Unentschieden!

Sehr kurzes Gespräch über den Fahrpreis zwischen zwei Mädels und mir:

„Hey, können wir nen Abi-Sonderpreis machen?“

„Leider nicht, sonst müsste ich ja für meines auch einen Aufpreis verlangen.“

„Hmm, stimmt. Naja, versuchen kann man es ja mal…“

Netter Kontakt, gerne wieder.  Oh, falsche Website…

Dunkelenten

Wahrscheinlich sind es die Dunkelenten, die Jo und ich heute Nacht beobachten durften, die dafür gesorgt haben, dass das Wochenende insgesamt eher bescheiden lief. Insbesondere die Freitagnacht ist weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, und ich habe selten einen so beschissenen Kilometerschnitt gehabt in meinem Leben. Noch dazu ist natürlich das Auto mal wieder am Auseinanderfallen. OK, das wäre übertrieben – aber ein kaputtes Rücklicht und schon wieder Stress mit einem Gurtschloss sind doch ziemlich nervige Sachen.

Naja, wenigstens waren die Fahrgäste allesamt nett und komplikationslos. So wie ich eben auch bin 🙂

In fremden Zungen (2)

Etwas hilflos hat die Frau mit ihrem Kinderwagen geschaut, als sie am Ostbahnhof an den Taxistand herantrat. Ein guter Kollege von mir fährt nur einen Daimler und konnte mit ihrem Kinderwagen (ohne Kind) nicht so viel anfangen. Also hat er sie zu mir geschickt. Ich hab mich mit ihrer Mithilfe ans Einladen gemacht und im Grunde ging das recht flott, nur hat sie in keinster Weise auf meine Frage reagiert, wo es hingehen sollte. Letztlich hat sie jemanden angerufen, und der hat mir dann am Telefon bei miesester Verbindung gesagt:

„Bringe zu Bumastr. 10! Nicht weit. Du bist Taxi?“

„Bumastr.?“

„Lumastr.!“

„L-U-…?“

„L-Y!“

„Lynarstr.?“

„Ja, Lumastr.! Wedding!“

Also so in etwa. In Wirklichkeit hat es drei Minuten länger gedauert und war ein paar Stufen lauter. Aber die Lynarstr. passt zusammen, am Ende hat er selbst die Tanke an der Ecke erwähnt und damit war die Sache dann geritzt. Unterwegs hab ich dann rausgefunden, dass die junge Frau gut Englisch spricht, somit war das schon wieder ok. Dumm nur, dass sie sich offenbar im Bahnhof vertan hat oder so, denn

„five minutes“

ist definitiv etwas optimistisch für die Strecke. Und die knapp 15 € am Ende waren auch leider keine Abzocke, sondern der normale Fahrpreis. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie mir das nicht geglaubt hat, aber was will ich machen. Ich hab ihr erklärt, dass es vom Hauptbahnhof deutlich kürzer gewesen wäre und ich befürchte, sie hätte dort aussteigen sollen, ich hab das Navi angemacht, damit sie sehen kann, dass ich den kürzesten Weg nehme. Dass sie mir letztlich vor der Haustüre nicht einmal mehr glauben wollte, dass das das richtige Haus ist:

„You talked to him, I don’t know!“

hat mich zudem etwas erstaunt hinterlassen. Irgendwer hat sie letztlich doch abgeholt und dann haben sie sich gegenseitig offenbar über den Fahrpreis beschwert. Ich bin dann einfach in die regnerische Nacht entschwunden. Am Ende einer solchen Fahrt beneide ich dann wieder den Kollegen mit dem Daimler…

In fremden Zungen (1)

Ein guter Anfang für eine Tour ist es, wenn ein Winker mit englischem Akzent am Moritzplatz folgendes verlangt:

„Nach Mitte!“

Das schließt immerhin 2 von 4 Richtungen aus. Die Frage nach der Straße beantwortet er mit:

„Zoostr.!“

Uff! Ich gebe ja immer wieder gern öffentlich zu, dass ich nicht alles in Berlin kenne, aber eine Zoostr. müsste doch drin sein. Aber würde die nicht eher Richtung Zoo liegen – also Charlottenburg und nicht Mitte?

