Als im Frühling noch nicht so recht klar war, ob Taxifahrer nicht vielleicht auch vom Mindestlohn ausgenommen werden könnten, habe ich ein wenig überlegt, wie sich das Geschäft wohl entwickeln würde, würde er beschlossen. Ich kam (im Rahmen langer Diskussionen) zu der Erkenntnis, dass vermutlich der Umsatz steigen würde. Und zwar im Laufe dieses Jahres noch. Alleine die große Unsicherheit auf der Unternehmerseite, wie man künftig mindestens 8,50 € zahlen solle, müsste im Großen und Ganzen dazu führen, dass Fahrer zumindest nicht neu eingestellt werden. Darüber hinaus müssten einige Kündigungen auch schon ausgesprochen worden sein.
Und nun, drei Monate vor Tag X; nachdem der Mindestlohn beschlossen wurde?
Wenn ich meine eigenen Zahlen nehme und den Kollegen Glauben schenke, dann boomt das Geschäft wie nie. Dass wir an manchen Abenden für einen Zehner Umsatz die Stunde rausgefahren sind, daran können sich manche kaum noch erinnern. Meine (statistisch natürlich eigentlich irrelevanten) Zahlen legen eine Umsatzsteigerung von 10 bis 25% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahe, gefühlt isses fast das Doppelte, was ich gerade einfahre.
Natürlich kann das alles auch noch eine normale Schwankung sein, bzw. ein reines Nachtschichtphänomen. Gerüchten zufolge haben aber große Firmen schon reihenweise Autos verkauft und die Umsätze sollen auch in der Tagschicht hochgegangen sein. Was irgendwie ins Bild passen würde. Für eine endgültige Bestätigung bräuchte es eigentlich (monats-)aktuelle Konzessionszahlen vom LABO. Wenn jemand weiß, wie man da rankommt, würde ich mich über einen Hinweis freuen.
Bis dahin bleibt die Frage: Bist Du’s, Mindestlohn?
Kann das auch für die Tagschicht bestätigen…ist fast schon unheimlich…
Ich hoffe dass es kausal ist und nicht korreliert 😉
Zwei Gedanken:
1. Könnte auch eine Art Solidarität mit den Taxifahrern wegen Uber dazu führen, dass sich nun mehr Kunden entscheiden, mit dem Taxi zu fahren? Ich meine, die Propagandamaschine der Uber-Marketingabteilung ist doch gerade auch oft in der Rezeption der Bevölkerung ziemlich nach hinten gegangen, und manche Medien haben ihren Job gemacht und nicht propagandistisch darüber berichtet (waren wohl genug, dass die öffentliche Meinung nun weiß, wie es wirklich aussieht)…vielleicht war vielen vorher gar nicht klar, dass Taxifahren ein Niedriglohnjob ist, und sie waren halt zu geizig oder sonst irgendwas, so dass sie Taxis nur in Ausnahmefällen mal in Anspruch genommen haben? Und nun sehen sie, dass die Branche bedroht ist, und fahren häufiger mit dem Taxi, wo sie es ansonsten nicht getan hätten?
2. Zu der Sache mit dem Mindestlohn/Stundenlohn beim Taxi, was ja umsatzbasiert funktioniert: Wie soll das denn dann gehen mit langen Wartezeiten? Theoretisch könnte der Fahrer sich am Taxameter abmelden, um die Wartezeit an der Halte oder sonstwo nicht als „Arbeitsstunden“ bezahlt zu bekommen, aber dann ist wohl auch die Fackel aus – also keine gute Idee, und auch irgendwie unfair, weil is ja Bereitschaft. Wie wird das gelöst? Müsst Ihr dann einfach in einer Stunde 17€ (an Lohn für Euch, also eigentlich das doppelte) einfahren, wenn Ihr vorher 1 Stunde irgendwo auf Kunden gewartet habt?
Sash, Du hast doch vor ein paar Tagen Hamburg nebenbei gelobt, weil dort die Taxis strenger kontrolliert werden und daher die Umsätze auf weniger Fahrer verteilt werden – ähnlicher Effekt nun in Berlin?
Und Frage an die Hamburger Taxifahrer: Steigen die Umsätze dort auch?
Den ersten Gedanken von Wahlberliner finde ich nicht schlecht.
Die ganze Diskussion um Uber war auch eine große Werbeplattform für das Taxigewerbe.
Es gibt sicherlich einige die schlichtweg „vergessen“ (also nicht im Bewusstsein) hatten, das eine Taxifahrt auch eine gute Möglichkeit ist um von A nach B zu kommen.
