Auf der Straße für eine kurze Fahrt (meinetwegen auch eine Kurzstrecke) herangewunken zu werden, ist klasse. Das kann man gar nicht oft genug betonen. Alles ist besser und lukrativer, als sich am nächsten Stand die Räder platt zu stehen. Dass manche „Kollegen“ so ein Drama daraus machen, wenn Winker „in die falsche Richtung“ wollen, begreife ich einfach nicht.
Dennoch gerät man manches Mal ins Zweifeln, ob einen die Kundschaft nun irgendwie verschaukeln möchte. So kam es z.B., dass ich an der Straßenecke Modersohnstr. / Rudolfplatz Winker gefunden hab. Zwei Jungs, leicht verplant, ein bisschen schief dreinschauend, aber für Berliner Nachtschwärmer ausgesprochen fit.
„Einmal in die Korinnter Straße 22 bitte!“
wurde mir erklärt, nachdem die beiden ins Auto gekraxelt waren.
Aha. Humorvoll hätte ich mit „File not found“ antworten können, denn diese Straße gibt es nicht. Glaube ich zumindest zu wissen. Aber aufgrund der Ecke in der ich die beide aufgegabelt hatte, schien es sehr wahrscheinlich zu sein, dass sie zur Corinthstraße wollten. Das war so gesehen noch ein einfacher Fall. Just bezüglich dieser Straße – wahrscheinlich der ungewohnten Schreibweise wegen – hatte ich schon Anfragen von der „Zorintstraße“ bis hin zur „Korlinkstraße“. Wer den Einfallsreichtum bei Straßennamen in Berlin, und damit die vielen doppelten und ähnlichen Namen, auch nur erahnen kann, versteht vielleicht, warum ich das immer schnell korrigiere. Die könnten bei der nächsten Fahrt ja überall im Großraum Berlin-Brandenburg landen 😉
„Ihr meint sicher die Corinthstraße!“
„Äh? Ja? Kann sein.“
„Seid ihr euch bewusst, dass das nicht gerade weit ist?“
„Ja, tut uns auch…“
„Keine Sorge, ich bring euch da gerne hin – aber das ist nur hier einmal links ab, und…“
„Ja Mann, die haben uns ja hier abgesetzt! Aber jetzt finden wir es nicht!“
„Kein Problem. Die Hausnummer kenn ich jetzt nicht auswendig, also machen wir mal Kurzstrecke. Dann reicht das mit vier Euro.“
„Ja, passt! Bring uns einfach heim!“
Heim? So sehr zu Hause kann es nicht gewesen sein, denn der Weg ist wirklich nur… naja. Seht es euch an:
Also bin ich nach links in die Corinthstraße eingebogen…
Bis die beiden gemerkt haben, wo sie sind, hat es eine wahrscheinlich neue Rekordzeit von etwa 8 Sekunden ab Einstieg gedauert. Viel Geld für ein paar Meter nur, selbst Trinkgeld gab es ja noch – aber eine wichtige Erkenntnis: Aus dem Taxi heraus sieht die Welt manchmal gleich ganz anders aus 🙂
Aber immer noch weiter als meine Kurzstrecke vom Sonntag.
„Kannst du uns zur Renate bringen?“
„Die ist doch gleich da vorne. 200 Meter von hier.“
„Die junge Dame friert. Sie ist aus Südfrankreich. Da ist es nicht so…“
Ich gebe zu, ich hatte mich getäuscht. Google sagt das sind 300 Meter.
Und wenn die Füße weh tun, dann können selbst die paar Meter einfach zuviel sein. Aber da kannst sagen, was du willst, der Kilometersatz stimmte doch in dem Fall.
Naja,
das Taxi ist warm und gemütlich. Und dann hat man auch die Muse, die Straße in Ruhe betrachten zu können 😉
@Klaus:
Wir nähern uns also den theoretischen allerkürzesten Strecken langsam an. Schön. 🙂
@Der Maskierte:
Der Schnitt ist prächtig bei sowas 😀
@ednong:
Daran könnte es natürlich gelegen haben…
Hey, da hast Du die Jungs übrigens um 20 Cent betrogen 😉 Bzw Dich um ein zusätzliches Trinkgeld von 20 Cent gebracht… Normaltarif wäre nämlich günstiger gewesen.
Der Grundpreis im Normaltarif betrug zu dem Zeitpunkt, aus dem diese Geschichte stammt, 3,20 Euro. Der Kilometerpreis für die ersten paar Kilometer 1,65 Euro. Der Preis erhöht sich in 20-Cent-Schritten. Also alle 121 Meter um 20 Cent. Im Grundpreis von 3,20 Euro ist der erste 20-Cent-Schritt für die ersten 121 Meter bereits enthalten. Nach 121 Meter wäre das Taxameter im Normaltarif also auf 3,40 gesprungen, nach 242 Meter auf 3,60, nach 363 Meter auf 3,80 und dort wäre es auch nach 400 Meter am Ende der Fahrt noch gestanden. Zwischen 484 Metern und 605 Metern liegen Kurzstreckentarif und Normaltarif beide gleich bei 4 Euro und erst bei „längeren“ Fahrten ab 605 Metern spart man als Fahrgast mit der Kurzstrecke Geld. Also zumindest im damaligen Tarif.
Im aktuellen Tarif liegt der Grundpreis bei 3,40 Euro, davon 20 Cent für die ersten 112 Meter. Danach geht das Taxameter auf 3,60 Euro, nach 224 Meter auf 3,80 und bleibt dort bis 336 Meter.
Zusammenfassung: Bei sehr kurzen Kurzstrecken ist der Normaltarif günstiger! Die Definition von „sehr kurz“ ist dabei seit 2011 von 484 Meter auf aktuell 336 Meter geschrumpft.
@Tom:
Ohne die Zahlen jetzt genau überprüft zu haben, stimme ich zu. Wobei ich das eigentlich nie anwende, um mir 20 Cent zu „ergaunern“. Die Hausnummer kannte ich ja auch nicht, statistisch standen die Chancen gut, damit ihre Fahrt zu verbilligen.
Jetzt würde mich nur noch interessieren, welche Daten Du für meine Wegstrecke genommen hast – denn die Google-Maps-Einbindung ist ja so nicht korrekt, da hat sich im Lauf der Jahre nämlich auch einiges verschoben …
Ich habe die 400 Meter genommen, die Google Maps mir hier auf dem Kartenausschnitt anzeigt. Wenn es in Wirklichkeit 500 Meter sind, ist natürlich alles wieder ganz anders.
Und wenn Du die Hausnummer bzw die genaue Länge in Metern nicht kennst, dann stimmt es natürlich, dass mit der Kurzstrecke die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass es am Ende billiger wird.
@Tom:
So in etwa dürfte die Entfernung schon stimmen, aber die Fahrt ist eigentlich erst an der Ecke Modersohnstraße gestartet. Dafür – da nimmt Google neuerdings wohl den Fußweg – kann man nicht geradeaus durch die Corinthstraße fahren, sondern muss den Haken über Persius und Bosse nehmen.