„Wirklich Zoostr.?

„Ja, Zoostr. Ecke Gormänn!“

„OK! TORstr….“

Naja, Hauptsache angekommen!

Die sich selbst verlängernde Kurzstrecke

An einem Donnerstag runde 70% der Touren als Winker zu bekommen ist selten. Da kann man nach nur 4 Arbeitsstunden im Wochenendrhytmus  bei über 80 € auch mal auf übermütige Ideen kommen. In der Revaler Str. stürmten die nächsten auf mein Auto zu und wollten zum S-Bahnhof Treptower Park.

„Hm, da kann ich ja mal versuchen, Kurzstrecke zu machen.“

„Äh, ja. Boah, das wäre ja cool, wenn das reicht…“

„Versprechen kann ich nichts. Wenn’s vorher piept: Anhalten?“

„Äh… nee, jetzt noch durch den Regen wollen wir auch nicht.“

Schöne Geschichte! Das Ende der Fahrt war allerdings derart unglücklich, dass die beiden tatsächlich 7,00 € zahlen mussten. Das heisst, die Kurzstrecke war vorbei, und für die letzten 300 Meter haben sie damit 3 € extra bezahlt. Eine Art Worst-Case-Szenario für die Berechner von Teilstrecken 😉

Aber die beiden haben noch ein kleines Trinkgeld (sie nannten es T-Geld) gegeben, und ich war tatsächlich ziemlich zufrieden, nun bereits 90 € in der Tasche zu haben. Ich hab kurz die Tourdaten notiert und bin losgefahren. In dem Moment brüllt jemand aus Richtung des S-Bahnhofes und ich sehe eine winkende Gestalt. Also Bremse!

Als er näherkam, erkannte ich, dass es doch kein neuer Fahrgast war, sondern einer der alten, und er vermisste sein Handy. Ich habe es tatsächlich in der Seitentasche der Tür gefunden, und er war ziemlich glücklich darüber, dass wir das noch hingekriegt haben.

„Hey, ich danke dir auch! Ist ja immer mords der Aufwand mit dem Zurückbringen und so…“

Sie wollten mit der S-Bahn weiter, und so verzog er sich wieder zu seinem Kumpel. Ich – immer noch grinsend wie die leicht unglücklich beim Vergrößern deformierte Version eines Honigkuchenpferdes – hab das Auto an der nächsten Ecke gewendet und bin gen Matrix geschossen. Wollte gen Matrix schießen.

Am S-Bahnhof winkten drei Leute. Meine beiden und ein weiterer…

„Fährt keine Bahn mehr…“

meinte der eine gleich beim Einsteigen.

„Wir müssten dann doch nach Adlershof.“

Wow! So leid es mir für die Jungs getan hat, so sehr hab ich mich doch auch für mich und mein chronisch unterfüttertes Portemonnaie gefreut.

„Da haben wir dir ja doch noch ne ganz nette Tour verschafft, was?“

„Allerdings! Ihr werdet keine Beschwerden von mir hören!“

Die drei haben sich überwiegend selbst unterhalten, aber im Laufe der Zeit kristallisierte sich eine weitere Verdienstmöglichkeit heraus. Der dritte im Bunde wollte auch nur in Adlershof in den Nachtbus wechseln, eine Weile weiterfahren und dann eine Dreiviertelstunde (!) heimlaufen. Irgendwann fielen sie dann endlich, die warmherzigen Worte:

„Sag mal, was würde das denn von Adlershof nach Eichwalde kosten?“

Das alles war letztlich eine mehr als lockere Tour, die sogar noch einen fünfminütigen Stopp beim McDrive in Adlershof einschloss. Die Jungs waren allesamt super relaxt (der eine sogar aus hormonellen Gründen überzufrieden) und so kam es, dass das was ich als Kurzstrecke in Friedrichshain gestartet habe, irgendwo im tiefsten Schulzendorfer Wald geendet hat mit insgesamt 46,60 € auf der Uhr und – auch wenn es nicht viel ist für so eine Tour – 80 Cent Trinkgeld.

