Blogmedley Kurzstreckenfahrt

Meine hochgeschätzte Bloggerkollegin Pharmama hat mich bezüglich eines Blogeintrags bei apothekentheater angefragt, ob ich nicht hier und da erwähnt hätte, dass kurze Strecken von uns Taxifahrern nicht abgelehnt werden dürfen, weil es in dem Text genau um so etwas ging: Eine nicht mehr ganz fitte (also entkräftete und nicht wegen 18 Wodka leicht schwankende) Kundin wurde wohl erst vom vierten erreichbaren Taxiunternehmen überhaupt angenommen, dazu mit dem Hinweis, die Anfahrt sei natürlich auch zu bezahlen.

Einmal mehr nicht das beste Licht, das auf meinen Berufsstand geworfen wird. Grmpf. -.-

Aber da die Welt nicht schwarz-weiß ist und einige Fragen offen geblieben sind, antworte ich hier mal.

Unabhängig der rechtlichen Lage möchte ich anmerken, dass die Ablehnung kurzer Strecken bei hilfsbedürftigen Kunden schon mal völlig daneben ist. Sicher: Dass sich bei einer Vermittlung am Ende kein Fahrer findet, kann passieren, aber dann auch noch so dreist sagen, dass sich das nicht lohnt, finde ich unprofessionell auf jeder Ebene.

Ob die Ablehnung rechtens war, kann ich leider nicht sagen, denn bei apothekentheater finde ich keinen halbwegs schnell auffindbaren Hinweis auf den Ort des Geschehens. Das verstehe ich aufgrund der notwendigen Anonymisierung absolut, aber ich bin mit den Taxiregelungen in der gesamten Republik auch etwas überfordert. Das Taxigewerbe ist stets regional verankert, gerade weil in München und Buxtehude sowohl Lebenshaltungskosten als auch Fahrtenprofil unterschiedlich sind.

In Deutschland aber zumindest muss man festhalten, dass mit dem Wort „Taxi“ (vermutlich?) überall auch der Begriff „Beförderungspflicht“ eine Rolle spielt. Auch wenn wir von unbedarften Kunden oft in den selben Topf wie z.B. Mietwagen wie „Minicars“ oder pathologisch illegal operierenden Buden wie „Uber“ geschmissen werden: In Deutschland ist das Taxi ein Teil des öffentlichen Nahverkehrs und damit nicht nur preismäßig gebunden, sondern eben auch mit z.B. der Pflicht behaftet, alle Kunden befördern zu müssen. Aber mein Wissen ist beschränkt: Wenn es dort irgendwo Ausnahmen geben sollte, bin ich auf Kommentare von Kollegen angewiesen!

Was die Kosten für die Anfahrt angeht: Das kann gut der Wahrheit entsprochen haben. Wie gesagt: Wir bestimmen unsere Preise nicht selbst und die Tarife nicht weniger Orte in Deutschland legen für uns wie auch die Kunden verbindlich fest, dass die Anfahrt bezahlt werden muss. Diese Konditionen sind aber definitiv transparent und mit großer Sicherheit alleine durch Googeln von „$Gemeindename Taxitarif“ herauszufinden.

Um aber einmal mehr die unbeliebte Moralkeule zu schwingen: Obwohl wir Taxifahrer wohl nirgendwo ansatzweise gut verdienen und das Geld immer ein entscheidender Faktor ist: Ich halte es für grundfalsch, in Anbetracht einer hilfsbedürftigen Kundin so sehr wie beschriebener Kollege raushängen zu lassen, dass es nur darum geht.
apothekentheater hat Recht: Wir Taxifahrer machen keinen „sozialen Beruf“, nichtsdestotrotz landen unsere Aufträge oft im Grenzbereich zwischen Sozialarbeit und Dienstleistung. Und zumindest ich denke, dass wir die alle professionell handhaben sollten und nicht nur die, die uns gerade besser passen.

16 Kommentare bis “Blogmedley Kurzstreckenfahrt”

  1. -thh sagt:

    Gitl die Beförderungspflicht denn auch bei der telefonischen Anforderung einer Fahrt? Das, glaube ich, ist hier doch der Knackpunkt. (Und, vermutlich, im Zweifel nicht – oder muss ein freies Taxi einen Funkauftrag der Zentrale übernehmen?)

