Zu lang? Ehrlich?

Ich hab ja gestern schon geschrieben, dass ich mich über eine Kundin geärgert habe. Viel schlimmes ist nicht passiert, das gleich vorweg. Aber manchmal nerven einen ja die Kleinigkeiten mehr als die großen Dramen.

Die Dame mit ihrer Begleitung hatte eine recht lukrative Tour um die 7 km für mich. Die Adresse war bekannt, alles kein Thema. Einzig der kürzeste Weg funktionierte nicht. Und das wusste ich. Die Adalbertstraße ist/war zu diesem Zeitpunkt gesperrt in diese Richtung. Das machte mir schon vom Ostbahnhof aus derzeit jede dritte Fahrt lukrativer. Aber was will man machen? Sowas passiert eben und obwohl sich natürlich auch an meinem Weg nochmal ein paar Meter hätten sparen lassen, ging es letztlich um eine Differenz von vielleicht einem Euro.

Im Gegensatz zu den meisten Kunden ist ihr das auch aufgefallen. Nun gut, ich weiß ja, dass manche „Kollegen“ gerne angeblich gesperrte Straßen als Ausreden verwenden, aber ich führte mit ihr eine recht sachliche Diskussion darüber, was nun wo gesperrt ist und sie schien das sogar zu wissen. Na also. Ist doch alles nicht so wild!

Kurz vor dem Ziel kam dann urplötzlich von hinten eine Aussage, bei der man das Naserümpfen geradezu hören konnte:

„Sie könnten nun aber wirklich langsam mal die Uhr ausmachen, denn das dauert mir nun wirklich schon zu lange!“

Ach?

Klar, vor der Baustelle warten, bis sie fertig sind, wäre wohl sinniger gewesen.

Nein ehrlich, das hat mich angekotzt. Und ich hätte gerne einfach erwidert:

„Dann steigen Sie bitte umgehend aus, denn das dauert mir nun wirklich schon zu lange!“

Unverschämt? Ja, sicher. Aber genau das, was sie mir meinte, an den Kopf werfen zu müssen! Ich konnte nichts für den Umweg und aus verständlichen Gründen kosten Taxen ihr Geld pro Kilometer, bzw. Zeit. Als ob mir meine Zeit in einer gut laufenden Schicht für so eine Schnöseltante, die kein Trinkgeld gibt, nicht auch zu schade wäre. Aber der Deal ist, dass man die Kunden für Entgelt dorthin bringt, wo sie hin möchten. Das ist Taxifahren, so ist es nunmal. Und ebenso wenig wie ich Baustellen verhindern kann, kann ich Flüsse überfliegen oder mal kurz über militärisches Sperrgebiet abkürzen. Es ist wohl nicht zu viel erwartet, dass ein Kunde das nachvollziehen kann. Luftlinie ist eben nur selten möglich, sorry.

Aber die Diskussion hatte ich mir gar nicht vor, mit dieser Tante zu geben. Also ganz ehrlich: Auch wenn ich mich jetzt hier bei GNIT auskotze – da steh ich drüber. Ich hab die Uhr letztlich 200 Meter vor dem Ziel und gekonnt nach dem Umschalten derselben ausgemacht. Reingewinn für die Meckerziege: 20 Cent.

Im Gegenzug dazu (Trinkgeld gab es wie gesagt – und zu erwarten war – keines) haben sie und ihr Mitstreiter ein funktionierendes Feuerzeug und eine 2€-Münze im Taxi verloren. Dass mir jegliche Wege zur Rückgabe zu weit sind, brauche ich ja kaum zu erwähnen, oder? 😉

Liebe Verkehrsteilnehmer …

wenn ihr nicht wisst, wie ihr einer Situation begegnen sollt, die euch vielleicht bis dato unbekannt ist, empfehle ich die Lektüre des Ratgebers meines geschätzten Kollegen Yok. Der Artikel ist wie immer nur diesen Monat abrufbar, also beeilt euch!

Besondere Grüße gehen hierbei an den Skater, der mir mit seinem Board vor einiger Zeit im Kreisverkehr am Kotti nachts unbeleuchtet entgegen kam …

Guter Schnitt!

Bin zurück von einer hammermäßigen Nacht. War es die Biermeile, das gute Wetter, der Wochentag oder einfach nur Glück? Ich hab keine Ahnung und es ist mir auch egal! Ich hatte so viele Touren wie an Silvester vor anderthalb Jahren bei vergleichbarer Arbeitszeit. Gut, der Umsatz war trotzdem um Größenordnungen niedriger, da die Touren an Silvester überdurchschnittlich lang sind. Und zwar deutlich.

