Ich möchte hier mal ganz explizit Werbung für meinen geschätzten Blogger- und Taxikollegen Aro von berlinstreet.de machen, der heute mit einem interessanten Artikel über rote Ampeln aufwartet: Rot ist relativ.
Ich spiele ja gerne mal den Verfechter der StVO, aber ich muss dem Kollegen doch zustimmen, dass man auch mal einen anderen Blick auf die Sache werfen sollte. Vielleicht ist ja eben nicht alles schlecht, was nicht „ordentlich deutsch“ abläuft. Zumal – und das ist zweifelsohne das Wichtige am großen Ganzen! – auch Aro sich für das ausspricht, was ich für das oberste Gebot halte (und immerhin auch §1 der StVO auszudrücken versucht): Dass es im Verkehr eben nicht nur um Egoismus und den Kampf gegen andere geht, sondern um ein friedliches und letztlich sicheres Miteinander.
Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, genau diesbezüglich nach Frankreich oder Italien zu sehen, umso mehr freut mich, dass der Kollege da mal wieder mehr Offenheit bewiesen hat.
Danke Aro, war sehr interessant!
Ich war 1 Jahr in Brasilien. Damals noch ohne Autoführerschein 😉 und was mir aufgefallen ist, es gab kaum Fußgänger ampeln. In der Stadt in der ich die meiste Zeit gewesen bin, kann ich mich nicht an eine erinnern. Ansonsten hatte ich nur einmal welche In Fortaleza gesehen.
Wenn man als Füßgänger über die Straße wollte hat man dies auch meist an einer Ampelkreuzung gemacht, denn dadurch, dass die Ampeln hinter der Kreuzung standen, konnte man perfekt sehen wer gerade rot oder grün hatte und so entscheiden, wann der Weg für einen selbst frei war.
In Fortaleza hatte die Ampel zudem noch einen Timer, man konnte also sehen wie lange sie noch grün oder rot war. Also ob man schnell noch laufen sollte um bei Grün an zu kommen oder ob man einfach drei schritt langsamer zur Ampel geht, weil wird ja gleich grün.
@Lyra
Ampeln mit Zeitfunktion wünsche ich mir hier auch – aber mit Vorrangschaltung für Busse, die dafür sorgen, das Grünphasen einfach mal übersprungen werden (kein Witz… 3 von 4 Straßen haben rot, alle Fußgänger haben rot, der Einzige Grüne ist eine Spur der Hauptstraße (die Gegenspur hat auch rot) auf der der Bus kommt. Bus rüber, dann sind alle Ampeln rot. Dann schaltet die Hauptstraße wieder auf grün – und die Fußgänger und die Nebenstraßen schauen in die Röhre. -.- Und das sind dann natürlich KEINE Anlagen, die man einfach mal ignorieren sollte…) oder Ampeln, die erst mal 5 Minuten nichts mehr tun, weil sie gerade von der Nacht- auf die Tagschaltung umspringen (06:30 bis 06:35… seit ich das geschnallt hab, bin ich 5 Minuten zu früh auf Arbeit, um das Problem zu umgehen.).
Was das Ampeldesaster an sich angeht:
Ampeln sind max. Stoppschilder und solange sie rot sind, hab ich eben keinen Vorrang. Wenn die Straße schlecht einsehbar ist, warte ich eben, bis ich den Vorrang habe. Ende der Geschichte.
…
Außer ich fahre mit dem Fahrrad bei Gegenwind bergauf, wenn es zur Arbeit geht. Dann warte ich mysteriöser Weise brav an (fast*) jeder Ampel.
*=Morgens ignoriere ich in der Regel eine. Weil eh null Verkehr ist. Und wenn ich bei der warte, dann bei der nächsten Ampel eine ziemlich dämliche Anlage mit dämlicher Schaltung an der falschen Stelle erwische (max. Wartezeit), die man nicht einfach ignorieren kann, weil selbst da schon zu viel Verkehr ist.
Gibt doch nur 3 Ampelfarben: Apfelgrün. Zitronengrün. Und Kirschgrün.
Oder habe ich da jetzt was falsch verstanden?
Ich halte wenig davon, Regeln in das Belieben der Allgemeinheit zu stellen – das führt nach aller Erfahrnung dazu, dass die Regeln immer weiter gedehnt werden und es immer knapper wird. Ja, da machen mal wieder die wenigen Idioten alles kaputt für die vielen, die sich an die Regeln halten, so ist die Welt. Wollt Ihr den Idioten, von denen es mehr gibt, als man denkt, für ihre unfähigen Beurteilungen und Handlungen noch mehr Spielraum verschaffen?