  2. MsTaxi sagt:

    Grundlegend ist überall dort, wo oben ein gelbes Taxischild drauf ist, auch ein Taxi drunter. Sofern sich dieses in seinem Tarifgebiet bewegt, hat es Beförderungspflicht. 1. Ausnahme: Ich bin auf dem Weg zu einem Auftrag und es winkt jemand am Straßenrand. 2. Ausnahme: Der Kunde erweist sich als zu betrunken, krank (blutend, kurz vor Kreislaufzusammenbruch, in den Wehen liegend), aggressiv, hat sich voll uriniert oder eingekotet. Das lag hier offensichtlich nicht vor, denn im Falle von „kurz vorm Kreislaufklabaster“ hätte auch der Apotheker der Dame kein Taxi, sondern einen Notarzt rufen müssen. Außerdem lassen sich diese Ausnahmen in aller Regel ohnehin erst vor Ort einschätzen.

    Nun finde ich bei „Apothekentheater“ kein Impressum (muss das nicht mehr sein? Bin ich noch nicht wach genug?), aber „Vorstadtapotheke“ klingt nach Klein- bis mittelgroßer Stadt. Vier Taxiunternehmen oder Zentralen abtelefoniert dito.

    Ich nehme mal an, dass der Anrufer erwähnt hat, dass es der Dame nicht so sonderlich gut geht und etwas Hilfe braucht. DAS dürfte der Grund gewesen sein, warum die Fahrt abgelehnt wurde, dass der Kollege am Ziel seinen Achtersteven aus dem Wagen hätte hieven müssen, um die Dame bis zur Tür zu begleiten. In solchen Momenten dürfen wir unsere Kunden ja nicht einfach wie Sperrmüll am Gehsteig abstellen, sondern müssen dafür sorgen, dass sie bis hinter die erste abschließbare Tür kommen. Und ich entnehme, da Nachtfahrerin, Kundenerzählungen und auch Unterhaltungen am Stand, dass diese Sitte immer mehr verkommt im Taggeschäft.

    @-thh
    Generell gesprochen gilt die Beförderungspflicht auch bei telefonischer Anforderung. Bei uns kannst du in so einem Moment am Stand stehend zwar den Auftrag an den nächsten Kollegen weiter reichen, hast dann aber deine Pole Position am Stand zu verlassen und dich hinten anzustellen. (Eingeweihte merken es, bei uns wird das mit der Abfolge am Stand bei der Auftragsvergabe über Funk noch sehr ernst genommen.) Wenn ich frei unterwegs bin, kann mich niemand zwingen, einen Auftrag anzunehmen, ich kann ja gerade auf dem Weg zu einem Privatkunden sein.

    Aber grundsätzlich zu sagen: Ich fahre einen Kunden nicht, weil es ihm gesundheitlich nicht gut geht oder aber die Strecke zu kurz ist, das ist so einfach nicht drin. Klar, kann passieren, zwischen Auftragserteilung und Eintreffen beim Kunden verschlechtert sich dessen Gesundheitszustand rapide, dann gebietet es aber die Pflicht zur Hilfeleistung, sofern kein Anderer schon die Verantwortung übernommen hat, dass ich einen Krankenwagen rufe und bis zum Eintreffen desselben vor Ort bleibe. Da kann ich mich dann auch nicht rausreden, dass ich dafür keine Kohle kriege.

  3. Marco sagt:

    Bzgl. Ausnahmen verweise ich mal auf einen früheren Kommentar bzgl. meines Heimatlandkreises:
    http://gestern-nacht-im-taxi.de/wordpress/2015/08/07/schnelle-winkertouren/#comment-55771

    Im Landkreis Cochem-Zell (http://www.derinnenspiegel.de/taxitarife/rheinland-pfalz/lk_cochem-zell_tt.php) besteht die Beförderungspflicht jeweils im Pflichtfahrgebiet, das sich nach dem Standort des Taxiunternehmens richtet. Wenn man aber die verschieden Pflichtfahrtgebiete ansieht, dann kommt man auf insgesamt 28 verschiedene Gemeinden, die dort aufgezählt sind. Wenn man nun bedenkt, dass der Landkreis aus 89 Gemeinden besteht (https://de.wikipedia.org/wiki/Landkreis_Cochem-Zell), dann bedeutet das im Umkehrschluss, dass in 61 Gemeinden des Landkreises keine Beförderungspflicht besteht.

  4. Sash sagt:

    @-thh:
    Da geraten wir in rechtliche Tiefen, die ich selbst nie abschließend erörtert habe, aber von der Sache her: Warum sollte die Beförderungspflicht da nicht gelten? Wobei da natürlich auch wieder die Grenze zwischen Fahrern und Vermittlung ein Thema ist. Denn obwohl ich als Taxifahrer am Stand einen guten Grund brauche, eine Fahrt abzulehnen, muss ich keinen Vorschlag der Zentrale annehmen. Und ja: Wenn die Zentrale keinen Fahrer findet, mag das rechtlich in dem Fall sogar irgendwie machbar gewesen sein. Was dann aber interessante Spekulationen über die Rechtmäßigkeit von Zentralen nach sich ziehen könnte. 0.0

    @MsTaxi:
    Eine sehr plausible Theorie. Danke dafür!

