Während ich so an der Biermeile vorbeizuckelte, war ich wie immer extrem vorsichtig. Anderthalb Kilometer Bierstände, tausende Betrunkene und ein komplett zugeparkter Seitenstreifen, bei dem jederzeit jemand zwischen den Autos auf die Straße springen könnte – ist natürlich ein Umsatzgarant, dieses Fest, aber es fordert von Taxi- und allen anderen Autofahrern durchaus einiges an Achtsamkeit.
Vermutlich ist er mir deswegen schon so früh aufgefallen. Gute hundert Meter von mir entfernt. Während ich mit Tempo 30 auf der zweiten Spur in seine Richtung zuckelte, tat er auf der rechten Spur Ausfallschritt um Ausfallschritt, offenbar auf der Suche nach etwas.
„Nach einem Taxi – na logo!“
Die Schlussfolgerung lag nah, man kennt mit der Zeit ja seine Schweinchen am Gange. Er aber winkte nicht. Während ich immer näher kam, sah ich, dass er ein eher verlebter Typ war. Graues Haar unter einer Military-Mütze, ungepflegter Schnauzbart und ein Shirt, das sichtbar mit Schweiß- und sonstigen Flecken ausgestattet war. Und – verdammt! – er suchte auf der Straße was. Aber er ließ mich vorbeifahren.
„Der wird doch nicht …“
Doch, tat er. Kaum, dass ich vorbei war, riss er den Arm hoch, um den etwa 30 Meter hinter mir fahrenden Kollegen in seiner neuen E-Klasse ranzuwinken. Ihr hättet mein Grinsen sehen sollen, als der Kollege beschleunigt hat und an ihm vorbei ist …
Aber gut, mal ganz sachlich:
Ich fahre einen Opel und wir brauchen uns nix vormachen: Der unterscheidet sich in vielerlei Dingen von einer E-Klasse. So eine E-Klasse liegt wesentlich ruhiger auf der Straße, ist weicher gefedert, besitzt mehr Eleganz. Mein Opel hingegen …
Ein Kollege hat die Kisten mal „Kaufmannswagen“ genannt. Und Unrecht hat er damit nicht. Im Gegensatz zu einem Mercedes sind die Fahrzeuge eher spartanisch ausgestattet, sie haben ihre Stärken anderswo. Im Platzangebot beispielsweise. Und die Ansprüche der Menschen sind verschieden. Egal, ob Fahrer oder Kunden. Viele fahren lieber Mercedes als Opel, das ist klar. Hat ja auch was. Aber ebenso wie ich den Kollegen ihr Auto nicht neide, weil ich lieber Platz für meinen Kopf hab als Automatikgetriebe, gibt es auch Kunden, die z.B. lieber höher sitzen. Trotz freier Taxenwahl kriegen wir alle unsere Fahrgäste und ich hab auch ungern Leute im Wagen, die mich permanent vollquatschen, wie scheiße sie die Kiste finden. Klar nimmt man das zur Kenntnis, wenn man zugunsten eines anderen Wagens verschmäht wird, ärgern tut es mich so gut wie nie.
In dem Fall war ich dann auch eher gehässig, weil der Typ so ramponiert war. Der sah aus wie schon mal gegessen und wieder ausgekotzt und hatte offenbar immer noch Ansprüche. Darf er haben, klappt halt nicht immer.
Ich weiß, manche Kollegen nötigen ihren Kunden einiges auf. Auch unter diesem Artikel tauchen sicher wieder die Kommentare auf, die von stinkenden, nöligen Taxifahrern in kaputten Autos berichten, die rauchen und nicht mal den Müll rausräumen, der auf der Rückbank liegt. Schade, dass sowas vorkommt, ehrlich. Aber uns Fahrern geht es nicht besser. Unsere Kundschaft ist mindestens so vielfältig wie die Taxifahrer da draußen. Uns steigen Leute ein, die eine Fahne haben, dass es kracht. Dreckige Leute, die Sand und undefinierbare Fettflecken im Auto verteilen. Menschen, die versehentlich der Explosion einer Parfumfabrik beigewohnt haben. Und beim lustigen Repertoire von Körperausscheidungen sind wir bei der Aufzählung noch nicht einmal angelangt.
Und das ist auch erst einmal nicht dramatisch. Ein bisschen albern wird’s halt da, wenn man von anderen Leuten Dinge erwartet, die man selbst nicht mal im Ansatz einhält.
Der Typ wird noch ein Taxi gefunden haben, sicher sogar einen Mercedes. Das passt schon. Ich hab auch noch Kundschaft gefunden. Drei Jungs, gut einen im Tee, aber nett. Eine Tour für knapp 20 €, 10% Trinkgeld und das passende Gespräch dazu:
„Is‘ des nich‘ total eklig, wenn wir hier alle so nach Alkohol stinken?“
Nee Jungs, das ist voll ok. Ich fahr ja auch keine E-Klasse. 🙂
Also, ich rufe oft Taxis für unsere Hotelgäste. Da gibt es den klassischen Cityruf, einen scheinbar frei arbeitenden Türken mit Großraumtaxi und my Taxi, heißt das glaube ich.
Unser Hotel wurde durch dieses my Taxi akquiriert. ;ein Chef ist son PC-Geek. Du rufst per PC das Taxi und kriegst genau angezeigt wo es sich gerade befindet, wie der Fahrer heißt (immer ausländische Namen) und immer eher üsselige Fahrer. Klar das System kostet, die akquise kostet -bleibt niht viel für den Fahrer.