Und wofür überhaupt das Weichklopfen einer simplen Regel mit überschaubaren „Nachteilen“? Für in der Regel 90 Sekunden Zeitgewinn? (Länger dauern Umläufe an Lichtsignalanlagen selten, dann hat man selber wieder grün.) Für das bißchen Zeit riskieren, andere Menschen zu verletzen oder zu töten? Auch wenn es nur um einen einzigen Menschen ginge: Echt jetzt? Das könnte Euer Kind, Eure Frau, Euer Mann sein. Und der Unfallfahrer redet sich dann mit „Rot ist relativ“ raus? Ich wünsche das niemandem, weder Euch noch anderen.
Alles Gesagte gilt für Tempolimits, für Alkoholpegel und für die Verbindlichkeit von Rotphasen, siehe „Apfelgrün. Zitronengrün. Und Kirschgrün.“ *kopfschüttel* gleichermaßen: Gebt den Idioten keinen Spielraum, sie können damit nicht umgehen.
Zur Perspektive auf deutsche Verkehrsregeln jeweils die Zahl der Verkehrstoten pro 100.000 Einwohner, gefunden in Martin Randelhoffs großartigem Blog*:
Brasilien 22,7
Italien 7,2
Frankreich 6,4
Deutschland 4,7
*Das Blog von Martin Randelhoff, hier mit dem Link auf aktuelle Zahlen: http://www.zukunft-mobilitaet.net/33215/analyse/verkehrssicherkeit-verkehrstote-weltweit-ranking-who/
@ Carom
Was Du beschreibst ist genau das Problem: Man unterwirft sich dem Diktat der Maschine und vergisst dabei das Denken. Leute rennen bei Grün über die Straße ohne zur Seite zu sehen – und werden angefahren, weil irgend jemand noch schnell durchfahren will. Je mehr Regeln, Schilder, Ampeln usw. es gibt, umso weniger denkt man mit.
Und ja: Natürlich gibt es Idioten im Straßenverkehr. Aber nach Deiner Theorie dürfte es die ja jetzt nicht geben, schließlich ist ja alles durchorganisiert und -verwaltet.
Was die von Dir zitierte Liste betrifft, sagt sie leider nicht viel aus, da unklar ist, wie die Menschen gestorben sind. Ich habe in Paris letztes Mal zwei Autounfälle gesehen, in beide waren ausländische Fahrer verwickelt. Außerdem sehen die Zahlen für 2014 laut statista.com etwas anders aus:
I: 5,2
F: 5,3
D: 4,2
So weit sind sie also gar nicht auseinander.
Es ist schon gut, dass in Deutschland die Verkehrsregeln im allg. streng eingehalten werden. Es sind ja auch die Strafen entsprechend erziehend (Flensburger Kartei, MPU als Abschreckung, TÜV usw.)
Ich bin öfter in Spanien, Hellas, Italien unterwegs. Da hält sich kein Schwein an irgendwelche STVO- Regeln. Das geht los beim Stoppzeichen und hört beim Zebrastreifen auf. Ach ja durchgezogene Linien ignorieren auch alle. Und die berühmte Helmpflicht (ist ja so heiß hier)…
Dementsprechend viele Kreuze stehen dort an den Landstraßen.
Das die Deutschen allerding stur sind, da muss ich dir recht geben. Nach dem Motto: ich lasse dich nicht in die Lücke, stell dich hinten an, obwohl das Reißverschlussprinzip gilt..
Es gibt bei uns eine Bedarfsampel, die nur auf grün schaltet, wenn man dort als Auto steht oder als Fußgänger an der Hauptstraße über die Straße möchte und dementsprechend drückt. Mich als Radfahrer nimmt dieses Ding nicht wahr. Wenn ich von der Arbeit komm, könnte ich bis Ultimo dort stehen, wenn kein Auto hinter mir auch über die Ampel will oder ich muss über die Fußgängerampel. Tagsüber geht es, da immer Autos rüber wollen, nachts muss ich langsam über rot rollen und rechts und links schauen und schnell treten 🙂
@Aro:
Das Einhalten einer Regel ist das „Diktat einer Maschine“? Quatsch. Richtig ist: Es ist die Zustimmung zu einer generellen Vereinbarung, die bei Einhaltung (wenn nicht irgendwer meint, man dürfe das beliebig auslegen…) für alle Beteiligten problemlos funktioniert. Diese Regeln funktionieren hierzulande so gut, dass wir weniger (aber leider immer noch zuviel) Leid im Straßenverkehr produzieren als viele andere Länder. Ich finde weiterhin, dass die Menschen, die deshalb nicht leiden müssen, ein sehr guter Grund sind, die Einhaltung von Regeln nicht in das Belieben zu stellen.
