„I gave you some, you know …“

Das ist eine schöne Abschiedsrede, insbesondere wenn sie mit dem Überreichen von Geld einhergeht.

Die erste Sonntagstour war spitze. Ich hab schon beim Autowaschen das Betteln der Zentrale gehört, doch bitte mal nach Karlshorst zu fahren, weil da eine S-Bahn ausgefallen war.  Und viele Fahrgäste wohl nach Schönefeld wollen.

Da ich eh im Osten war, hab ich das mal versucht. Und siehe da: Winker unweit des Bahnhofs. Wie sich herausstellte eine schwedische Familie. Alles nett und unkompliziert, aber „ein bisschen eilig“ dann eben doch. Nun denn!

Dass ich in der Stadt keine 100 fahren darf, haben sie nicht nur akzeptiert, sondern für gut befunden.  Die 90 bei erlaubten 70 km/h haben sie dennoch zu schätzen gewusst. Natürlich. 20 Minuten war meine Schätzung, 21 waren es dann in Wirklichkeit. Und damit waren wir offenbar ausreichend schnell. Glücklicherweise. Mehr hätte ich aus der Tour echt nicht rausholen können. Aber es wurde mir auch entsprechend vergütet:

Das hektische Aussteigen konnte ich locker unterstützen, nachdem mir für 29,70€ nach Tarif schon 35€ in Scheinen zuzüglich Kleingeld unbekannter Höhe gereicht worden war. Da packt man auch schnell nochmal mit an, ohne gleich zu zählen. Dass es dann aber wirklich satte 42€ waren … wow!

„Some, you know …“

PS: Ein Dank übrigens an die paar Leute, deren Geschenke zu meinem bald (12.11.) anfallenden immerhin so semi-runden 35. Geburtstag bereits eingetroffen sind! Diesbezüglich bin ich immer noch Kind geblieben und freue mich wie so ein Schneekönighonigkuchenpferddings! Danke, danke, danke, Florian, Gerhard und Manu, Ihr seid sowas von super, ehrlich! 😀
Und an alle anderen: Auch wenn ich’s selten erwähne: Überhaupt hab ich die GNIT-Unterstützen-Seite aus Gründen bisher nicht offline genommen.

Wahnsinnige Kühlerfiguren

Kurze Fahrt, Winkerinnen, immerhin zwei Euro Trinkgeld. Und dann der Dialog, als vor uns ein Fußgänger auf die Straße lief:

„Boah, da würde ich mich ja wieder aufregen!“

„Ach, ignorieren ist weit stressfreier …“

„Mag sein. Aber ich will die immer gerne gleich umnieten. Wer meinen Fahrstil behindert, muss leiden! Dann hängen die da vorne als Kühlerfigur rum, das wäre schön.“

Ich hab fortan die Klappe gehalten und den Kelch an die zweite Kundin weitergereicht:

„Sieht dann ja aber auch nicht immer toll aus …“

„Der Trick ist: So schnell fahren, dass sie wegen des Fahrtwindes immer aussehen, als würden sie grinsen!“

Ich muss zugeben: Psychopathen hab ich öfter im Fond, aber die beiden Ladies haben das Spektrum spürbar erweitert. 0.0

Kleinere Navi-Fails

Die Fahrt ging nach JWD und ich war mit dem ausgehandelten Preis zufrieden. Ein Kollege wäre für einen Zehner weniger gefahren, wurde aber vom Kunden verschmäht, weil er einfach mal im Auto rauchte; und ein anderer Kollege meinte, ich müsse mindestens einen Zehner mehr nehmen, damit mir mein Chef nicht kündigt.

Tatsächlich hab ich während der Fahrt die meiste Zeit gedacht, dass die Tour ein totaler finanzieller Reinfall wäre, weil mich die Wegbeschreibung des Kunden irgendwie alle 500 Meter von der Route des Navis wegriss. Nun bin ich ja umlandmäßig zum frei fahren wenig geeignet und hab mit mir ringen müssen, wem ich jetzt glaube und habe dabei dem betrunkenen Kunden Vorrang vor dem Navi mit den 8 Jahre alten Karten gegeben.