Gleiches gibt, wenn auch nicht ganz so stark, sicher auch für die Mindestlohndiskussion.
Carom: in Hamburg steigen vor allem die Taxipreise. Jetzt ist es hier noch viel teurer als in New York(haben die im Fernsehen ausgerechnet…). Das könnte aktuelle Zahlen verfälschen. Sowohl was den Kilometerschnitt angeht, als auch die Kundenzahlen.
@rene:
Danke. 🙂
@Andreas:
Das hoffe ich auch.
@Wahlberliner:
1. halte ich für unwahrscheinlich. Wer denkt sich denn bitte „Oh, heute fahr ich mal Taxi, denen geht’s ja auch nicht so gut.“? Mal abgesehen davon, dass ich derartiges noch nie auch nur ansatzweise gehört hätte.
2. Es wird darauf rauslaufen, dass man den entsprechenden Umsatz pro Stunde einfahren muss. Und das ist nicht unrealistisch, wenn die Zahl der Taxen sinkt. Dadurch fallen ja eben genau die Wartezeiten weg. Den Unternehmern kann es ja auch egal sein, ob die Fahrer zwischen 18 und 19 Uhr 0 € einfahren – so lange sie von 18 bis 4 Uhr 200 € zusammenhaben. Und das ist drin. In der Nachtschicht liegt der Lohn inzwischen schon in der richtigen Höhe in Berlin.
Es wird sicher den ein oder anderen Chef geben, der da ein wenig tricksen will mit Bereitschaftszeiten etc – aber ich glaube nicht, dass das funktionieren wird.
@Carom:
Ich bin mir ziemlich sicher, dass im Rahmen des Prozesses die Umsätze gestiegen sind. Wie viel im Einzelnen weiß ich nicht – aber ich bin in der Tat ein wenig verwundert, dass sie sich dort immer noch beschweren, es würde nicht für den Mindestlohn reichen. Hätte vermutet, dass 1000 Taxis weniger da genügend ausgemacht hätten. Auf der anderen Seite ist es schwierig, ein seit etlichen Jahren laufendes Projekt in den direkten Auswirkungen zu bewerten. Wie hat sich parallel dazu die Nachfrage entwickelt (auch und gerade in Anbetracht von z.B. Tariferhöhungen)?
In Berlin würde ich sagen, ist sie ständig gestiegen. Alleine der Touristen wegen. Ob das in Hamburg auch so war, weiß ich nicht.
@hrhrurur:
Das klingt aber auch nur unheimlich, wenn man die New Yorker Taxitarife nicht kennt. Berlin ist auch teurer als New York.
Wobei ich nicht abstreiten will, dass Hamburg einen sehr hohen Tarif hat. Arg viel mehr findet man in Deutschland wohl nur selten.
Dafür hat Hamburg ein relativ zuverlässiges und auch ganz vernünftig strukturiertes Netz bei Bus und Bahn. Gerade die Ubahn mit ihrem zentral wirklich extrem dichten Netz und Takt und der allgemeinen Anordnung konsequent zur Mitte dürfte hier grundsätzlich ein anderes Bedürfnis für Taxen machen. Dadurch, dass in Hamburg in der Mitte praktisch überhaupt nicht gewohnt wird und die Fahrpläne im Vergleich zu zB Berlin auch einfach mal eingehalten werden im Großen und Ganzen ist das hier auch glaube ich entzerrter. Klar, in der Innenstadt stehen elfenbeinfarbene Großflotten und so, aber es ist einfach eine andere Struktur und damit ja auch eine andere Kalkulation.
Andererseits ist Hamburg eh eine ziemlich teure Stadt bei so Luxussachen. Kneipen sind teuer, Restaurants, sowas halt. Auch Mieten sind hier vergleichsweise hoch. Da wäre es seltsam, wenn Taxen billig wären.
Das macht auch so Vergleiche schwierig. Und Berlin als „Dipol“ nimmt da ja sowieso nochmal eine Sonderstellung ein. Ist ja schön, dass wir nicht solche Schachbrettstädte haben wie die Amis, aber hier sind dafür gleich große Städte nicht in dem Maße vergleichbar bei so strukturellen Dingen
@hrhrurur:
Da stimme ich zu. Ist leider nicht so wirklich einfach. Und auch ich, der ich das Taxigewerbe aus erster Hand nur aus Berlin kenne, wundere mich z.B. über viele andere Tarife schon in Deutschland. Aber ja, vielleicht haben die auch ihre Begründung, die sich nur aus dem Arbeitsalltag erschließen lässt …
Ich würde dir gerne in manchen Punkten widersprechen wollen Sash. Die Frage ist: Willst du die Kritik hören?