Trotzdem hab ich während der Schicht gerade dreimal eine Halte angesteuert – und auch das eher, weil ich inzwischen drauf und dran war, am Sitz festzuwachsen und um eine zu rauchen – und war sonst durchgängig unterwegs.

Dementsprechend hab ich aber auch „schon“ nach 9 Stunden Feierabend gemacht und das Auto glücklich und zufrieden abgestellt. Abgesehen vom Umsatz, der natürlich alle Beteiligten erfreut, werden sich meine Chefs sicher für den Kilometerschnitt bedanken:

1,34 € Umsatz pro gefahrenem Kilometer.

Ich muss ehrlich sagen: Ich hab keine Ahnung, was heute Nacht hätte besser laufen sollen. OK, das Trinkgeld war nur so durchschnittlich und über eine blöde Schnepfe hab ich mich geärgert – aber wenn das alles ist …

Nennt sich Enkel …

OK, ein bisschen kaputt war er schon zu Beginn der Tour. Eine Adresse hat er trotzdem nennen können. Prima – und ab dafür!

Am Ende der rund 6 Minuten dauernden Fahrt war er nur noch bedingt zurechnungsfähig. Wir fuhren gerade in die Straße, die er genannt hat, dann wollte er aber unbedingt noch zwei mal abbiegen. Das erste Mal hab ich noch mitgemacht, dann aber besser mal nachgefragt, was der Spaß soll. Eventuell hatte er ja vor, einfach noch ein paar Runden im Kreis zu fahren.

„Nee, is weil schmusskotzen!“

„Na du Depp, sag das doch!“

Im frühmorgendlichen Kreuzberg ist das prompte Anhalten glücklicherweise kein Problem. Ich hab die Tür aufgemacht und ihn rausgelassen. Er sagte mir, dass er nicht umgehend losreihert und erst recht nicht ins Auto. Soweit, so gut natürlich. Er bat mich dann weiterhin, noch zweimal links zu fahren.

„Aber deine Adresse war doch xy?“

„Ja, aber ich muss kotzen!“

„Junge, jetzt stell Dich nicht an. Da ist ein Busch, kotz da rein und gut is!“

Aber erstmal klingelte das Telefon. Er fingerte etwas ungelenk darauf herum, dann reichte er es mir. Ich nahm mit einer gewissen Freude zur Kenntnis, dass als Anrufer „Oma“ auf dem Display stand. OK, großes Kino, Blogeintrag. Bin ich also rangegangen. Oma war aller Verwunderung meinerseits zum Trotz gar nicht überrascht, mich am Telefon zu haben und fragte nur, weswegen ich eben an ihr vorbeigefahren sei. So richtig begründen konnte ich das auch nicht, denn der letzte verfügbare Vorschlag des Jünglings war, dass ich zweimal links fahre, wo er dann – winkend – warten würde. Da war Hopfen und Malz also endgültig verloren.

Ich versicherte der Dame, dass ich den unpässlichen Knirps so bald als möglich vorbeibringen würde. Wie gesagt: Ein Telefonat über 200 Meter Distanz. Sie wies mich noch darauf hin, dass sie ja auch das Geld hätte, der Junge wäre blank. Super, allzu lange sollte es also auch nicht dauern. Kann da ja nicht eine Rentnerin morgens um 6 Uhr ewig warten lassen …

Nachdem mir der familiäre Glücksgriff auch nach dem Telefonat nicht so recht erklären konnte, warum er nicht in den Busch kotzt und ich dazu zweimal links abbiegen müsste, sah er ein, dass ich ihn vielleicht doch kurz hinten rechts um nur eine Ecke heim – bzw. zu Oma – bringe.