Dein Beispiel mit dem Fußgänger ist völlig daneben, weil es genau das beschreibt, was Du selber machst und offenbar gut findest: Da fährt jemand bei Rot durch! Kann er Deiner Meinung nach ja, er hat ja niemanden gesehen! Oder noch besser: Er verlässt sich drauf, dass die anderen seinen Fehler beobachten und ausbügeln… *kopfschüttel*
Und das ist krass, weil: Du beschreibst das Durchfahren bei Rot im Blogpost als Dein Verhalten an roten Ampeln – im Ernst: Geht’s noch??? Bist Du unfehlbar? Rundum-Radarblick? Und hast Du wirklich einen Taxischein? Wenn Du das alles ernst meinst: Ich hoffe, Du denkst darüber nach, den Taxischein abzugeben, und den Führerschein gleich mit – Deine Vorschläge und Deine Verhaltensweisen können Leben gefährden, und leider vor allem das anderer Menschen (Du sitzt ja beim Rotverstoß sicher im Auto).
Zuletzt zu den Zahlen von statista.com: Gibt es da einen genaueren Link, vor allem mit Quelle? Ich denke nicht, dass die WHO oder Martin Randelhoff Unfug publizieren, und ein so großes Delta von 2011 bis 2014 wäre zwar schön, aber möchte ich erstmal belegt sehen.
Ach, was soll schon passieren
http://blog.tagesanzeiger.ch/datenblog/index.php/1271/nur-drei-laender-in-europa-haben-sicherere-strassen-als-die-schweiz
Ich brauchte eigentlich in dieser Diskussion nichts anderes zu tun, als Carom anzubeten. Seine Argumentation ist für mich nicht zu toppen. Das heißt, daß ich verkehrsrechtlich überhaupt nichts zu seinen Einlassungen hinzufügen kann. Als Hobby-Psychologe gehe ich aber einen Schritt weiter. Übertretungen von Rechtsvorschriften sind eigentlich an kein Genre gebunden. Wer irgendein Recht mißachtet, mißachtet möglicherweise auch jedes andere, – Denn schließlich weiß er es ja besser, ob diese oder jene Vorschrift notwendig ist oder nicht! Die Nichtanerkennung jeglicher Vorschriften nennt man, glaube ich, Anarchismus. Warum aber habe ich seit vielen Jahren den Eindruck, daß Berlin die Hauptstadt des deutschen Anarchismus ist? Bitte helft einem armen Anarchismus-Provinzler!
@Carom @Bernd
Im Prinzip gebe ich euch ja recht – aber als nichtmotorisierter Verkehrsteilnehmer sehe ich noch gewisse andere Dinge anders.
Hier gibt es zum Beispiel mindestens drei Ampeln, die ewig und drei Jahre (gefühlt 😉 ) für Fußgänger auf rot stehen (auch Nachts), obwohl die freieinsehbaren Straßen absolut… leer sind. Die Ampeln an sich sind dennoch sinnvoll, weil direkt mehrere Schulen da sind und der Übergang als Schulweg gilt. Zum Schutz der Gören daher absolut sinnvoll, dort eine Ampel hinzubauen.
Ab einer gewissen Uhrzeit (ca. 17 – 18Uhr) ist aber genau da nichts mehr los. In der Wartezeit fahren vielleicht vier Autos vorbei.
Ich empfinde da zu warten als ziemlich sinnfrei – man könnte die Ampel an der Stelle auch ausschalten… aber neiiiin.
Also bleib ich stehen, schaue nach links und rechts und wieder links und nochmal rechts und nochmal links… und wenn denn alle Straßen frei sind, dann fahre ich eben rüber (also mit dem Rad 😉 ). Sobald da auch nur ein anderer Verkehrsteilnehmer ins Spiel kommt, mache ich das eben nicht mehr.
Und „Im Prinzip“ gebe ich auch dir recht! Das Blöde ist nämlich, daß hinter Ampelschaltungen jemand steht, der sie geschaltet hat. Und solange es keine Kritik, sondern Anarchie gibt, wird sich nichts ändern. Und auch dann, wenn es Kritik gibt, ist nichts zwangsläufig, denn bei den bestimmenden Personen handelt es sich meist um… *flüster* Beamte.
Wir haben hier leider auch genug Ampeln, die drei oder vier Stunden am Tag nützlich sind und den Rest der Zeit für alle Beteiligten einfach nur den Verkehr aufhalten. Ausschalten würde da sogar nich Strom sparen, zwei Fliegen mit einer Klappe. ^^
@ Carom
Glaubst Du wirklich, ich würde auf dieser Ebene mit Dir diskutieren?
@ Bernd
Wärst Du mal bei den Gewalttaten und Hetzparolen Deiner Mitmarschierer genauso konsequent.
