Aber … geradeaus!?

Sie winkte mich auf der Rechtsabbiegerspur am Frankfurter Tor ran. Nur eine Kurzstrecke zur Oberbaumbrücke. Kein Ding an sich, aber der Verkehr war doch recht dicht, also bin ich rechts ab in die Frankfurter und hab gesagt, dass es leider nicht anders geht gerade.

„Aber … ich dachte, Du hättest geradeaus fahren können …“

„OK, das hätte ich vielleicht machen können. Aber da kann ich ja noch länger nicht wenden.“

„Aber ist doch nur geradeaus.“

„Sorry, aber: Nein.“

Da wir 30 Sekunden später wieder am Ausgangspunkt waren, hab ich ihr die Situation sogar nochmal zeigen können und sie hat dann auch eingesehen, dass ich recht hatte, konnte es aber nicht so wirklich fassen:

„Das macht mich jetzt echt total fertig, dass ich mich da so vertan hab.“

„Na, das passiert. Seien Sie froh, dass es nicht ich war, das wird ja dann schnell teuer.“

Aber da hatte ich dann eher sogar einen wunden Punkt getroffen.

„Aber ich wollte ja die Straßenbahn zum U-Bahnhof Warschauer nehmen. Und als die dann kam, hab ich mir gedacht: Ja nee, die fährt ja mal voll in die falsche Richtung! Deswegen sitze ich ja jetzt bei Ihnen.“

Im Wissen, dass es am Ende nicht wirklich ein Problem mit dem Fünfer war, muss ich rückblickend dann auch süffisant anmerken: Ja, doch, sich beim Falschliegen so sicher zu sein, dass man der Straßenbahnbeschriftung misstraut – das muss man, bei aller gesunder BVG-Skepsis, auch erst einmal schaffen! 🙂

9 Kommentare bis “Aber … geradeaus!?”

  1. Otto Normalabweicher sagt:

    Google-Fundsache :

    ‚Straßenbahnfahrer fährt mit vollbesetztem Zug in falsche Richtung – aus Liebe‘.

  2. Sash sagt:

    @Otto Normalabweicher:
    Link! 🙂

  3. Wahlberliner sagt:

    Hmm, das ist mir aber – vor allem in den westlichen Bezirken, in denen ich mich nicht so gut auskenne – auch schon mal passiert. OK, ich war zu Fuß und habe es nach 2, 3 Blocks gemerkt, aber das kann durchaus mal passieren. Ich habe normalerweise einen echt guten Orientierungssinn, aber wenn der sich einfach mal um 180° verdreht (und das ist der einzige Winkel, in dem er das kann), dann ist man mal eben in die falsche Richtung unterwegs. Zum Glück ist das sehr selten…

  4. Ich weiß ja nicht, wie es jetzt so ist… aber ich kann mich noch an Zeiten erinnern, da hatte JEDE Bushaltestelle der BVG eine Berliner Umgebungskarte mit mindestens 1/3 Stadtfläche und Kennzeichnung, wo man sich befindet, in der Warteüberdachung direkt neben den Abfahrzeiten aushängen. Und ganz ehrlich, in der Großstadt muss ich noch nicht mal nach dem Moos an Bäumen suchen, um die Karte richtigrum zu lesen, das ergibt sich aus den Straßenverläufen…

    Ich nutze die Dinger sehr gerne in meiner Fahrrad-Zeit, weil man dann auch in Gegenden, wo man sich so gar nicht auskannte, keinen eigenen Straßenplan dabei haben musste. 😀

  5. Wahlberliner sagt:

    @Gedankenknick: Ja, natürlich schaut man an den Bushaltestellen, dafür sind sie ja da 🙂 (Zumindest war das vor Google Maps auf dem Handy so, inzwischen schaue ich da nach). Nur, die Richtung in welche man sich bewegt, bekommt man trotzdem erst frühestens an der nächsten Querstraße mit, ich bin dann – wegen meiner Überzeugung, absolut in der richtigen Richtung unterwegs zu sein – immer erst mal etwas verwirrt, wenn sich das Gegenteil herausstellt. Diese Verwirrung hält dann sogar meist noch etwas an, weil ja schließlich das gesamte „Stadtplanbild“ im Kopf umgedreht wurde, Norden ist plötzlich Süden, Osten ist Westen und so weiter – deshalb passiert das wenn, dann auch immer im Dunkeln oder bei bewölktem Himmel, weil ansonsten hat man ja immer noch im Hinterkopf unbewusst die Sonne, die so einen Orientierungs-Foo verhindert.

  6. Sash sagt:

    @Wahlberliner:
    So komplex die Materie auch ist: Ich kann vollkommen nachvollziehen, was Du meinst!

    @gedankenknick:
    Danke für den Link! 😀
    Ansonsten stimme ich Wahlberliner zu, weil das auch meine alltägliche Erfahrung untermauert: Das Kartenverständnis, das Du offenbar auch hast, ist nicht wirklich weit verbreitet. Das scheint eine ganz eigene (und sicher nicht unnütze) Fähigkeit zu sein, die manch anderen abgeht.

  7. Wahlberliner sagt:

    @Sash: da hätte ich aber doch noch mal eine Verständnisfrage: Du stimmst mir darin zu, kein Kartenverständnis zu haben? Dabei ist mein Kartenverständnis in der Regel doch wirklich sehr gut…ich fahre normalerweise sogar nie mit Navi, bzw. benutze es nur als Landkarte, nicht als „Routenfinder“. Es gibt halt nur (sehr selten) diesen einen krassen 180°-Aussetzer. Das letzte mal ist mir das vor 3-5 Jahren passiert.

  8. @wahlberliner & sash:
    Ich bin wahrlich nicht der Orientierungsläufer vor dem Herrn, und wenn Ihr mich im Wald abwerft, mit nur einer Karte, aber ohne Analog-Uhr und/oder Kompass, werde ich mich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mehr oder weniger verfransen… Da hilft auch meine Sanitötsausbildung in Nato-Oliv nicht weiter. 😉

    Aber: Wenn ich in Berlin nicht so recht wußte, wie ich mit dem Bike / zu Fuß weiter komme, habe ich auf dem Weg zur nächsten Bushaltestelle – also sozusagen VORHER – schon mal nach der Straße/Querstraße geschaut, wo ich gerade war. Auch die Fahrtrichtung von S- / U- /-Straßenbahnen war immer eine gute Orientierungshilfe. Damit war die Richtung dann in den allermeisten Fällen klar. Nicht berücksichtigt wurden bei dieser Methode: Baustellen, grundlose Sackgassen sowie 1x eine großräumige Rad-Umfahrung des Flugfeldes Tempelhof, welches damals noch in Flugbenutzung war. Waren ein paar km Umweg, aber ich hatte einen schönen nächtlichen Blick auf die Landebahn… 😀

    Wahrlich lustig in diesem Zusammenhang finde ich dann diese Meldung: http://www.heise.de/newsticker/meldung/US-General-Soldaten-muessen-von-Smartphones-loskommen-3293506.html So werde an der Naval Academy wieder die Navigation nach dem Sternenhimmel gelehrt. Ja,schon blöde, wenn mitten im Feindeswald keine Steckdose vorhanden ist, die zum eigenen Smartphone-Ladedongel passt. Die Infrastruktur läßt halt weltweit immer noch stark zu Wünschen übrig! 😉 Ob diese Soldaten wohl mit ner Berliner BVG-Bushaltestellen-Karte klarkommen würden? Vielleicht brauchen nutzen die dann ja auch einfach die BVG-App… 😀

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