Leben am Limit. 😉

Es stellte sich raus: Ja, die Kundenroute war etwas von der Optimallinie entfernt, was zum Teil aber auch der einfacheren Wegbeschreibung und dem kurzen Abstecher zur Bank unterwegs geschuldet war. Das Navi, so stellte sich heraus, hat die ganze Zeit ein Ziel in 15 Kilometern Entfernung zum eigentlichen Zielpunkt anvisiert, was dem Kunden bei seiner anfänglichen Adressbestätigung eher weniger aufgefallen war.

Trotz einigen Schwitzens nebenbei ein eigentlich super Schichtabschluss.

Und so gerne ich das vermeide und so fies es sich auch mal anfühlt: Wenn es mir in irgendeiner blöd gelaufenen Schicht mal passiert, dass ich mich bei so einer Tour verfahre, dann hab ich am Ende ein paar Kilometer zu viel auf der Uhr und eine halbe Stunde umsonst gearbeitet. Geht nicht dauernd, will keiner haben, aber wegen einem Fehler oder einem Verschätzen wird zumindest bei uns, da bin ich mir auch ohne Nachfrage sehr sicher, auch niemand gefeuert. Panik ist also eigentlich auch nicht angesagt.

Noch komplett jungfräulich

Zugegeben: Der Begriff „jungfräulich“ ist etwas seltsam, aber alle anderen Varianten, von „uninformiert“ bis „neu bei der Sache“, drücken es nicht so schön aus; für Alternativideen bin ich dankbar, das sollte wirklich kein Clickbait werden.

Aber worum ging es denn?

Um einen englischen Touristen, der (leider sehr sehr eilig) zum Flughafen Schönefeld musste. Trotz reichlich „lockerer Auslegung“ der Geschwindigkeitsbegrenzung haben wir es am Ende nur sehr knapp vor dem letzten Boarding-Termin geschafft, anzukommen.

Aber viel wichtiger war die Sache mit dem BER. Er hätte, so sagte er mir während der Fahrt überraschend, irgendwas davon gehört, dass in Berlin bald ein neuer Flughafen eröffnet werden würde. Und ja, wann und wo und überhaupt?

Man ist als Berliner ja so festgefahren und hat überhaupt nicht auf dem Schirm, dass Leute von außerhalb von dem Desaster BER nix mitbekommen.

Aber so lange wir unterwegs waren, hatten wir ja Zeit. Also hab ich ihm zunächst grob, später dann detaillierter erklärt, wie das hier in Berlin mit dem Flughafen läuft. Von der Tatsache, dass erst vier Wochen vor Eröffnung alles umgeschmissen werden musste, bis hin zu Details wie den über 600 Brandschutzwänden, die keinen Brandschutz hatten, dem Licht, bei dem niemand den Aus-Schalter kannte, den zu kurzen Rolltreppen, dem Ingenieur, der keiner war, Den Kabeln, die keiner mehr zuordnen konnte und der geänderten Raumnummerierung, die am Ende keiner mehr verstanden hat. Und ein paar Dinge mehr.

Der BER ist einfach so ein Vorzeigedesaster, dass er schon ohne Parodie ein Comedy-Klassiker sein kann. Und mit etwas Zynik macht es wirklich Spaß, völlig Unbedarften das ganze Ausmaß vor den Latz zu knallen. 😀

Sicher, ich hinterlasse meine  Fahrgäste gerne mit einem guten Bild von Berlin, am Ende profitiere ja auch ich davon, wenn sie wiederkommen. Aber war war das für ein Spaß!

Von „german efficiency“ wird er in seiner Heimat wohl nur noch unter Vorbehalt reden. Was die Taxifahrer angeht, wird das Urteil hoffentlich anders ausfallen. 😉

Die Jugend von heute …

Zwei Damen als Fahrgäste, eine jünger, eine älter als ich. So was kommt vor. Sie sind an einem Taxistand eingestiegen und die erste Frage war, natürlich:

„Wieviel kostet es denn bis zur Mit-dreimal-Umfallen-biste-schon-da-Straße?“

Ich nannte ehrlich den Preis:

„Ich schätze, dass wir da dann bei so ungefähr 6 € wären.“

Ist viel für nur zweimal ums Eck, schon klar. Andererseits hätte ich ja auch anfangen können, über meine bereits 20-minütige Wartezeit zu referieren. Der folgende Dialog der beiden hat mich allerdings schon alleine mehr als befriedigt:

„6 €, junger Mann? Ehrlich? Nun sagen Sie mal, da ist doch noch was drin!?“

„MAMA! HÖR AUF!“

Und was soll ich sagen? „Mama“ hat aufgehört, ich hab auf die 6,30 € nochmal 2,70 € Trinkgeld bekommen und die Jugend von heute ist auch nicht schlechter als die von damals. 😉

Adressendingsbums

Winker Schönhauser Ecke Torstraße. Nice!

