„Kriegen wir alles hin …“

Ich war fünfter am Stand, aber nur zweiter auf der ersten Nachrücke. Aber siehe da, kaum dass zwei laute junge Kerle dem Kollegen vor mir drohten, einzusteigen, zog der plötzlich vor, um zu den ersten aufzuschließen. Ich zog nach und beobachtete die potenzielle noch rauchende Kundschaft etwas argwöhnisch, aber im Grund sahen sie nett aus.

Wie sich herausstellte, waren sie das auch. Einer von ihnen sprach brauchbares Englisch, der Andere – und das war eher das Problem – ein sehr sehr mangelhaftes Deutsch. Ihm nach sollte es zur „Ossda-Straß“ gehen, nur kurz ums Eck. Da mich das ans Ende meines Lateins brachte, hatte ich umgehend einen netten Typen am Telefon, der sagte, es ginge zum Hotel am „Fronsnommplatz“.

WTF?

„Kennst Du Fronsnommplatz wacht?“

„Nein?“

Es hat mich nur wenige Minuten bei noch nicht laufender Uhr gekostet, herauszufinden, dass es um den Franz-Neumann-Platz geht, der nun wirklich genau NICHT ums Eck liegt. Das ist jetzt kein Problem an sich gewesen, zumal es sich bei den beiden um zwei Palästinenser handelte; da ist das mit der Aussprache schon verständlich. So weit, so gut.

Nun war es aber so, dass der Typ neben mir mich ständig mit dem zutextete, was er für Deutsch hielt. Klingt böser als es gemeint ist, aber ich musste eben sehr sehr genau hinhören, um auch nur ansatzweise zu verstehen, was genau er meinen könnte. Und er redete eben nicht übers Wetter, sondern versuchte mir munter drauflosplaudernd mal eben eine Lösung für den Nahostkonflikt abzuringen oder ihm zu erklären, wie es sich in Deutschland mit der Namensgebung von Kindern verhält, wenn er und seine deutsche Frau nicht einen gemeinsamen Namen annehmen würden. Da würde ich auch einem Hannoveraner nicht helfen können, während ich mir gleichzeitig den Kopf darüber zerbreche, wo an besagtem Platz ein bestimmtes Hotel ist und ich mich nebenher auf die Straße konzentrieren muss! Zumal ich zeitgleich auch zur „Ossda-Straß“ fahren sollte.

Und dann dauerte die Fahrt ja auch noch zu lange und deswegen musste wieder der Kumpel angerufen werden, weswegen ich dann während der Fahrt das Telefon in die Hand gedrückt bekam und der Kumpel hinten wie ein unzufriedener Kiffer hier und da Unmutsbekundungen ausstieß. Und ja: Zusätzlich zu der Nahostkonfliktlösung und ohne auch nur eine stille Sekunde!

WAH!

Abgesehen von der unklaren Identität des besagten Hotels hab ich die beiden wohl weitestgehend zielsicher abliefern können. Zwischen „Deutsche Bank“ und „Sparkasse“ sind 10 Meter inklusive einer verkehrsberuhigten Straße, so falsch sollte ich mit dem mittigen Stopp auf selbiger nicht gelegen haben. Das mit der „Ossda-Straß“ und dem ungeduldigen Kerl am Telefon ließ sich auch klären: Meine beiden Helden hätten offenbar bis zur Osloer Straße mit der U-Bahn U8 („wacht“) fahren sollen, von wo aus es nur ums Eck sein sollte und auch gewesen wäre. Dass ich sie stattdessen am Ostbahnhof (klingt ja quasi gleich) eingeladen hatte, war am Ende das eigentliche Problem, nur wusste einfach keiner der vier Beteiligten zu Beginn der Fahrt darüber Bescheid. Alles gut also.

Aber ja: Zwischendrin musste ich auch mal lauter werden, weil alle drei meinten, mir gleichzeitig irgendwas wichtiges erzählen zu müssen. Der am Telefon quakte „Fronsnommplatz“, der hinter mir „Ossda-Straß“ und der neben mir wollte wissen, was ich von der Zwei-Staaten-Lösung halten würde.

Ich glaube an dieser Stelle sagen zu können, dass es nicht unbedingt pathologischer Defizite bedarf, um als Berliner Taxifahrer an dem Punkt auch mal lautstark um Ruhe zu bitten. Selbstverständlich ergänzt um den Überschrift gewordenen Hinweis „Kriegen wir alles hin …“.

😀

21 Kommentare bis “„Kriegen wir alles hin …“”

  1. Tk sagt:

    Wie nennt man einen 40 jährigen Palästinenser ? …….Spätzünder.

  2. W. Örthersee sagt:

    Stresstest: Bestanden!

