Gar nicht mal so schlecht…

So, der Monat ist quasi vorbei. Heute Abend noch eine Schicht – das war es dann aber auch schon. Es war fürs Taxifahren ein Monat, den man wahrscheinlich irgendwo unter neudeutsch „crazy“ einordnen kann. Meine Umsätze waren (zumindest für meinen bescheidenen Geschmack) echt gut, aber zu erwarten war das nicht wirklich. Oder doch? Ein bisschen?

Zunächst einmal hatten wir zu Monatsbeginn die vielgescholtene Tariferhöhung. Per Definition müsste sie zu einer Umsatzsteigerung führen, von vielen Kollegen war allerdings zu hören, dass sich eine Erhöhung zu Beginn oft eher negativ auswirkt, weil Kunden wegbleiben.

Ebenfalls zu Monatsbeginn wurde Berlin von drei Modemessen heimgesucht, die dafür gesorgt haben, dass die Taxameter unter der Woche im Wochenendtakt gerattert haben. Rekordumsätze, wo man hingehört hat…

Mitte des Monats begannen dann die Sommerferien, was allgemein immer eher mit einem Rückgang an Farten verbunden wird.

Gleichzeitig zu Ferienbeginn kollabierte allerdings das S-Bahn-Netz in Berlin, was dann doch wieder für ein paar Fahrten – gerne auch mal längere in die Außenbezirke – gesorgt hat.

Dazu dürfte in der Stadt zeitweilig auch mehr Taxenverkehr geherrscht haben, weil Tegel von manchem Fahrer nicht mehr angefahren wurde, der dort bisher sein Geld verdient hat.

Zu diesem Wust an Gründen für guten oder schlechten Umsatz kommt natürlich wie jeden Monat noch die persönliche SWINEFLU (Scheißhalte Wo Ich Natürlich Erst nach Feierabend Lukrative Umsätze machen kann)-Quote und die Arbeitslust zu umsatzstarken Zeiten.

Mit anderen Worten: Ich hab keinen Plan, was sich jetzt wie stark ausgewirkt hat, und auf wen ich meine Umsätze schieben kann…

Zahlen:

Ein paar Kennzahlen aus dem Juli, Quelle: Sash

Ein paar Kennzahlen aus dem Juli, Quelle: Sash

Zum Vergleich gerne auch noch den letzten Monat:

Andere Zahlen von wann anders, Quelle: Die gleiche

Andere Zahlen von wann anders, Quelle: Die gleiche

Falls jetzt wider Erwarten ein Kollege aufspringt und vermutet, ich hätte ihm allen Umsatz geklaut: Ich hab mich gerade auf echt chillige Arbeitszeiten eingependelt – mit denen man bei dem Umsatz und meinen niedrigen Ansprüchen sogar leben kann: 5-Tage-Woche mit ca. 40 Stunden. Fast schon wie normale Arbeit 😉

Taxi-Dialoge (12)

Sash: „Wo darf’s denn hingehen?“

Fahrgast: „Nach Hause!“

Sash: „Also gut, zu ihnen oder zu mir?“

Ich gebe ja zu, ich hab mich ein wenig kindisch darauf gefreut, den Spruch das erste Mal zu bringen…

Sag das jetzt nicht…

Im Taxi gelten ja irgendwie ganz andere Gesetze als in der Straßenbahn. Es ist eher ein bisschen wie im Internet: Die meisten Fahrgäste sind locker drauf und plaudern gerne aus dem Nähkästchen. Viele erzählen doch recht intime Details von sich, und das ungeachtet dessen, dass da ein völlig unbeteiligter Fremder (Ich) mit im Wagen sitzt. Bisweilen erzählen sie mir ihre Geschichten ja auch direkt.

Ich denke, ich habe oft genug gesagt, dass ich das gut finde. Ich mag die Atmosphäre in meinem Auto, und je nach Fahrgast erzähle ich auch desöfteren mal einen Schwank aus meinem Alltag. Das ist letztlich einer der besten Gründe, diesen Job zu machen: Kommunikation!

Bisweilen macht man allerdings auch weniger schöne Erfahrungen. Man hat fertige Leute im Auto, die einen in doch etwas zu private Entscheidungen einzubinden versuchen, oder auch Leute, die manche Meinungen besser für sich behalten sollten, wenn sie ihre Gesundheit nicht vorschnell einbüßen wollen. Manchmal gibt es allerdings auch so richtig miese Fremdscham-Fahrten. Da unterhalten sich die Fahrgäste untereinander, und man hat als Fahrer entweder die Sorge, wahrscheinlich ersticken die Protagonisten, weil sie offensichtlich zu blöd zum atmen sind, oder sie fallen durch Verhaltensweisen auf, bei dem Kindergartenkinder irgendwann schon gelernt haben, dass man so nicht zu Erfolg kommt. Das ist dann meistens in Beziehungen oder beim Anbahnen einer solchen der Fall.

Und so etwas hatte ich neulich:

Ein Pärchen hat mich herangewunken, sie haben ein recht weit (also so 8 – 10 km) entferntes Ziel genannt und ich bin mal lustig drauf losgefahren. Die beiden waren mit sich selbst beschäftigt, viel mit Konversation zwischen uns war also nicht. Das kommt ja auch oft vor und ist zur Abwechslung auch mal entspannend.

