Systemkritik-Fail

Angefangen hat alles mit einem kleinen Drift.

Die Ausfahrt vom Warschauer Platz auf die Stralauer ist eine der glattesten Stellen in ganz Berlin gewesen am Wochenende. Das macht so viel nicht aus, da man die Kurve sowieso nur mit 10 km/h fährt, aber das Heck kommt mir in aller Regelmäßigkeit ein Stück weit nach vorne dort. Was soll’s? Junge Kunden aus dem Matrix in Partylaune… ich benehme mich sicher nicht wie ein Rennfahrer beim Arbeiten, aber es gibt ja dennoch Kunden, mit denen man Spaß haben kann. Hat seine Wirkung natürlich nicht verfehlt:

Die beiden Mädels auf den Rücksitzen juchzten, ich solle das nochmal machen und ich hab mich gefragt, warum man das Eis nicht immer so schnell brechen kann.

Antwort: Weil nicht immer Eis da ist!

Aber gut, weg von der Philosophie. Ich hab den beiden dann gesagt, dass ich das ja gerne machen würde, dass es aber schon ein bisschen unsinnig sei, dazu ausgerechnet ein Taxi zu nehmen, weil das auf Dauer ja doch eine etwas teure Möglichkeit wäre, ich mich aber natürlich darüber freuen würde 😉

Da meldete sich mein Fahrgast vom Beifahrersitz: Naja, was ich dabei verdienen würde, wäre ja trotzdem traurig. Dann kam so diese typische kuriose Situation, in der ich meinen Job gutgeheißen habe und mein Fahrgast versucht hat, mir zu erklären, wie scheiße er wäre. Ich will ja niemandem widersprechen, wenn er 5 € Stundenlohn für zu wenig hält. Klar hätte ich gerne mehr, da brauchen wir uns sicher nicht streiten.

Aber nein: Dass ich nicht mal die Hälfte von der Kohle kriegen würde, erregte seinen Unmut. Also dass mein Chef „fürs Däumchendrehen“ mehr als die Hälfte bekommt…

Das mag auf den ersten Blick ja auch komisch aussehen, das gebe ich zu. Und ja, 75% vom Umsatz wünscht sich wohl jeder Fahrer, der nicht gleich von 100% träumt. Aber ich hab ihm dennoch versucht zu erklären, dass es ja nicht so ist, dass mein Chef das Geld einfach komplett einsteckt, sondern dass der davon auch einige Kleinigkeiten wie z.B. das Auto bezahlt. Und ja, wir sind in der Diskussion bis zum Lagerraum für die Winterreifen vorgedrungen…

Ich komme selbst aus der linken Ecke und finde nun nichts schlimmes an einer grundsätzlichen Kritik an Lohnarbeit oder einem gesunden Misstrauen gegenüber Vorgesetzten. Da können wir gerne drüber reden. Ein bisschen absurd ist es, das von jemandem zu hören, der froh ist, dass er „bald ausgelernt hat“ und auf die Frage, was er mit seiner Mechaniker-Ausbildung gedenkt zu tun antwortet:

„Ich geh für 12 Jahre zur Bundeswehr!“

Kommentar unnötig!

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6 Kommentare bis “Systemkritik-Fail”

  1. Julia sagt:

    Also, ich hab n Mann bei der Bundeswehr und kann sagen : Sooooo schlecht is das nicht, je nachdem wo man landet*hehe*

    Aber das kreativste is der Gang zur Bw sicher nicht.. vor allem da die wenigsten sich darüber im Klaren sind was genau das heißt, sich für 12Jahre lang zu verpflichten ;(

    Im Übrigen, geiler Blog^^
    Für Berliner immer wieder spaßig*g*

  2. Sash sagt:

    @Julia:
    Es mag ja sein, dass bei der BW nicht alles schlecht ist. Wie man sich allerdings darüber aufregen kann, dass mein Chef ja fürs Nichtstun Geld bekommt und ich ja so wenig und dann die BW als Alternative anpreisen… ich weiss ja nicht.
    Und ob er ne Ahnung hatte, was das bedeutet… ich glaube es nicht. Bis auf das Geld, ich denke das kann man ja schon im Voraus recht gut sagen. Da ist die BW sicher etwas besser als das Taxigewerbe.
    Mich würde es trotzdem kein bisschen reizen.
    Und danke für das Lob! 🙂

  3. Aro sagt:

    Ich verlange ja auch regelmäßig 120 Prozent vom Umsatz, aber mein Chef ist auch so ein geldgieriger Kapitalist, der weigert. Und weils ihm sein Reichtum nicht reicht, fährt er auch noch selber. So was…

  4. Sash sagt:

    @Aro:
    Ja, aber 120 sind echt ein bisschen viel. Vielleicht solltest du nach 130 fragen 😉
    Aber dass er selber fährt, ist echt dreist. Kennt die Scham denn gar keine Grenzen mehr?

  5. Julia sagt:

    Dabei sind ab und an sogar die Chefs diejenigen, die mehr arbeiten als alle anderen.. ich gebs zu, selten aber es soll vorkommen.. hab ich gehört;-)
    Manch einer weiß es nich besser*schulterzuck* wat soll man sagen..
    Ich könnte ausm Stehgreif 4Leute nennen die im letzten letzten Jahr bei der Bw angefangen haben -wegen des Geldes- und jetzt rumjammern, wie blöd das alles is*augen roll* und die vorher ja gaaaaar nicht wussten, was man da alles machen muss.. ja ja.. diese tückischen Jobs wo man vorher nich weiß was einen erwartet^^

    Wie gesagt.. männe verdient gut^^ da kann ich auch nach der Ausbildung noch ne Weile auf der faulen Haut liegen, wenns mir dann nich so unangenehm wäre*lol*

  6. Sash sagt:

    @Julia:
    Ja, manchmal ist das so. Ob das bei meinen zutrifft, weiss ich nicht. Aber sie machen ihren Job gut und darauf kommt es an.
    Dass viele heutzutage vom gewählten Job enttäuscht sind, glaub ich gerne. Man hat halt auch nicht so viele Möglichkeiten, mal kurz was anderes zu machen. Ob mein Kunde bei der BW glücklich wird? Ich wage es zu bezweifeln, aber wenn er meint…

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