„Wenn möglich, bitte wenden…“

Es wird offenbar dringend Zeit für brauchbare Fußgänger-Navis.

Ich komme gemütlich die Ebertstr. zum Brandenburger Tor hochgefahren. Rechts neben mir in den Ministergärten stehen die schwarzen Limousinen der Landesvertretungen im frühlingshaften Dunkel der Berliner Nacht, Sekunden später tauchen die Stelen des Holocaust-Denkmals auf. Plötzlich:

Wink! Wink!

Drei junge Mädels halten mich an und krabbeln leicht erschöpft ins Auto.

„Einmal Kurzstrecke zum Zoo bitte. Oder so nahe wie möglich in die Richtung.“

„Ähm, ich kann jetzt schon sagen, dass wir nicht ansatzweise zum Zoo kommen werden mit einer Kurzstrecke…“

Drei völlig bedröppelte Gesichter. Aber ich solle erst einmal losfahren. Sie fragen mich, ob ich nicht ein bisschen weiter als Kurzstrecke fahren könne, wenn es noch so weit sei. Ein bisschen mehr hätten sie ja auch noch, aber eben nicht viel. Ungern. Aber was ist eigentlich passiert?

„Wir haben uns wohl ein bisschen verlaufen.“

„Was heißt ein Bisschen? Wo müsst ihr denn genau hin?“

„Wie heißt das? Augsburger Str.? Nee nee, Nürnberger!“

Immerhin nicht ganz bis zum Zoo…

„Weisst du, wir sind wohl am großen Stern falsch abgebogen…“

Die waren schon am großen Stern? Ja, dann kann man von falsch abbiegen sprechen, wenn man Richtung Zoo will und am Brandenburger Tor landet 😀

Ich bin so mit ihnen die Tiergartenstraße entlang gefahren und hab mir gedacht, dass es nun kein Weltuntergang wäre, sie noch bis zur Nürnberger mitzunehmen. Sie waren ziemlich fertig, haben aber auch nicht irgendwie unverhältnismäßige Ansprüche gestellt oder mit billigen Ausreden gebettelt.

Das hab ich erst mal für mich behalten, denn ich mache das nicht mal eben so. Sie hatten jede Menge Zeit, sich dafür noch zu disqualifizieren. Kurz vor der Klingelhöferstr. piepste das Taxameter, ich machte es aus und konnte  mir einen Spruch nicht ganz verkneifen:

„Also, Kurzstrecke wäre hier zu Ende. Wenn ihr jetzt kurz einen Blick nach rechts werfen würdet, um zu sehen wo wir sind…“

3 Köpfe drehten sich und mit offenem Mund starrten sie auf die Siegessäule, die mehr oder minder der Ausgangspunkt ihrer Reise war. Ein bisschen Schadenfreude muss schon sein, wenn man ihnen einen Gefallen tut 😉

Ich hab sie dann den knappen verbliebenen Kilometer bis zur Nürnberger Ecke Augsburger gefahren und dafür immerhin noch 6 € und eine Menge Lob und Dank erhalten. Hab ihnen de facto rund 2 € erspart, bzw. sie 700 Meter länger mitgenommen als erlaubt.

Keine Regel ohne Ausnahme. Das ändert aber nichts daran, dass man das nicht immer und für jeden machen kann!

Zielangabe mal umgekehrt

Es ist nicht sonderlich selten, dass Fahrgäste beim Einsteigen nicht ihr Ziel nennen. Das heisst: Sie nennen erst einmal ein grobes Ziel und formulieren das dann entweder gleich näher aus oder lotsen mich von einem bekannten Zielpunkt aus weiter in irgendwelche kleinen Straßen.

Also sagen Leute z.B. oft, dass ich sie zum Frankfurter Tor fahren soll, und mit der Zeit rücken sie dann damit raus, dass sie eigentlich in den Weidenweg wollen. Oder ganz klassisch wird mit „Zoo“ so ziemlich alles umschrieben, was im Westteil der Stadt liegt.