@Carom:
Ähm, ich würde das mal nicht zu weit auslegen, was Aro geschrieben hat. Er möge mich bei Bedarf korrigieren, aber in erster Linie ging es nicht darum, irgendwo wahllos über Rot zu fahren, sondern um die Frage, ob weniger strikte Reglementierung nicht auch ihre Vorteile haben kann. Und ja, dann kann man natürlich darüber diskutieren, was besser funktioniert, etc.
Du weißt, ich bin auch ein grundsätzlicher Freund der StVO, andererseits bin ich mir auch ziemlich sicher, dass ohne rücksichtslose Fahrer der berühmte Paragraf 1 (meistens) ausreichen würde. Und tatsächlich finde ich auch, dass die Frage gestellt werden darf, inwiefern die Mentalität im Verkehr hier mit den geltenden Regeln und kulturellen Werten korreliert. Ich will mich mangels plausibler Daten da weder auf die eine noch die andere Seite schlagen, aber ich finde es eine interessante Beobachtung, die Aro da gemacht hat.
Und zu den Anfeindungen ihm gegenüber möchte ich anmerken, dass ich ihn persönlich kenne und er ganz sicher nicht der Killer-Fahrer ist, für den Du ihn jetzt vielleicht halten magst.
@Aro und Bernd:
Ich fände es schön, wenn hier kein Stellvertreterkrieg bei GNIT ausbricht. Gerade hier geht’s erst einmal um den Verkehr. Ich möchte allerdings ebenso deutlich betonen, dass Du, Bernd, nicht ohne Grund aus meiner Blogroll geflogen bist, und ich insbesondere auf Deine seltsame Meinung zu Recht und Ordnung keinen Wert lege. Ich kann mit dem Label „Lügenpresse“ gut leben, wenn’s sein muss.
Moin Sash,
„ohne rücksichtslose Fahrer“, ja, das wäre schön, aber woher nehmen? Ohne rücksichtslose Menschen wäre sogar die UN-Menschenrechtserklärung überflüssig, aber die Welt ist halt nicht so, und „die Welt ist halt nicht so“ ist der ganz pragmatische Punkt, an dem ich meine Haltung festmache: Weiche die Regeln auf, und es sterben/leiden mehr Menschen.
Ich habe kein Problem damit, Regeln zu ändern, wenn es einen diskutierten und fundierten Konsens gibt – aber die Regeln ins Belieben des Einzelnen zu stellen führt zu italienischen oder französischen Zuständen, und wer will die? (Die Zahlen, die ich zitiert habe, sind immer noch nicht widerlegt.)
Ich kann auch keine detaillierteren Statistiken vorlegen, aber die Vermutung ist wohl nicht aus der Luft gegriffen, dass die Grenzen (bei Tempo, Alkohol, Rotlichtverstoß, Handynutzung, was auch immer) immer weiter ausgereizt werden, bis es mal wieder zu knapp wird. Und jeder Mitmensch, der als Fussgänger meint, er könne selber entscheiden, ob er bei Rot geht, wird sich das irgendwann auch als Autofahrer herausnehmen (das Prinzip der freien Regelinterpretation ist ja da, nun nutzt man es auch).
Und übrigens genau das macht Aro: Er interpretiert dieses Recht nach seinem Gusto! Er schreibt selber in seinem Blog (Zitat per Copy&Paste) „In der Praxis gebe ich aber meist Gas und manchmal sehe ich die Ampel schon auf Rot umspringen.“, und er propagiert die Mißachtung der Fußgängerampel… Ich weiß nicht, wie er das mit seiner Verantwortung zusammenbringt.
Er ist vermutlich viel im Auto auf den Straßen Berlins unterwegs, vielleicht auch nachts (ich lese das Blog nicht), und er nimmt sich das Recht heraus, mit seinem Fahrzeug immer wieder die Regeln zu dehnen und zu brechen in der Meinung, er habe das alles im Griff? In einer dicht besiedelten Großstadt?? Im Ernst: Das soll ich nicht reklamieren?
Es bleibt meine Meinung: Wenn das die Regeländerung ist, die er vertritt, dann hat er (und natürlich auch jeder andere, der so denkt und vor allem handelt) im Straßenverkehr nichts zu suchen, zumindest nicht in Fahrzeugen, mit denen er andere verletzen oder töten kann. Solche Regelauslegungen dann auch noch der Allgemeinheit als spannendes Experiment anzudienen, kommt mir dann schon quasi zynisch vor. Und nein, das sind keine „Anfeindungen“, sondern schlicht die Sorge, dass er irgendwann irgendwen dazu verführt, genau den Unfall zu bauen, der sich bei Annäherung oder Übertretung der Grenzen irgendwann unweigerlich ergibt, siehe Frankreich oder Italien (die Ländernamen nur als Stellvertreter für das Prinzip).