Nun unterhielten sie sich erst über den zurückliegenden Abend, die Geschäftspartner etc. Recht bald merkte man dann allerdings, dass zwischen den beiden nicht wirklich alles in Ordnung war, und im Subtext ständig Angriffe erfolgten. Irgendwann kam dann der Moment, in dem sich folgender Dialog (der ist nur ein Beispiel von mehreren) entspann:

Er: „Ja, des ist halt blöd, wenn der eine die ganze Arbeit macht und die andere sitzt nur zu Hause…“

Ich hab mir in dem Moment gedacht: Das hast du nicht wirklich gesagt, oder? Bist du komplett bescheuert?

Sie: „Wie bitte? Könntest du das wiederholen?“

Das ganze lief in oberflächlich ruhigem Ton, aber gepaart mit latenter Aggressivität, ab. Ich dachte mir dann: Hey, bei so einer Nachfrage kommt jetzt eine beschwichtigende Antwort, bevor es hier noch knallt…

Er: „Ich sagte, dass es blöd ist. Ich mache die ganze Arbeit und du sitzt nur zu Hause.“

Du bist bekloppt. Noch 6 Kilometer, und du sorgst hier für Feuerwerk. Na klasse! So, wer möchte gleich aussteigen?

Sie: „Ja, und pflege meine Wunden…“

Wow! Kein Ausraster? Verdient wäre es gewesen. Puh, Glück gehabt!

Er: „Und was ist mit meinen Wunden? Die heilen von alleine, oder wie?“

Sag mal, kannst du mal die Schnauze halten?

Und so ging das – immer kurz vor Vulkanausbruch in vermeintlich beschaulicher Manier – 20 Minuten lang. Bei jedem zweiten Satz hab ich mir auf die Lippen gebissen und mir gedacht, dass das nicht gut gehen kann – zumal ich mit der Zeit ja dann auch über diverse Probleme informiert war, um die es ging… glaubt mir, das war eine wirklich anstrengende Tour.

Ich sollte wirklich diese Scheißegal-Haltung trainieren. Zum einen Ohr rein, zum anderen wieder raus. Das könnte echt Stress vermeiden. Aber gut, war ja alles friedlich…

Dialoge am Stand, die sich lohnen…

Am Ostbahnhof:

Fahrgast 1: „Wieviel kostet es denn bis zur Weichselstr.?“

Sash: „Puh, bin noch nicht so drin mit dem neuen Tarif. Ich kann aber im Navi nachsehen, dann weiss ich es ziemlich genau!“

Fahrgast 1: „Danke.“

Daraufhin wuchtet Sash sich in sein Auto und stellt das Navi ein.

Fahrgast 2: „Äh, ist dieses Taxi noch frei?“

Fahrgast 1: „Äh ja, eigentlich schon…“

Fahrgast 2: „Ich muss nämlich ganz dringend zum Flughafen!“

Fahrgast 1: „Na dann nehmen sie es doch!“

Daraufhin hat der Sash eine wesentlich lukrativere Fahrt, und kann kurz vor dem Losfahren Fahrgast 1 wenigstens noch mitteilen:

„Das bleibt garantiert unter ’nem Zehner!“

Und alle waren sie zufrieden. Herrlich!

Besser als nichts…

Der Tag lief schon super, und ich beendete eine Tour unweit des Matrix. Am Wochenende fahr ich zwar nur selten dorthin, aber wenn man schon mal da ist…

Als ich ankam, bot sich mir ein seltenes Bild: Nur zwei Taxen und dafür jede Menge Leute. Bevor ich halten konnte, kamen schon zwei auf mich zuge… torkelt.

„Machste Kurzstrecke bis zur Sonntagstr.?“

„Klar, steigt ein!“

Die beiden hatten einen abenteuerlichen, aber noch nicht üblen Pegel. Gut drauf, koordinationsschwer, aber locker und weit davon entfernt, durch unfreiwillige Körperausscheidungen gefährlich zu werden. Verbale Inkontinenz explizit nicht mit eingeschlossen. Die Fahrt verlief also heiter – und kurz war sie ja so oder so. Am Ziel angekommen fragte mich mein Beifahrer nun:

„Was kriegstn‘ jetze?“

„Na, Kurzstrecke! 4 €.“

Er fing an, in seinen Taschen zu kramen und beförderte eine Zwei-Euro-Münze ans Tageslicht.

„Also ich hab zwei Euro, hast du noch was?“,

meinte er seinem Mitreisenden zugewandt.

„Willst du mich verarschen?“,

war dessen Antwort. Ich dachte in dem Moment ernstlich dran, dass es wenigstens genial wäre, als erste von Kunden nicht bezahlbare Fahrt in meinem Leben ausgerechnet eine Kurzstrecke angeben zu können. Aber das Problem war glücklicherweise nicht gegeben. Der Zweite konnte noch einmal zwei Euro drauflegen, womit die Sache ja erledigt ist. Er konnte sich allerdings eine (offenbar mehr als legitime) Frage an seinen Kumpel nicht verkneifen:

„Und wie wolltest du mich bitte ins Matrix einladen?“

Die Antwort war dagegen fast schon wieder zu vorhersehbar:

„Ey, ich hab keinen Plan!“

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.