Gewöhnung

Ich fand es sehr nett, dass er mich gleich gefragt hat, ob ich auf 50 € rausgeben könne. Da es sich aber ohnehin um eine meiner letzten Touren in der Nacht gehandelt hat, hab ich ihm mit völliger Selbstverständlichkeit geantwortet:

„Keine Sorge, das geht in Ordnung. Heute wären auch hundert kein Problem!“

„Ich frag da nur immer vorher …“

„Und dafür vielen Dank. Gewöhnen Sie sich’s bloß nicht wieder ab!“

Ich wollte lieber sichergehen, manchmal ist es ja eben eng mit dem Wechselgeld. Und besser so über Gewohnheiten sprechen als anders 😉

7 Kommentare bis “Gewöhnung”

  1. Daniel sagt:

    Und wenn du jetzt kein Wechselgeld gehabt hättest, wie hättet ihr es dann gelöst?

  2. Thorsten sagt:

    Ich halte es für sehr gedankenlos, nein sogar für äusserst dumm so etwas rauzuposaunen wie „100 wären kein Problem“.
    Für 100€ werden Kollegen überfallen – da muss man nicht obercool raushängen lassen wieviel Geld man dabei hat. Die einzig richtige Äusserung auf solche Fragen ist immer(!) irgendwas wie „ganz knapp, soviel Geld hat man als Taxifahrer nie dabei“. Oder ähnliches.

  3. Sash sagt:

    @Daniel:
    Es gibt immer Lösungen. Umwege zur Bank, zur Tanke, mal einen Kollegen fragen etc. Es passiert nur selten, dass das ernstlich Probleme bereitet.

    @Thorsten:
    So weit aber traue ich meiner Menschenkenntnis. Natürlich erzähle ich den Kunden auch nicht immer wunder weiß was über das Geld in meiner Tasche und ich hab explizit gesagt, dass HEUTE sogar das kein Problem wäre. Und irgendwann zwischen Einstieg und Bezahlvorgang muss ich ohnehin ermitteln, inwieweit ich dem Kunden trauen kann. Deswegen sehe ich kein IMMER in irgendeiner Argumentation.

  4. Thorsten sagt:

    Der grosse Denkfehler in Deiner Argumentation: Du beziehst Deine Menschenkenntnis auf diesen Fahrgast in dieser Situation. Damit KÖNNTEST Du ja richtig liegen (obwohl man mit sowas auch nach mehreren Jahrzehnten Erfahrung falsch liegen kann) – aber darum gehts nicht.
    Der kann sich mit dieser Kenntnis nicht nur in einer anderen Situation anders verhalten, er kann das (an den Falschen) weitererzählen (und diese Falschen können das jetzt sogar nachlesen).
    Nein, es bleibt bei dem was auch die Polizei empfiehlt: IMMER und ausnahmslos verschweigen wieviel Bargeld man hat, auf irgendwelche Fragen in diese Richtung IMMER und ausnahmslos antworten man hat gerade angefangen und nur ganz wenig Wechselgeld dabei. Und jede Möglichkeit nutzen Fahrgästen beizubringen dass im Taxi nur ganz wenig Geld zu holen ist.
    Das ist und bleibt die beste Überfallprävention und deswegen ist das was Du da geäusserst geschrieben hast eben gedankenlos und dumm. (Wie übrigens einiges andere auch wo es um konkrete Umsatzzahlen in einer Höhe geht die nicht gerade üblich ist für das Gewerbe insgesamt.)
    Du fährst ja erst seit so kurzer Zeit Taxi, dass Du die wirklich schlimmen Dinge nicht miterlebt hast – aber wenn Du in Echtzeit über Funk mitbekommst, dass eben gerade ein Kollege ermordert worden ist wie ich das schon 1985 und 1988 erleben musste, dann wirst Du auch sensibler für solche Themen. Wobei ich hoffe dass Du das nicht miterlebst und trotzdem besser darüber nachdenkst.
    Ach ja, die Antwort @Daniel: Die beste Lösung für solche Probleme ist die Akzeptanz von bargeldloser Zahlung. Keine Wechselprobleme und wieder geringeres Überfallrisiko – Kreditkartenbelege stellen keinen Anreiz dar.