Möge der Neid in Form ätzender Säure aus den Arschlöchern der Kollegen rinnen, die gerne kurze Touren ablehnen…
(OK, das ist hart ausgedrückt, aber es war ein mir tief innewohnendes Bedürfniss!)

Überholen

Jede Branche hat so ihre Geheimnisse und ihre Verhaltensregeln. Mit dem Taxifahren ist es nicht anders. Die meisten nicht niedergeschriebenen Regeln sind aber auch hier Ansichtssache. Dass ein Fahrgast zum Beispiel zum ersten in der Reihe geschickt wird, halten viele für eine Notwendigkeit. Ich tue das nicht. Denn zum einen habe ich genügend Kollegen erlebt, die die Fahrgäste dann von vorne wieder nach hinten schicken, weil ihnen die Fahrt zu kurz ist, zum anderen ist es so oder so für die Kunden nicht schön, abgewiesen zu werden. Da bevorzuge ich die Ansicht, dass die Kunden schon einen Grund haben werden, warum sie mich ausgewählt haben und sich das unter den Kollegen irgendwann so oder so ausgleicht. Dass ich bei einer Nachfrage natürlich stets den Kollegen, der am längsten wartet als Alternative erwähne, ist natürlich dennoch Ehrensache.

Aber es gibt eines, das im Grunde von fast allen Kollegen gleichermaßen geachtet wird:

„Wir überholen keine leeren Kollegen!“

So – leider ohne nähere Erläuterungen – wurde es mir am ersten Tag unmissverständlich mit auf den Weg gegeben. Aber schon die ersten zwei Stunden auf der Straße machen einem klar, was gemeint ist.

Als Taxifahrer ist man mehr oder minder immer auf der Jagd nach Kundschaft, Beute monetärer Art. Dadurch, dass wir keine festgeschriebenen Bereiche für die Jagd haben, fahren wir uns immer wieder gegenseitig vor den Wagen. Und wenn an der nächsten Ecke ein Kunde steht, bekommt ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit der erste in der (fahrenden) Reihe. Da ist das Überholverbot gewissermaßen schon eine Regelung, die für Verkehrssicherheit sorgt. Denn ohne würden die Taxen auf Deutschlands Straßen sich wahrscheinlich mörderische Rennen liefern, immer nur in Sorge, ja der Erste in der sich bewegenden Schlange zu sein. Mit dem traurigen Nebeneffekt, dass ausgerechnet die gesittetsten Fahrer die wenigsten Kunden hätten.

Wie bei allen Regelungen ist es ziemlich interessant, diese in der Realität zu beobachten. Ich bin selbst – ohne hier angeben zu wollen – einer der kollegialsten Fahrer da draussen. Wenn ich um mich an die Halte zu stellen wenden muss, ist klar, dass der Fahrer, der mir entgegenkommt, zuerst ranfahren darf. Wenn man eine solche Regel irgendwie fassen kann, dann am besten mit den Vorfahrtsregeln der StVO. Auf der anderen Seite gebe ich – wenn ich geradlinig angeschossen komme – durchaus auch gerne mal Signal, dass der Kollege doch kurz wenden und sich vor mir einordnen soll. Wenn es hochkommt, kostet mich dieses Verhalten 30 € im Jahr, das ist es mir ohne weiteres wert. Und vielleicht gleicht es sich so oder so aus. Dafür sind die Kollegen glücklich.

