Meistens geht es ja gut …

Hockt da so’n Typ völlig prall am Taxistand …

Das sind Worte, die könnten den Anfang von Hastenichtgesehen markieren. Anstatt eines abenteuerlichen Ritts mit einem verpeilten Typen ist es einer mit gleich vieren davon geworden. Seine Freunde kamen nämlich bald und einer fragte dann auch nett und noch halbwegs eloquent an, ob ich denn vier Leute mitnehmen würde. Da vier Leute eigentlich in keinem Taxi ein Problem sein sollten (so lange die Leute ggf. mit der Enge auf der Rückbank leben können), brannte mir eher die Frage „Der da auch?“ auf den Lippen.

Aber ich bin ja nett und gemeinhin haben bei mir alle Leute erst einmal einen Vertrauensvorschuss. In jeglicher Hinsicht übrigens, denn immerhin lasse ich mir wie fast alle Taxifahrer auf fast allen Strecken nie das Geld im Voraus geben. Obwohl ich dürfte.

(Das wollte ich nur mal wieder erwähnen. Die meisten werden es nicht wissen.)

Nun ja, der eine dichte Kerl saß neben mir, da hab ich sie am liebsten. Schlimmer aber war, dass aus der langsam zusammenkommenden Vierertruppe ein ähnlich abgefülltes Exemplar auf der Rückbank in der Mitte Platz nahm. Deswegen sagte ich – zweifelsohne immer noch locker – dass sie mir bitte bitte rechtzeitig Bescheid geben sollten, falls es jemand übel werden sollte.

„Ey, wir sin‘ nich‘ mehr zwölf!“

krakehlte eine weibliche Stimme von hinten rechts.

„Ich weiß. Aber es sind immer die, denen es am Anfang noch gut geht …“

warf ich ein.

30 Sekunden später:

„Mir’s schlecht.“

„Echt jetzt?“

„Schmuss kotzen!“

„Ehrlich?“

(Ich musste so oft nachfragen, wir hatten die Musik laut und alle quatschten durcheinander.)

„Nee Alter, ich hab doch nur Spaß gemacht!“

Ich hab nix gegen Spaß. Ehrlich nicht. Und: Darf auch mal derber sein, ich hab ungefähr die 250%ige Toleranzgrenze aller mir bekannten Kollegen. Aber wenn jemand zu blau ist, um irgendwie mit Motorik oder Sprachwiedergabe Ironie erkenntlich zu machen, dann muss ich vorsichtig sein, um mir die Schicht nicht zu versauen!
Und, zugegeben, es war auch eine Menge Antipathie im Spiel. Der Typ hinten in der Mitte hat zumindest besoffen wie er war wie der absolute Totalversager gewirkt. So die Marke Mensch, die sich die Baseball-Cap gleichzeitig aufzieht um größer zu wirken, als auch um dem Hohlraum unter der Stirn mehr Platz zu verschaffen. Und um darüber hinwegzutäuschen werden dann „coole“ Sprüche gemacht, um die Frau an seiner Seite zu beeindrucken. Hätte ich selber kotzen können.

„Alter, keine Sorge! Wenn ich kotze, dann in dein Auto.“

(Und ich hätte ihm die Calvin-Klein-Unterhosen ausziehen müssen, um auf dem Flohmarkt die Kosten wieder reinzukriegen, schon klar!)

Ich hab oft Besoffene an Bord und bin gerne Spielkamerad, wenn sie es brauchen. Aber wenn ich Leute mitnehme, die sonst keiner einsacken würde und Sorgen hab, dass sie ins Auto kotzen, dann hasse ich es, wenn solche geistigen Glühwürmchen mit meiner berechtigten Sorge spielen, um sich aufzuspielen.

Am Ende musste er nicht kotzen. Natürlich nicht. Hätte ich meine Sorgen entsprechend betont, hätte er wahrscheinlich darüber gelacht. Stattdessen wurde ich auf etwas umständliche Art zur – für den heutigen Abend – gemeinsamen Adresse gelotst und hatte glatte 10 € auf der Uhr. Von denen hat der Stoffel mit der großen Klappe natürlich keinen Cent beglichen. Nein, das hat dann – bevor das in wildes Sammeln von Münzen ausgeartet ist – der Typ getan, den ich anfangs für den gefährlichen Kerl hielt. Nachdem ich das Portemonnaie über dem Zehner bereits wieder geschlossen hatte, hat er mir noch einen Zweier zugeschoben. Und als wir alle ausgestiegen waren, schüttelte er mir nochmal die Hand und bedankte sich dafür, dass ich sie sicher heimgebracht hätte.

Dem Knilch mit der Kappe wäre das selbstverständlich nicht eingefallen. Der ließ sich von seiner Freundin aus dem Auto ziehen, weil er es spontan lustig fand, einfach sitzen zu bleiben und zu gucken, ob ich was dagegen unternehmen würde.

Was bin ich froh, dass das Rückbankgemüse aus irgendeinem Grund meist vernünftige Freunde hat. Auch wenn ich mir das nicht erklären kann …

8 Kommentare bis “Meistens geht es ja gut …”

  1. elder taxidriver sagt:

    Wenn man mal bedenkt, was ein Kutscher so durchmachen muss für die drei Euro , die er von dem Zehner behalten darf..

  2. kat sagt:

    Freu@“Rückbankgemüse“

  3. elder taxidriver sagt:

    Breaking News , totale Weltneuheit:
    ‚Rückbankgemüse‘ bei Google nur der einzige, einzigste, allerallereinzigste Verweis auf die Geschichte hier oben..

  4. Sam sagt:

    @elder taxidriver

    Tatsache 😀 Nur ein einziges Suchergebnis hab ich noch nie gesehen…

  5. nadar sagt:

    Fast immer sind es die Großmäuler, Feilscher und Preisbemeckerer einer Gruppe, die keine Kohle haben und nichts zahlen…

  6. Johictor sagt:

    Ein einziges Ergebnis und passende Werbung von Otto: Screenshot 😉

  7. Aro sagt:

    In einer ähnlichen Situation (Honk bleibt provokativ sitzen) habe ich einfach wieder die Uhr angemacht und ihm gesagt, dass das 24 EUR die Stunde kostet. Plötzlich ist er doch ausgestiegen 😀

  8. hrururur sagt:

    24 Euro in der Stunde? Wenn ich nächstes Mal mit dem Taxi zum Arzt fahr, wo ich abschätzen kann, dass es nicht ewig dauert, dann hat der nächste nette Fahrer bezahlte Pause…

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