Lob und Tadel

„Na, Du bist auf jeden Fall mal der Retter in der Not heute Nacht!“,

begrüßte mich einer meiner drei neuen Fahrgäste lautstark. Der Grund war schnell gefunden: Sie hatten bei beiden Zentralen bereits angerufen, die aber hatten ihnen kein Taxi vermitteln können. Bittere Ausbeute für Friedrichsfelde um 2 Uhr, aber was will man machen?
Der Kunde hatte da eine ganz eigene Idee: Sich beschweren. Wenn man ihm glauben darf, hat er nach der verpatzten Vermittlung nochmal bei einer der Zentralen angerufen, nach einer Beschwerdehotline gefragt und wurde daraufhin aus der Leitung geschmissen. Wenn’s so war, war das freilich unschön, andererseits ist es bei näherer Betrachtung des Geschäftsfelds unserer Taxizentralen auch etwas irrsinnig, sich wegen sowas beschweren zu wollen. Dass es ärgerlich ist, kein Taxi zu kriegen, ist klar – aber wie ich dem Kunden auch nochmal erklärt habe, ist die Sache halt die: Die Zentrale fragt erst einige, dann mehr und letztlich fast alle Taxifahrer an, ob sie die Tour machen wollen. Kommt da keine positive Antwort, dann ist es halt dumm gelaufen. Und mal nebenbei: Die Taxifahrer, bzw. die Taxiunternehmer bezahlen die Zentralen für die Vermittlung, nicht umgekehrt. Arg viel Druck ausüben kann so eine Zentrale entsprechend auch nicht.

Wie dem auch sei: Die angetrunkene Partykundschaft, die ich immerhin bis Prenzl’berg im Auto haben sollte, fand das alles total schlimm. Obwohl sie nun bereits im Taxi saßen. Mein Beifahrer während der Tour kündigte dann auch nochmal groß an, „denen“ jetzt nochmal die Leviten zu lesen. Er schlug sogar vor, einfach aus Rache einen Kollegen in die Walachei zu bestellen, um’s denen mal richtig zu zeigen.

Da bin ich dann auch sauer geworden und hab ihm lautstark erklärt, dass wegen so einer kindischen Geschichte jetzt irgendein Kollege, der sich extra die Mühe macht, trotz 10 km Anfahrt den Auftrag anzunehmen und das der Zentrale hingegen völlig egal sein kann. Der Kunde tat das mit einem „Jajaja“ ab und erklärte mir, er würde „das dann anders machen“. Und so rief er bei einer Zentrale an, wollte sich darüber beschweren, dass er weggedrückt worden wäre, bemerkte dann, dass es die falsche Nummer war und gab kleinlaut auf.

Soweit war das schon der latenten Aggressivität wegen stressig, aber dann kam der nicht minder bekloppte, aber versöhnliche Teil:

Da ich ja nun entgegen der Kollegen von den fünf anderen Nummern (Ja, unsere nur noch zwei Zentralen haben noch mehr, wer weiß, ob sie zigfach die selbe angefragt haben) total super und vor Ort war, wollten sie „meine Nummer“ anrufen. Dass ich quasi Nichtfunker bin, ging völlig unter, den der Kumpel auf der Rückbank hatte eine Nummer der Zentrale schon ausgespäht. Werbung im Innenraum – SOOO hilfreich! 😉
Ich hab eingeworfen, dass die Nummer auf der Frontscheibe, wie noch ein paar weitere, ebenfalls dorthin führen würden, allerdings nix mit mir zu tun hätten, und dass sie unweigerlich bei einer Adresse landen würden, die sie vorher schon angerufen hatten.

Aber Alkohol, Mitteilungsbedürfnis etc. pp. …

Mein hackestrammer Kunde rief nun also bei „meiner“ Zentrale an, einfach um lobend loszuwerden, dass „ihr“ Fahrer immerhin mal was tut, anders als in den anderen sieben Unternehmen. Aber echt jetzt! Der sei super und das müsse nun auch mal gesagt sein!

Ich hab keine Ahnung, wie oft bei unseren Funkvermittlungen derartige Anrufe eingehen. Ich kann den Mitarbeitern dort aber versichern: Ihr habt noch den einfacheren Job, ehrlich! 😀

Receipts and wishes

Ein ziemlich bekiffter Engländer für eine kurze Winkertour. Soweit normal. Etwas lustig wurde es am Ende bezüglich der Quittung:

„Oh, can you give me a receipt?“

„Of course. Do you need start and ending point on it?“

„No, no. But … could you make it like 7.000 €. Maybe from here to, I don’t know, Istanbul?“

„No, I cannot. And by the way: Who the hell would give you the money back for such a ride?“

„Don’t know. Some fool maybe.“

Maybe. 😉

Irgendwas mit Fürstenwalde

Die Überschrift habe ich mir so nicht ausgedacht. Es waren mal wieder die Fahrgäste, dieses Mal die mit der (wie man anhand des Ziels erahnen könnte) längsten Tour der Schicht. Überhaupt war die erste November-Schicht durch zwei lange Fahrten dominiert, was mir sehr entgegenkam, da ich eigentlich viel zu müde war, wirklich lange zu arbeitem. Und so hab ich mein Schichtziel dann schon in sieben anstatt acht Stunden erreicht.