Jetzt hatte ich es aber mal anders herum, was irgendwie ungewöhnlich war. Der Kunde wollte zur Hufelandstr. Das ist nicht weiter verwunderlich – das Bötzow-Viertel ist schon ganz gerne mal Fahrtziel. Auch wenn es bei einer Anfahrt vom Westen her nicht viel ausmacht, fragte ich pro forma dennoch nach, wohin in der Hufelandstr. er genau möchte. Die Antwort war dann etwas überraschend:

„Greifswalder.“

„Ecke Greifswalder?“

„Naja, eigentlich muss ich in die Greifswalder. Aber in die Nähe der Hufelandstr.“

Das ist jetzt nicht irgendwie schlimm oder toll – aber ein bisschen so, als ob ich im Zug eine Fahrkarte von Berlin nach Fellbach löse und bei der Nachfrage, wo ich genau aussteigen wolle, dem Schaffner gestehe, dass ich eigentlich nach Stuttgart möchte…

Es gibt nichts, was es nicht gibt.

Ooschdrn

Ostern ist vorbei. Juhu? Schade? Ach, mir ist es egal.

Ostern lief bei mir unspektakulär, aber wie üblich verwirrend. Am Donnerstag hatte ich frei gemacht und dann am Freitag richtig reingerockt. Der Umsatz war mit 220 € gut, allerdings muss ich anfügen, dass ich dafür auch 11,50 Stunden unterwegs war. mein Tagfahrer hat das Ganze Wochenende frei gemacht, sodass ich problemlos das Auto mit nach Hause nehmen konnte und eben erst Samstag früh um 8 Uhr gefeierabend habe.

[Kurzer Einschub: Warum gibt es das Wort gefeierabend eigentlich nicht?]

Am Samstag bin ich dann spät aufgestanden und spät losgefahren. Das hatte seinen Sinn, denn ich hatte einen grundsätzlich idiotischen Plan zu meinem Schlafrhytmus ersonnen. Am Sonntag war nämlich ein kurzes Oster-Stelldichein bei Ozies Family in Potsdam geplant, und so hatte ich vor, nach der Schicht nicht zu schlafen, sondern das noch mit abzuhandeln.

Die Samstagsschicht verlief umsatzmäßig genauso wie Freitags, allerdings hab ich ein paar Stunden weniger gearbeitet, sodass letztlich auch deutlich weniger rauskam. Aber immerhin sind einige Blogeinträge aus den Fahrten entstanden. Ist ja auch was!

Tja, dann habe ich mich morgens um 9.30 Uhr also wieder ins Auto gesetzt und bin mit Ozie nach Potsdam gegurkt. Um 15 Uhr ging es wieder zurück. Da war ich dann schon 22 Stunden wach, und ich gestehe, dass ich ohne ein buntes Potpourri an Wachmachern nicht in der Lage gewesen wäre, Auto zu fahren. Aber was über den Tag 2 Cofees, ein schwarzer Tee und ein Kaffee in vernünftigen Abständen alles bewirken kann…

Nach 24 Stunden bin ich dann ins Bett gefallen und hab ein paar Stunden geschlafen.

Mitternacht wieder aus dem Bett gequält, um morgens wieder müde zu sein, damit der Rhytmus wieder passt. Hat aber alles hervorragend geklappt, und da ich jetzt am Monatsanfang eine Fülle freier Tage habe, wäre es auch nicht schlimm gewesen, wenn ich mal eine Schicht dumm müde aus der Wäsche geschaut und früher abgebrochen hätte.

Aber so habe ich eine fast zehnstündige Montagsschicht gearbeitet, die mir wider Erwarten dann doch noch 135 € gebracht hat. Das ist mein zweitbester Montag bisher, weil ich sonst einfach früher aufgebe. Aber gestern war das einfach nicht normal. Ich hab mir die Reifen überall wo ich hinkam plattgestanden, und nach einem anderthalbstündigen Matrix-Aufenthalt um 2.30 Uhr mit unter hundert Euro in der Tasche hatte ich dann wirklich keinen Bock mehr. Aber natürlich habe ich da noch eine Fahrt nach Köpenick bekommen. Dass ich dann – als ich endlich Feierabend machen wollte – keine 500 Meter vom Abstellplatz entfernt zweimal in Folge noch Winker eingesammelt habe, zeigt nur mal wieder, dass man besser nichts plant, wenn man im Taxi sitzt 🙂

Ja, heute bin ich ein bisschen früh aus den Federn gefallen, aber arg viel mehr als eine fast schon unnötige Abrechnung habe ich eigentlich nicht vor. Für Dienstags habe ich mir gerade mal 6 Stunden Arbeit auferlegt, was man letztlich ja fast auf einer Arschbacke absitzen kann.

Und Morgen Abend ist dann wieder frei…

Ich hoffe, ihr habt Ostern auch gut überlebt!