    @Marco:
    Ich gebe zu, dass die Regelungen bei Euch vor Ort mich definitiv überfordern. Das Wechselspiel zwischen TaxO, PBefG und BOKraft durchsteige ich nicht mal eben auf Anhieb, sorry. Nach oberflächlichem Überfliegen würde ich spontan vermuten, dass es neben den im Landkreis angesiedelten Taxiunternehmen vielleicht andere (an der Grenze?) gibt, die die weiteren Gemeinden ins Pflichtfahrgebiet einschließen. Wie gesagt: Ich hab keine Ahnung, wie das bei Euch läuft, aber ich vermute, dass es da so gesehen keine Lücke gibt, sondern eher eine ungünstige Verteilung.
    Bevor wir Berliner nicht mehr am Flughafen Schönefeld laden durften, war es ja z.B. auch so, dass für Fahrten von dort ein ganz anderes Pflichtfahrgebiet gegolten hat, das etliche Brandenburger Gemeinden eingeschlossen hat.

  5. Die Frage ist, ob sich die Taxifahrer mit solchen Gebahren nicht selbst in Knie schießen. Nicht nur, weil man den Ruf ALLER Kollegen versaut – so wie der Radfahrer, der bei Rot auf der falschen Straßenseite über die Ampel fährt – sondern weil man auch verpaßt, sich eine langfristige Kundenbeziehung aufzubauen.

    Bei uns in der Landschaft ist es so, das viele ältere Leute „ihren“ Taxifahrer haben, und da fallen durchaus mal lukrative Touren zu Arztpraxen in die 30km entfernte größere Stadt oder Krankentransportfahren zum KKH der Landeshauptstadt oder zum 100km entfernten Reha-Klinikum ab. Da wird aber explizit schon Wochen voraus „Herr Müller von Taxi-Tours“ gebucht. Problem ist – so viel „Vertrauen“ setzt auch leider oft etwas „Vertrauensvorschuss“ seitens des Dienstleisters voraus; wie will man sich sonst kennenlernen (und als Dienstleister somit da „einen Fuß in die Tür bekommen“)? Ich denke, auch wenn die „höhere Philosophie“ hinter der Karma-Theorie eher fraglich ist, funktioniert das Prinzip selber ganz gut… 😉

  6. Marco sagt:

    @sash: So ganz steige ich da ehrlich gesagt auch nicht durch. Es ist aber jedenfalls definitiv nicht so, dass alle Gemeinden, die nicht in den Pflichtfahrgebieten der einzelnen Standorte aufgezählt sind, am Rand des Kreisgebiets liegen.

    Außerdem ist mir nach meinem letzten Post noch aufgefallen, dass unter den Gemeinden, die nicht aufgezählt sind, auch noch mindestens eine mit Stadtrechten ist und habe dann mal gegoogelt, ob es dort denn nicht auch ein Taxiunternehmen gibt. Und siehe da: Gibt es. Wenn ich also die Tarifordnung ernst nehme, hat (mindestens) dieses Unternehmen überhaupt kein Pflichtfahrgebiet.

    Kommt mir alles sehr unausgegoren vor…
    (oder ich habe irgendwo einen zentralen Verständnisfehler)

  7. In Bremen gab es da mal eine ähnliche Diskussion – dort hat eine Taxizentrale den Auftrag abgelehnt. Das kam dann in die Presse (ich finde es gerade nicht, ist aber schon paar Jahre her). Der Tenor war: Der Taxifahrer darf nicht ablehnen, weil er konkret vor Ort mit einem Kunden im Gespräch ist und somit verfügbar und somit einen konkreten erhalten Fahrauftrag hat. Die Telefonzentrale darf ablehnen, weil es sich hierbei um eine Anfrage handelt und nicht um einen konkreten Auftrag. Das ist dieses typische tehma was auch Silvester aufkomt – dort werden auch keine Vorbestellungen angenommen…

  8. Hermione sagt:

    @ MsTaxi: Ein Großteil der Blogger aus dem Gesundheitswesen möchte aus guten Gründen anonym bleiben. Da ist es glaub ich nachvollziehbar, warum diese Blogs kein Impressum (oder nur ein sehr rudimentäres) haben. Die Alternative wäre oft, gar nicht zu bloggen.

  9. Mic ha sagt:

    @Hermione
    Warum?

