Welche Straße bitte?

„Bring sie mich in Sarinstraß!“

Ziemlich überzeugt davon, dass in Berlin keine Straße nach einem Giftgas benannt ist, hab ich mich also vergewissern müssen:

„Könnten sie den Straßennamen noch einmal wiederholen?“

„Sarinstraß!“

OK, so kommen wir nicht weiter. Ich hab mir den Namen mal buchstabieren lassen. Das hat mein Fahrgast auch verbockt, was allerdings daran lag, dass der Name in seinem Stadtplan falsch geschrieben war. Immerhin stimmte da dann der Anfang. Aber bevor ich auflöse, würde ich gerne ein paar Vermutungen der Kollegen hören, welche Straße es gewesen sein könnte. Als Tipp: Sie liegt eher im Westen und wird nicht mit S geschrieben.

Der dicke Reibach

Um die Tatsache, dass Taxifahren ein Glücksspiel ist, kommt wohl kein Kollege herum. Man kann seinen Umsatz nicht vorhersagen. Man kann ihn längerfristig abschätzen, aber was man an einer einzelnen Tour oder einem einzelnen Tag verdient, ist letztlich dem Glück geschuldet.

Und Glück ist ja sowas, was grundsätzlich eher bei anderen auftritt. Aber nicht immer.

Ich hab meine Gurke also mit ganz guter Laune durch Friedrichshain gelenkt. Ich hatte Glück, denn ich hatte am Bahnhof schon nach 5 Minuten Wartezeit eine Tour bekommen. Zugegeben, sie war jetzt von der Länger her nicht lukrativ, aber in Anbetracht der Tatsache, dass ich nicht nur 3,50 € Trinkgeld bekommen habe, sondern kurz darauf auch noch eine Kurzstrecke, die mir insgesamt auch nochmal einen Fünfer in die Kasse gespült hat, konnte ich doch recht zufrieden sein mit der Ausbeute.

Von der Warschauer Straße, die ich in der Hoffnung abgefahren habe, aller guten Dinge seien drei, bog ich ab in die Mühlenstraße und wurde mir dabei sogar mit all den Radfahrern irgendwie einig, die meinen Weg kreuzten. Also auf zum Ostbahnhof, eine Runde anstehen mit gemütlicher Zigarettenpause – vielleicht geht es ja wieder so schnell!

Es ging sogar noch schneller: Gegenüber, am Speicher, winkten plötzlich zwei Gestalten. Ich sah eine größere Gruppe mittelalter Gestalten, vielleicht 6 oder 7 an der Zahl, die sich um einen Kollegen mit einer E-Klasse drängten. Entweder eine Großraumtour für mich, oder aber eine Tour für uns beide. Super! Nummer Drei!

Bis ich wenden konnte, kam mir tatsächlich kein Kollege entgegen, der die Tour hätte wegschnappen können, und so fand ich mich am rechten Fahrbahnrand wieder. Der Kollege mit dem Daimler schien schon ein paar Minuten mit dem quackenden Haufen zu tun zu haben, half eher unmotiviert beim Einsteigen und wartete lange, bis die zwei Senioren der Gruppe ihre Lieblingsplätze gefunden haben.

Aus der Gruppe löste sich ein älteres Ehepaar, beide vielleicht 65, in lockerer Bekleidung und mit Sonnebrillen wetterfest ausgestattet, das sich dann in meinen Wagen setzte.

„Fahrn ’se uns doch bitte nach Rudow! Die Straße sag ich ihnen dann.“

Oh wie schön! Mal kurz 20 €. Saubere Tour. Aber kurz sichergehen wollte ich noch:

„Äh, bleiben sie alleine? Oder kommt von da vorne noch jemand mit?“

Sonderlich organisiert sah die Gruppe nicht aus, und außerdem war bei mir im Auto ja nun mehr als genug Platz. Es war ja schlicht nicht nötig, dass sie sich da vorne zu fünft in die Kiste zwängen, während ich mit zweien alleine auf Tour ging. Die Antwort zeigte mir aber, dass ich in doppelter Hinsicht Glück hatte:

„Nee nee, die fahren alle nur zum Auto vom Manfred. Das hat der hier irgendwo ums Eck geparkt. Sie haben jetzt die lange Tour bekommen, heute machen sie den dicken Reibach!“

OK, Deal! 🙂

Godzilla

Moin, Leude!