Kurze dreifache Ermahnung, Platzierung an der Tür ohne Kindersicherung und sehr sehr wachsame Blicke von mir – und schon konnten wir die letzten 10 Sekunden der Fahrt antreten. Oma stand schon mit tadelndem Blick an der Straße, was aber nicht mir galt. Sie erkundigte sich freundlich nach dem Fahrpreis, ich nannte ihn und entschuldigte mich für die Wirren der letzten drei Minuten. Sie lächelte dünn, gab mir 2 € Trinkgeld und meinte zum Abschied:

„Und so wagt der es, mir unter die Augen zu treten. SOWAS (Zeigefinger auf das zerknirschte Etwas am Straßenrand) nennt sich dann Enkel …“


Also: Wenn ihr heute Abend feiern geht, beendet es mit ein bisschen mehr Würde, ok? 😉

Ansonsten wünsche ich ein schönes Wochenende – und stalkt mich nicht zu dolle …

Noch eine Rezension

Und ebenfalls wieder eine sehr liebenswürdige …

kelevraX hat in seinem Blog „Wait! What?“ auch sehr nett über GNIT geschrieben, etwas, das ich wirklich immer wieder schön finde. Nette Danksagungen kriege ich ja öfter mal per Mail oder in den Kommentaren, aber ich will ehrlich sein: Natürlich ist es besonders schön, wenn jemand mir und meinem Blog Zeit und den Platz auf der eigenen Page widmet – noch dazu mit Link. Neue Leser, Freude, Trallala, diese Geschichten … 🙂
Und nach dem ersten Lesen der Artikel bei „Wait! What?“ kann ich eine Lektüre derselben auch nur empfehlen.

kelevraX’s Bitte an mich, nicht zu reich zu werden mit dem Schreiben … naja. Zum einen bin ich weit entfernt, zum anderen kann ich mir ein Leben ohne gelegentliches Taxifahren eh kaum noch vorstellen. Da muss sich niemand Sorgen machen 😀

Auf jeden Fall ein dickes Danke! Ich freu mich wirklich, sowas zu lesen!

PS: Und da das jetzt eh schon so eine Art Serie ist: Noch wer, der sich mit Beweihräucherung meiner Seite einen Backlink verdienen will? 😉 (ich nehm auch negative Kritik, dann wird halt der Artikel böser …)

Voll auf die 50!

Wechselgeld. Ich will da gar keinen großen Terz mehr drum machen, es ist halt eine der vielen Geschichten, bei denen sich die Interessen von Kunden und Dienstleistern gegenüberstehen und man einen Kompromiss finden muss. Monatsmitte und Monatsanfang nehm ich auch mal ein paar Euro mehr mit, so auch gestern. Was dann allerdings passierte, hatte selbst ich nicht erwartet.

Zu meiner zweiten Tour werde ich von hinten aus der Schlange am Ostbahnhof gepickt. War aber verständlich, da nur eine kurze Fahrt. Kaum die Straße in knapp anderthalb Kilometer Entfernung anvisiert, seufzte mein Kunde gleich:

„Ach und endlich diesen blöden Fuffi wechseln!“

Da hab ich mir noch gedacht:

„Herrlich, dich nervt das selbst und dann so ein Spruch …“

Aber gut, man ist ja nett und ich hatte ja sogar noch ein bisschen Geld dabei.

Dann kriege ich Winker, drei kugelige Japaner, die zu einem Hotel in Mitte wollen. Super Geschichte, 12 € etwa. Beglichen werden sie mit einem Fünfziger. Naja, passt ja alles. Außerdem sind sie nett und fragen mich, ob ich sie vielleicht in 5 Minuten gleich zum Potsdamer Platz bringen könnte, zur Spielbank. Na klar! Ist zwar auch nur eine 5€-Tour, aber 5 Minuten sind ein angemessener Zeitaufwand dafür.

Gesagt, getan, 10 Minuten später stehen wir am Marlene-Dietrich-Platz. Und jetzt reicht mir der zweite im Bunde tatsächlich nochmal einen Fuffi. Da hab ich dann höflich aber bestimmt gefragt, ob ich nicht lieber etwas vom eigenen Wechselgeld der vorherigen Tour haben könnte. Bekam ich auch. Glücklicherweise, denn die nächsten Kunden zahlten mit …

Naja, deftige Dreiviertelstunde. Lukrativ zwar, aber ich brauch auch mal eine Chance, mir Wechselgeld zusammenzufahren! 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Sinnlose Tour

Manche Touren glaubt man einfach nicht. Da steht man dann am Ende ein wenig ratlos da und fragt sich, ob man das eben geträumt hat. Mein Kunde war ein Original sondersgleichen: Ein vielleicht gerade einmal zwanzigjähriger Touri, der ganz offensichtlich unter einer Sehbehinderung litt. Nicht nur schielte er auffallend, es war auch zu erkennen, dass er nicht sonderlich viel erkannte. Fürs Taxi-Schild hat es gereicht, er winkte am U-Bahnhof Bernauer Straße.