Erstaunlich einsichtig

Ganz locker die Warschauer hinuntergedüst bin ich, als mich ein auf die Straße gereckter Arm aprupt zum Anhalten zwang. Nicht in dem Sinne, dass ich den Arm sonst mit dem Wagen gestreift hätte – aber immer wenn ein Arm in die Fahrbahn ragt, quengelt in meiner Fahrertüre mein Portemonnaie und fordert mich auf, anzuhalten. Gar nicht so unclever, das Teil!

Drei Jungs stolperten zum Auto. Ungeachtet des frühen Abends bereits prächtig alkoholisiert schwang einer die Hintertür auf und polterte mit einer mir bekannten Frage in den Fond:

„Spandau?“

„Guten Abend erstmal.“

„Äh ja, guten Abend.“

In diesem Moment ging die Beifahrertüre auf, und ein vielleicht 20jähriger war etwas damit überfordert, dass die Tür schwingt und sich nicht zum Abstützen eignet. Vor sich hin murmelte er:

„Lass, lass mich mal machen. Ich bin, ich kann, ich bin besser im reden, ich bin ich verhandel besser!“

Na klasse. Festpreisverhandler!

„Was würdest du… sagen wir mal, ich muss nach Spandau! Was würdest du dafür nehmen?“

„Kommt drauf an, Spandau ist groß…“

„Rathaus.“

„Ähm, so ganz genau kann ich das jetzt nicht sagen, aber 25 bis 30 € würde ich mal vorsichtshalber sagen.“

„Hmm, könnwer nichn Fixpreis machen?“

„Nee, sorry, ist nicht erlaubt!“

„Aber…“

„Ich weiss, dass manche Kollegen das machen, aber das…“

„…is dann privat so?“

„…illegal.“

„Ok, danke und schönen Abend noch.“

Ob sie es noch bei einem Kollegen versucht haben, weiss ich nicht. Ist mir auch egal. Die Tour nach Spandau wäre natürlich super gewesen, aber so eine lange Tour mit ständigem Nörgeln über den Preis will ich mir eigentlich gar nicht mehr antun. Ich war ernsthaft positiv überrascht, dass sie so schnell aufgegeben haben. Und das sagt vor allem was über die anderen Anfragen aus.

WegbeschreiberInnen

Hallo werte Kollegenschaft in Berlin! Ich habe es schon einmal verlinkt, und eben auch dort – bei Klaus – ist schon darüber gesprochen worden. Dennoch poste ich hier noch einmal den „Aufruf“ von Evelyn Kokes, die nach Berliner Taxifahrern sucht, um eine künstlerische Diplomarbeit über die Stadt anzufertigen:

Hallo TaxilenkerInnen!

Im Rahmen meiner künstlerischen Diplomarbeit für die Kunstuniversität Linz (Zweig Kulturwissenschaften), möchte ich mich mit dem Wissen, welches TaxilenkerInnen über Städte haben, auseinandersetzen.
Ich bin davon überzeugt, dass es kaum eine andere Berufsgruppe gibt, die mehr über die eigene Stadt zu berichten weiß, als jene der TaxifahrerInnen.
Da es sich um eine künstlerische Arbeit handelt, werde ich selbstverständlich keine Fragebögen austeilen und erheben, wer wie viel über Berlin weiß. Mir geht es vielmehr um einen zeitgenössischen und alltäglichen Blick auf die Stadt.

Für meine Arbeit werde ich folgendermaßen vorgehen:
Wir fahren von Prenzlauer Berg nach Tegel. – Die genauen Start- und Zielpunkte gebe ich noch bekannt.  Während der Fahrt solltet ihr ein wenig darüber plaudern, was es auf diesem Weg so zu sehen gibt. – Das kann alles sein: Sehenswürdigkeiten, Straßen auf denen es immer staut und ihre Umfahrungen, Dinge die bereits verschwunden sind, Erinnerungen, auffallende Gebäude, Menschen die hier leben, persönliches, Lokale, Dinge die man gut und schlecht findet,…
Diese Gespräche werden mit einem Audiorecorder aufgezeichnet.
Durch dieses „Erzählen“ der Route entsteht eine akustische Topographie des Weges. Jede Wegbeschreibung wird durch die individuelle Wahl der Route und die persönlichen Zusatzinformationen zum Unikat.

Anschließend wird die Wegstrecke auf einer Straßenkarte gefilmt und dieses Video mit den aufgezeichneten Gesprächen hinterlegt.

Der Titel der Arbeit lautet „WegbeschreiberInnen“.