Also die Müdigkeit versucht gerade ihr Bestes, mich gnadenlos ins Bett zu zerren. Aber ich hab für dieses Wochenende keine Artikel vorbereiten können, also kriegt ihr noch kurz eine knackfrische Geschichte vom heutigen Morgen. Nicht sonderlich aufregend, dafür schnell zu erzählen 😉

Ich hatte am Spindler und Klatt Winker. Soweit, so gut. Abgesehen davon, dass sie es im Vollsuff für total normal hielten, zwei Taxen einfach mal 5 Minuten zu belagern (also bei offener Türe um den Einstieg rangeln) ohne vielleicht ein Ziel zu nennen oder mal irgendwas sinnvolles zu sagen, war es noch ok. Dass das nervig wird, hab ich mir dennoch gleich gedacht. Überdrehte Jungs, alle so um die zwanzig und ziemlich angeschlagen. Die letzte Flasche Wodka kreiste noch durch die Runde und als beide Taxen beladen und mein Kollege schon unterwegs war, haben sie festgestellt, dass einer gar nicht mehr reinpasst.

Das hat gar nicht gestimmt, weil sie zumindest den einen schon ausgeklappten Zusatzsitz völlig übersehen haben – was mich wunderte, ich hätte eher erwartet, dass sie ein paar Sitze doppelt sehen 🙂

Es dauert zwar ein bisschen, drei betrunkene Jugendliche von der Rückbank wieder runterzupflücken, aber irgendwie hab ich es geschafft. Der letzte flennte mit gespielter Dramatik, dass ich ihn nur rausjagen würde, weil er so dick sei. Ich hab ihm das einfach mal bestätigt. Hat geholfen.

Das war auch ganz gut, dass ich bei ihm – Julian – die Grenzen ausgelotet habe, denn neben der Heulsuse auf dem Beifahrersitz, der die ganze Zeit krakeelte, er würde der Gruppe in Wannsee beim McDonalds einen Burger ausgeben (obwohl wir nach Mitte gefahren sind), war er die größte Nervbacke. Im Grunde waren seine Sprüche allesamt harmlos und mir völlig egal. Irgendwann wurde es dann aber lustig. Und wie immer hat das mit Geschlechtsteilen zu tun.

„Ich wollte nur sagen, dass ich einen enorm schönen Penis habe.“

„Vielen Dank für die Info, ich glaube es mal.“

„Nein im Ernst, ich hab tatsächlich einen schönen und natürlich auch riesigen Penis. Wenn sie – das verspreche ich – meinen Penis sehen könnten, dann würden sie sagen: Woooowww!“

„Das bezweifel ich stark.“

„Wirklich: Mein Penis ist riesig. Und unglaublich schön. Es ist der ultimative Penis. Ich würde sagen, mein Penis ist wie, wie, ja wie Godzilla!“

Da hat er gestrahlt 🙂

Ich hingegen hab meine Chance gewittert:

„Ja klar, wer wenn nicht Godzilla ist für seine Schönheit bekannt…?“

Die gruppendynamischen Prozesse in solchen Momenten sind interessant. Zwar lachen nachher immer noch die gleichen vier an der „Diskussion“ unbeteiligten Leute, aber etwas anders. 3 Sekunden hat es bis zum Sprechchor gedauert:

„Eins-Null für den Taxifahrer! Eins-Null für den Taxifahrer!“

Zum Zwei-Null hat es mir sogar auch noch gereicht. Julian hat sein Gemächt weiter mit netten Worten bedacht, und so kam es, dass einer der Mitreisenden prognostizierte:

„Ach ja, ich wette, dass Julian heute 15 Mädels klarmacht!“

Ich hab nur leise vor mich hingenuschelt:

„Und Godzilla…“

Der Rest war dann Standard: Julian wollte während der Fahrt aussteigen, um mich zu schlagen, ich hab am Ende fast 3 € Trinkgeld von den anderen bekommen und der mindestens prächtigste Penis der Welt hat in Mitte gegen eine Hauswand gepinkelt.

Die Festpreisler…

Ich hab schon lange nichts mehr über Festpreisverhandler geschrieben, nicht? Das ist eine Erkenntnis, die mich gestern getroffen hat. Irgendwie erstaunlich, aber ich habe festgestellt, dass es daran liegt, dass sie mich nicht mehr ernsthaft stressen. Alleine in den letzten 2 Wochen hatte ich sicher 10 Touren mit Fahrgästen, die nach einem Festpreis gefragt haben. Und trotzdem taucht das Thema hier bei GNIT kaum noch auf.