Zur menschlichen Seite: Ich kenne Aro nicht und weiß nicht, was ihn zu seiner Argumentation treibt – ich beurteile das, was ich lese, und auf dem Gelesenen basiert meine Gegenargumentation. Ob er den Lappen behält oder nicht, ist komplett seine Sache, ich schreibe hier nur Buchstaben hin, die keinerlei Wirkung im physikalischen Leben haben, ganz anders als das Fahrverhalten von Autofahrern. Und sein Vertrauen in seine Mitmenschen bzw. sein Wunsch nach besseren Mitmenschen in allen Ehren: Das wird, zumindest im absehbaren Kontext, nichts werden; wenn er weiß, wie man die wenigen, die es für die vielen versaubeuteln, in den Griff bekommt, dann hat er eine Lösung, die überall gesucht wird, aber bisher nicht gefunden wurde. Wenn er im aktuell gegebenen Kontext bessere Ideen hat als französische oder italienische Verhältnisse, dann gerne her damit – sein aktueller Vorschlag ist schon im Kern und in der praktischen Ausführbarkeit falsch und damit aus meiner Sicht zu verwerfen.
Gute und vor allem sichere und unfallfreie Fahrt allen Mitlesern.
Carom
@Carom:
Ich bin sicher der letzte, der Rotlichtverstöße irgendwie gutheißen will, aber ich finde, Du machst da gerade schon ganz schön ein Fass auf wegen Dingen, die jeden Tag hunderttausendfach passieren und gut gehen. Es gibt kaum Fußgänger, die das Überqueren einer Straße bei Rot kategorisch ausschließen – hier in Berlin muss es dazu ja noch nichtmal keinen Autoverkehr geben – und die Entscheidung pro Gasgeben bei einer gelben Ampel hat vermutlich auch mindestens jeder zweite Autofahrer schon mehrmals falsch getroffen. Was am Ende auch nicht zwingend ein Problem ist, weil genau dazu ja auch Sicherheitsabstände zwischen den Grünphasen der jeweils querenden Straßen existieren.
Und da finde ich, liegt der eigentlich interessante Punkt bei der Betrachtung: Wenn diese Regeln sowieso so oft gedehnt oder gebrochen werden, machen dann wirklich alle Sinn. Und natürlich kann man das ablehnen (Ich finde die Regulierung eigentlich auch ganz gut), aber so wirklich dramatisch finde ich Überlegungen dazu auch nicht. Siehe z.B. die Versuche schilderfreier Städte …
@Carom
Wir machen also die Welt ein Stückchen besser an einer Fußgänger-Ampel zu warten obwohl der gesunde Menschenverstand (nüchtern) einschätzen kann das z.B. aus keiner Richtung überhaupt ein Auto kommt. Und es bringt Dich um den Schlaf, dass es Menschen gibt die da von Ihrem Verstand gebrauch machen und selbst entscheiden ob Sie die tödliche Gefahr eingehen wollen das Lichtsignal doch zu ignorieren?
Bezüglich Deiner Unfallzahlen: höhere durchschnittliche Todeszahlen im Straßenverkehr hängen also direkt kausal von der Bereitschaft ab über eine rote Ampel zu gehen? Belege dafür? Die meisten Todesopfer in Deutschland sind zum Beispiel auf Landstraßen zu beklagen. Abweichende Zahlen anderer Länder können ebenso ausgelöst werden durch „verspätete Erstversorgung am Unfallort“, „schlechterer technischer Fahrzeugzustand“, „risikoreichere Strecken“, „Wettereinflüsse“, „Ausbildung der Verkehrsteilnehmer“, … – die Liste wäre sehr lang. Also wäre ich einmal interessiert an Zahlen zu direkten „Ampeltoten“.
Einen interessanten Artikel dazu hab ich mal aus dem Telegraph rausgesucht: http://www.telegraph.co.uk/expat/expatlife/10599631/Why-the-green-man-is-king-in-Germany.html
Da werden Zahlen von 2012 verwendet, http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-236_en.htm.
Da schneidet z.B. UK mit 28 auf 1Mio Einwohner weit besser ab als DE mit 44 auf 1Mio.
Und dort wird wohl gerne Jaywalking betrieben.
Ausführlichere Zahlen finden sich z.B. hier:
http://ec.europa.eu/eurostat/web/transport/data/database
Für das Jahr 2013 sind z.b. in Deutschland gesamt 3,339 Tote angegeben, davon lediglich 977 auf „Urban Roads“ also in Städten. Die Quote ist übrigens in UK ähnlich, ca. 1/4 entfallen auch dort auf Urban Roads.
