Auf Wiedersehen, Auto!

Die gute 1925 kommt zu Onkel Doktor, Quelle: Sash

Die gute 1925 kommt zu Onkel Doktor, Quelle: Sash

So wie auf dem Bild oben werde ich das Auto wohl (hoffentlich) niemals wiedersehen. Aber der finale Zündfunke wird es nicht gewesen sein, den die Kiste irgendwann gestern getan hat, meine Chefs haben beschlossen, die Kiste noch einmal komplett zu sanieren. Nun mag so mancher lästern, dass das bei einem Opel mit inzwischen 284.000 km nicht mehr viel bringt, aber das Ersatzfahrzeug, immerhin schon 70.000 km weiter, belehrte auch mich eines besseren.
Bei all den Schrammen sollte man ja auch die guten Seiten nicht vergessen. Ich hab meinem Chef eine (gar nicht so kurze) Mängelliste erstellt. Darauf finden sich auch Kleinigkeiten, wie zum Beispiel dass die Scheibenwischer schmieren.
Mit meinem Tagfahrer gab es folgenden kurzen Dialog:

„Sach mal, die Scheibenwischer… die hast du auch nicht derletzt gewechselt, oder? Die haben wir schon ziemlich lange.“

„Ja, sind die ersten…“

Ich wiederhole: 284.000 km!
Ich meine, der hat schon das zweite Getriebe und mindestens die dritte Stoßstange 🙂

So, und jetzt bin ich das erste Mal ernsthaft in einem anderen Auto unterwegs. Aber dazu später mehr…

Teure Currywurst

Ich hab über den vergangenen Samstag ja schon geschrieben, dass er gut war. Die meisten Touren waren dabei gar nicht so erwähnenswert, aber die letzte kann ich euch nicht vorenthalten.
Es war also Sonntag morgens irgendwann kurz nach 5 Uhr. Eigentlich arbeite ich ja eher bis 7 Uhr, aber ich war am Samstag ziemlich müde, und zudem hatte ich ja bereits einen guten Umsatz zusammen. Fast auf den Cent genau 200 € waren es, und somit habe ich das Auto schon mal sauber gemacht und betankt. Es war bereits hell draussen, und da stehe ich ja so oder so nicht drauf. Eine Tour vom Bahnhof noch, dann sollte es das gewesen sein.

Aber es kam anders.

Bereits an der Andreasstraße wurde ich herangewunken, und somit hatte ich meine Tour gleich ohne Warten. Spitze!

„Wir wolln zu der Currywurst an Ku’damm! Kennste? Beste Currywurst in Berlin!“

Aha. Noch eine. Das wird auch über mindestens zwei andere Buden behauptet. Die am Ku’damm hab ich tatsächlich noch nie angefahren, neulich hat mir ein Kollege überhaupt das erste Mal davon erzählt. Also wusste ich es nicht genau.

„Macht nüscht. Zeig ick dir!“

So hab ich das ja am Liebsten 🙂

Also im Normalfall finde ich ja so ziemlich jede Lokalität auch irgendwie anders, aber die Bedingungen dafür sind eben entweder ein Name oder eine Adresse. Der Laden scheint zwar eine gewisse Bekanntheit zu haben, aber „beste Currywurst am Ku’damm“ ist dann doch etwas schlecht, weil die Straße eben gute dreieinhalb Kilometer lang ist.

Naja, alles nicht so wild. Wir sind also losgefahren, und unterwegs kam das Gespräch auf die anderen „besten“ Currywürste.

„Hier jibt ja Mehringdamm, Curry 36 und dann in’n Osten. Wo war dat gleich?“

„Konnopke? Schönhauser Allee?“

„Ja, jenau! Du, das wär näher, wa?“

„Von hier aus gesehen definitiv.“

Das war wahr, denn wir steuerten gerade mehr oder minder auf den Alex zu. Meine vier Fahrgäste haben sich entweder aktiv oder durch Stillschweigen darauf geeinigt, das Fahrtziel zu ändern. Na gut, wird es halt keine 17€-Tour, sondern nur eine für 11 oder 12…

Von wegen!