Die Fahrten sollten zwischen  10.04.2010 und 14.04.2010 stattfinden. Zeitlich bin ich flexibel, ob Tag oder Nacht ist egal.
Es handelt sich mindestens um eine 20 Euro Fahrt.  – vielleicht ein kleiner Ansporn?

Wer mitmachen will oder Fragen hat, wendet sich am besten direkt (und ehest möglich) an mich:
evelyn.kokes@gmx.at

Ich freue mich schon sehr auf Berlin und die Taxifahrten!

Liebe Grüße aus Österreich und hoffentlich bis bald

Evelyn Kokes

Ich werde mitmachen – auch wenn die Strecke mir mal gar nicht liegt, und ich nicht weiss, was ich erzählen soll. Denkt drüber nach: Es ist eine gute Tour mit viel Reden! Nichts, was wir nicht jeden Tag machen und wofür wir manchmal zwei Stunden für anstehen! 🙂

Weltstadt, pah!

OK, im Laufe der Zeit hat man als Taxifahrer natürlich einige Kunden im Auto. Dass man da mal jemanden erwischt, den man kennt, das ist natürlich möglich. Aber es ist dennoch überraschend, im Verlauf eines lockeren Gesprächs mit einem Kunden rauszufinden, dass er Ozies Ex-Chef ist.

Die Welt ist ein Dorf, so sagt man. Dann kann Berlin aber eben auch keine Weltstadt sein 😀

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Eine Feierabendtour wie aus dem Lehrbuch

Der Frühling bringt es ja mit sich, dass ich nicht mehr nur in der schützenden Dunkelheit der Nacht unterwegs bin, sondern in den späten Abend- und frühen Morgenstunden auch ein bisschen Sonnenlicht an mich heranlasse. OK, ich bin ehrlich: Es nervt mich.

Aber nun am Wochenende war es einmal mehr soweit, und ich tätigte meine vermeintliche Abschlussfahrt um 6.30 Uhr vom Ostbahnhof nach Mariendorf. Guter Schlussstrich: Nette Frau, viel Gerede, Umsatz damit bei 200 und Trinkgeld gab es auch noch. Nichts was aus der Reihe fällt, aber das schadet nach über 10 Stunden Dienst ja auch nicht.

Fest entschlossen, gen Marzahn zu cruisen hätte ich die kuriose Winker-Truppe am Mehringdamm fast verpasst. Das lag aber wesentlich weniger an meiner Entschlossenheit, als an deren Unentschlossenheit, die letztlich dafür sorgte, dass der Arm erst eine Wagenlänge vor mir emporschnellte. Der Bremsvorgang war aprupt, wenn auch nicht reifenschädigend. Ausreichend: Nach einem kurzen Schockmoment wussten alle Beteiligten, dass ich für sie und nicht für ein ominöses Tier auf der Fahrbahn gebremst habe. Also noch eine Abschlusstour. Mitten am Tag, 7.15 Uhr.

Zunächst stolperte eine Blondine kopfüber ins Auto, die offensichtlich beim verzweifelten Ringen darum, ob nun Absätze höher oder Ausschnitte tiefer sein sollen, bei beidem neue Maßstäbe gefunden hatte.

„Ich… hihi… möchte nach Hause.“

„Das ist ein guter Anfang. Jetzt muss ich nur noch wissen, wohin genau!“

Hinter ihr her schob sich eine wesentlich gefasstere Frau auf den Rücksitz und nannte schwer verständlich eine Adresse in Prenz’lberg. Auf den Vordersitz setzte sich ein Schwarzafrikaner, dem irgendjemand ein Grinsen ins Gesicht getackert hatte, das beim Hinsehen weh tat. Ein zweiter Schwarzer wollte sich noch auf die Rückbank zwängen, wurde aber von der zweiten Lady mehr oder minder bar jeder Eleganz mit Handschlägen und Fußtritten davon abgehalten.

Während Blondie bereitwillig mit ihrem zweifelsohne folgenden Koma flirtete und ich überlegte, wie die Adresse wohl auf Deutsch heisst, oder ob es in Polen noch ein Prenz’lberg gibt, entbrannte ein weiterer Streit mit Black Grinsi und der resoluten Wortführerin.

Ich habe noch überlegt, wie ich das zu werten habe, als sie bereits ausgestiegen ist, und den jungen Mann aus dem Auto geworfen hat, der der für ihn scheinbar normalen Situation mit stoischem Dauergrinsen begegnet ist.