Für die, die relativ neu sind, und das noch nicht wissen: Innerhalb des Pflichtfahrgebietes sind Festpreise nicht erlaubt. Das mag den ein oder anderen überraschen, denn wenn ich den anfragenden Kunden Glauben schenken soll, dann ist so gut wie jeder schon mal irgendwie zu einem festen Preis Taxi gefahren. Aber ja: Wenn es nicht irgendwo nach außerhalb geht, ist das fast überall illegal.
Dass das so ist, hat auch tatsächlich seine Gründe. Zum einen verhindert es (manchmal) Schwarzarbeit. In der Regel will der Chef vom Fahrer die Kohle haben, die das Taxameter anzeigt, und es ist recht beliebt unter den Kollegen, mal schnell „ohne Uhr“ für Betrag X irgendwohin zu gurken. So lange nichts auf der Uhr steht, kann Cheffe nix verlangen, und man kann das Geld brutto=netto einstecken. Neben den wegfallenden Steuern spart man sich damit auch das Geld an den Chef, der ja völlig unberechtigterweise welches haben will, um damit unnötige Dinge wie das Auto, den Sprit oder die Werkstattkosten zu bezahlen.
Dann sind die Tarife in mehr oder minder mühevoller Diskussion zustandegekommen. Der Taxitarif – mal egal, ob man ihn als zu hoch oder zu niedrig erachtet – soll sowohl dafür sorgen, dass die Mitarbeiter des Gewerbes (Chefs und Fahrer) für ihre Arbeit fair entlohnt werden, als auch (und das vergessen einige gerne mal!) den Kunden davor schützen, dass wir als Fahrer Mondpreise verlangen können.
Deswegen müssen die Taxameter regelmäßig geeicht werden und deswegen ist jede Fahrt im Pflichtfahrgebiet nur nach Taxameterpreis zu fahren. Wer es ok findet, dass wir Fahrer auch mal „für 2 € weniger“ fahren, müsste es andererseits auch ok finden, wenn wir mal „’n Fünfer Aufschlag“ verlangen. Wie man sich denken kann: Jeder Fahrer würde gerne mehr verdienen, jeder Kunde gerne weniger zahlen – und das sorgt dann für die Horrormeldungen über widerlich hohe „Spezialpreise“ von zwielichtigen Kollegen und auf der anderen Seite für wirklich unverschämte Anfragen an uns.

Über die Höhe des Tarifs darf man also meinetwegen gerne leidenschaftlich diskutieren und streiten, dass es ihn gibt, finde ich gut – im Sinne aller Beteiligten!

Gut, das interessiert die meisten Leute wenig, die mit einem Zehner Restkapital morgens nach einer durchzechten Nacht vor dem Club stehen und der Meinung sind, dass ihnen eine Heimfahrt im Taxi ja dennoch irgendwie zustünde.

Den meisten Festpreisverhandlern ist gemein, dass sie übers Taxigewerbe genau soweit blendend informiert sind, als es ihnen nützt. Dass es für uns lukrativer ist, eine 15€-Tour ohne Uhr für einen Zehner zu fahren, das ist bekannt. Der Gedanke, wie viele Taxen (und wie viele in vernünftiger Qualität) es gäbe, wenn jeder Idiot jeden Preis annehmen würde und genau die Chefs pleite gehen, die sich noch den Luxus von Steuern und Sozialabgaben leisten… das ist natürlich unwichtiges Detailwissen.
Diskussionen auf der Basis können echt enervierend sein.

Müssen sie aber nicht!

In meinem Umfeld haben vor einiger Zeit sowohl meine bessere Hälfte als auch Kalle Zentrum als (ehemalige) Callcentermitarbeiter mir erklären können, dass man auch mit den stressigsten Kunden recht schnell fertig werden kann. Zugegeben: Man riskiert es, vielleicht mal eine Fahrt nicht zu bekommen, aber im Grunde ist selbst diese Gefahr recht klein.

Am Wichtigsten ist es zunächst einmal, freundlich und offensiv nein zu sagen, am Allerbesten ist die Situation natürlich, wenn man gleich ein brauchbares Gegenangebot machen kann.
Das ist zwar bei den nervigsten Kunden (die weit unter Tarifpreis fahren wollen) nicht möglich, aber hier bietet sich als Strategie an, das Angebot lächerlich zu machen, und sich im Zweifelsfall binnen einer Minute gleich mehrere „Mach ich nicht, vergesst es!“ aus den Rippen zu leiern. Obwohl ich echt ein weicher Keks bin, hab ich inzwischen kein Problem mehr damit, 5 auf mich einlabernde Jugendliche einfach wegzuschicken, wenn sie mir für eine 20€-Tour nur einen Zehner zahlen wollen.
Schade vielleicht, wenn der nächste Kollege sie aus Verzweiflung fährt, aber irgendwann steht man drüber.