Aber gut, „irgendwas mit Fürstenwalde“ soll ich für die beiden potenziellen Neuleser schreiben, also etwas über die Tour heute Nacht.

Also grundsätzlich kann ich mal ein positives Fazit ziehen: Wer beim Konzert der Red Hot Chili Peppers war und gleichzeitig über deutschen HipHop reden kann, ist mir schon mal näher als die meisten. Wobei ich einschränkend anmerken muss, dass ich just bei der Tour zuvor jemanden im Auto hatte, mit dem ich sogar die Sozialisation in der deutschen 90er-Crossover-Szene geteilt habe. Aber Hammer-Umsatz kombiniert mit durchgehender Unterhaltung und zumindest mal teilweiser Musikgeschmack-Überschneidung ist schon an sich Königsklasse, das ist klar.

An dieser Stelle sei ebenso erwähnt, dass ich die beiden eingeladen habe, obwohl auf der einen Seite am Ostbahnhof mal die Kunden anstatt der Taxis Schlange standen und sie das Mörder-No-Go für 98% der Kollegenschaft mitführten: Offene Bierbecher! Und, einmal mehr: Trotz ewiger Fahrt und angeregter Unterhaltung: Das Auto blieb sauber! Sehr nice.

Auf der Negativliste vermerken möchte ich folgendes:

Erstens: Wie versprochen rechne ich den Fahrpreis trotz nicht verbuchtem Festpreis fair ab. Schon des trotz oder gerade wegen dieser Tour exorbitant miesen Kilometerschnitts heute. Und der Hunni war ein sehr sehr fahrgastorientierter Tarif. Die meisten Kunden geben da Trinkgeld.

Zweitens: Ich hab’s nicht in den falschen Hals bekommen und wir hatten eine nette Tour mit einigen Lachern, das ist ok gewesen so. Aber Witze darüber, dass man am Ende nicht oder nur wesentlich weniger zahlt, sind wirklich eine dumme Idee! Wie Witze über Überfälle. Trotz vergleichsweise wenigen Fällen gehört das zu den Hauptsorgen beim Taxifahren und Witze darüber sind in Kollegenkreisen aus gutem Grund ähnlich beliebt wie z.B. der Satz „Alter, mit deinem Mundgeruch könnte man ohne Angel einen Wels an Land jagen!“.

Aber ich will ehrlich sein: Es war eine Top-Tour, sie hat mir heute Nacht super reingepasst und ich hatte Spaß. Wenn ich jetzt noch neue Leser gefunden haben sollte, dann würde ich dazu tendieren, das Ganze in die Nähe des Wortes „perfekt“ zu rücken. In die Nähe nur. Aber immerhin. 😉


PS: „Irgendwas mit Fürstenwalde“ ist immer gut!

Wahnsinnige Kühlerfiguren

Kurze Fahrt, Winkerinnen, immerhin zwei Euro Trinkgeld. Und dann der Dialog, als vor uns ein Fußgänger auf die Straße lief:

„Boah, da würde ich mich ja wieder aufregen!“

„Ach, ignorieren ist weit stressfreier …“

„Mag sein. Aber ich will die immer gerne gleich umnieten. Wer meinen Fahrstil behindert, muss leiden! Dann hängen die da vorne als Kühlerfigur rum, das wäre schön.“

Ich hab fortan die Klappe gehalten und den Kelch an die zweite Kundin weitergereicht:

„Sieht dann ja aber auch nicht immer toll aus …“

„Der Trick ist: So schnell fahren, dass sie wegen des Fahrtwindes immer aussehen, als würden sie grinsen!“

Ich muss zugeben: Psychopathen hab ich öfter im Fond, aber die beiden Ladies haben das Spektrum spürbar erweitert. 0.0

Kleinere Navi-Fails

Die Fahrt ging nach JWD und ich war mit dem ausgehandelten Preis zufrieden. Ein Kollege wäre für einen Zehner weniger gefahren, wurde aber vom Kunden verschmäht, weil er einfach mal im Auto rauchte; und ein anderer Kollege meinte, ich müsse mindestens einen Zehner mehr nehmen, damit mir mein Chef nicht kündigt.

Tatsächlich hab ich während der Fahrt die meiste Zeit gedacht, dass die Tour ein totaler finanzieller Reinfall wäre, weil mich die Wegbeschreibung des Kunden irgendwie alle 500 Meter von der Route des Navis wegriss. Nun bin ich ja umlandmäßig zum frei fahren wenig geeignet und hab mit mir ringen müssen, wem ich jetzt glaube und habe dabei dem betrunkenen Kunden Vorrang vor dem Navi mit den 8 Jahre alten Karten gegeben.