Ausführliche Statistiken gibt es z.B. auch bei destatis
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/TransportVerkehr/Verkehrsunfaelle/VerkehrsunfaelleMonat/VerkehrsunfaelleM2080700151034.pdf?__blob=publicationFile
Auf Seite 42 😉 findet sich z.b. die Antwort auf alles:
Nichtbeachten der Verkehrsregelung durch Polizeibeamte oder Lichtzeichen :
Anzahl der Unfälle mit Personenschäden (März 2015): 457 (2,16%)
davon Tote: 3 (1,31%) (alle außerhalb von Ortschaften) sowie 95 (2,13%) Schwer- und 593 (2,6%) Leichtverletzte.
Prozentangaben beziehen sich auf die Gesamtzahlen vom März 2015 : 21135 Unfälle mit Personenschaden, 228 Tote, 4460 Schwer- und 22866 Leichtverletzte.
Dabei ist nun aber nicht aufgeschlüsselt inwieweit an diesen Unfällen überhaupt Fußgänger beteiligt waren, und ob diese wenn dann überhaupt beispielsweise nüchtern waren. Das sind alle Verstöße gegen Lichtzeichen, auch unter Beteiligung zweier Fahrzeuge.
Insgesamt gab es im März 2015 17 getötete Fußgänger innerhalb von Ortschaften, 16 außerhalb der Ortschaften sowie 3 auf Autobahnen. Zusammen ergibt es 36. Also lediglich 3 von 36 Fußgängern starben durch „Rotlichtverstöße“ im März, und da ist noch nichteinmal geklärt ob nicht der Autofahrer rot missachtet hat.
Ich erinnere mich noch an eine Annekdote, bei der ich Nachts an einer innerstädtischen Kreuzung auf ein Rotlicht zulief, und weit und breit (gut einsehbar) nichts kam, lediglich ein Polizeiwagen wartete ebenfalls gegenüber auf grün. Ich ging natürlich trotzdem rüber und prompt hatten die auch was zu tun. Die wollten wissen wieso ich das denn getan hätte, worauf ich meine Gründe erklärte, dass es ja gut einsehbar keinen Verkehr gab. Das muß dem irgendwie eingeleuchtet haben ;), aber er meinte daraufhin dass ich doch aber gesehen hätte das sie (also die Polizei) dort stehen. Ich sagte daraufhin, dass es ja nicht Ziel sein kann sein Verhalten extra der Gegenwart der Polizei anzupassen und es sonst trotzdem zu machen. Das fand er dann irgendwie schlüssig und liess mich ohne Ordnungsgeld von dannen ziehen.
Ein weites Feld…
Ich denke, es korreliert einfach die Bereitschaft sich an Regeln zu halten (auch wenn einzelne sie mindestens zeitweise unsinnig finden) und die Unfallhäufigkeit. Dazu kommen natürlich noch, wie von Stefan erwähnt, u.a. Strassenzustand und Effizienz von Rettungswesen. Wenn, wie selber erlebt, in Bulgarien auf schlechten Strassen, Fahrer in schlecht gewarteten Lkw in unübersichtlichen Situationen überholen ist die Unfallquote sicher höher als in England wo die Verkehrsregeln weitgehend beachtet werden und insgesamt vergleichsweise entspannt gefahren wird.
Aber wenn jetzt ein Fußgänger, der den umgebenden Verkehr im Auge hat(!) bei Rot die Strasse quert, geht die Welt sicher nicht unter. Beim Kfz sieht das schon wegen der höheren Geschwindigkeit etwas anders aus.
Ich muß mich nochmal korrigieren:
Es ist nicht einmal gesagt, dass die 3 Toten der Lichtzeichenmißachtung überhaupt Fußgänger waren.
Hier in der Jahresstatistik ist es besser dargestellt:
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/TransportVerkehr/Verkehrsunfaelle/VerkehrsunfaelleJ2080700147004.pdf?__blob=publicationFile
Seite 299: Fehlverhalten der Fußgänger nach Altersklassen
Tote durch falsches Verhalten von Fußgängern: 340
davon 271 durch falsches Verhalten beim Überschreiten der Fahrbahn.
davon wiederum an Stellen, an denen der Fußgängerverkehr durch Polizeibeamte oder Lichtzeichen geregelt war: 28
Viel beachtlicher: 167 der 271 Fälle sind klassifiziert als „ohne auf den Fahrzeugverkehr zu achten“ (von Seiten der Fußgänger).