@silverchaser:
Also wenn Du schon so nett fragst. 🙂
Im Ernst: Natürlich! Ich kann Dir nicht versprechen, meine Meinung zu ändern, aber ich bin interessiert.
Berlins größtes Taxiunternehmen hat weder Konzessionen abgebaut, noch Kündigungen geschrieben. Fakt!
Sehe ich mir die Entwicklung dieses Unternehmens an, dann könnte ich mir auch vorstellen, warum das so ist.
Das Unternehmen ernährt sich nicht nur aus dem Taxigeschäft. Sie haben ihre firmeneigene Werkstatt, wo jeder auch Privatpersonen ihre Fahrzeuge reparieren lassen können und seit neuestem haben sie BEMA – Taxiwerbung aufgekauft. Statt Arbeitsplätze abzubauen, wurden so neue geschaffen. Und weil die Firma 3 Einnahmequellen hat, sind die Fahrer auch entlastet, falls sie den für den Mindestlohn erforderlichen Umsatz nicht erwirtschaften können.
Damit komme ich auch zu dem Punkt, wo ich dir widersprechen würde. Du sagst, dass all diejenigen entlassen werden, die den Umsatz nicht einfahren. Das bedeutet also größtenteils die Sorte Taxifahrer, die durch irgendwelche Umstände nicht an genügend Aufträge kommen. Z.B. Tagfahrer die von der Stadt ausgebremst werden.
Für den Unternehmer ist es wichtig, dass sich das Fahrzeug rentiert, nicht unbedingt die Fahrer. Ein Unternehmer mit wenigen Konzessionen, der nur allein vom Taxigeschäft lebt, wird mehr Anforderungen an seine Fahrer haben als z.B. solch ein Mehrwagenunternehmer. Ein Nachtfahrer, der guten Umsatz einfährt, dessen Ablöse mangels MIndestumsatz gekündigt wurde, wird generell zukünftig mehr Umsatz erwirtschaften müssen, damit sich der Wagen rentiert. Die Frage stellt sich, schafft der gute Nachtfahrer das und wie lange wird er diesem Arbeitsdruck standhalten?
Man sitzt sozusagen im gleichen Boot. Mindestumsatz allein für Mindestlohn reicht dem Unternehmer nicht.
Es muss auch nicht zwangsläufig daraus hinauslaufen, dass umsatzschlechte Taxifahrer arbeitslos werden. Ich sage immer: die Masse macht es. Berlins größtes Taxiunternehmen ist mit 101 Konzessionen vertreten. Mit den Einnahmen der Werkstatt und den Aufträgen der Werbefirma lassen sich hohe Umsätze erzielen und diese wiederum können selbst den Tagfahrern unter die Arme helfen.
Man lebt doch viel entspannter, wenn einem die Last von den Schultern genommen wird. Auch als Nachtfahrer muss man sich nicht abhetzen. In unserer Firma gibt es auch Nachtfahrer, die so wenig Umsatz machen, wie die Tagfahrer. Und dennoch wurde keiner gekündigt. Ganz im Gegenteil, die Firma sucht noch Fahrer.
@silverchaser:
Meine Firma sucht auch noch Fahrer. Aber wie Du richtig schriebst: die Masse macht’s. Und viele Unternehmer haben jetzt Probleme. Ich meinte auch nicht speziell DAS größte Unternehmen, sondern ein anderes größeres, von dem ich das gehört habe. Ob’s wirklich wahr ist, kann ich leider auch nicht sagen, hab’s aber von zwei Leuten schon gehört.
Und ähnlich wie Du sehe ich auch, dass es deswegen bei weitem nicht immer die richtigen trifft und das keineswegs alles perfekt läuft. Aber dass die Umsätze steigen, scheint ja wohl tatsächlich zu stimmen.
Es macht jedoch den Unterschied, ob der Unternehmer nur vom Taxigeschäft lebt oder ob das Unternehmen zu einem Multikonzern expandierte.
Meine Firma wird wohl einige dieser Problemfälle auffangen können. Mit Mindestlohn sollte uns es egal sein, wieviele Fahrer wir in Berlin sind. Wir sollten aufhören uns gegenseitig in die Pfanne zu hauen. Stattdessen können wir Maßnahmen ergreifen, die uns mehr Kunden beschert.
