Ich hab schon lange nichts mehr über Festpreisverhandler geschrieben, nicht? Das ist eine Erkenntnis, die mich gestern getroffen hat. Irgendwie erstaunlich, aber ich habe festgestellt, dass es daran liegt, dass sie mich nicht mehr ernsthaft stressen. Alleine in den letzten 2 Wochen hatte ich sicher 10 Touren mit Fahrgästen, die nach einem Festpreis gefragt haben. Und trotzdem taucht das Thema hier bei GNIT kaum noch auf.
Für die, die relativ neu sind, und das noch nicht wissen: Innerhalb des Pflichtfahrgebietes sind Festpreise nicht erlaubt. Das mag den ein oder anderen überraschen, denn wenn ich den anfragenden Kunden Glauben schenken soll, dann ist so gut wie jeder schon mal irgendwie zu einem festen Preis Taxi gefahren. Aber ja: Wenn es nicht irgendwo nach außerhalb geht, ist das fast überall illegal.
Dass das so ist, hat auch tatsächlich seine Gründe. Zum einen verhindert es (manchmal) Schwarzarbeit. In der Regel will der Chef vom Fahrer die Kohle haben, die das Taxameter anzeigt, und es ist recht beliebt unter den Kollegen, mal schnell „ohne Uhr“ für Betrag X irgendwohin zu gurken. So lange nichts auf der Uhr steht, kann Cheffe nix verlangen, und man kann das Geld brutto=netto einstecken. Neben den wegfallenden Steuern spart man sich damit auch das Geld an den Chef, der ja völlig unberechtigterweise welches haben will, um damit unnötige Dinge wie das Auto, den Sprit oder die Werkstattkosten zu bezahlen.
Dann sind die Tarife in mehr oder minder mühevoller Diskussion zustandegekommen. Der Taxitarif – mal egal, ob man ihn als zu hoch oder zu niedrig erachtet – soll sowohl dafür sorgen, dass die Mitarbeiter des Gewerbes (Chefs und Fahrer) für ihre Arbeit fair entlohnt werden, als auch (und das vergessen einige gerne mal!) den Kunden davor schützen, dass wir als Fahrer Mondpreise verlangen können.
Deswegen müssen die Taxameter regelmäßig geeicht werden und deswegen ist jede Fahrt im Pflichtfahrgebiet nur nach Taxameterpreis zu fahren. Wer es ok findet, dass wir Fahrer auch mal „für 2 € weniger“ fahren, müsste es andererseits auch ok finden, wenn wir mal „’n Fünfer Aufschlag“ verlangen. Wie man sich denken kann: Jeder Fahrer würde gerne mehr verdienen, jeder Kunde gerne weniger zahlen – und das sorgt dann für die Horrormeldungen über widerlich hohe „Spezialpreise“ von zwielichtigen Kollegen und auf der anderen Seite für wirklich unverschämte Anfragen an uns.
Über die Höhe des Tarifs darf man also meinetwegen gerne leidenschaftlich diskutieren und streiten, dass es ihn gibt, finde ich gut – im Sinne aller Beteiligten!
Gut, das interessiert die meisten Leute wenig, die mit einem Zehner Restkapital morgens nach einer durchzechten Nacht vor dem Club stehen und der Meinung sind, dass ihnen eine Heimfahrt im Taxi ja dennoch irgendwie zustünde.
Den meisten Festpreisverhandlern ist gemein, dass sie übers Taxigewerbe genau soweit blendend informiert sind, als es ihnen nützt. Dass es für uns lukrativer ist, eine 15€-Tour ohne Uhr für einen Zehner zu fahren, das ist bekannt. Der Gedanke, wie viele Taxen (und wie viele in vernünftiger Qualität) es gäbe, wenn jeder Idiot jeden Preis annehmen würde und genau die Chefs pleite gehen, die sich noch den Luxus von Steuern und Sozialabgaben leisten… das ist natürlich unwichtiges Detailwissen.
Diskussionen auf der Basis können echt enervierend sein.
Müssen sie aber nicht!
In meinem Umfeld haben vor einiger Zeit sowohl meine bessere Hälfte als auch Kalle Zentrum als (ehemalige) Callcentermitarbeiter mir erklären können, dass man auch mit den stressigsten Kunden recht schnell fertig werden kann. Zugegeben: Man riskiert es, vielleicht mal eine Fahrt nicht zu bekommen, aber im Grunde ist selbst diese Gefahr recht klein.
