich bedankt und bin vorbeigezischt. Allerdings dieses Mal ohne Kunden zu finden …

Netter Typ

Das bin ich angeblich ja. Sagte zumindest mein Kunde. Besser gesagt: Er hat mich gefragt, ob ich nett sei. Ich hab das vorläufig bejaht, aber angemerkt, dass die Untersuchungen dazu noch nicht abgeschlossen sind. Dass das ankommt, war klar 🙂

Ja, er hätte sich heute über drei meiner Kollegen geärgert.

Das ist natürlich nie so dolle, in dem Fall konnte ich allerdings auch nicht wirklich für den Kunden Partei ergreifen. Der wäre nämlich gerne mit einer Kurzstrecke an sein Ziel gefahren, die Taxifahrer indes standen dort. Vor einer Bar, nicht an einem Taxistand. Das ist nun eine gar nicht so einfache Geschichte, denn die Taxiordnung erwähnt bei der Kurzstrecke selbstverständlich keine illegalen Halten. Auf der anderen Seite ist unsere Verpflichtung, nur an Taxiständen zu warten, nachts ohnehin aufgehoben, so dass – nach meinem Rechtsverständnis – ein vor einem Club wartender Taxifahrer natürlich auch nicht zum Kurzstreckentarif fahren muss. Das ist auch – so wenig einem das als Kunde gefällt – im Sinne der Kurzstreckenregelung, denn der Einschub mit den Halten wurde ja eben gemacht, um uns nicht lohnende Touren zu ersparen, wenn wir auf sie warten müssen.

Die Diskussion mit meinem Fahrgast verlief also durchaus strittig. So richtig abzubringen war er von seiner Meinung nicht, als ich das mit dem nächtlichen Bereithalten erklärte, bestand er drauf, dass die Kollegen aber verkehrswidrig standen, bla keks. Man hat gemerkt, wie er ein Schlupfloch gesucht hat, um seinen Trotz begründen zu können.

Das wirklich schöne daran war allerdings, dass das alles völlig ruhig und nett verlief. Wir haben uns ausgetauscht, hatten unterschiedliche Meinungen, aber das war ok. Er hat sich beim Verabschieden entschuldigt, dass er jetzt eigentlich gar nicht so über Taxifahrer nörgeln wollte und ich hab meinerseits angefügt, dass ich ihn natürlich auch nicht persönlich anzugehen gedachte, aber eben anderer Meinung bin. Im Grunde hatten wir die Fahrt zwar streitend verbracht, am Ende war es eine nette Tour mit freundlichem Danke, einem bisschen Trinkgeld und gegenseitigem Händedruck. Und nett fand er mich trotzdem noch…

Na denn!

„Gott sei Dank, ein Deutscher!“

Es ist unglaublich, wie oft man diesen beschissenen Satz in vielen verschiedenen Formen im Taxi hören muss!

Ja, hier in Berlin sind viele Taxifahrer nichtdeutscher Herkunft. Das ist ein Fakt.Ist mir auch schon aufgefallen. Und? Bin ich wirklich ein besserer Mensch, weil ich zufällig noch in den zu meiner Geburt üblichen Grenzen der BRD geboren wurde? Ach, hört doch auf!

Ich weiß Bescheid über den vielfältigen Ärger im Taxigewerbe. Natürlich passieren hier unschöne Dinge und natürlich sind auch „Ausländer“ daran beteiligt. Wie sollte es auch sonst sein in einer multikulturellen tourismusgeprägten Metropole wie Berlin? Aber immer noch wird auf den Straßen unbekümmert eine perverse Form von Rassismus und Xenophobie gehegt und gepflegt, dass mir auch als „gutem Deutschen“ das Kotzen kommt.

Ich bin kein Freund von Political Correctness, ehrlich nicht. Man darf Probleme beim Namen nennen und damit ist es gut. Aber letztlich läuft es doch so: Wenn Kollege Ali einen Umweg fährt, dann ist es natürlich die „südländische Mentalität“, ein persönliches und wahrscheinlich auch noch islamistisches Statement in Form von Abzockerei. Wenn genau dasselbe mit einem dieser deutschen Kollegen passiert, dann ist das entweder logisch, weil: „Berlin ist ja so groß…“, oder aber er war schlicht und ergreifend ein doofer Taxifahrer.

Das kotzt mich an!

Wie alle da draußen sind auch wir Taxifahrer ein buntes Völkchen unterschiedlicher Menschen. Da gibt es solche und solche. Manche „Kollegen“ würde ich selber gerne in den Wind schießen, anzeigen, kampfunfähig machen – je nachdem. Aber da sind – o Wunder! – auch viele Deutsche dabei, genauso wie es auch unter den Kollegen aus anderen Ländern einige gute Taxifahrer gibt. Es geht auch nicht darum, nicht sagen zu dürfen, woher der Fahrer kam, der einen abgezockt hat. Das kann man machen, meinetwegen. Aber deswegen ist ein Deutscher als Fahrer nicht per se besser als ein Iraner.

Geht mal zu den Prüfungsterminen der Taxiinnung und schaut euch an, wie viele Türken und Araber genau wie ich einen Scheiß-Aufwand betreiben, um den P-Schein zu bekommen, unterhaltet euch mit Kollege Mohammed, der vor einem Jahr den Sprung von HartzIV ins Taxi geschafft hat, mit seinen 5 Kindern seitdem finanziell kaum besser dransteht und trotz allem Meckern am Stand gelegentlich ein „Geld ist nicht alles“ fallen lässt!

Sind wir wirklich noch so primitiv, dass wir die Probleme im Taxigewerbe einfach mal pauschal als Sache der Hautfarbe abtun wollen?

Glaubt es oder nicht, liebe Kundschaft: Mit dem Spruch macht ihr euch bei mir nicht beliebt. Und hoffentlich auch sonst nirgends!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.