Auf offener Straße tut es hingegen natürlich manchmal weh. Gerade wenn man auf Kundenfang ist, fährt man auch mal ein bisschen langsamer als die StVO es zulassen würde, was natürlich die Kollegen hinter einem – die dank mir ja gerade sowieso kaum eine Chance haben – mal nerven kann. Ich bin hier eisern, überhole nicht. Aber ich kann es auch auf den Tod nicht ausstehen, wenn ein Kollege das tut. Fehler im Straßenverkehr erlaubt sich jeder mal. Da bin ich nachsichtig und lege es nicht gleich als Boshaftigkeit aus, was ja scheinbar ein großer Teil der Autofahrer macht. Beim Überholen eines Kollegen kann ich aber davon ausgehen, dass es mit Absicht geschieht. Und das kotzt mich an!

Natürlich sind wir nicht nur Kollegen, sondern auch Konkurrenten. Aber die Arbeit macht nunmal nur halb so viel Spass, bzw. ist doppelt so stressig, wenn man zusätzlich zur nicht allzu rosigen Geschäftslage auch noch Krieg gegen die eigene Fraktion führt.

Klar, manchmal muss man überholen, um ein Verkehrschaos zu vermeiden: Wenn man gerade auf unterschiedlichen Spuren ist, und es dort unterschiedlich schnell vorangeht vor allem. Aber dass ich mich da wieder zurückfallen lasse, den Kollegen vorbeiwinke oder gar schweren Herzens einen Winker für ihn stehen lasse, sehe ich als selbstverständlich an.

Sehr verbreitet ist unter Kollegen, die das nicht so sehen, z.B. auch die Angewohnheit, die Fackel auszumachen, vorbeizuziehen, und dann – wenn ich an einer roten Ampel halten muss – das Licht wieder anzumachen. Irgendwann werde ich mal anfangen, Buch zu führen über die Leute…

Dennoch bin ich ziemlich überrascht darüber, wie gut es im Grunde funktioniert. Die Momente des Ärgerns sind tatsächlich selten, und das ein oder andere Mal stellt man sogar fest, dass alles nur ein Missverständnis ist. Wie bei einem Kollegen neulich:

„Hat der mich überholt, und ich natürlich gleich hinterher! Zwee Ampeln weiter hatt‘ ick den und frach den, was dette soll und er sei ja wohl bekloppt von wegen überholen und so. Meent der mit’n Lächeln: Kollege, musst du Lampe anmachen, wenn du nicht überholt werden willst…“

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Taxifahren ist teuer…

Eine prinzipiell wahre Aussage. Ich schreibe mir ja auch den Bildschirm pixelig darüber, warum das so ist, und dass es auf der anderen Seite auch gar nicht so schlimm ist, wenn man mal genau nachrechnet. Naja, jedenfalls hatte ich Winker. Glücklicherweise, denn der Abend lief beschissen bis dato.

Zwei junge Leute, die nachts um 1:30 Uhr am schlesischen Tor stehen. Mit einer Kofferraumladung Gepäck. Ungewöhnlich, aber warum auch nicht?

Zur Bornholmer Straße wollten sie. Höhe S-Bahnhof etwa. Ich hab mich mit einem Grinsen daran erinnert, dass ich Ozie vor vielleicht 55 Stunden gesagt habe, dass ich die Straße da oben nun derart auswendig kenne, laufender-, sitzender- und liegenderweise, dass ich sie in näherer Zukunft nicht auch noch mit dem Auto abfahren müsste.

Ob das denn weit sei von hier, wollte mein Fahrgast wissen.

„Naja, ist schon ein ganzes Stückchen!“

hab ich geantwortet, denn gefühlt ist es ja schon einmal durch die halbe Stadt, fast 10 km und definitiv eine überdurchschnittliche Tour.

„Aber unter 100 €, oder?“

Dem Kunden hab ich ein freundliches Lachen entgegengebracht und ihm versichert, dass wir nicht einmal über 20 € kommen würden. Gedacht hab ich mir zwischenzeitlich allerdings auch:

„100 €? Meine ganze verdammte Schicht bleibt unter 100 €!“

War aber eine wirklich nette Fahrt, die ich nicht missen möchte.

Hab mir nebenbei überlegt, ob man es über den Berliner Ring vielleicht schaffen würde… 😉