Am Wichtigsten ist es zunächst einmal, freundlich und offensiv nein zu sagen, am Allerbesten ist die Situation natürlich, wenn man gleich ein brauchbares Gegenangebot machen kann.
Das ist zwar bei den nervigsten Kunden (die weit unter Tarifpreis fahren wollen) nicht möglich, aber hier bietet sich als Strategie an, das Angebot lächerlich zu machen, und sich im Zweifelsfall binnen einer Minute gleich mehrere „Mach ich nicht, vergesst es!“ aus den Rippen zu leiern. Obwohl ich echt ein weicher Keks bin, hab ich inzwischen kein Problem mehr damit, 5 auf mich einlabernde Jugendliche einfach wegzuschicken, wenn sie mir für eine 20€-Tour nur einen Zehner zahlen wollen.
Schade vielleicht, wenn der nächste Kollege sie aus Verzweiflung fährt, aber irgendwann steht man drüber.
Ein gutes Beispiel für einen gelungenen Gesprächsverlauf hatte ich dagegen dieses Wochenende erst:
Ein junges Pärchen stiefelt am Ostbahnhof auf mich und Kollege Ali zu. Wir stehen neben seinem Taxi und reden ein wenig, die beiden sind schon angetrunken und sichtbar fertig von der Party, die sie zweifelsohne zuvor gefeiert haben. Er ist ein hagerer Typ Mitte 20, hat ein zerfetztes Trägerhemd an, unter dem großflächige Tattoos die Vermutung bestätigen, dass er relativ schmerzresistent ist.
Sie ist ähnlich ausgehfertig bekleidet, kurze Hosen, weites T-Shirt und Augenringe bis kurz über den Lippen.
Er geht auf Ali und mich zu und fragt mich nach einer Straße in Friedrichshain, die ich spontan nicht so genau einordnen kann:
„Oh, Moment mal, wo war das gleich genau?“
„Die geht von der Scharnweber ab. Machste uns’n Festpreis?“
„Nein, das werde ich garantiert nicht tun!“
antwortete ich schnell, bevor Ali etwas sagen kann. Er macht den Job noch nicht so sonderlich lange, und ich hatte ein wenig die Befürchtung, er würde sich einlullen lassen von den beiden.
„Aber…“
(Gegenangebot)
„…ich kann ziemlich genau sagen, was das kosten wird: Zwischen 8 und 9 €!“
Da hatte ich dieses Mal leichtes Spiel, weil sie wirklich nur Angst hatten, dass die Strecke irgendwie verdammt teuer werden könnte. Aber so ganz aus ihrer Haut können die meisten dann doch nicht:
„Dann machen wir 11 € pauschal, ist das dann ok?“
„Ich hab gesagt, wir kommen nicht über 9 €. Die 11 nehm ich natürlich gerne an, aber pauschal mach ich das deswegen immer noch nicht!“
„OK, dann wollen wir mit dir fahren!“
Dass das nicht die nervigen Verhandlungstypen waren, ist klar. Tatsächlich sind die aber auch nur nerviger, nicht schwerer zu bearbeiten 🙂
Die Fahrt selbst verlief dann recht unspektakulär, mal davon abgesehen, dass die beiden sich erstmal mehr oder weniger einander vorgestellt und sich auf den bevorstehenden Beischlaf gefreut haben. Die Krönung war aber letztlich folgender Dialog, den sie eingeleitet hat:
„Überhaupt, dass ich hier mit Taxi… also dass ich da überhaupt für zahle! Normalerweise zeig ich meine Brüste und fahr umsonst!“
Ich hab mich an dem Punkt schon darauf vorbereitet, zu erklären, dass das bei mir nicht funktioniert, bzw. allenfalls gegen einen Fotobeweis für meinen Blog. Soll keiner sagen, ich sein nicht bereit, in GNIT zu investieren! 😉
Allerdings musste ich dann eher grinsen, denn er antwortete darauf völlig eingeschüchtert und leise:
„Und ich? Zeigst du mir deine Brüste?“
Die Antwort ging im Geknutsche unter und ich war aus dem Schneider. Ich hab die Tour dann bei 8,20 € wie versprochen beendet und bekommen hab ich letztlich 10. Was die Ankündigung von hohen Trinkgeldern angeht, haben sie sich also auch wie erwartet verhalten 🙂