Also hatte ich nun zwei Frauen auf der Rückbank, die nach Prenz’lberg wollen. Auch nicht schlecht. Im Verlauf der eher kurzen Gespräche kam dann heraus, dass Blondie seit drei Stunden nicht zum Heimgehen zu animieren war, und jetzt – da sie endlich auf der Straße war – nichts besseres zu tun gehabt hatte, als irgendwelche jungen Kerle mitzuschleifen.

Auf diese Vorwürfe aber reagierte selbige gar nicht, da sie schlief. Während der sonst stressfreien Fahrt wachte sie nur zweimal auf. Beim ersten Mal änderte sie das Fahrtziel zum McDonalds in der Schönhauser (was quasi der selbe Weg war) und beim zweiten Mal kündigte sie an, kotzen zu müssen. Diese Ansage fanden nun weder ich, noch ihre Begleitung irgendwie komisch, aber bei einem eiligen Halt meinerseits grinste die betrunkene nur selig und verkündete, dass sie erst später kotzen müsse.

Sonderlich wohl war mir bei der Weiterfahrt nicht.

Aber sowohl wir als auch das Auto sind heil und sauber angekommen. Am Ziel bestand dann nur das Problem, dass Madame sich zwar offenbar beim Grinsetypen angesteckt hatte, allerdings immer noch schlief und keine Anstalten machte, das Fahrzeug zu verlassen.

Ungeachtet der Tatsache, dass ich eine enge Straße komplett blockierte, habe ich meine Hilfe (beim Stützen, Tragen, whatever) anbieten wollen, aber die Freundin meinte lapidar, sie würde sie schon aus dem Auto ziehen. Dieses Schauspiel endete so schnell wie es begann – und zwar damit, dass die schlafende Grazie mit nur leichter Stütze seitens ihrer Freundin auf die Straße purzelte. Grinsend und leblos.

Da lag sie nun. Mit dem Rücken auf dem Kopfsteinpflaster, die Füße noch in meinem Wagen. Schlafend und grinsend. Immer wieder faszinierend, wie glücklich frei verkäufliche Chemikalien einen doch trotz widrigster Umstände machen können.

Abgesehen davon, dass ich die Tür zur Weiterfahrt gar nicht hätte schließen können, spürte ich dann doch so einen Anflug von Verantwortungsbewusstsein. Von der Höflichkeit ganz zu schweigen und die Selbstverständlichkeit, die sich auf einen Notfall und auf 3,20 € Trinkgeld berufen kann, nur leicht mit einbezogen.

Die Freundin ist zur Haustüre geeilt, um sie zu entriegeln. Und zwar mit den Worten:

„Wenn das meine Eltern sehen, die wohnen auch hier…“

Aber damit nicht genug: Sash sollte auch was tun.

„Heben sie sie bitte auf!“

Ich denke kurz darüber nach, ob sie weiss, dass ich einen Staplerschein habe, verwerfe den Gedanken aber schnell wieder, weil er zu absurd ist und bei allen Schwierigkeiten nun wirklich kein schweres Gerät notwendig war. Aber das ist eine unangenehme Situation, ehrlich. Und das liegt nicht daran, dass ich für solch eine Aktion zu wenig Kraftreserven hätte. Auch nach 10 Stunden Arbeit. Aber es liegt mir nicht so sonderlich, fremde Menschen mal spontan grob anzupacken. Ganz davon abgesehen, dass ich für gewöhnlich als monogamer Beziehungsmensch die Anzahl mir in die Arme purzelnder Brüste auf zwei beschränke, und zwar nicht auf die zwei einer betrunkenen Dame in einem von fragwürdigem Geschmack zeugenden Schneeleoparden-Outfit mit einem Grinsen im Gesicht.

Aber gut, genug dramatisiert!

Sie ist letztlich wieder wachgeworden, hat sich ohne Grund einen der beiden Schuhe ausgezogen und ist froher Laune mit der wiedergewonnenen Mobilität ins schützende Haus ihrer Freundin getapst, wo sie wahrscheinlich umgehend auf dem Teppich eingeschlafen ist.

Und wieder eine Schicht abgeschlossen, und ein paar Menschen geholfen! So grotesk sich das lesen mag: Ich liebe meinen Job auch solcher Fahrten wegen!

PS:

Das war dann doch nicht die letzte Tour, mir ist noch eine Frau vors Auto gesprungen. Aber das war eine völlig harmlose Tour kürzester Sorte und wird mir im Gegensatz zur oben geschilderten sicher nicht im Gedächtnis bleiben.