Aro über rote Ampeln

Ich möchte hier mal ganz explizit Werbung für meinen geschätzten Blogger- und Taxikollegen Aro von berlinstreet.de machen, der heute mit einem interessanten Artikel über rote Ampeln aufwartet: Rot ist relativ.

Ich spiele ja gerne mal den Verfechter der StVO, aber ich muss dem Kollegen doch zustimmen, dass man auch mal einen anderen Blick auf die Sache werfen sollte. Vielleicht ist ja eben nicht alles schlecht, was nicht „ordentlich deutsch“ abläuft. Zumal – und das ist zweifelsohne das Wichtige am großen Ganzen! – auch Aro sich für das ausspricht, was ich für das oberste Gebot halte (und immerhin auch §1 der StVO auszudrücken versucht): Dass es im Verkehr eben nicht nur um Egoismus und den Kampf gegen andere geht, sondern um ein friedliches und letztlich sicheres Miteinander.

Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, genau diesbezüglich nach Frankreich oder Italien zu sehen, umso mehr freut mich, dass der Kollege da mal wieder mehr Offenheit bewiesen hat.

Danke Aro, war sehr interessant!

Mal Du, mal die anderen, aber immer er.

Ich hab neulich schon über unseren Fernfahrtspezialisten geschrieben. Ob wir ihn nun Jörg, Rolf oder Gustav nennen, ist ja mal egal. Mit ihm stand ich am Mittwochabend am Ostbahnhof und wir waren beide etwas gebeutelt. Nur knapp ein Zehner Umsatz pro Stunde, ein schlechter Witz. Aber der Kollege belehrte mich in väterlichem und leicht sächsischem Tonfall:

„Ach Sascha, das weißte doch: Mal verlierst Du, mal gewinnen die anderen!“

Eine halbe Stunde später stehe ich wieder bei ihm am Auto, da kommen zwei Punks angelatscht.

„Entschuldigen Sie. Würden Sie uns für diesen Scheiß-Gutschein der Scheiß-Bahn nach Fürstenwalde bringen?“

„Ach, warum nicht?“,

meinte der Kollege dann gelangweilt. Wie der das macht, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Immerhin war er seit meinem letzten Artikel schon wieder in Frankfurt/Oder …

Die Konkurrenz untereinander

oder 2:1

Es gibt zwar wahrlich aufregendere Themen am Taxistand, aber natürlich unterhält man sich über gute Fahrten, die Umsätze, das Geschäft. Und man neckt sich auch mal.

Da ist zum Beispiel Kollege Rolf, der unter uns Nachtfahrern einen Ruf wegen dauernder Fernfahrten weg hat. Er war es, der beim Sturm Niklas nach Hamburg weggekommen ist – und als ich einmal nach Cottbus gefahren bin, hatte er denselben Fahrgast am nächsten Abend auch nochmal.

Und dann bin ich am Samstag an den Ostbahnhof rangefahren und der Kollege steht da und erzählt einem anderen, dass er vorher eben vom Ostbahnhof bis nach Zehlendorf gekommen sei.

„Na Rolf“,

warf ich ein,

„Da biste heute aber nicht der mit der weitesten Tour gewesen. Ich komm‘ grad aus Fürstenwalde.“

Das war nicht gelogen. Ich hatte aus heiterem Himmel einen Bahn-Coupon bekommen. Letzter Abend des Streiks und so.

Nun ist die Glückspilzeritis bei Rolf aber derart akut, dass er 10 Minuten später vor meinem Auto steht, einen Bahncoupon hinhält, auf dem „Ostbhf – Fürstenwalde“ steht und meint:

„Na Kollege, haste so einen bekommen vorher?“

„Ja. Und äh … der jetzt?“

„Der is‘ von meinem Kunden. Der raucht gerade noch eine …“

Der Kerl ist nicht zu toppen! Keine Ahnung, wie er das macht.