Der größere Anteil alter Menschen unter den Toten könnte darauf zurückgehen, dass diese an den Folgen auch minder schwerer Verletzungen schneller starben, es kann aber auch ein Anzeichen sein, dass diese aus Einschränkungen der Sinne etc. weit gefährliche Unfälle provoziert haben. Bei den Toten macht die Anzahl der über 65-jährigen ja fast die Hälfte aus. Bei den Verletzten jedoch lediglich rund ein Zehntel.
Die meisten der Unfälle wiederum fanden nicht an einer Ampel (bzw. in deren Nähe statt) – sondern schlicht bei irgendeinem Überqueren einer Fahrbahn. Das bedeutet entweder das das Beachten der Ampeln den meisten Leuten beim Überleben hilft, oder das der Bereich in denen Ampeln stehen meist auch gut einsehbar ist und es Fußgängern ermöglicht dort auch bei Rot eher lebend über die Straße zu kommen, als an vielen anderen Stellen. Man bräuchte dafür sicherlich mal ein paar tiefergehende Untersuchungen.
@Stefan:
„Ohne auf Fahrzeugverkehr zu achten“ – das sind dann die Leute, die rechts auf einem Fußgängerweg laufen, nur um dann plötzlich die Straße zu überqueren, ohne hinter sich zu schauen (Geschweige denn nach links oder rechts) und dann natürlich nicht den jeweils kürzesten Weg über die Straße, sondern einen schön steilen Winkel wählen. Vorzugsweise natürlich mit Kopfhörern, um Motorengeräusche auszublenden.
Dieses Verhalten ist hier eine Art Krankheit. Da musste ich auch schon als Fahrradfahrer das eine oder andere Mal hart bremsen, um nicht in die Leute zu kacheln.
Aber ehrlich… da hilft dann auch eine Ampel nicht mehr. Solche Leute überqueren dann auch stark befahrene Hauptstraßen 5 Meter hinter der Ampel auf genau diese Art und Weise. ¯\_(ツ)_/¯
Leute: Es geht immer noch um das Prinzip, und zwar um das Prinzip, Regeln ins Belieben des Einzelnen zu stellen – wenn Ihr erlaubt, Ampeln nach Belieben auch bei Rot zu überqueren, wird sich dieses Prinzip „Ich darf entscheiden, ob es passt“ auf andere Bereiche ausdehnen, und zwar sehr schnell und gründlich.
Tut es sowieso schon, denn dass Leute mit Eigenmächtigkeit nicht umgehen können, ist keine Fantasie oder seltsame Meinung von mir – der Beweis dafür ist ebenfalls und unübersehbar in den Statistiken zu finden: Die u.a. häufigste Unfallursache „Unangepasste Geschwindigkeit“ ist nichts anderes als die Folge des eigenmächtigen Übertretens von Grenzen, bei denen solange ausprobiert wird (immer schneller, immer waghalsiger), wie weit man sie übertreten kann, bis… Für das Ergebnis siehe Unfallstatistik, Notaufnahmen und Friedhöfe.
Aber Ihr wollt ja unbedingt, dass Regeln beliebig werden, ist klar, und dass bei den Leuten, die Ihr jeden Tag auf der Straße vor der Nase habt. Ja, ne, is klar. (Und nochmal der Hinweis: Wer eine Lösung findet für die Wenigen, die den Vielen den Spaß verderben… Hat keiner? Ich dachte es mir.)
Und für die, die diese Abstraktion, dieses Gedankenfaden, nicht hinbekommen, mache ich es beim Lieblingsthema mal ganz leicht: Wer in verkehrsschwachen Zeiten die Straße auch im Bereich von Lichtsignalanlagen nach eigenem Ermessen queren will (außerhalb darf man das meistens sowieso; scheint Euch aber nicht auszureichen), sollte sich bei den zuständigen Behörden darum kümmern, dass die „Ampel“ in verkehrsschwachen Zeiten ausgeschaltet wird. Dort sollte man allerdings auf die Masse anwendbare und rational nachvollziehbare Argumente vortragen, die Damen und Herren haben aus überreichlicher Erfahrung einen wesentlich bodenständigeren und, siehe Statistiken, auch erfolgreicheren Ansatz, zum Glück.
(Und zu den Statistikhelden, die den Erfolg eines funktionierenden Regelwerks als Beleg für dessen Überflüssigkeit anführen: Das ist beeindruckend albern und schlecht gleichzeitig… Ich verbuche das unter „Es ist niemand so unnütz, als dass er nicht noch als schlechtes Beispiel dienen kann“, mehr fällt mir dazu nicht ein.)
