Naja, in der heutigen Nacht war ich nicht so wirklich ein Glückspilz. Ich hab eigentlich ganz ordentlich Touren bekommen, aber es waren immer kurze Strecken. Irgendwann nach 7 Stunden hatte ich mich dann langsam zu meinem Hunderter Umsatz durchgekämpft. 98 € nach 14 Touren – das ist mies. Am Berghain stiegen dann zwei junge Leute ein, Männlein und Weiblein, offensichtlich aneinander interessiert. Oder so. Sie war in einem eher bedenklichen Zustand, er eher fitter. So die übliche „Die hab ich abgefüllt und jetzt geht es zu mir nach Hause“-Tour…
Dachte ich.
Ich stellte alsbald fest, dass er nur des Englischen, sie und ich des Deutschen und Englischen mächtig waren. Viel zu sagen hatte sie dabei nicht, denn sie war wirklich in einem üblen Zustand. Am augenscheinlichsten wurde das in der ersten Kurve, nach der ich mich des Geräuschs wegen sowohl um ihren Kopf, als auch um meine Scheibe hinten links sorgte. Ich kann Entwarnung geben: Allzuviel gemerkt hat sie davon offenbar nicht.
Er wohnte in einem Hotel nahe der Samariterstr., eine der üblichen 8€-Touren in dieser Nacht. Bevor wir dort ankamen, nannte sie mir jedoch als Fahrtziel eine Str. in Prenzlberg, naja, eher schon Pankow. Zunächst wurden sie sich nicht einig, so stoppte ich an der Haltestelle Samariterstr. und gab den beiden Zeit zur Diskussion. Dann war klar: Wir fahren zu ihr. Na gut, mir sollte es recht sein!
Die Gespräche während der Fahrt bestanden zum einen aus der stetigen Nachfrage ihrerseits, ob ich auch wirklich zu ihr fahren würde, und aus seinen Versuchen, abzuchecken, ob er nicht vielleicht wenigstens bei ihr noch zum Zug kommen würde. Die Antwort fand ich ganz amüsant:
„No. I think, my boyfriend wouldn’t, oh I’m sooo fucking tired!“
Aber ihr treuer Freund seit einer Stunde, ein offenbar gläubiger Italiener, nahm das hin – und das, obwohl er das Taxi zu zahlen hatte. Naja, er kam dafür in den Genuss einiger Küsse, die ich zumindest der Geräuschkulisse nach als recht innig beschreiben würde. Was da wohl der „boyfriend“ gesagt hätte… Naja, sie ließ sich dann ein paar Meter vor ihrer Haustüre absetzen, um noch frische Luft zu schnappen, was wiederum in Bewegungen mündete, die alles andere als ungefährlich aussahen. Zudem war unklar, ob sie ihren Schlüssel zu benutzen in der Lage ist…
Jedenfalls bat mich ihr Zeitvertreib, ihr vorsichtig hinterherzufahren, damit wir sichergehen können, dass sie auch heil ins Haus kommt. Respekt. Ich hätte das von mir aus auch gemacht – aber das gestaltet sich ja mitunter schwierig, wenn das Taxameter läuft und ein Fahrgast hinten drin sitzt.
Eine Minute später war sie tatsächlich weg, und ich durfte nun den Weg zurück mit ihm antreten. Ein bisschen genervt war der gute Mann zwar schon, aber er hat es mit Humor genommen, und seinem Gott ein paar englische Flüche entgegengeschmettert, sowie die Bitte, dieser soll wenigstens an diesen Abend und seine Gutmütigkeit denken, wenn sie sich mal treffen. Fand ich irgendwie irre komisch, ich kann mir nicht helfen.
Wir haben uns hier und da über dies und das unterhalten, und als wir ankamen, standen 25,50 € auf der Uhr. Ein wenig derb ist es zwar schon, nach so einer Tour kein Trinkgeld zu bekommen, aber irgendwoher muss ja der miese Ruf kommen, den Italiener in unserer Branche haben. 🙂
Aber gut. Er stieg aus, und ich habe nochmal nach hinten gesehen, ob irgendwas liegen geblieben ist. Tatsache: Ein goldener Ring! Ich fragte ihn, ob es seiner sei, woraufhin er wieder die Arme gen Himmel riss und seinen Gott fragte, ob das das Geschenk für diesen Abend sei?
Da die beiden ihre Nummern ausgetauscht haben, habe ich – entgegen aller guten Vorsätze – beschlossen, jetzt nicht den Ring einzufordern. Irgendwie glaube ich, dass die beiden sich über einen Grund freuen, sich wiederzusehen…