Als Ziel nannte er das hotel4youth. Hat mir nichts gesagt, aber wozu hab ich das Robertha bei mir? Nachgeschlagen und gefunden. Ich las ihm die Adresse vor, Schönhauser Allee 103, ob ihm das bekannt vorkäme. Ja, nein, vielleicht. Auf der Karte des Hotels stand keine Adresse, nur Werbung. Sehr sinnig. Da mich das Robertha aber selten im Stich gelassen hat, fuhr ich ihn dorthin. Keine weite Strecke, deutlich unter 10 €.

Es trat der schlimmste Fall ein: Das Hotel ist umgezogen. Nur wohin?

„There was a station nearby. The name startet with a B. On the U8 it was. I could find it from there.“

Also verkürzt gesagt. Mit der Angabe und ein paar Details (nicht weit vom Alex, Prenzlauer Berg, ein Park gegenüber) hatte ich eine vage Vorstellung:

„Do you mean the Bernauer Straße?“

„Uh yeah! Right!“

„Guy, that’s where I picked you up …“

„Really?“

Das Hotel war auch nicht schwer zu finden, ich hätte auch einfach meine Augen auf der Hintour aufmachen können. Bernauer, Ecke Wolliner, direkt gegenüber vom Mauerpark. Hab mir nur den Namen des Neubaus nie gemerkt …

Na gut, wir waren dann doch bei fast 10 € – für weniger als 300 Meter Weg – aber der Fahrgast war glücklich:

„Haha, that was funny. Do you take Visa or Mastercard?“

Nicht ernsthaft …

Ich hab ihm dann erklären müssen, dass nicht alle Taxen Kreditkarte nehmen und ich es leider auch wirklich nicht könnte. Das empfand der liebenswerte junge Kerl auch gar nicht als schlimm, viel mehr belustigte ihn der kulturelle Unterschied zu Amerika. Ich hatte aber die Hoffnung, dass das Hotel vielleicht wie viele andere das auf die Rechnung aufschlagen könnte.

Konnte es natürlich nicht.

Also sind wir zwei bei strömendem Regen wieder zum Taxi gedackelt und überlegten uns, wo wir einen Geldautomaten finden würden. Die Sparkasse an der Schönhauser war zu weit und zu umständlich, dann vielleicht … aber mein Kunde hatte selbst eine Idee:

„Down there in the Metro Station, there was a – how do you call it? – Geldautemat.“

„In the station?“

„Yeah. Bring me there, I show you!“

Dann ließ er mich noch einmal falsch abbiegen, weil er das mit den Richtungen nicht so recht raushatte und irgendwann stand ich dann – es klarte gerade ein wenig auf – rauchenderweise neben meinem Taxi. An der Stelle, an der ich ihn vor rund 20 Minuten eingesammelt hatte. Nach nicht einmal zwei Minuten hangelte sich mein Fahrgast wieder aus der Station, lief erstmal auf die falsche Straßenseite, weil dort auch ein helles Auto parkte und etwas später wusste ich dann, dass der Automat wohl kaputt sei oder so. Oder so? Er sagte mir, er könne nicht lesen, was dort stünde. Bei einem fast blinden Ami konnte das ja alles heißen.

Also bin ich mit ihm in den Bahnhof geeilt und der Automat zeigte einen Bluescreen. Herrlich! Sinn für Humor konnte man dem Schicksal in der Nacht nicht absprechen!

Also weiter. Ich schlug die Sparkasse ein paar Meter weiter die Brunnenstraße runter vor, mein Kunde nahm dankend an. Dort angekommen wurde ich auch nochmal in die Bank gebeten, denn mein Superfang schaffte es trotz – oder wegen – anhaltend guter Laune nicht, Beträge unter 3000 € einzutippen.  So langsam suchte ich nach einer versteckten Kamera. Am Ende aber klappte wenigstens an dieser Stelle alles und wir standen 33 Minuten nach Fahrtbeginn mit 17,40 € auf der Uhr an seinem Hotel, etwa 200 Meter vom Startpunkt entfernt. Aber beide blendender Laune. Wir haben uns großartigst amüsiert über die wohl bekloppteste Taxifahrt ever. Ihm war der Spaß 20 € wert und ich brauchte mich mal ohnehin nicht beschweren … 🙂