Als wir bei Konnopke ankamen, war dort natürlich dicht. Ich selbst wusste nicht einmal, dass die überhaupt schon wieder offen haben, da der Laden ja komplett neu gebaut wurde, nachdem er im Rahmen der U-Bahn-Bauarbeiten letztes Jahr abgerissen wurde. Die Gesichter waren jetzt etwas länger als vorher, aber mein Beifahrer meinte, wir könnten am Döner an der Osloer Straße ranfahren. OK.

Im Nachhinein betrachtet, wäre das Curry 36 vielleicht von Anfang an von der Lage her besser gewesen – zumal die auch garantiert um 5 Uhr offen haben. Aber gut, nächster Halt: Döner.

Döner mit Dienstschluss.

Mein Beifahrer war eigentlich sehr gut drauf, nur einer Dame im Heck gefiel das gar nicht, weil sie einfach nur Hunger hatte. Und zum Ku’damm war es nun doch ziemlich weit.

„Keen Problem! Kennste die Currywurst-Bude Müller Ecke Seestraße?“

„Naja, ich fahr da gelegentlich vorbei…“

„Na, da jibts Döner und gejenüber Currywurst. Die ham sicher offen!“

Mir sollte es nur Recht sein. Das Taxameter kletterte lustig weiter und mich persönlich störte es nicht, dass die Dame von hinten so langsam sauer wurde wegen ihres Hungers.
Den Chefansager störte das aber auch nicht wirklich, und er meinte, dass er das Taxi alleine zahlt, wenn keine der Buden offen hätte.

5 Minuten später:

„Is ja keen Problem! Ick bin Spieler. Hab ick halt verlorn! Zahl ick die Taxe. Is ejal!“

„Ja, was machen wir nun?“

„Weeßte, fahr mal Ku’damm. Ick zahl dit ja!“

„Wie soll ich fahren? Gleich geradeaus über Autobahn?“

„Ja ja, soll ja schnell jehn!“

Ich muss zugeben, dass mir der Weg über die Putlitzbrücke auch gar nicht auf die Schnelle eingefallen wäre. Aber letztlich kann man sowieso nicht behaupten, dass das den Kohl noch fett gemacht hätte.

10 Minuten später standen wir dann endlich vor der „besten“ Currywurstbude in Berlin am Ku’damm 195. Die Fahrt endete mit 34,40 € auf der Uhr, locker das doppelte der direkten Strecke. Trinkgeld gab es auch noch ordentlich, beschweren kann ich mich nun wirklich nicht. Ein bisschen schade war allerdings, dass sie auf meinen letzten Vorschlag nicht eingegangen sind. Als wir nämlich noch ein paar Meter entfernt waren, vertat sich die Truppe mit der Hausecke und befürchtete, dass die Baustelle dort ihre geliebte Currybude ist. Was ich daraufhin gesagt hab, kann sich sicher jeder denken:

„Wissen sie, von hier aus liegt das Curry 36 eigentlich ganz praktisch – dann hätten wir die Stadtumrundung wenigstens vervollständigt.“

Man kann ja nicht alles haben 🙂

Ich hab gerade hin und her überlegt, wie ich den Artikel überschreiben soll. Mir ist nichts eingefallen, bzw. das, was mir eingefallen ist, wäre als Überschrift zu unschön gewesen. Eigentlich braucht man auch keine Überschrift, keine Umschreibung und kein Fazit.

Ich war binnen weniger Minuten der Dritte am Ostbahnhof, und hab nur kurz registriert, wie eine dreiköpfige Gruppe ziemlich kurioser Gestalten vom Kollegen vor mir abgewiesen wurde. Das muss wirklich nicht zwingend schlimmes bedeuten, allzu oft fragen die Leute nach Kartenzahlungen, Umlandsfahrten oder sperrigen Gepäckstücken – sprich: Nach Dingen, die wir Taxifahrer ablehnen können.