Ein gutes Beispiel für einen gelungenen Gesprächsverlauf hatte ich dagegen dieses Wochenende erst:

Ein junges Pärchen stiefelt am Ostbahnhof auf mich und Kollege Ali zu. Wir stehen neben seinem Taxi und reden ein wenig, die beiden sind schon angetrunken und sichtbar fertig von der Party, die sie zweifelsohne zuvor gefeiert haben. Er ist ein hagerer Typ Mitte 20, hat ein zerfetztes Trägerhemd an, unter dem großflächige Tattoos die Vermutung bestätigen, dass er relativ schmerzresistent ist.
Sie ist ähnlich ausgehfertig bekleidet, kurze Hosen, weites T-Shirt und Augenringe bis kurz über den Lippen.

Er geht auf Ali und mich zu und fragt mich nach einer Straße in Friedrichshain, die ich spontan nicht so genau einordnen kann:

„Oh, Moment mal, wo war das gleich genau?“

„Die geht von der Scharnweber ab. Machste uns’n Festpreis?“

„Nein, das werde ich garantiert nicht tun!“

antwortete ich schnell, bevor Ali etwas sagen kann. Er macht den Job noch nicht so sonderlich lange, und ich hatte ein wenig die Befürchtung, er würde sich einlullen lassen von den beiden.

„Aber…“

(Gegenangebot)

„…ich kann ziemlich genau sagen, was das kosten wird: Zwischen 8 und 9 €!“

Da hatte ich dieses Mal leichtes Spiel, weil sie wirklich nur Angst hatten, dass die Strecke irgendwie verdammt teuer werden könnte. Aber so ganz aus ihrer Haut können die meisten dann doch nicht:

„Dann machen wir 11 € pauschal, ist das dann ok?“

„Ich hab gesagt, wir kommen nicht über 9 €. Die 11 nehm ich natürlich gerne an, aber pauschal mach ich das deswegen immer noch nicht!“

„OK, dann wollen wir mit dir fahren!“

Dass das nicht die nervigen Verhandlungstypen waren, ist klar. Tatsächlich sind die aber auch nur nerviger, nicht schwerer zu bearbeiten 🙂

Die Fahrt selbst verlief dann recht unspektakulär, mal davon abgesehen, dass die beiden sich erstmal mehr oder weniger einander vorgestellt und sich auf den bevorstehenden Beischlaf gefreut haben. Die Krönung war aber letztlich folgender Dialog, den sie eingeleitet hat:

„Überhaupt, dass ich hier mit Taxi… also dass ich da überhaupt für zahle! Normalerweise zeig ich meine Brüste und fahr umsonst!“

Ich hab mich an dem Punkt schon darauf vorbereitet, zu erklären, dass das bei mir nicht funktioniert, bzw. allenfalls gegen einen Fotobeweis für meinen Blog. Soll keiner sagen, ich sein nicht bereit, in GNIT zu investieren! 😉
Allerdings musste ich dann eher grinsen, denn er antwortete darauf völlig eingeschüchtert und leise:

„Und ich? Zeigst du mir deine Brüste?“

Die Antwort ging im Geknutsche unter und ich war aus dem Schneider. Ich hab die Tour dann bei 8,20 € wie versprochen beendet und bekommen hab ich letztlich 10. Was die Ankündigung von hohen Trinkgeldern angeht, haben sie sich also auch wie erwartet verhalten 🙂

Neue Straße

Und wieder einmal hat ein Fahrgast mal eben kurz eine neue Straße in Berlin erfunden:

„Kannste mick bringe zu Ollandostraße?“

Nein. Nicht.

Eigentlich ist es dieses Mal aber einfach gewesen, deswegen will ich gar kein Rätsel draus machen. Er wollte in die Uhlandstraße nach Charlottenburg. Wenn er den Ku’damm nicht nach einigem Raten noch erwähnt hätte, hätte er aber leicht in der Holländerstraße landen können. Aber es ging ja nochmal alles gut…

Jährliche Hommage

Auch wenn es niemanden wirklich interessiert und sich nicht einmal jemand gewundert hat: Ich hab auch an diesem 25. Mai wieder zu Ehren von Douglas Adams ein Handtuch dabei gehabt – und das natürlich auch im Taxi.

42, Quelle: Sash

42, Quelle: Sash

Was es damit auf sich hat, und warum Handtücher so unglaublich nützlich sind, das erfährt man außer in den außerordentlich lehrreichen Büchern von Adams auch auf der deutschen Handtuch-Tag-Seite.