Kaum dass Rolf weg war, kam ein anderer Kollege und fragte mich, wie’s an der Halte laufen würde. Ich antwortete wahrheitsgemäß, dass es so mittel sei, aber Coupons nach Fürstenwalde im Spiel seien. Also hat er sich angestellt und wir haben gequatscht. Er meinte, dass er so eine Fahrt auch noch brauchen könnte jetzt, der Umsatz war bis dato nicht so dolle; während ich darüber sinnierte, ob irgendwer schon mal zwei lange Umlandstouren in einer Schicht hatte. Und als den Kollegen ein potenzieller Fahrgast etwas fragt, erscheint wie aus dem Nichts plötzlich eine junge Frau neben mir, hält einen Coupon hoch und fragt:

„Fürstenwalde?“

Die Frau hat die einstündige Fahrt gemütlich schlafend auf dem Beifahrersitz verbracht und ich hab mich, so langsam kurz vor Feierabend, auf die dunklen Landstraßen im Wald konzentriert. Einmal musste ich allerdings grinsen – und das war, als Rolf mir entgegengefahren kam. Ich kann es kaum erwarten, ihn am Donnerstag wiederzusehen … 😀

„Iist für soo gaajile Kurvää!“

OK, Trinkgeld fürs Heizen hat sicher jeder Taxifahrer schon mal bekommen. Die Kundschaft hat es oft eilig und ein paar von denen, die hohe Tips versprechen, halten sich dann ja doch daran. Nicht viele, aber immerhin.

Hier aber war die Sache ganz anders gelagert.

Die Spaßigkeit der Truppe begann schon mit der Taxiwahl. Ich stand mit zwei Kollegen zusammen am Ostbahnhof und eigentlich hat sich keiner von uns davon irgendwas versprochen. Es war unter der Woche, schon nach drei Uhr; ich hab mich selbst nur in Position zwei eingereiht, weil ich mit dem Kollegen quatschen wollte. Und Nummer drei gehörte dann ebenso zu den üblichen Verdächtigen, ein Kollege aus meiner Firma noch dazu.
Während wir so quatschten, kamen die Kunden. Sie blieben vor meinem Auto stehen und einer der Vier fragte in die Runde:

„Ähm, wir würden gerne den hier nehmen …“

Ich antwortete eloquent:

„Das ist überhaupt kein Problem, und ich freue mich besonders, denn das ist meiner.“

Ich warf dem Kollegen einen gespielt mitleidigen Blick zu, denn er hatte, als er die Kunden als solche ausgemacht hatte, bereits gesagt:

„Ha, jetzt komm‘ ich weg und mach meinen Hunderter voll!“

Und ich hatte den Hunni schon in der Kasse. Auch die Autowahl war fast etwas seltsam, denn jener Kollege vor mir fuhr einen gepflegten Passat, der hinter mir bereits die neuere Zafira-Variante, den Tourer. Aber nein, sie wollten meine alte Gurke. Glaubt es oder nicht: Mich schockt das nicht mehr, die Wege der Fahrgäste sind unergründlich.

Die vier Leute entpuppten sich als drei Nicht-Muttersprachler mit starkem russischen Akzent nebst einem vermutlich deutschen Mitreisenden. Der hielt mir auch schnell eine Dose unter die Nase und fragte:

„Willste ein paar Nüsse?“

„Nee, danke. Aber: Sehr nett!“

Einer der anderen drei lotste mich nur drei Häuserblocks weiter und machte dann den Witz, dass da alle aussteigen würden. Was ich betont cool abtat und ihm erklärte, dass daran eigentlich nix witzig sei und ich selbstverständlich auch kurze Strecken fahren würde. Er stieg dann aus, nicht ohne mir noch schnell die Abkürzungen zu nennen, die ich fortan zu fahren hätte. Denn natürlich mussten die anderen noch ein ganzes Stückchen weiter.

„Und? Party vorbei für heute?“,

fragte ich meinen Beifahrer, der nicht nur das beste Deutsch sprach, sondern auch der nüchternste zu sein schien.