Der frei arbeitende möchte nur für Langstrecken kommen, fährt also gern zum Flughafen und das ist ja auch praktisch mit dem Großraumdingen. Der will uns immer 3,- Eur fürs anrufen geben, nehmen wir aber nicht an. Find ich sehr komisch, hat so was von Bestechung.
Am allerliebsten rufe ich nach wie vor, den normalen Cityruf. Die gepflegtesten, ordentlichsten und serviceorientiertesten Fahrer, unterschiedlichster Coleur!
@Chris:
Ähm, hast Du eigentlich irgendeine Ahnung, wovon Du da schreibst? 0.o
Die meisten Fahrer fahren sowohl für eine Zentrale, als auch für myTaxi. Und beides kostet, wie sollte es auch sonst sein?
@ Chris:
Dass die Funkgesellschaft oder Smartphone-Taxi irgendwas mit dem Erscheinungsbild, Kompetenz, Herkunft des Namens, Sauberkeit, Freundlichen des Fahrer usw. zu tun hat, ist Quark. Glaube mir: Es arbeiten überall kompetente Leute und Vollhonks und alles dazwischen.
Aber, ob es auch kompetente Vollhonks gibt? 😉
Na klar, sonst wären Sie ja nur Halbhonks oder z.B. 83-Prozent-Honks.
Ich fahre jetzt eine neue E Klasse und erlebe es teilweise, dass Fahrgäste lieber mit mir fahren. Nur stelle ich fest, dass diese Leute, dann doch eher unangenehme Zeitgenossen sind.
Ich bin auch kein anderer Taxifahrer, egal ob ich Benz, oder Touran fahre.
Solche Fahrgäste, die vor mir stehende Kollegen übergehen, wollen meist auch nicht weit weg.
Nur einen Fahrgast hatte ich neulich, der gewartet hat, bis ich vorn war. Dieser meinte dann, er wollte nicht mit “ Ausländern “ fahren. Nunja, ich habe nichts gegen Ausländer, aber bei einer 130 Euro Tour halte ich meinen Mund.
@Wahlberliner und Aro:
Halbhonks – made my day! 😀
@Sven-Erik:
Puh, so eine lange Fahrt mit so einem Deppen … da fällt mein Neid auch gering aus. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich gemacht hätte.
Ansonsten hast Du natürlich Recht. Selbst am Auto kann man die Qualität eines Taxifahrers nicht erkennen. *auf die Beulen meiner 1925 schiel* 😉
Ich hatte witzigerweise genau dieses WE gleich zwei Kunden, die mein Auto lobend (!) erwähnt haben. Und zwar keine alten Leute, die sich schwer taten mit tiefem Sitzen. Wie man sieht: Es gibt eben alles …
Bei meinen wenigen Taxifahrten ist es mir normalerweise egal was für ein Taxi es ist. Hauptsache Platz für meine Füsse und meinen Kopf. (Also schon mal kein A8) Mit einer Ausnahme: hier in Stuttgart fährt ein C6 als Taxi. Irgendwann, wenn ich den sehe, steig ich ein und fahr irgendwohin. Schon unser C4GP ist auch für den Beifahrer bequem, das muss da ja noch besser sein.
nee – weiß ich natürlich nicht. Ich lerne noch. Ich dachte et jibbt da so den einen oder anderen Verein. Das jeder für jede zentrale oder Vermittlung fährt wusste ich nicht. Aber irgendwie isset halt aufgefallen. Heißt das, das fast alle Taxifahrer freiberuflich arbeiten?
@MartinTriker:
Hmm, in einem C6 hab ich auch noch nicht gesessen. Aber ich kenne auch keinen, der einen fährt.
@Chris:
Da gibt es alles. Und das hängt immer davon ab, von welcher Stadt oder welchem Landkreis wir reden. Auf dem Land kann die Zentrale beispielsweise mit dem Unternehmen identisch sein. In Großstädten sind die Zentralen aber meist eigene Unternehmen, bei denen sich die Taxifahrer (oder deren Chefs, falls sie nicht selbständig sind) gegen Gebühr anmelden können. Aber auch wenn wir in Unternehmen sind, können wir uns selbst (wie z.B. der Kollege in deinem Beispiel) um Stammkundschaft kümmern. Auch Apps wie MyTaxi sind allen Fahrern zugänglich, müssen je nach Unternehmen allerdings aus eigener Tasche bezahlt werden.
Ich hab z.B. Innungsfunk im Auto und MyTaxi auf’m Handy. Wenn ich wollte, könnte ich meinen Chef überreden, das Auto auch noch beim Bärchenfunk anzumelden. Dann würde ich für zwei Funkzentralen, einen Chef und für MyTaxi arbeiten.
Und im Hotel um die Ecke kann ich natürlich auch anfragen, ob sie mir ihre Aufträge nicht aufs Handy schicken könnten.
Sprich: Ich könnte jeder der Kollegen aus deinem Beispiel sein. 🙂
Oki, wieder was dazu gelernt. Vielen Dank! 🙂
@Chris:
Schön. 🙂
Das Platzangebot in einem Zafira ist natürlich nicht schlecht, aber bei einer E-Klasse auch nicht. Da von einem Vorteil für den Opel zu sprechen trifft wohl nur auf Großraumfahrten zu. Für Einzelpersonen spielt es keine Rolle. Und das dürften wohl die Mehrheit der Taxifahrten sein, oder?
Auch die Getriebewahl bei dir kann ich nicht nachvollziehen. In Stadtverkehr ist eine Automatik meines Erachtens angenehmer. Wir hatten eine Zeit lang Rettungswagen mit manuellem Getriebe. Das war nur nervig und nach einer Weile völlig durch, was Kupplung und die ersten drei Gänge betrifft.