Die Frage, die mir die ziemlich verwahrlost aussehende Frau stellte, war indes ziemlich simpel:

„Enschuulgung. Fahrst du uuns?“

„Klar doch.“

Der Grund für die Ablehnung des Kollegen war offensichtlich: Die drei Gestalten waren nicht gerade die saubersten, und gleich nach dem Losfahren meinte meine Beifahrerin dann auch:

„Weissdu, siind wir Obdachlose!“

Als ob das nun irgendwie die logischste Fortsetzung war, klappte sie den Pizzakarton in ihrer Hand auf und wollte mich einladen, von der herrlich frisch duftenden Champignon-Pizza zu kosten. Ich verneinte höflich, was zugegebenermaßen durchaus auch daran lag, dass ihre Finger dreckverkrustet das Stück hielten.

„Wär kein Problem. Isse genuug!“

teilte sie mir lachend mit. Die Fahrt selbst war wirklich nur sehr kurz. Sie lotste mich an ein leerstehendes Haus ohne Fenster, dessen einziger Daseinszweck von außen betrachtet zu sein schien, als Übungsfläche für unbegabte Graffiti-Künstler zu dienen.
Die alte Frau zeigte mir ein ungemein breites Grinsen, dass die drei verbliebenen Zähne über Gebühr betonte, und lachte:

„Darf ich dir vorstellen: Meine Villa!“

Das Taxameter zeigte am Ende magere 5 € an, und irgendwie hab ich ja darauf gewartet, dass sie sagen, sie hätten kein Geld. Wahrscheinlich hätte ich es ihnen nicht einmal übel genommen, wenngleich es natürlich unverschämt mir gegenüber gewesen wäre.
Die Frau aber quittierte den Betrag mit einer Anweisung an einen der Mitreisenden im Fond. Der erfolgte in einer mir gänzlich unbekannten Sprache, ich vermute irgendwas östliches.

Der Mann hinter mir reichte mir 6 € und bedeutete mir, dass das so stimmt:

„Guy, that was a nice ride. Nice to meet you!“

„Du bisse guute Mensch!“

sagte die Frau lächelnd, während ihr Begleiter sich mit eingeübtem Schwung unter dem Bauzaun durchrollte, der wahrscheinlich genau dafür da war, arme Landstreicher wie diese drei abzuhalten.

Sind wir mal ehrlich: Ja, ich hab nach einer kurzen Tour für insgesamt 6 € nochmal Sitze, Scheiben und Türgriffe sauber machen müssen. Fettige Finger hier, dreckige Hosen da – aber nix wildes. Froh drum war ich sicher nicht. Aber wenn mich jemand fragt, was die schönste Tour des Abends war…

Wat ein Anfang!

So, der Mai schlägt erstmalig zu, und endlich stimmen auch die Umsätze mal wirklich wieder. Ich hab das erste Mal seit 18. Februar (!) mal wieder über 200 € in einer Schicht gemacht.

Mir sind die Kunden nur so zugeflogen, noch dazu die mit den lukrativen Touren. Es ist einfach schön, wenn selbst die Fahrgäste mit den kurzen Fahrten fast allesamt positiv auffallen. Bezeichnend hierfür wären zum Beispiel der Kunde, der seine Tour für 8,00 € mit 12 bezahlt hat und meinte, er danke mir „von ganzem Herzen“ – oder der nette Herr, der in irgendeiner leitenden Position bei der aktuell laufenden „Körperwelten“-Ausstellung sitzt, und mir bei 6,80 € Rechnungsbetrag neben 1,20 € Trinkgeld gleich 2 Freikarten für die Ausstellung hat zukommen lassen.

Es geht nicht immer nur ums Geld in diesem Job – aber wenn das Einkommen auch noch stimmt, dann macht es doch gleich doppelt Spaß! In diesem Sinne einen fröhlichen Mai euch allen!