Eigenlob

Es gibt so ein paar spezielle Momente, in denen ich mir mehr als sonst sicher bin, dass ich meinen Job gut mache. Das passiert insbesondere dann, wenn ich recht „spezielle“ Kunden habe, und die Fahrt zufriedenstellend verläuft. Gestern Abend hatte ich so einen Fall. Ich hatte gerade eine dienstliche Fahrt nach Tegel hinter mir. Massig „Über-Kilometer“! Nicht, dass meine Chefs da jemals Stress gemacht hätten. Aber ich mag meine Statistik nunmal, und da macht sich das schlecht 😉

Naja, da ich kein Flughafen-Freund bin, und am Wochenende doch lieber die City als irgendwelche Randbezirke unsicher mache, war ich quasi auf dem Rückweg. Da winkt mich im Wedding einer ran, und fragt mich, ob ich ihn mitnehme. Es gibt in solchen Momenten so ein paar spezielle Worte, die für gute, und ein paar, die für schlechte Laune sorgen.

„Nach Kaulsdorf?“

ist zum Beispiel der Satzteil gewesen, der mich erfreut hat. Etwas weniger begeistert, um nicht zu sagen: enttäuscht, hat mich dann

„Für 25 Euro?“

„Hmm, nein! Das wird sicher mehr.“

„17,2 km, 27,60 €! Da können wir doch 25 machen!“

„Sie fahren die Strecke also öfter? Ich hätte auf mehr getippt. Aber 25 kann ich trotzdem nicht machen.“

„Haben sie etwa Sitzkontakte?“

„Nein, habe ich nicht!“

„Dann…“

„Ganz im Ernst: Kommt es bei ihnen wirklich auf die 2 Euro an?“

Da ist er dann eingestiegen…

„Naja, ich hab ja jetzt die ganze Fahrt Zeit, sie davon zu überzeugen, dass sie mich für 20 € fahren…“

Die Fahrt ist dennoch sehr nett geworden, wenngleich man sagen kann, dass es auch angenehmeres gibt, als sich mit einem Kunden 20 Minuten lang Diskussionen (nicht nur über den Fahrpreis) zu liefern. Die Sätze, die mir vor lauter Selbstergriffenheit die Tränen in die Augen trieben, waren dann aber die, in denen er mir glaubhaft erzählte, dass er die Strecke nun durchaus öfter fährt, aber noch nie bei einem Taxifahrer eingestiegen ist, der nein zu einem Festpreis gesagt hat. 20 oder 25 € – das zahlt er immer. Er häbe (schwäbischer Konjunktiv) zuvor sogar einen Kollegen weitergeschickt, der ihn unbedingt mitnehmen wollte, aber leider Sitzkontakte im Wagen hatte…

„Naja, wenn wir dann bei 25 € sind, können wir ja überlegen, was wir machen…“

Für mich war der Punkt eigentlich klar: Hier liegt kein Notfall vor, also entweder aussteigen oder weiterzahlen! Er hat dann allerdings selbst gesagt:

„Naja, ich bin bei ihnen eingestiegen, ohne dass sie einem Festpreis zugestimmt haben. Also werde ich den Preis natürlich zahlen..“

Na also. Die Fahrt verlief mit einigen „Ja aber“s angenehm schnell, und als die Uhr die magische Marke durchbrach, war das keinem von uns irgendeine Reaktion wert. Ich hab zwar kurz in mich reingegrinst, aber das war es auch schon. Als die Uhr dann bei 28,80 € stehen blieb, konnte ich mir die Frage nicht verkneifen, ob er das letzte Mal eigentlich noch zum alten Tarif gefahren sei.

„Weiß ich auch nicht…“

Woher auch? Nachdem wir noch ein paar Worte gewechselt haben, bin ich mit 30 € in der Tasche wieder Richtung City gecruist. Am schönsten war es, das Leuchten in seinen Augen nach meinem

„Ich fand das übrigens sehr spannend jetzt!“

zu sehen. Wie mein Chef so schön formuliert hat: „Ihr müsst dem Kunden zeigen, dass es die richtige Entscheidung war, nicht die S-Bahn für 2,10 € zu nehmen“. Das Gefühl, dass ausgerechnet dieser Kunde das in dem Moment – und wenn es nur das eine Mal war – gemerkt hat, war die ganze Sache schon wert.

Als ob es mir auf die 5 € ankommt…

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4 Kommentare bis “Eigenlob”

  1. Aro sagt:

    Du hast ja einen klugen Chef.

  2. Sash sagt:

    Scheint so 😉

  3. Paramantus sagt:

    Hehe, schöne Geschichte. Das Ganze hätte ja auch komplett anders laufen können…

  4. Sash sagt:

    @Paramantus:
    Ja, und das wird sicher noch eines schönen Tages passieren… 🙁

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