12 + 12 + 500

Ich war gerade am Ostbahnhof hinten an die letzte Halte rangerollt. Sofort als ich für eine Zigarette ausgestiegen bin, überwanden zwei etwa 12jährige Jungs ihre Schüchternheit und fragten mich, wie viel es zur Frankfurter Allee kosten würde.

„Naja, kommt drauf an, wohin da genau. Die ist ja ziemlich lang!“

„Direkt zum U-Bahnhof!“

meinte der eine.

„Na, das wären so etwa 10 €. Könnte auch ein bisschen weniger werden.“

Die beiden haben sich angeguckt, genickt und zugestimmt. Dann sind sie bei mir ins Auto gekraxelt.

Ich bin jetzt nicht per se übervorsichtig, was Kinder angeht. Komisch kam es mir aber dennoch vor. So schwierig ist es nun nicht, mit der Bahn dort hinzukommen, und 10 € sind ja doch ein ordentlicher Preis. Lieb gucken konnten die beiden zwar, aber natürlich hab ich darüber nachgedacht, dass sie vielleicht flitzen wollten.

Ich hab über einen Vorschuss nachgedacht, aber auf der anderen Seite wollte ich sie weder verschrecken, noch wäre es so ein exorbitanter Verlust gewesen. Außerdem: Die Kindersicherung hinten links hätte mir sicher geholfen, wenigstens einen der beiden zu behalten, bis Verstärkung kommt.

Ich hab sie gefragt, weswegen sie nicht die Bahn nehmen, und sie entgegneten, dass das Umsteigen zu lange dauere und sie schnell heim müssten.

„Habt ihr etwa noch was wichtiges vor?“

hab ich sie gefragt. Eher erstaunt angesichts der Tatsache, dass es 23 Uhr war.

„Wir müssen heim. Ins Bett!“

Zugegeben, das hätte ich als Antwort nicht erwartet. Sonderlich plausibel klang es irgendwie nicht, aber es war gut zu beobachten, dass sie nicht panisch nach Antworten gesucht haben. Die Fahrt über haben wir nicht viel geredet und ich hab mich auf den ggf. hektischen Ausstieg vorbereitet. Ich hab sie rechtzeitig gefragt, wo ich sie rauslassen sollte, und hab mich bereits 50 Meter vorher abgeschnallt. Damit ich besser nach hinten greifen kann… schön, wenn einem Gesetze auch mal Wege ebnen 😉

Als wir dastanden wurde ich abermals überrascht. Die beiden kleinen Knirpse blieben seelenruhig sitzen, als ich ihnen den Fahrpreis nannte. Dann kramte der eine in seiner Hosentasche und kramte sein Geld raus: Ein fettes Bündel mit zahllosen Fünfzigern, sicher mindestens 500 €. Er blätterte darin umher, zog einen Zehner raus und gab ihn mir.

Trinkgeld gab es keines, aber mich interessiert sowieso viel mehr, was eigentlich hinter der Geschichte steckt….

21 Kommentare bis “12 + 12 + 500”

  1. Lis sagt:

    Man hört doch immer wieder von diesen jungen Drogendealern in Berlin! 😉

  2. Sash sagt:

    @Lis:
    Ich geb ja zu, ich hab auch an sowas gedacht… 🙂

  3. Aro sagt:

    Die bekommen wahrscheinlich einfach ihr Taschengeld immer schon am Wochenende.

  4. Bauernbrandt sagt:

    Meinst du mit dem Gesetz §127 Abs. 1 der StPo? Wenn du mich erhört hast, gib mir bitte ein Zeichen. Ein Blitz aus heiterem Himmel, eine Epiphanie, eine zerbirstende Scheibe oder ein einfacher Kommentar.

    Amen.

  5. SaltyCat sagt:

    aro: *lol* … frei nach dem Motto: „Papa, alle in der Schule nennen mich Mafioso!“ – „Ok, Sohn, ich werde mich darum kümmern.“ – „Danke, Papa. Aber lass es wie einen Unfall aussehen.“

  6. Taxi 123 sagt:

    Wer weiß wen Du da gefahren hast? Lies doch in den nächsten Jahren nicht nur die Tageszeitung, sondern auch alle Verlautbarungen der einschlägigen Gerichte.
    Außerdem scheint mir das eine Bestätigung meiner Theorie, daß es wesentlich lukrativer wäre, wenn Taxifahrer ihre Fahrgäste überfielen als andersherum. 😉

  7. SaltyCat sagt:

    Bauernbrandt: ich denke eher, Sash meint §21a STVO

  8. nadar sagt:

    Sowas macht mich auch nachdenklich…
    Mich fragte mal eine ~13jährige, wieviel es nach $50-km-weit-weg-Stadt kostet.
    Auf die Lösung des Rätsels musste ich aber nicht lange warten, die Mutti hatte das Mädchen nur vorgeschickt und fuhr dann mit. Ob sie dachte, dass ich der Kleinen einen besseren Preis mache..?

  9. Sash sagt:

    @Aro:
    Fürs ganze Jahr dann, oder wie?

    @Bauernbrandt:
    Nee, ich dachte dabei eher an SaltyCats Vorschlag. Ich gebe zu, dass ich keine Bedenken hätte, jemanden in so einem Fall festzuhalten. Das mit dem Blitz hab ich nicht hingekriegt, ich versuche es jetzt so 🙂

    @SaltyCat:
    Danke fürs Suchen des Paragraphen und zu der anderen Geschichte: Nette Idee 😉

    @Taxi 123:
    Klar wäre das lukrativer, ich kann mich aber in der Regel beherrschen 😉

  10. Sash sagt:

    @nadar:
    Auch interessant…
    Aber wundern würde es mich nicht. Kinder alleine sind schon sehr selten. Hatte ich jetzt in fast 2 Jahren nur zwei mal.

  11. Der Maskierte sagt:

    Ich glaube, ich muss mich von jemanden adoptieren lassen.

  12. Sash sagt:

    @Der Maskierte:
    Noch ist er jung genug, um ihn zu adoptieren und über sein Geld zu verfügen 😉

  13. Marius sagt:

    Sash, dann mal ran da 😉

  14. Der Maskierte sagt:

    @Sash

    Seine Eltern haben bestimmt auch noch genug Geld für mich. Das spart mir die lästigen Diskussionen mit dem Bengel.

  15. Sash sagt:

    @Marius:
    Nee danke. Geld ist nicht alles 🙂

    @Der Maskierte:
    OK, wie du meinst. Aber erinnere dich mal an die Diskussionen um Geld mit Eltern…

  16. Der Maskierte sagt:

    @Sash
    Ach, ich sorge dann einfach dafür, dass der Erbfall schnell eintritt. ]:->

  17. Sash sagt:

    @Der Maskierte:
    Ach so… ich verstehe 😉

  18. Arno.Nyhm sagt:

    hui … hat sich hier spam eingeschlichen?

  19. Sash sagt:

    @Arno.Nyhm:
    Ja, das kommt gelegentlich vor. Bei so alten Einträgen fisch ich den nicht immer raus. Hab ihn jetzt aber gelöscht, wie Du siehst.

  20. Arno.Nyhm sagt:

    perfekt 🙂

    ich hab keinen spam-melden-button gefunden … also hab ichs mit nem kommentar ausgeholfen.

  21. Sash sagt:

    @Arno.Nyhm:
    Ich kümmere mich da in der Regel selbst drum. Manchmal kommen halt viele Kommentare auf einmal und dann fällt sowas unter einem alten Artikel auch mal durchs Raster. Vermutlich warst Du der einzige, der das je gesehen hat hier. 🙂

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