  10. Jerowski sagt:

    Ich antworte mal für Hermione: Weil im Gesundheitswesen fast über all die Schweigepflicht gilt, müssen die betreffenden Blogger besonders vorsichtig sein und gut verfremden. Wenn dann da bei steht, das z.B. Hermione auf der Dorfrettungswache XY oder jemand anders im Kreiskrankenhaus Kleinkleckersdorf arbeitet, besteht die Gefahr, dass sich ein Patient wieder erkennt und – fast noch schlimmer – von anderen identifiziert werden kann.
    Dazu kommt, dass die Arbeitgeber aus den selben Gründen in der Richtung sehr… „empfindlich“ sind und zusätzlich das indirekte Feedback ihrer Mitarbeiter nicht immer schätzen – übrigens genau wie die teilw. beschriebenen Arbeitskollegen.
    Ich hoffe das war so verständlich?

  11. Ptachen sagt:

    @Mic Ha: Jerowski und Hermione liegen da richtig. Erkennt mich jemand von der Kundschaft bin ich im schlimmsten Fall meinen Job los. Da ich es aber sinnvoll finde darüber zu bloggen was ich jeden Tag in der Apotheke erlebe, mache ich das eben ohne genauere Angaben über meinen Standort…

  12. Mic ha sagt:

    @Jerowski und Ptachen
    Danke für die Infos. Das ist verständlich.
    Ich hoffe, dass ihr deswegen noch keinen Stress hattet. Es ist ja nicht ganz klar definiert im TMG.

  13. Milosevic Marco sagt:

    Hallo zusammen.
    Bei uns in Ulm (Zwischen Stuttgart und München, 120.000 Einwohner) sind es drei Ausnahmen wann ein Fahrgast offiziell abgelehnt werden darf:
    1.) Ekel. Also wenn er z.B. völlig verkotzt, voll geblutet durch Verletzungen oder seinen Urin/Kot nicht mehr halten kann.
    2.) Liquidität. Wenn sich bereits vor Fahrtbeginn herausstellt dass er überhaupt kein Geld besitzt.
    3.) Gefahr. Wenn beim einsteigen z.B. eine Pistole, Messer oder so etwas aus der Tasche fällt. Oder aber eine Zwielichte Gestalt von einer verängstigten Fahrerin abgelehnt wird.
    Außerdem gehört sämtliches persönliches Gepäck wie Reisetasche, Koffer, Rucksack zum Fahrgast und MUSS ebenfalls mitgenommen werden. Ausgenommen und nicht zum persönlichen Gepäck gehören natürlich solche Dinge Haushaltsgeräte, TV, Kühlschrank, etc.
    Nicht mitgenommen werden müssen Tiere jeglicher Art mit Ausnahme eines Blindenhundes.
    Diese ganze Regeln und Ausnahmen beschränken sich auf das „Pflichtfahrgebiet“ und somit in den meisten Fällen auf das Stadtgebiet, gleichzeitig das Tarifgebiet und somit der Preis nicht frei verhandelbar. Taxameterpflicht! Darüber hinaus ist ALLES freie Verhandlungsbasis. Soweit unsere Satzung der Genossenschaft und der Verordnung der Stadt Ulm. Gruß aus Ulm.

  14. […] Dann aber kamen schnell Pharmama und dazu auch noch die PTA von apothekentheater, die mich kurz erinnerte, dass wir auch schon miteinander zu tun hatten, als sie über Taxifahrer „meckerte“ und ich darauf geantwortet habe. […]

  15. ROWTaxler sagt:

    Anfahrt ist zu zahlen, wenn die Fahrt aus einer anderen Ortschaft nicht zurück zum Stützpunktsort geht.

    Beim verlassen der Stützpunktsgemeinde ist am Ortsschild das Taxameter einzuschalten.

    Bedeutet bei uns wenn wir aus Rotenburg nach Bothel gerufen werden und die Fahrt nach Brockel geht, können/müssen wir die „Uhr“ beim verlassen von Rotenburg einschalten und kommen dann mit über zwanzig Euro auf der „Uhr“ beim Kunden an, der steigt zu und wir fahren weiter am Ende stehen dann etwas über dreißig Euro auf der „Uhr“.

    Wenn also ein Taxi aus einer ANDEREN Gemeinde gekommen ist und nicht zurück zur Stützpunktsgemeinde gefahren ist sondern nur 2 Straßen weiter dann darf er die Anfahrt berechnen.

    Es spielt keine Rolle ob die beiden Gemeinden im selben LK liegen und somit im Pflichtfahrgebiet, und nach meiner Rechtsauffassung besteht nur am Stand oder mit eingeschaltetem Taxilicht im Verkehr Beförderungspflicht, bei telefonischen Bestellungen im Pflichtfahrgebiet besteht keine Beförderungspflicht oder eine Pflicht zur Annahme der Bestellung..

  16. Sash sagt:

    @ROWTaxler:
    Nein, natürlich keine Beförderungspflicht, aber es ist trotzdem traurig, dass sich kein Fahrer findet und die Absagen auch noch pampig sind.

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