@Carom:
Mal ganz ehrlich: Du machst da echt gerade aus einer Mücke einen Elefanten. Außer Dir ging’s hier scheinbar niemandem von Anfang an ums Prinzip. Im Grunde ging’s nur um die Frage, ob Modelle von anderswo nicht auch ihre Vorteile haben könnten, bzw. die Feststellung: Ja, haben Sie vielleicht.
Und natürlich kann man unter Einbezug der Unfallstatistik zur Idee kommen, dass unser System das bessere ist – ich hab mehrfach geschrieben, dass ich die Vermutung auch habe. Aber bei Dir wird aus Aro, wenn er seine Verstöße beichtet und erklärt gleich die Ausgeburt des Bösen. Ist ja egal, wie sehr man die Regeln bricht – bricht man sie, ist man halt böse.
(Im Übrigen handelt Aros aktueller Artikel vom rücksichtslosen Verhalten eines Taxifahrers, das er mehr als nur kritisiert)
Niemand hier will die StVO abschaffen oder Dir die Meinung wegnehmen, dass Du sie für besser hälst als lockerere Varianten. Aber es reagiert gerade auch niemand so aufbrausend und rechthaberisch.
@Carom:
Ich fasse mal kurz zusammen: Du bist der Meinung das Regelübertretungen automatisch zu weiteren führen, also erst ist es die Ampel dann ist es 60kmh in der Zone-30, später folgt dann Diebstahl,Raub und Mord? Dafür hast Du nochmal welche Belege? Die Menschen die über genügend „Situation-Awareness“ verfügen, für sich selbst zu entscheiden ob sie die Lebensgefahr eingehen bei Rot über eine „Fußgänger(!)“-Ampel zu gehen, werden es auch ohne Deine Absolution tun. Die lesen hier sicherlich in der Mehrheit nicht einmal mit.
Du führtest zuerst die Unfallzahlen anderer Länder in die Diskussion ein, ohne überhaupt nur zu versuchen zu verstehen, dass es keine Korrelation zu dem Verhalten an Ampeln geben muß, und schon gar keinen Kausalzusammenhang.
Anstatt einmal auf Zahlen einzugehen, oder eventuell auch mal ein paar fremdsprachige Quellen zu bemühen, bleibst Du eigentlich nur stur bei Deinem Kernpunkt (Regeln sind wichtig und müssen um jeden Preis beachtet werden).
Das es z.B. auch in nordeuropäischen Ländern wie z.b. dem UK ebenso Praxis ist über rote Ampeln zu gehen und sich Expats von dort doch arg wundern, gerade was auch die strafenden Blicke der Passanten oder deren Kommentare angeht, sobald man es hier macht, kommentierst Du lieber garnicht. Deren Unfallstatistik sieht zum Beispiel auch wesentlich besser aus (was widerrum an vielen anderen Ursachen liegen kann). Es stellt somit einen Widerspruch zu Deiner Argumentation dar, den du garnicht gewillt bist zu sehen.
Ich habe selbst angemerkt, das meine Zahlen nicht belegen, dass es „ungefährlich“ ist bei Rot zu gehen (weil genau dazu auch die Datenlage fehlt). Nur eigentlich ist es schon ziemlich seltsam, dass Du ja anmerkst man könne ohnehin abseits von Ampeln überall ja gerne die Straße queren, wobei daraus die Mehrheit, der von Fußgängern verschuldeten Unfälle resultiert.
Das Du nun auf das bspw. auf das Thema Geschwindigkeitsübertretung ausweichst sagt eigentlich schon alles, ein Fußgänger wird sich dessen wohl kaum schuldig machen können. Es mag für Dich unvorstellbar sein, aber mit dem KFZ warte ich auch Nachts vor einer roten Ampel, ich halte mich an die Geschwindigkeitsvorgaben, habe 0 Punkte und fahre seit 15 Jahren unfallfrei, jedoch kann ich differenzieren und verhalte mich als Fußgänger wie es mir gerade passt 😛
Leute: Ich lasse nicht von meiner Meinung, da nützt auch Fäusteschütteln und Schimpfen nichts: Wer Regeln ins Belieben stellt, macht einen Fehler, der Menschenleben kosten kann.
Das muss niemanden überzeugen, fahrt und geht, wie Ihr meint – aber lasst den Unsteuerbaren nicht die Wahl, sie können damit nicht umgehen. Wer sich was anderes wünscht, hat Wünsche, aber kein Konzept. („Wer eine Vision hat, sollte zum Arzt gehen.“ Helmut Schmidts pragmatische Devise)
Zum Abregen (Eurerseits, mich juckt das Thema nur ernsthaft, wenn ich die Opfer sehe) und als Abschluss ein Lesetipp für alle Verkehrsplaner (entstammt einer meiner Verbindungen mit dem Thema):
http://www.zeit.de/2010/38/Rote-Ampeln