@silverchaser:
Da bin ich grundsätzlich bei Dir. Aber sag das mal den Unternehmern. Und so lange der Mindestlohn nicht überall erwirtschaftet wird, werden halt auch Stellen wegfallen. Mich als Fahrer juckt der Mindestlohn erst einmal gar nicht – zumal als Nachtfahrer, dessen Verdienst sowieso höher liegt. Und nicht jeder Unternehmer kann oder will sich ein zweites Standbein schaffen.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/taxiunternehmer-aus-hannover-kuendigt-fahrern-wegen-mindestlohn-a-993356.html#ref=veeseoartikel
Das wird auf jeden Fall spannend, wie das ab 2015 mit dem Mindestlohn wird. Fakt ist, dass der Fahrer ungefähr 23 EUR/ Umsatz die Stunde machen muss, um dann bei einer 10 Stunden Schicht 85 EUR netto bezahlt zu bekommen.
Um das Umsatz-Ziel zu erreichen, müssen weniger Taxen mehr Fahrgäste befördern, denn mehr Fahrgäste wird es wohl kaum geben. Ich kann mir vorstellen, dass die Zahl der Taxen in Berlin massiv runter geht. Eben Angebot und Nachfrage, so funktioniert der Markt.
Auch denkbar wäre ein Fahrer-Jahresziel von Netto 20.400 EUR, bei 2.160 Arbeitsstunden + 24 Tage Urlaub, weil ja die kalte Jahreszeit mehr Umsatz bringt, als die Frühlings/ Sommermonate.
Und Ehrlicherweise müsste irgendwie das Trinkgeld je Schicht mit verrechnet werden.
@metro: Die 8,50€ Mindestlohn sind brutto, nicht netto. Sonst könnte man davon ja sogar fast leben.
@Wahlberliner: Oh Shit, dann sind das ja alles Bruttozahlen, die ich da vorgerechnet habe…
Das heißt, je nach Steuerklasse um die 5 EUR netto die Stunde.
Dann nehme ich das mit dem Trinkgeld natürlich zurück!!!
@bernd:
Ja, derartige Meldungen sind derzeit an der Tagesordnung …
@metro:
Also mein Chef geht von 21 € Stundenumsatz aus, um den Mindestlohn zahlen zu können. Was wohl an Kranken- und Urlaubsgeld und so liegt – denn ich kriege ja eigentlich eh 45% brutto, da bin ich schon ab 18,90 € Stundenumsatz bei 8,50 €.
Jahresziele wären sicher eine eigentlich denkbare Möglichkeit – aber ich schätze, dafür reichen die Rücklagen der Unternehmen nicht unbedingt aus. Tatsächlich ist es doppelt hart, dass der Mindestlohn im Januar eingeführt wird, wo die Umsätze traditionell in den Keller gehen (bei mir letztes Jahr z.B. 25% gegenüber Dezember).
Mal egal, ob das Ganze jetzt brutto oder netto ist: was hat das mit den Trinkgeldern zu tun? Dass Trinkgelder eine grundsätzliche Frage sind – ok. Aber in der Regel erarbeitet man sie sich dann ja doch explizit als Dienstleister und nicht als der Buchhalter im Hintergrund, der der Chef eines Taxiunternehmens im Grunde (insb. für die Kunden) ja eher ist.
Man kann sich das Leben natürlich schwer machen. Mein Tipp war der Wink mit dem Zaunpfahl.
@silverchaser wo ist jetzt eigentlich dein Tipp. Kann den nicht so recht rauslesen… scheint wohl eher ein kleiner Wink mit einem kleinen zaunpfahl, weil ich seh den nicht…
@silverchaser:
Da muss ich rene zustimmen: Von welchem Tipp bitte redest Du?
Sorry, also noch näher bringen geht nicht.
Und ist auch nicht meine Aufgabe.
Am besten ihr bleibt bei dem, was ihr habt.
@silverchaser klar wir haben dich nicht verstanden…;)
@rene:
Nicht zu laut drüber reden, sonst bekommen SIE es mit. Noch näher bringen geht nicht. 😉
Als regelmäßiger Taxifahrer kann ich sagen, dass es mitunter schwieriger geworden ist, ein Taxi zu finden. Einmal hat mir die Funkzentrale kein Taxi vermitteln können (erst sagten sie: Kommt sofort! Nachdem keines kam, rief ich nochmal an….sauschlechtere Service. hätte fastmeinen Zug verpasst!) – 16 Uhr an einem Wochentag – ein anderes Mal habe ich übere mytaxi Samstag früh um 9 nach 10 Minuten keines bekommen. Das habe ich früher nie erlebt.
Irgendetwas muss also passiert sein.