Ich bin ja so eine Art Umlandlegastheniker.
Im Ernst. Inzwischen sind es zwar fast 4 Jahre, die ich in Berlin lebe, aber ich komme nicht viel ins Umland. Gelegentlich mit dem Taxi, aber sonst? Der große Unterschied zu meiner Heimat Stuttgart liegt für mich persönlich darin, dass ich mir Berlin lernenderweise im Schnelldurchgang erschlossen habe. In Stuttgart kam ich immer mal wieder im Rahmen von Ausflügen, Konzerten, Besuchen etc. dazu, mit der Zeit einfach zu wissen, in welche Richtung welche naheliegenden Dörfer und Städte liegen.
Hier in Berlin hab ich erstmal wild drauf losgelernt, was ich für die Ortskundeprüfung wissen muss. Und das schließt außerhalb des Flughafen Schönefelds keinen Quadratzentimeter Umland mit ein. Man muss für die Ortskundeprüfung nicht einmal die kürzesten Strecken kennen, wenn sie durchs Umland führen. Ein Umstand, der sicher schon einigen Leuten zu schaffen gemacht hat, die mit dem Taxi von Kladow nach Wannsee fahren wollten oder von Bohnsdorf nach Lichtenrade…
Sicher, die direkt an Berlin grenzenden Gemeinden kenne ich so langsam. Aber sobald es mal 2 oder 3 Käffer weitergeht, kann ich meist überhaupt nichts mit den Namen anfangen. Wahrscheinlich hab ich irgendsowas auch auf meiner Stirn stehen und ich bekomme deswegen so wenige Fernfahrten. Aber wozu gibt es Navis? 🙂
Die Tour, von der ich erzählen will, hab ich bekommen, als ich gerade ein schlechtes Gewissen hatte. Gelegentlich nutze ich gerade während der langen Wochenendschichten die ein oder andere Möglichkeit, um während einer toten Stunde zuhause aufzuschlagen. Ein gemütliches Zigarettchen mit meiner Freundin zusammen, eine kurze Pause zum Pinkeln und snacken – muss ja auch mal sein. An diesem Tag ist aus der 10-minütigen Pause beim Vorbeifahren allerdings ein einstündiges Gespräch geworden und irgendwie war mein Umsatz nicht so prickelnd, dass ich mir diese lange Auszeit hätte gönnen können.
Aber: Blinde Hühner, Körner, diese Geschichten…
Noch in Marzahn winkte es fleißig am Straßenrand und ich bekam eine sehr ordentliche Tour nach Gesundbrunnen, locker 20 €. Unterwegs stellte sich dann allerdings heraus, dass eine der beiden Damen gar nicht dorthin musste, sondern nach Bernau. Dazu wollte sie die S-Bahn nutzen, sie war sich allerdings nicht so ganz im Klaren darüber, ob und wann sie fährt. Sie zog Taxifahren durchaus in Betracht – wenn ihre 40 € dafür reichen sollten.
Ursprünglich sollte ich sie am S-Bahnhof Bornholmer Straße absetzen und dann die Freundin heimbringen. Nun gingen die Überlegungen los:
„Stehen da nicht auch Taxen?“
„Kann schon sein.“
„Sie könnten ihr doch ihre Nummer geben, dann kann sie sie anrufen, wenn keine Bahn mehr fährt und sie fahren dann zurück…“
„Ach lass mal, dann kann ich doch gleich weiterfahren. Würden sie auch nach Bernau fahren?“
„Sicher doch.“
„Reichen die 40 €?“
„Locker!“
Locker. Hab ich einfach mal so gesagt. Ich, der Umlandlegastheniker. Am Ende hat die Fahrt nach Gesundbrunnen etwa 20 € gekostet, die die Freundin auch bezahlt hat. Und dann bin ich nach Bernau. Obwohl ich die Uhr habe weiterlaufen lassen – um nicht nochmal Einstiegspreis und die teureren ersten 7 km anfallen zu lassen – stand der Gesamtfahrpreis nachher bei 59,60 €. 40 Cent unter ihrer Grenze. Ich hätte die Uhr natürlich ausgemacht, schließlich dürfen wir im Umland ja verhandeln – aber überrascht war ich dann doch. Ich hatte einfach nicht im Kopf, wie verdammt weit östlich dieses Bernau doch liegt…
Naja, immerhin hatte ich so knappe 60 € Umsatz binnen einer Stunde. Besser wäre ich ohne meine Pause in der Stadt auch nicht weggekommen. Wobei ich zugeben muss, dass 0,7% Trinkgeld bei so einer Tour wirklich deprimierend sind 🙁