Richtungsweisend

Ich stand am Kudamm. Bzw. eigentlich noch in der Leibnizstraße. Ich wartete auf diesen verheißungsvollen Grünton der Ampel, der mir eine sichere Weiterfahrt gewähren würde. Dass es eine extrem schüchterne Gestalt war, die sich meinem Auto vom Gehsteig aus näherte, sah ich gleich. Kunststück: Ich hab schon Rehkitze tollkühner und furchtfreier auf mich zustolzieren sehen!

Aber nachdem er sich nochmal ganz dolle versichert hatte, dass ich auch wirklich frei bin und meine einladende Geste nicht etwa an einen Käfer in der Umgebung, sondern an ihn richtete, ist er dann eingestiegen. Anfang zwanzig, ein grauer Mantel bis zu den Knöcheln, Hornbrille und eine typische Nicht-Frisur. Ein freundliches „Guten Abend!“ haben wir ausgetauscht, daraufhin sah ich ihn fragend an. Wenn man die Tour an einer Kreuzung startet, sollte man sich ja recht schnell auf ein Fahrtziel einigen.

Ich schielte kurz nach der Ampel, die inzwischen grellgrün die Nacht erhellte und hatte die Hoffnung, dass ich mit seiner hoffentlich bald folgenden Ansage genug würde anfangen können, um mich für eine der Richtungen noch während dieser Grünphase zu entscheiden. Aber die Uhr tickte…

Mein Fahrgast wirkte plötzlich wieder immens eingeschüchtert. Kann sein, dass ich das jetzt falsch memoriere, aber ich könnte schwören, er zitterte. Er rang jedenfalls nach Luft, nach Worten, bekam aber offenbar beides nicht wirklich auf den Plan. Er sah mich panisch an, stierte nun selbst auf die Ampel, dann sah er wieder zu mir, wieder zur Ampel. Die wurde jetzt auch noch gelb und plötzlich – mein Fuß am Gaspedal zitterte nun auch langsam – presste er hervor:

„Äh! Äh! Geradeaus!!!“

Würde die Motorisierung meines Opels für einen gepflegten Burnout reichen, dann wäre das einer gewesen! Der Rest der Fahrt war unspektakulär, es entwickelte sich sogar noch ein normales Gespräch. Aber der Anfang war echt filmreif…

7 Kommentare bis “Richtungsweisend”

  1. Wolfy sagt:

    Er hat mein tiefstes Mitgefühl. :O

  2. Wolfy sagt:

    Achja:
    bei der Unwahrscheinlichkeit, dass Wolfy mal in Berlin ist und noch unwahrscheinlicher in dein Auto steigt – dieser junge Mann war quasi die Vorbereitung xD

  3. Daniel sagt:

    Na ja, so einfach vor fremden Leuten Richtungen anzugeben… Da hat der Junge ja nicht mit rechnen können 🙂

  4. Sash sagt:

    @Wolfy:
    Dann sieh diesen Blogeintrag als Vorbereitung zur Berichterstattung deines Berlin-Besuchs 😉

    @Daniel:
    Ja, war ja auch eine verzwickte und unklare Situation 😀

  5. Wolfy sagt:

    @Sash:

    Aye, Sir! 😉

  6. Aro sagt:

    Wahrscheinlich haben ihn deine neuerdings kurzen Haare eingeschüchtert.

  7. Sash sagt:

    @Aro:
    Puh, was hätten dann erst die langen von vor 6 Jahren bewirkt? 😉

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