  5. Sash sagt:

    @Thorsten:
    Ich hab wirklich nichts dagegen, Vorsicht walten zu lassen. Nicht zuletzt nehme ich ja auch – wie ich auch schreibe – wenig Wechselgeld mit. Mir ist die Gefahr bekannt. Aber nein, entschuldigung, ich lasse es mir nicht anlasten, dumm zu argumentieren, weil ich einmal schreibe, dass ich einmal mehr als hundert Euro im Portemonnaie hatte. Sicher. vielleicht gibt es tatsächlich irgendeinen einzelnen Idioten, der zielsicher diesen Eintrag findet (oder meinen Fahrgast) und gleichermaßen zu blöd ist, zu erkennen, dass der Witz der Sache in ihrer Einmaligkeit lag. Und einen Raub begehen möchte!
    Wenn wir aber mit kruden Einzelfällen argumentieren, dann werfe ich an dieser Stelle auch den Typen (ich vermute sogar mehrere von ihnen, aber wir haben ja für keinen einen Beweis), die sich angesichts der Sache denken: „Puh, nur ausnahmsweise mal ein Hunni? Das lohnt sich ja keinesfalls!“
    Bei „unüblichen“ Beträgen verzichte ich außerdem ganz bewusst auf Aussagen dazu, ob ich selbige auch komplett mitgeführt habe oder nicht.
    Deine Meinung kann ich nicht ändern, aber ich möchte ehrlich sein: Ich finde es keine sonderlich nette Diskussionsstrategie, mir über Bande den Ball „Schuld an Überfällen“ zuzuspielen, weil ich eine von dir willkürlich gezogene Grenze überschritten habe und mich dann mit dem Totschlagargument „Du hast es ja noch nicht erlebt, also …“ vom Spiel auszuschließen.
    Denn eine Meinung zu Taxiüberfällen kann ich mir genauso erlauben wie jeder andere auch, eine persönliche Betroffenheit hat noch selten eine Meinung fundierter gemacht! Und Schuld an Überfällen haben zunächst einmal die Täter. Mir wegen eines einzelnen und bald vergessenen Beitrages auf den Fuß zu treten, wo ich so oft auch gegen die Mär anschreibe, wir hätten irgendwelche Wunderumsätze, kommt zugegebenermaßen nicht sonderlich gut an bei mir.

    Zu guter Letzt:
    Glaubst Du wirklich, die Welt wäre eine bessere und sicherere, wenn wir fortan alle über unsere Umsätze schweigen, bzw. bloß noch darüber reden, wenn wir unter – ich setze jetzt mal eine andere willkürliche Grenze – 20 € verdient haben?
    Und macht sich der Chef mitschuldig, der Bewerbern Verdienstaussichten realistisch mitteilt? Journalisten, die über das Gewerbe berichten? Taxifahrer, die ihrer Freundin erzählen, wie es gelaufen ist, obwohl diese vielleicht in 10 Jahren mal mit einem Räuber zusammen sein könnte? Ganz ehrlich: Wenn der Preis für absolute Sicherheit ist, mein Leben lang die Klappe zu halten, dann verzichte ich darauf.

  6. Thorsten sagt:

    Zunächst einmal: Du argumentierst keineswegs dumm (habe ich auch nicht geschreiben), sondern sogar bedeutend klüger als die allgemeine Mehrheit im Gewerbe heutzutage. Was ich geschrieben habe und auch so meine, ist, dass Du Dich hier und da unbedacht äusserst. Und das meine ich auch nach wie vor.
    Absolute Sicherheit kann es nicht geben und daher ist die bestmögliche Sicherheit Prävention – und zu der gehört nunmal als wichtiger Punkt den Tatanreiz zu senken.
    Falls Du es noch nicht kennst, empfehle ich Dir mal das kleine Heft „Sicherheit im Taxi – ist sie machbar?“ zu besorgen (wird sicher im Betrieb in irgendeiner Schublade rumliegen). Der in dieser Hinsicht seit vielen Jahren sehr engagierte Kollege Sans hat da viele Dinge zusammengetragen die teilweise so selbstverständlich sind, dass man sie im Alltag schon wieder vergisst. Auch wenn einiges mittlerweile veraltet ist (was die beschriebene Technik angeht) – die Verhaltensweisen sind nach wie vor aktuell.

  7. Sash sagt:

    @Thorsten:
    Ich stimme Dir ja auch insoweit zu, als es natürlich gilt, Tatanreize zu vermeiden. Aber ich ziehe da eben definitiv eine andere Grenze als „Ich hab heute mal mehr als 100 € dabei gehabt“ nicht mehr zu schreiben.

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