Ich hatte die Schicht bereits verloren geglaubt. Viel zu wenige Fahrgäste, viel zu kurze Touren, am Ende sogar viel zu wenig Trinkgeld. Aber hey, die eine Tour noch, dann ist Wochenende!
Also erst einmal tanken, hier und da noch Kleinigkeiten putzen, danach ab zum letzten Zug am Ostbahnhof. Mit etwas Glück eine Tour bis vor die Haustür der Firma, ansonsten wäre mir alles egal gewesen. Naja, alles …
Ob ich sie nach Bernau bringen könnte, fragte meine Fahrgästin mich dann. Und um das mal zu verdeutlichen: Das hätte meinen Umsatz fast verdoppelt an dem Abend!
Wichtiger aber war dann, dass ich sie noch kurz zum Burger King bringe. Sie nahm das Taxi schließlich nicht freiwillig, ihr Tag war um ein paar Stunden aus dem Ruder gelaufen, alles schlimm, außerdem: HUNGER!
Ich hab zugesagt und meine Optionen überdacht. Preise nach außerhalb sind Verhandlungssache, schon klar. Aber dann noch der Burger King? Ich hab also auf Verdacht einfach die Uhr angemacht und das war ok. Ich hätte vielleicht am Ende irgendwie noch etwas mehr Geld aus der Fahrt schlagen können, aber mit der bezahlten Wartezeit, bei der es mir sehr schwer gefallen wäre, die im Vorfeld einzupreisen, war das ok.
Dabei ging es am Ende nicht einmal direkt nach Bernau, sondern in die Waldsiedlung, und das brachte noch einmal ein paar Euro mehr. Nach dem Preis gefragt hat die gelegentlich ein paar Chicken-Wings mampfende (Sie hat gefragt, ich habe es erlaubt) Begleitung nicht einmal. So wie vor 1990 sich wohl auch kaum jemand jemals hat dort hinbringen lassen, ohne den Preis einfach bezahlen zu können.
Die Fahrt endete auch nicht irgendwo auf dem Gelände, nein, es ging direkt zum ehemaligen Haus eines sehr sehr sehr bekannten ehemaligen DDR-Politikers. Mir wurde extra erklärt und zuletzt gezeigt, dass dort erst kürzlich eine entsprechende Tafel angebracht worden war. Ohne Interesse an politischen Pilgern fragwürdiger Natur oder Touristen am Briefkasten zu haben, stelle ich es mir dann doch sehr spannend vor, in ein Gebäude mit derartiger Geschichte zu ziehen.
Und meiner Kundin ging es wohl ähnlich. Obwohl sie selbst aus Tschechien war, zudem keinesfalls Fangirl der Honnecker-Clique, erzählte sie mir all das in ihrem gebrochenen Deutsch mit Begeisterung und versprach nebenbei hoch und heilig, mein Auto erst nach einer Serviettenbenutzung zu berühren. Wenn nur alle Fahrten so nett, unterhaltsam, lukrativ und lehrsam wären!
Deutlich über 60 € standen am Ende auf der Uhr, die Einreihung in die oberen 5% aller Fahrten war damit gewiss. Mit etwas mehr als null Trinkgeld hätte ich persönlich sie locker in die Top 1% gewählt. Aber irgendwas ist ja immer. 😉