„Could you bring us to the ‚White Trash‘?“

„Of course.“

„Thank you! We thought, it would be right up here, but …“

„Hey, that’s not completely wrong. The White Trash just moved from here to another place.“

„Uh … ok. When?“

„Just a couple of years ago.“

Sorry, aber ich muss mir ja auch anhören, wie alt ich inzwischen geworden bin. 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Kleiner Buchtipp: Taxifalle

Es ist schon eine ganze Weile her, da erreichte mich ein Brief von Olaf. Nun, Olaf war offensichtlich nicht der Nachtschichtkollege, der mir gleich in den Sinn kam, sondern ein Ex-Kollege, noch dazu aus Bremen. Er outete sich als GNIT-Leser und dem Brief lag als Geschenk ein Buch bei. Seines. Ui, über sowas freue ich mich immer!

Allerdings muss ich gestehen, dass ich damals mit Taxiliteratur überversorgt war und auch sonst gerade keine große Lust auf einen Taxi-Roman hatte. Dementsprechend war „Taxifalle“ fortan eines von ungefähr hundert Büchern auf meinem Nachttisch, aber immerhin keines der seit Ewigkeiten ungefähr acht angefangenen.

Als ich gestern ungewohnterweise zur Mittagszeit aufgewacht bin, hat es dann irgendwie mein Interesse geweckt und ich hab zu lesen angefangen. Das Ganze endete mit einem durchwachten Nachmittag und meinem speziellen Finishing-Move für Bücher, die ich „nachts“ „mal kurz“ aufschlage: Ich habe am frühen Abend das Licht angeschaltet, um es fertig lesen zu können.

Ich vergebe bei Büchern ungerne Bestnoten, weil ich mich selbst oft genug an Toprezensionen gerieben habe, aber ich muss doch gestehen, dass mich „Taxifalle“ wachgehalten hat. Ich wollte dem abgedrehten und im Übrigen ziemlich fiesen Hauptprotagonisten Marcus Meyer weiter folgen, ich wollte wissen, wie der Scheiß ausgeht. Das Taxigewerbe in Olaf Kretschmers Roman ist ein ganz anderes als das, was ich hier bei GNIT schildere: Ein versiffter Moloch, in dem man es dem Helden nicht einmal richtig übel nehmen kann, dass er sich der dunklen Seite zuwendet und mehr oder weniger ein abgebrühter Abzocker seiner Kundschaft wird.

Trotz vieler (dem Vorwort nach nicht unbedingt unauthentischer) Taxianekdoten handelt das Buch überwiegend von der schmutzigen Schattenwelt im Bremen der 1980er- und 1990er-Jahre: Sex, Drugs and Cabdriving. Ich möchte anmerken, dass ich bei dieser Milieustudie manches Mal etwas abgeschreckt vom rauen Ton und der offensiven Sprache war, andererseits ist mir die Ironie dabei nicht entgangen und man hätte dieses Buch einfach auch nicht netter schreiben können. Die Welt des Protagonisten ist krass, teils ekelhaft und trotzdem einfach faszinierend und – ich weiß, wie sehr das manchen als Götterlästerung erscheint – einfach um Klassen authentischer als der in meinen Augen langweilige Karen-Duve-Roman „Taxi“.

Vielleicht nicht wirklich ein Buch für jeden einzelnen GNIT-Leser, aber vermutlich nicht der schlechteste Tipp für Bremer knapp über meinem Alter, für Taxifahrer und Ex-Taxifahrer, sowie für Freunde von Milieustudien und regional verankerter Literatur. Ich hab’s jedenfalls sehr gern gelesen und möchte an der Stelle auch dem Autor nochmal fürs Zusenden danken: Danke für die vergnüglichen Stunden, Olaf! Ich hoffe, Du hattest entsprechend auch ein paar solche  hier bei  GNIT! 🙂

Olaf Kretschmer:
Taxifalle
KellnerVerlag, 2016
ISBN: 978-3-95651-111-0
Amazon-Link: Taxifalle