Die Kunden meiner Kunden

Als Taxifahrer hat man es ja mit den verschiedensten Gesellschaftsgruppen zu tun. Nachts z.B. stellen neben den Touris und Clubgängern auch die Gastronomiebediensteten eine eigene Kundengruppe. Mir ist das nicht die unliebste, muss ich gestehen, denn meistens sind sie schon zu kaputt zum Streiten, und zudem sind sie selbst Dienstleister. Das wiederum bedeutet, sie wissen eine Dienstleistung eher zu schätzen – und auch das Verhältnis zum Trinkgeld ist grundsätzlich ein eher anderes.

Und manchmal bekommt man auch ganz nette Geschichten zu hören 😉

Da hatte ich also eine lange und angenehme Fahrt. Über 25 € und dazu mit netter Kundschaft. Ein Barkeeper, wie sich herausstellte. Mit der Zeit kamen wir natürlich im Gespräch auf die Arbeit mit Kunden, und auch wenn das immer ein wenig heikel ist, sich mit Kunden über Kunden zu unterhalten, so war das in diesem Fall völlig ok.

Irgendwann erzählte er mir dann von DEM Kunden schlechthin. Diese übliche „Sowas habe ich nicht für möglich gehalten“-Story, die irgendwann jeder findet. Die folgende Geschichte ist zwar in direkter Rede gehalten, ist aber natürlich kein exaktes Zitat. So gut ist mein Gedächtnis nicht, und irgendwie ansatzweise verfremden muss ja auch sein.

„Ich war noch nicht lange im [5-Sterne-Hotel aus dem Ortskundekatalog], und da kam irgendwann ein Typ ins Hotelrestaurant. Den kannst du dir nicht vorstellen! Der hatte FlipFlops an. Ohne Socken! Dazu Shorts und ein Unterhemd. Und völlig unrasiert. Überhaupt überall Haare, komplett ungepflegt.
Mein Kollege ist dann auch zu ihm hin und hat ihn darauf hingewiesen, dass wir ein 5-Sterne-Haus sind, und ob er sich nicht zum Essen etwas anderes anziehen könne. Daraufhin beschwerte er sich, er hätte hier schließlich ein Zimmer und sehe es nicht ein, dass er sich extra zum Essen was anderes anziehen sollte und war einfach nicht zu überzeugen. Letztlich ließen wir ihn gewähren und nahmen seine Bestellungen auf.
Er hat dann wirklich da gegessen, und wie! Der hat alles in sich reingestopft, was er finden konnte. Hummer hat er gegessen, und er hat alleine 3 Flaschen Wein niedergemacht! Und dazu noch Cocktails. Wir sind alle immer blasser geworden und haben uns immer wieder gesagt: „Das kann der doch nie bezahlen! Der lässt das aufs Zimmer schreiben, und dann wird die Rechnung nie beglichen…“
Irgendwann wollte er dann zahlen, und wir sind gleich hin und haben gefragt:
„Aufs Zimmer?“
„Nee, ich zahl des gleich in bar!“
„Bar?“
„Klar, wieviel isses denn?“
„1300 €…“
Und dann blättert der 2000 € auf den Tisch und meint „Stimmt so!“
700 € Trinkgeld! Das haben wir dann zu dritt aufgeteilt, das war ein echt geiler Tag. Nachher hat sich rausgestellt, dass das der Vorstandsvorsitzende von [Ziemlich bekannte Firma] war…“

Was soll ich sagen? Gibt Kunden, mit denen könnte ich mich im Nachhinein auch anfreunden 😉

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8 Kommentare bis “Die Kunden meiner Kunden”

  1. Manchmal ist es also doch ganz sinnvoll wenn man sich von dem Schubladendenken entfernt:
    Schmuddeltyp-> keine Kohle

  2. Basti sagt:

    …nicht schlecht! Man weiß eben nicht wer vor einem steht.Oder besser gesagt wer wieviel Kohle hat 😉

  3. Sash sagt:

    @Altenheimblogger:
    Ja, so ist es wohl, aber ehrlich gesagt: Mir fällt das auch schwer…

  4. Sash sagt:

    @Basti:
    …und das ist vielleicht einer der besten Gründe, im Dienstleistungssektor zu arbeiten: Die Überraschungen! 🙂

  5. der Schwob sagt:

    das stimmt sash, es gibt in diesem Bereich immer wieder Überraschungen. Manchmal tolle, manchmal aber auch schlimme…
    Greetz

  6. Sash sagt:

    @der Schwob:
    Ja, das ist wahr: Es kann auch nach hinten losgehen 😉

  7. Nihilistin sagt:

    @Altenheimblogger
    Haben wir nicht alle unsere Schubladen? 🙂
    Nee, klar, die Schublade hat wohl jeder von uns. Mir ist es schon so passiert (ich sah lange Zeit nicht so aus, als würde ich einer geregelten und gut bezahlten Arbeit nachgehen) und wurde gerade in etwas besseren Lokalen falsch eingeschätzt; und umgekehrt stecke ich auch Leute nach ihrem Äusseren in Schubladen.

    Was ich zu dieser Second-Hand-Geschichte aber generell loswerden muss: Egal, wieviel Geld jemand hat; und egal, ob es sich um ein 5-Sterne-Hotel handelt oder einen normalen Dorfgasthof: ICH möchte neben keinem Gast im Unterhemd sitzen, der mir seine Brust- oder Rückenbehaarung in die Suppe steckt.
    Stil, Rücksichtnahme und guter Geschmack sollte eigentlich unabhängig vom Geld funktionieren. Ich persönlich hätte den Typen nicht reingelassen – und wenn qua Geburt Milliadär gewesen wäre. Weil man einfach nicht mit Unterhemd und rausquellender Körperbehaarung anderen Gästen den Appetit verdirbt.
    Leider habe ich es öfter in der Business-Class der LH erlebt, dass sich das gute Benehmen der Leute parallel zum wachsenden Bankkonto massiv verschlechterte. Widerlich, was sich manche Typen da rausgenommen haben. Da war in der Holzklasse entschieden mehr gutes Benehmen angesagt.

  8. Sash sagt:

    @Nihilistin:
    Ja, das ist die Kehrseite der Medaille. Viele, die es sich leisten können, verzichten zum Ausgleich auf Benehmen. Ich finde die Geschichte so gesehen auch nicht nur positiv – wenngleich ich natürlich denke, dass die Angst der Kellner im Nachhinein angemessen entlohnt wurde.

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