„Na … aber sicher! HALLOHO, ich hab Erdnüsse dabei! Wie würdest Du das einschätzen? Wie oft passiert sowas bitte!?“

„Hmm, da haste Recht.“

Und so war es auch. Den Fressflash nach dem Kiffen oder Saufen kenne ich auch. Aber die meisten Taxifahrgäste fahren noch mit dem letzten Bier heim – alles spätere ist zumindest bei mir eher selten. Wobei das auch daran liegen könnte, dass ich einer der wenigen bin, der die Leute mit Bierflasche auch noch mitnimmt.

Mir wurde nun eine Straße genannt, die mir wirklich gar nichts sagte, aber mir wurde erklärt, dass es bis fast nach Ahrensfelde gehen würde. Ja, geile Scheiße! Nicht nur eine Tour locker über 20 €, sondern vor allem auch noch in meinen Heimatbezirk – direkt zu der Zeit, zu der ich Feierabend machen wollte!

Und während wir auch darüber so quatschten, wies mich die Dame hinten links zurecht, dass ich auf die Märkische abbiegen müsse. Ohne das böse zu meinen. Ich hab mit einem Grinsen geantwortet, dass ich das wisse. Ich hätte meine Lücken im Stadtplan, aber:

„Hier ums Eck wohne ich, hier kenne ich mich aus, keine Sorge!“

Ich weiß nicht, was mich in dem Moment geritten hat. Mit Kunden an Bord fahre ich immer sehr bedächtig, mit betrunkenen noch dazu. Aber gerade da, in der Kurve von der Landsberger auf die Märkische, einer 300°-Schleife, war mir nach Spaß mit der lockeren Besatzung. Ich kenne die Kurve, ich fahre sie zu jedem zweiten Feierabend, meist allerdings mit leerem Auto. Aber ich kenne auch das Auto mit Beladung und hab die Kurve entsprechend in „Höchstgeschwindigkeit“ genommen, was in dem Fall etwa 50 km/h sind. Ist ja nur ein Opel Zafira. Ich nahm wie immer die Sperrflächen mit und schoss astrein, mit dem linken Reifen nur leicht die Spurbegrenzung touchierend und reifenquietschend auf die Märkische Allee auf. Und während ich noch dachte, dass das jetzt vielleicht doch ein wenig zu herb war, um es mit Fahrgästen zu tun, jubilierte es hinter mir plötzlich laut:

„Sooo gaajil! Bin iich noch nie gefahren diese Kurvää soo gaajil! Kriegst Du Eextra von mjir!“

Die gute Frau war höchst verzückt, ich konnte es selbst nicht verstehen. Aber hey, ich hatte offenbar alles richtig gemacht. 😀

Das angesprochene Trinkgeld war nicht wirklich üppig. Sie hat die 23,40 € auf 25 € aufgerundet. Aber sie hat es explizit nochmal erwähnt:

„Kriiegst Du für Kurvää! War so guut, bijn ich voll gaajil!“

Ich weiß nicht, ob sie DAS so sagen wollte – aber es wäre immerhin eine Erklärung für all das. Ich jedenfalls schreibe mir jetzt „geiles Kurvenfahren“ auf meine Referenzliste. 😉

Fahrten, die nur einmal pro Jahrzehnt kommen

Ich bleibe bei dem Artikel kurz und pointenlos, weil es keine meiner Fahrten war und ich etwas verfremden muss. Ein Kollege kam am Stand angerannt und rief:

„Sascha, Sascha, ich hab mal wieder eine Story für Dich!“

Und was für eine! Der Kollege wurde zu einem guten Restaurant bestellt, wo der angetrunkene Kunde ihm mitteilte, die Fahrt würde nicht im Taxi stattfinden, sondern in seinem Auto. Das kann man machen, kostet halt doppelt, weil man als Taxifahrer nach der Tour selbstverständlich mit einem Kollegen wieder zum eigenen Taxi zurückfährt. Ohne etwas derartiges zu erwarten, stand der Kollege plötzlich vor einer Kiste sondersgleichen:

„Ich hab nochmal gegoogelt: 500 PS hatte der!“

Die Fahrt war kurz, beinhaltete aber zwei Stopps an Bordellen. Der Kollege tat sich an 20€-Getränken ohne Alkohol gütlich, während der „Fahrgast“ … nun ja, etwas mehr Geld ausgab. Daraufhin folgten noch etwas seltsame auf Lautsprecher durchgeführte Telefonate mit der Freundin des Kerls, der selbiger vorwarf, ihn zu betrügen (!) und am Ende eine unkomplizierte Überreichung dreier grüner Scheine, wovon sich nach zwei Stunden Zeitaufwand immer noch bequem die 20€-Tour zurück zum Taxi bezahlen ließ …

Ich jammere ja gerne mal über meine Finanzen. Aber SO locker will ich das Geld eigentlich nie sitzen haben. Wie man sieht, macht man ja doch nur Blödsinn damit!

Wenn die Kollegen schlechte Tage haben

Jeder hat mal einen Tag, an dem irgendwie alles schief geht. Irgendwie war das gestern wohl bei einem Kollegen der Fall, der „mein“ Auto hatte. Noch bevor ich zur Arbeit aufgebrochen bin, hab ich auf dem Handy gesehen, dass er angerufen hatte. Und da klingelte es prompt wieder.

Er riefe nur an, um mir zu sagen, dass sich der Grund, warum er vorhin angerufen hätte, erledigt hätte. Aha.

Wobei das verständlich war. Er hatte befürchtet, sein Handy im Auto liegengelassen zu haben, hatte es inzwischen aber wiedergefunden.

Dann kam ich zum Auto und sah, dass die hintere Seitenscheibe offen war. Aber gut, es war warm und hatte nicht geregnet und im Hof sind zumeist nur Kollegen unterwegs. Glück gehabt. Dann hab ich festgestellt, dass der Stifthalter am Armaturenbrett sich abgelöst hatte. Passiert alle paar Jubeljahre mal, die sind nur angeklebt. Nur war auch im ganzen Auto kein Kuli zu finden, den hatte er offenbar eingesteckt. Und nebenbei vergessen, die Kilometerzahl auf dem Abschreiber einzutragen.

Das ärgert einen kurz. Aber der Kollege ist ein netter, das war sicher keine Absicht. Und wenn ich mir vorstelle, wie er wohl in Eile beim Abstellen ums Auto gewuselt ist, dann stelle ich mir das sogar irgendwie ziemlich lustig vor. Und einen anderen Kollegen mit überschüssigem Kuli im Auto zu finden, war dann auch nur eine Sache von Minuten …

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Die kleinen Sofortbelohnungen

Vor mir steht rechts ein Kollege am Straßenrand und möchte auf die Straße fahren. Die Fackel ist aus, aber ich weiß, dass sie gleich wieder angeht. Er hat eben Kunden ausgeladen, sie stehen neben dem Wagen. Trotzdem gebe ich Lichthupe, damit er rauszieht. Ich hab zwar keinen Fahrgast, aber auch keine Eile. Ich verzichte auf meine Vorfahrt. Es läuft gut, endlich mal wieder.

Der Kollege kann sein Glück kaum fassen und schießt hervor. Mit einem kurzen Druck auf den Warnblinker bedankt er sich, während seine Fackel wieder angeht. Die nächsten Winker vor uns wären seine. Da aber fährt er bereits rechts ran. Er möchte wenden, um sich an die Schlange vorm Tresor anzustellen. Ich fahre dann also doch noch an ihm vorbei, winke ihm im Vorbeifahren kurz zu. Ich hab ihn noch nie vorher gesehen.

Keine 100 Meter weiter winkt es. Nur eine Kurzstrecke, aber vermutlich die am ehrlichsten verdiente in dieser Nacht. 🙂