  3. W. Örthersee sagt:

    Die sprechen Palästinensisch-Arabisch, das hat Ähnlichkeit mit Aramäisch der Sprache Jesu Christi,
    in einfachem Deutsch: der Sprache von Jesus Christus. Du hast also ganz nebenbei noch einen akustischen Zeitsprung von zwotausend Jahren gemacht.

    Wenn in dieser Sprache ein Konsonantenhaufen von drei aufeinanderfolgenden Konsonanten entsteht, kann der durch Einfügen eines Hilfsvokals vor dem zweiten Konsonanten von hinten her aufgesprengt werden.

    Deswegen ziehen die wohl alles so zusammen..

    Vielen Dank Wikipedia

  4. Kurt und Co sagt:

    Vielen Dank für die Informationen, werden diese an unseren Stab übergeben.

  5. mathematikos sagt:

    man möcht gar nicht glauben, wieviel berufe unsereiner auszuüben hat.
    unser qualifikationsprofil umfaßt alle künste und wissenschaften dieser welt.
    auch wenn wir nicht alle sprache sprechen, müssen wir so tun, als ob.
    und oft tun wir halt auch, als ob.
    ein seltbsamer job, dieses droschkenfahren.
    wo anders kann man denn schon für 5 euro stundenlohn mit allen abgründen und schwindelnden höhen menschlichen
    seins vertraut werden?
    servus,
    werner aus der hochsteiermark

  6. Arno Nym sagt:

    Besser, sie fahren hier mit dem Taxi, als sich in ihrer Heimat ermorden zu lassen.

  7. Kraven sagt:

    Und die wichtigste Frage ist im Artikel natürlich wieder nicht aufgelöst. Wie ist denn jetzt deine Lösung für den Nahostkonflikt?

  8. Aro sagt:

    Und welches Hotel war es?

  9. Blumberger Darm sagt:

    was für eine fiese Story!

  10. Thomas sagt:

    Jetzt mal ne „dumme“ Idee für den ein oder anderen Gutschein nebenher TankTaler http://tt.nf/vc8ztz , nutze es jetzt seit 2 monaten und hab jetzt schon 2×10€ Amazon Gutschein erhalten. Und das bei 10tkm fahrleistung. Weisst du denn wie viel km du im Jahr fährst. Gerne auch über meinen Linke anmelden http://tt.nf/vc8ztz

  11. WKMblogger sagt:

    In vielen südlicheren Ländern ist es normal gleichzeitig und durcheinander zu reden, das faszinierende daran ist dass sich trotzdem alle dabei verstehen können. Wir hier tun uns da aber meistens etwas schwer damit, in deinem Fall kam jetzt halt noch dazu dass du nicht nur verstehen, sondern auch noch raten musstest was gemeint war.

  12. Jürgen Vagt sagt:

    Hallo,

    ich wollte mal hier mich und meine Arbeit vorstellen. Ich blogge ja über Elektroautos http://elektroautovergleich.org/ und ich habe mich mit der erfolgreichen Einführung von Elektroautos in den Taxibetrieb beschäftigt.

    https://www.udemy.com/elektroautos-im-taxidienst/?couponCode=TAXIXING16

    Viele Grüße

    Jürgen Vagt

  13. Sash sagt:

    @Jürgen Vagt:
    Ich lasse Dir das in diesem Fall durchgehen, hab den anderen Kommentar aber gelöscht.
    Ich freue mich über Beteiligung an Diskussionen, lösche Spam sonst aber konsequent. Insofern war das jetzt erste bis letzte Warnung, alles auf einmal durchgespielt.

  14. Börni sagt:

    Wo ist mein täglich Taxi-Content? Ich fange schon langsam an zu zittern vor Entzugserscheinungen….

    Nee nee, war nur Spaß. Allet jut.

    Grüße aus NRW

  15. Ivo sagt:

    Ich hab auch schon Entzug….

  16. Roichi sagt:

    Mir fehlt ja auch die Creme de la Creme der …whatever. Jedenfalls die Bekloppten im anderen Blog des geschätzten Kutschierers.

  17. Wahlberliner sagt:

    „Kriegen wir alles hin…“ – außer das mit dem Boggen, wa?

  18. Sash sagt:

    @Börni und Ivo:
    Derzeit bin ich der mit dem Entzug! 😉

    @Roichi:
    Ich weiß. Es wird nur ein ziemlicher Stress, den wieder auszugraben. Und wenn man den Blog eigentlich eh beenden wollte, ist das nicht so leicht, also motivationsmäßig.

    @Wahlberliner:
    Dafür andere Dinge. Ist auch mal schön. Und ich werde am Donnerstag wieder richtig arbeiten, so ist zumindest der Plan.

  19. Christian sagt:

    Furchtbar, wenn alle durcheinander sprechen. Da kann man sich ja kaum konzentrieren.

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