Ich hab ja echt nicht vor, mich dauernd über Kollegen zu beschweren. Zum einen ist es ja nicht so, dass die Straßen wirklich voll von Arschlöchern im Taxifahrergewand sind, zum anderen bin ich ja beileibe nicht perfekt und will mich gar nicht als oberster Moralapostel gerieren.
Aber manchmal geht es einfach nicht anders.
Am Wochenende stand ich zum Beispiel mal wieder in Erwartung einer hoffentlich langen Tour zu einem der Flughäfen morgens am Ostbahnhof. Vier Kollegen standen bereits auf Rücke 1, ich hielt tapfer die Abstauberposition auf der anderen Straßenseite. Das ist kein schlechter Standpunkt, es gibt immer noch viele Menschen, die dort das erste Taxi nehmen, weil sie vermuten, es wären zwei getrennte Schlangen. Am niedlichsten sind dabei übrigens die, die tatsächlich glauben, man müsste je nach Fahrtrichtung entweder auf der einen oder der anderen Seite einsteigen. Ich kläre sie dann manchmal über dieses lustige Ding vor meinem Bauch auf, mit dem man den Wagen wenden kann 😉
Aber gut. Irgendwann hat der vierte Kollege auf der anderen Seite wohl einen Funkauftrag bekommen und der Platz war frei für mich. Ich hab also gewendet, mich in die Lücke eingefädelt und mir zu Unterhaltungszwecken mein Handy geschnappt.
Aus dem Augenwinkel hab ich auf dem Gehweg eine Bewegung realisiert und mich umgedreht. Auf einer Stufe am Bordstein, etwa 4 Meter von meinem Auto entfernt saß eine junge Frau. Rote Haare, ein nicht mehr ganz taufrisches Kleid am Leib, barfuß und mit Tränen in den Augen. Sie hat mich kurz angesehen, sich dann aber wieder abgewandt, und so ließ ich es dabei bewenden. Ich wäre zwar durchaus interessiert daran gewesen, was ihr so den Abend versaut hat, aber ich war ja auch zum Arbeiten da.
Kurz darauf kam dann auch ein Freund von ihr vorbei, sie unterhielten sich kurz, hab ich alles nur so nebenbei mitbekommen. Das Fenster war zu, sie wollten nix von mir – wayne?
Irgendwann kam dann der Freund allerdings doch angelatscht und bat mich, die Scheibe herunterzulassen:
„Ja bitte?“
„Entschuldigung, würden sie uns fahren?“
„Na selbstverständlich!“
„Ist aber nicht weit…“
„Das ist doch egal.“
Also hat er seine Holde aufgesammelt und sie sind beide in mein Taxi gekrabbelt. Er hinten, sie vorne. Ihr Ziel lag jetzt wirklich nicht weit weg, aber passable 7 € sind nebst einem Trinkgeld dann auch ein Zehner gewesen. Die beiden sind echt nett gewesen, und auch über die Tatsache, dass sie ein wenig betrunken war, konnte man gut hinwegsehen. Der Grund für ihre Taxifahrt war, dass die werten Dame eine Fußverletzung hatte. Ich vermute mal eine eingtretene Glasscherbe oder ähnliches.
Der Grund, warum sie bei mir im Taxi saßen, war indes der, dass alle vier Kollegen am Stand ihr offensichtlich eine Abfuhr erteilt hatten. Ob jetzt wegen der Strecke oder des Fußes oder trotz des Fußes aber wegen der Strecke: Keine Ahnung!
Aber echt: ‚Ne verletzte junge Frau abweisen und dann weiter eine halbe Stunde Zeitung lesen… prima! Kunden müssen ja was wahnsinnig enervierendes sein, wenn man so lange am Kreuzworträtsel der Bild verzweifelt…
hallo,
omg, wie kann man nur so verblendet sein?
Verletzt ist verletzt.
Kann man es nicht theoretisch als unterlassene Hilfeleistung* sehen,auch wenn sie nur nach Hause wollte?
*Die schreibende Person ist juristischer Laie, daher die Frage.
Schön, dass sie von dir mit genommen wurde.
Als Frau am Flughafen zu sitzen ist nicht wirklich toll, vor allem, wenn man nicht gerade in Business outfits rumsitzt.
Hab ich gerade erst gemerkt, als ich selbst in legeren Klamotten in FFM rumgesessen hab, um auf mein Privattaxi zu warten ->Freund.
Ich glaube ich wurde noch nie so oft angelabert wie an dem Tag, sei es von Taxifahrern, Flaschensammlern oder sonstigem „Frauen sind Freiwild“-Mentalitäten
LG Mel
Manche Menschen haben die emotionale Reife einer verfaulten Südseefrucht in der Antarktis.
Hatten die Angst, dass ihre Taxen danach wie nach einem Massaker aussehen?
@gala:
Das kann man vor allem als Verletzung der Beförderungspflicht sehen, denn abgesehen davon, dass das Blut längst getrocknet war, ist ja wohl ein Blatt Küchenrolle keine unmenschliche Hilfeleistung…
Das mit dem Angelabertwerden kann ich mir (leider) vorstellen. Was meinste, warum ich sie nicht beim ersten Mal gleich gefragt hab, ob ich helfen kann? Was weiss ich, der wievielte Spinner an dem Morgen ich gewesen wäre…
@Der Maskierte:
Was weiss ich? Vielleicht hatte ich es auch mit einer anonymen Frauenhasser-Konferenz zu tun und sie befördern grundsätzlich keine weiblichen Fahrgäste. Ich find das echt sowas von unverständlich!
Nach dem ersten Absatz dachte ich, du schreibst jetzt was über mich… 🙁
@Aro:
Auf wat für Ideen du so kommst…
Anderes Thema, aber selbe Erkenntnis: Auch habe soeben einen Artikel zum Thema: „Was kümmert mich fremdes Leid“ verfaßt.
Kuckst Du hier!