So long, and thanks for all the fish!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Alternative Zahlung

Ins Auto gefallen ist mir die attraktive Mittdreißigerin als Winkerin im Boxhagener Kiez. Sie hat sich von ihrer männlichen Begleitung recht ungalant verabschiedet, was wortwörtlich etwa so klang:

„Ssississ mir scheißejaaal. Ick jeh poofen, ’sch bin knülle, du Knallkopp! Fickse dich selba du Lulli!“

Na Prost Mahlzeit.

Als sie sich halbwegs aufgerichtet, und ihre makellosen und größtenteils unbekleideten Gliedmaßen sortiert hatte, nannte sie mehr oder weniger schwungvoll den Namen eines recht bekannten Hotels. Ich warf im Gegensatz zu ihr noch kurz einen Blick auf den traurig dreinblickenden Lulli und hab dann die knapp 100 Pferde unter der Motorhaube losgaloppieren lassen.

„Kannse msch weggn, wenn wrn Hotell sin?“

Klar wecke ich dich, wenn du ein Hotel bist.

„Selbstverständlich.“

„Weisse, warn büschen viel, der Lutscher wollte mich wohl abfllllllnn!“

Gute Arbeit, Lulli! 🙁

Aber es war mir nicht wirklich unangenehm, dass sie geschlafen hat. Ihre Kommunikationsversuche waren nicht so sonderlich leicht zu verstehen, und noch mehr Lutscher-Stories wollte ich mir eigentlich gar nicht anhören. Das Hotel lag eine knappe 15€-Tour entfernt, und so blieben ihr durchaus ein paar Minuten dringend notwendige Ruhe.
Als wir ankamen, hatte ich so etwas wie ein Déjà-Vu.

„Ssississ jetzn büschen komisch, abersch hab keene Knete, Jungsche!“

Das erinnerte mich doch stark an den Briten von neulich. Gut, der hat sich noch ein wenig unverständlicher ausgedrückt, aber gerade weil ich den Stress schon neulich hatte, bin ich eben kurz ins Hotel rein. Mit ihr.

„Issja okeeheee! Natürlich habsch Jeld inn Zimma!“

antwortete sie auf meinen Wunsch nach baldiger Begleichung der Rechnung. Warum es sie so genervt hat, dass ich die Fahrt bezahlt haben wollte: Keine Ahnung! Ich bin jedenfalls festen Schrittes voraus ins Foyer gelatscht und hab dem Portier mein Leid geklagt. Hintendrein kam dann die volle Trulla mit einem beeindruckenden Repertoire an Ausfallschritten an und verkündete:

„Issokeehee! Schmachdattja!“

Sie fiel nahezu auf den Tresen, was den Portier beunruhigt einige Unterlagen von dort entfernen ließ, dann fragte ich, in welchem Zimmer sie denn nächtigt.

„Schabne Idee! Mussja nich mit ins Zimma komm. Niemand kommt in mein Zimma!“

„Zahlen sie einfach, dann sind sie mich los.“

„Issgutt!“

Bevor der Portier es in Sicherheit bringen konnte, nahm sie ein prall mit Bonbons gefülltes Glas vom Hoteltresen, hantierte damit für ihren Zustand erstaunlich sicher und griff sich eine Handvoll Bonbons heraus.

„Hier! Kannse ham wieviel de wills! Bezahlschdir mit Bomboms!“

An dieser Stelle kam mir der Portier entgegen und fragte die  „werte Dame“, ob sie vielleicht auf ihr Schließfach mit den Wertsachen zurückgreifen möchte, um mich zu bezahlen. Dann müsse sie nicht bis in ihr Zimmer.

„Könn wa machen, wie wa wolln! Machen wa datt!“

Binnen zwei Minuten hatte ich 20 Euro in der Hand und hab in meinem Geldbeutel nach 5 Euro Rückgeld gesucht.

„Kannsmich auch mitde Bomboms bessahln!“

gröhlte sie ziemlich lautstark. Ich hab dem Portier einen fragenden Blick zugeworfen, denn er hatte das Glas inzwischen sicher auf seinem Schreibtisch hinter dem Tresen untergebracht. Er lächelte etwas nervös, reichte mir das Glas, und ich griff hinein. Etwa 7 oder 8 Bonbons angelte ich heraus und wollte sie der Trulla in die Hand drücken.

„Na dann. Bitte!“

„Wills misch wohl va-aaschn! Ick jeh poofen! Nacht, ihr Lullis!“

war das letzte, was ich von ihr hörte, als sie gen Aufzug stiefelte.

„So kann’s gehen.“

meinte ich zum Portier.

„Da haben sie ihre Bonbons wieder.“

„Nein, nehmen sie die nur mit. Als Entschädigung oder so…“

Irgendwie müssen die Nachtschichtler ja zusammenhalten 🙂