Leben am Limit. 😉

Es stellte sich raus: Ja, die Kundenroute war etwas von der Optimallinie entfernt, was zum Teil aber auch der einfacheren Wegbeschreibung und dem kurzen Abstecher zur Bank unterwegs geschuldet war. Das Navi, so stellte sich heraus, hat die ganze Zeit ein Ziel in 15 Kilometern Entfernung zum eigentlichen Zielpunkt anvisiert, was dem Kunden bei seiner anfänglichen Adressbestätigung eher weniger aufgefallen war.

Trotz einigen Schwitzens nebenbei ein eigentlich super Schichtabschluss.

Und so gerne ich das vermeide und so fies es sich auch mal anfühlt: Wenn es mir in irgendeiner blöd gelaufenen Schicht mal passiert, dass ich mich bei so einer Tour verfahre, dann hab ich am Ende ein paar Kilometer zu viel auf der Uhr und eine halbe Stunde umsonst gearbeitet. Geht nicht dauernd, will keiner haben, aber wegen einem Fehler oder einem Verschätzen wird zumindest bei uns, da bin ich mir auch ohne Nachfrage sehr sicher, auch niemand gefeuert. Panik ist also eigentlich auch nicht angesagt.

Schon wieder Kotzer!

Ja, gut, im Gegensatz zu den beiden gutgelaunten Russen letzte Woche hätte ich es dieses Mal wissen können. Oktoberfestbesucher, eine Frau und offensichtlich drei dazugehörige Kinder. Alle volljährig und vollintoxiniert. Das Mädel hinten rechts bekam aber gleich eine Tüte gereicht und ich hab nochmal klargestellt, dass Aus-dem-Fenster-kotzen die teuerste Idee seit ihrer Designerjacke werden könnte.

Der Typ hinten in der Mitte dankte mir da schon, wie nett ich sei.

Der hinter mir stammelte eloquent:

„K … keine Ans, wennsch kotzn muss, schhaltditt bissuhause aus!“

500 Meter später:

Der Typ hinter mir bittet mich, rechts ranzufahren. Aber ja: Trotz Kindersicherung alles problemfrei. Ich lasse ihn raus, er geht noch ums Auto rum, alles perfekt. Ich hab im Gegenzug auch das volle Programm abgefahren: Küchenrolle zum Abwischen, Bonbon gegen den Geschmack, kriegen wir alles hin

Ich hab dem verständigen Teil der Truppe nochmal klargemacht, in welchen Stress wir uns reinmanövrieren würden, wenn die Scheiße im Auto landet und ich bekam erfreulicherweise einen Haufen Zustimmung und Dank dafür, dass ich das überhaupt mache. Auf dem Niveau, liebe Fahrgäste, können wir das hinkriegen:

„Ich hab schon schlimmeres erlebt. Aber ich will ehrlich sein: Ich vermute, dass das eine extrem lange Heimfahrt wird, wenn wir das jetzt alle 500 Meter haben.“

Und die Mutter:

„Uff. Ich fürchte auch.“

Natürlich bin ich umsichtig gefahren, natürlich meistens rechts. Und ja, natürlich war das stressig!

Kaum drei Minuten nach dem Zwischenstopp kam aber nur noch Schnarchen aus dem Fond und die neben mir sitzende Mutter frohlockte gar:

„Kiek Dir dit an: Alle zur gleichen Seite umjekippt! Brauchste nachher nur eine Tür uffmachen, dann purzeln die alle raus.“

Das hat am Ende nicht gestimmt. Den hinter mir musste ich langatmig überreden, doch bitte endlich das Auto zu verlassen. Obwohl er mit den Begriffen Auto, Taxi und Verlassen erkennbar nichts mehr anfangen konnte. Muttern indes hielt die junge Dame fest, die inzwischen über ein Gartentor gefallen war und sich dort auskotzte.

Aber ja: Trotz zwei kotzenden Leuten blieb bei mir alles sauber und ich bin so gesehen mit der Tour  völlig zufrieden gewesen. Ein bisschen Stress ist ja immer bei Lohnarbeit.

Gedankt wurde es mir im Übrigen auch finanziell, denn ich sollte die 28,90€ am Ende aufrunden. Auf 35.

Wenn man nur immer wüsste, wie es am Ende läuft …

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Ironie, auch nix für jeden.

Das war wirklich eine der herrlichsten Unterhaltungen ever seit ich Taxi fahre:

„Entschuldigung, sagen Sie mir bescheid?“

„Wie? Wenn wir angekommen sind?“

„Ja. Ich schlaf glaub ich gleich ein.“

„Nein, das geht leider nicht. Ich fahr dann weiter bis zur Stadtgrenze.“

„Ehrlich!?“

Holy fucking Shit, wie kann man das ernst nehmen? Vielleicht macht mich die Brille zu glaubwürdig oder so … 😉